Quellenangabe:
Rassistischer Übergriff durch die Wiener Polizei - UVS-Verhandlung (vom 20.04.2003),
URL: http://no-racism.net/article/437/,
besucht am 03.12.2024
[20. Apr 2003]
Am 27. November 2002 wurde die Tür des Zimmers von L. K., Medizinstudent aus der demokratischen Republik Kongo, in einem Studentenheim aufgebrochen. Es kam zu rassistischen Übergriffen durch die Polizei. Am 9. April 2003 fand eine Verhandlung wegen dieser Übergriffe beim UVS statt.
Am 27. November 2002 um ca. 5 Uhr früh wurde die Tür des Zimmers von L. K., Medizinstudent aus der demokratischen Republik Kongo, in einem Studentenheim von fünf Beamten der WEGA (Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung) aufgebrochen. L. K. wurde mit Brutalität überwältigt. Sein Kopf schlug gegen die Kante des Fensters, er wurde bewusstlos. Als er zu sich kam schrie er in Panik um Hilfe. Mit Stiefel auf seinem Nacken und gefesselten Händen wurde er am Boden fixiert. "Gib Ruh`, du Neger", sagte ein Polizist.
Die Polizei gab später an, dass sie jemanden im Zuge einer Drogenfahndung gesucht aber die Tür verwechselt hätten. Das, obwohl an der Tür ein Namensschild mit dem Namen von L. K. angebracht war. Zur überPrüfung seiner Identität kam es erst nach Misshandlung und VerwÃŒstung des Zimmers. L. K. lag nach diesem Vorfall sieben Tage im Spital. Dann kam die Kettenreaktion an Konsequenzen: Da er am Arbeitsplatz (als Krankenpfleger in einem Privatsanatorium) hätte melden müssen, dass er von der Polizei spitalsreif geprügelt worden war, musste er nach der Spitalsentlassung erfahren, dass er wegen des Rufs des Sanatoriums mit sofortiger Wirkung gekündigt worden war.
Zwei Wochen später kam die Drohung seiner Delogierung, falls er seine Miete nicht pünktlich bezahlen würde. Die Krise entwickelte sich bis zum Verlust seiner Krankenversicherung, die für seine Nachbehandlung notwendig ist.
L. K. klagte durch seinen Rechtsanwalt Dr. Lennart Binder die Exekutive an. Die fünf Polizisten waren laut K. wie BankrÀuber oder Terroristen vermummt und wiesen sich nicht korrekt gemäß der Amtshandlungsregel aus. Am 9. April 2003 fand die Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltunssenat Wien (UVS) statt.
Der Bericht zur Verhandlung.
---------------------------------------
Verhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien
1190 Wien, Muthgasse 64
am 9. April 2003 um 9 Uhr
Gegenstand:
Beschwerde des Herrn L. K., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lennart Binder wegen behaupteter AusÃŒbung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.
Leiter der Verhandlung:
Dr. Fenzl
Parteien:
L. K., vertreten durch RA Dr. Lennart Binder
Bundespolizeidirektion Wien, vertreten durch Dr. Weiss
Hergang der Verhandlung:
Richter Fenzl (F) befragt L. K. (L) nach dem Hergang.
L. weist sich aus.
F.: wie hoch ist ihr Einkommen, was ist ihr Job?
L.: Krankenpfleger, 1000 Euro.
[Anmerkung: L. ist nicht mehr Krankenpfleger und verdient nicht mehr 1000 Euro, da er nach dem polizeilichen Übergriff ohne Angabe von Gründen gekündigt wurde]
F.: erzählen Sie, wie es abgelaufen ist. Sie wohnen in XY. Das ist ein soziales Wohnheim? Was ist da passiert?
L.: Maskierte Polizisten brachen um 5.00 Uhr früh mit Brecheisen die Tür meines Zimmers auf. Auf der Tür stand mein Name. Ich war schon munter. Ich habe gelernt und mich auf meinen Arbeitstag vorbereitet.
F.: Haben Sie vorher schon etwas gehört? lärm?
L.: Nein, ich habe nichts gehört. hätte ich gewusst, dass Polizisten vor der Tür sind, hätte ich ihnen aufgemacht und sofort Papiere vorgewiesen.
F.: war die Tür versperrt.
L.: Ja.
F.: Wie gross ist ihr Zimmer?
L.: etwa 10 mÃÂò.
F.: was für Einrichtung steht im Zimmer?
L.: Bett, Waschbecken, Tisch (auf dem ich lerne), kein WC, keine Dusche, keine Kochgelegenheit. Das ist alles ausserhalb des Zimmers zur gemeinsamen Benutzung.
F.: Den Tee haben sie mit einem Wasserkocher gekocht?
L.: ich habe eine Kochplatte.
F.: Was haben Sie genau gemacht, als die Beamten ins Zimmer eindrangen?
L.: ich habe die Teekanne geholt.
F.: wie haben sie ausgesehen.
L.: Maskierte Beamte mit Schutzweste. ich konnte sie vorerst gar nicht als Polizisten ausmachen. Sie sahen wie Terroristen aus.
F.: Was haben sie gesagt?
L.: Geschrieen. Allerdings habe ich nichts verstanden. Sie verwendeten eine Art Kampfsprache. Ich war auch sehr erschreckt.
F.: waren die Beamten bewaffnet?
L.: Ja. Ein paar mit Brecheisen. Die anderen mit Dienstwaffen. Es waren 5. Ich wurde von allen Beamten sofort geschlagen überallhin, wo sich mich erreichen konnten. Von einem wurde ich gewÃŒrgt. Ich deutete mit der Hand, dass ich keine Luft mehr bekomme, da ich nicht mehr sprechen konnte. dann wurde ich zur Wand gestoßen. Von der Wucht des Stoßes wurde ich bewustlos. ich habe versucht am Bewusstsein zu bleiben, da ich angst hatte, sie würden mich sonst tÃŒten. Ich habe mich nicht gewehrt. Ich weiss, dass man in einem Rechtstaat nicht Gewalt gegen Exekutivebeamte anwenden darf.
Die Mauer hat noch immer eine Delle, wo ich mit dem Kopf dagegengeworfen wurde. Ich habe das Bewusstsein wiedererlangt und stand noch auf den Beinen, aber ich hatte schon Handschellen an den Händen. Nun wurde ich mit ganzer Wucht auf den Boden geworfen. Ich konnte mich nicht abstützen, da meine Hände ja mit Handschellen verbunden waren.
Dann bekam ich einen dumpfen Schlag in die linke Rippenseite. Womit weiss ich nicht. Ich verlor wieder das Bewusstsein.
F.: Wie lange.
L.: das erste Mal ca. 3 min, das zweite Mal für etwa 8 min.
Am Gang sah ich einen Österreicher, den ich kannte der aus der ZimmerTüre herausschaute. Ich hab ihm angesprochen "bitte hilf mir." Ich dachte, als Österreicher könnte er was ausrichten. Er ist aber nur in sein Zimmer zurückgegangen.
Ich habe auf deutsch einen der Befehlshaber angesprochen. "Bitte, lassen Sie mich in Ruhe, ich bin Medizinstudent." Einer der Beamten stieg mir daraufhin mit seinen Kampfstiefeln ins Genick und sagte "Gib a Rua du Nega".
(Anmerkung: F. laesst immer wieder einige Details aus. Erst auf Nachfrage von RA B. werden die Details aufgenommen. z.B. das mit dem "Gib a Ruah du Nega" hat er ausgelassen und erst später auf Nachfrage eingefügt. Im schriftlichen Verhandlungsprotokoll steht, der Beamte wäre ihm auf den Hals gestiegen. Mensch kann aber eine Protokolberichtigung beantragen).
Mir wurden als nächstes die Handschellen abgenommen und ein Polizist in Zivil schuf mir an, meine Hände in Schwimmstellung von meinem körper wegzustrecken.
Dannach wurde mir befohlen, mich ausserhalb des Zimmers am Korridor mit dem Gesicht zur Wand aufzustellen und die Hände an die Wand zu halten.
Einer der Polizisten hielt mir die Pistole am Rücken an.
Die anderen verwÃŒsteten mein Zimmer und untersuchten alles, was ihnen in die Hände kam. Während der Durchsuchung war auch ein Zivilpolizist zur Seite. (Anmerkung: die Zivilpolizisten waren nicht vermummt)
Auch ich wurde durchsucht.
F.: Wieviele Wohnungen sind im Stockwerk?
L.: ca. 10.
F.: wieviele Leute wohnen in diesem Stockwerk?
L.: ca 10. Einer pro Wohnung.
F.: Haben sie Kontakt zur Suchtgiftszene im Wohnhaus?
L.: Nein. Keine Ahnung. Interessierte mich auch nicht. Bin ein Anständiger Mensch. Wusste nur, von den gewöhnlichen Polizeikontrollen, die immer wieder durchgeführt wurden.
F.: was passierte als nächstes?
L.: Einer rief: Hey, du, komm her. ich ging zu ihm, der Polizist mit der Pistole folgte mir mit der Pistole im Anschlag.
Ich zeigte meine Ausweise: Reisepass, Studienausweis, Befreiungsschein. Sie schickten mich zur Wand zurück (wieder gefolgt vom pistolenhaltenden Polizisten).
Die Polizisten fingen untereinander zum reden an und einer sagte: "Mia hom in foischn dawischt".
F.: wie lange standen Sie an der Wand?
L.: ca 40 min. mit wackeligen Beinen, denn ich war sehr erschÃŒpft von den Gewalttaten, die sie mir angetan hatten.
F.: Wie lange dauerte es im Zimmer?
L.: Schon länger als 10 min. Genau weiss ich es nicht. Ich war durch die vielen Schläge nicht ganz bei mir.
F.: Wieviel Leute (ausser den Polizisten) waren am Korridor?
L.: Habe nur 1en gesehen. ich durfte meinen Kopf aber nicht bewegen, deswegen weiss ich nicht, wieviel es genau waren.
F.: Kennen Sie die Leute, die auf Ihrem Stockwerk wohnen?
L.: Nein. Es gibt eine hohe Fluktuation. Ausserdem sind die meisten Nigerianer und sprechen nur englisch und kein deutsch. ich komme aus Kongo und spreche französisch (oder deutsch). Daher gibt es Kommunikationsschwierigkeiten.
F.: Kennen Sie S. I. M.? (Dies war die Person, gegen die ein richterlicher Haftbefehl vorlag und der "Grund" der Amtsmisshandlung).
L.: Nein.
RA B. weisst auf verschiedene Dinge hin:
Verletzungen -> medizinische Befunde.
psychische Verfassung -> psycholog. Befunde
zersTürte Geräte
L. zeigt zersTürten Pulsmesser vor.
B. fragt L. ob er die Polizisten als Polizisten ausmachen konnte, als sie ins Zimmer sTürmten.
L. Nein. Ich war sehr überrascht und mein Blick war auf die Hassmasken fixiert.
Befragund durch den Behördenvertreter Dr. Weiss:
W.: Wo stand der Polizist, der Ihnen die Pistole anhielt?
L.: Genau hinter mir.
W.: Wie konnten Sie sehen, dass er eine Pistole hielt?
L.: ich konnte ein bisschen zurückschielen und sie so sehen.
W.: Hat er Sie mit der Waffe berÃŒhrt?
L.: Nein.
W.: Woher konnten Sie wissen, dass Sie bewusstlos waren, wenn sie ja bewusstlos waren?
L.: Ich wachte mit Schwindelgefühl auf, dass ich vorher nicht hatte.
W.: Trugen Sie eine Uhr während der Amtshandlung?
L.: Nein.
W.: war irgendwo im Zimmer eine Uhr?
L.: ja, mein Wecker, den ich habe, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen.
W.: konnten Sie ihn sehen?
L.: Nein.
W.: Wie konnten Sie wissen, wie lange sie bewusstlos waren?
L.: es sind ungefähre schätzungen, die ich nach meinem körpergefühl beurteile.
Die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt und es wurde beantragt, folgende Zeugen zu laden:
Fr. Dornhackl, Leiterin des Wohnheims
die einschreitenden Beamten
Die Beamten der WEGA rechtfertigen laut Akt ihr Vorgehen offensichtlich damit, dass L. K. ihren Anweisungen nicht sofort Folge leistete und versuchte, sich aus der Fixierung zu winden. Ausserdem machte er gefährliche DrohgebÀrden mit seiner Hand in Richtung der Polizisten.