Quellenangabe:
Erzwungene Ausreise einer jungen Akademikerin zeigt erneut die Absurdität des Fremdenrechts auf (vom 27.02.2013),
URL: http://no-racism.net/article/4409/,
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[27. Feb 2013]
Natalia Jaramillo ist als 17-jährige aus Kolumbien nach Österreich gekommen, hat in Wien Politikwissenschaft studiert und kann einige Jobzusagen vorweisen, dennoch muss sie Österreich verlassen.
Update 06.03.2013: Sie hat nun eine Jobzusage, die den erforderlichen Betrag von rund 2000 Euro entspricht, es ist aber weiterhin unsicher, ob sie bleiben kann.
Der Fall der 29-jährigen Natalia Zambrano Jaramillo kann nicht anders bezeichnet werden, als ein unmenschlicher Schildbürgerstreich. Die junge Frau, die mittels Stipendium der Republik Österreich erfolgreich zwei Studien abgeschlossen und Jobzusagen vorliegen hat, hat mehr als ein Drittel ihres Lebens in Österreich verbracht. Sie ist faktisch längst zu einer Bürgerin dieses Landes geworden. Und dennoch wird sie jetzt nach 11 Jahren Aufenthalt eiskalt dazu aufgefordert, das Land zu verlassen.
Wie es dazu kommen konnte? Auch nach 11 Jahren gilt Natalia Zambrano Jaramillo noch immer als Migrantin. Um hier bleiben zu können, braucht sie eine Rot-Weiß-Rot-Karte für StudienabsolventInnen. Und um diese zu erhalten, muss sie ein fixes Angestelltenverhältnis mit einem Einkommen von mindestens 1.998 Euro brutto im Monat nachweisen. Für eine Absolventin der Geistes- und Sozialwissenschaften ist das ein vollkommen unrealistisches Einstiegsgehalt, noch dazu, wenn Werkverträge und Mehrfachbeschäftigungen nicht anerkannt werden.
"Ich weiß wirklich nicht, was ich falsch gemacht haben soll, dass man mich jetzt wegschickt. Ich habe in Österreich ein neues zu Hause gefunden, meine Studien erfolgreich abgeschlossen, mich gut eingelebt, mir Jobzusagen erarbeitet und in den letzten Monaten fieberhaft darum gekämpft, die vorgeschriebenen bürokratischen Hürden zu meistern. Es war unmöglich.", sagt eine tief betroffene Natalia Zambrano Jaramillo. Und sie fügt hinzu: "Ich hoffe sehr, dass die Regierung irgendwann zur Einsicht gelangt, dass es nicht in Ordnung ist, so mit Menschen umzugehen."
SOS Mitmensch appelliert an Integrationsstaatsekretär Kurz, der jungen Frau den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen. Ihre Aufenthaltsberechtigung soll verlängert und die für den Erhalt einer Rot-Weiß-Rot-Karte erforderliche Einkommenshürde auf ein realistisches Maß abgesenkt werden. Menschen wie Natalia Zambrano Jaramillo sollen dauerhaft in Österreich leben und arbeiten können.
Nach medialer Berichterstattung durch SOS Mitmensch und standard.at gab es unzählige Sympathiebekundungen. Mag.a Jaramillo ist von den vielen positiven Rückmeldungen überwältigt: "Mit einer solchen Welle an Solidarität habe ich nicht gerechnet. Ich weiß gar nicht, wie ich mich bedanken soll", so Natalia Zambrano. "Zu spüren, dass viele Leute mit mir fühlen, gibt mir neue Kraft. Das ist so wichtig für mich, nach den schmerzhaften letzten Monaten, in denen ich alles versucht habe, um mein Leben hier fortsetzen zu können, aber immer wieder gegen eine bürokratische Mauer gerannt bin."
Gefordert wird eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte. Der Fall von Natalia Zambrano, die erfolgreich studiert, sich Jobzusagen erarbeitet und mehr als ein Drittel ihres Lebens in Österreich verbracht hat und trotzdem das Land verlassen muss, zeigt, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte nicht funktioniert. "Wenn sich in der Praxis zeigt, dass ein so wichtiges Instrument wie die Rot-Weiß-Rot-Karte nicht funktioniert, dann muss umgehend reagiert werden. Es geht schließlich um Menschenschicksale", so SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak. "Die Politik und ihre Instrumente müssen sich an der Lebensrealität der Menschen orientierten, andernfalls werden sie, wie im vorliegenden Fall, zu Zerstörungsinstrumenten."
Es ist jedoch fraglich, ob die Solidarität genauso groß gewesen wären, hätte es sich um einen afrikanischen Akademiker gehandelt. Dennoch wünscht auch no-racism.net Frau Mag.a Jaramillo das Beste und hofft auf ein Einlenken der Politik.
Nach Berichten von SOS Mitmensch, red. gekürzt