Quellenangabe:
Amerlinghaus bleibt! (vom 10.04.2014),
URL: http://no-racism.net/article/4614/,
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[10. Apr 2014]
Eine Stellungnahme des Kulturzentrums im Amerlinghaus in 1070 Wien: zum wiederholten Male macht die Stadt Wien Probleme bezüglich der Finanzierung dieses für Wien unverzichtbaren Kulturzentrums.
Stellungnahme des Kulturzentrums im Amerlinghaus: Gemeinde will das Kulturzentrum zerschlagen. Das werden wir nicht zulassen!
Die Gemeinde Wien plant, die Subvention für das Kulturzentrum im Amerlinghaus von 245.000,- um mehr als die Hälfte auf 113.000,- zu kürzen. Davon sollen noch 60.000,- Euro direkt an die GESIBA (zu 99,97% im Eigentum der Stadt Wien) überwiesen werden statt an den Verein. Ob dies überhaupt rechtlich möglich ist, wird von uns gerade juristisch geprüft.
Damit bleiben dem Kulturzentrum im Amerlinghaus 53.000,- Euro für 2014. Daraus schließen wir, dass die Gemeinde Wien das Kulturzentrum im Amerlinghaus endgültig zerschlagen will.
Es entspricht keineswegs den Tatsachen, dass eine um 60% gekürzte Förderung den Betrieb des Kulturzentrums im Amerlinghaus absichert, wie medial kolportiert wird.
Die 2013 in mühevollen Verhandlungen mit der MA 13 erzielte Einigung über eine Grundkosten-Förderung in der Höhe von 245.000,- ist das unterste Limit, auf dem ein Betrieb des Zentrums als offenes, intergenerationelles, transkulturelles und politics-übergreifendes Basiskulturzentrum möglich ist. Wenn es zu keiner Subventionierung (mit Wertanpassung) mindestens in dieser Höhe durch die Stadt kommt, dann muss das Kulturzentrum im Amerlinghaus seinen Betrieb einstellen. Zumindest das, was das Haus bisher ausmachte, ist dann nicht mehr möglich. Irgendwas kann die Gemeinde schon mit dem Haus machen, aber dann hat sie einen der letzten Orte selbstbestimmten und geförderten Handelns in dieser Stadt preisgegeben.
Es ist zynisch, eine 60%ige Kürzung in den Kontext einer Neukonzeptionierung zu stellen. Die Strukturen des Kulturzentrums sind absolut zeitgemäß, umsomehr, als sie zur Sichtbarkeit, zur Präsenz und zur Inklusion von Menschen beitragen, die von gesellschaftlichen Entwicklungen betroffen sind, die sie immer mehr in Armut, Prekarität, Marginalisierung und Unsichtbarkeit drängen.
Eine Neukonzeptionierung, so wie sie von uns gedacht ist, bringt eine Ausweitung des Zentrums mit sich und eine Vervielfältigung öffentlicher, solidarischer und inkludierender sozialer Räume, aber nicht eine Zerschlagung eines wichtigen und dynamischen sozialen Zentrums in Wien, ohne politische Diskussion und nach neoliberaler Verwertungslogik.
Seitens einzelner Politiker_innen und auch aus dem Büro der Vizebürgermeisterin ist nun die Rede davon, dass die am 1. April im für die MA13 zuständigen Ausschuss beschlossenen 113.000,- € nur die Subvention für die erste Jahreshälfte sind und wir eine weitere Tranche an Fördergeldern bekommen werden. Aus der MA 13 und dem Büro von Stadtrat Oxonitsch wird signalisiert, dass dies nicht der einzige Zuschuss 2014 sein wird.
Wir fragen uns nur, wem die MA13 diese Zuschüsse geben will, denn dem Verein Kulturzentrum Spittelberg als dem Trägerverein liegen keinerlei Zusagen dieser Art vor, die einen gesicherten Weiterbetrieb gewährleisten würden.
Weder wurde offiziell dem Vorstand gegenüber eine zweite Tranche für das zweite Halbjahr in Aussicht gestellt, noch gibt es schriftliche Hinweise darauf, dass die dem Gemeinderat zur Beschließung vorgelegten 113.000,- eine Subventionierung des ersten Halbjahres wären. Ganz im Gegenteil hat die Leiterin der MA 13 dem Obmann des Vereins letzte Woche auf Nachfrage bestätigt, dass die 113.000,- Euro die Jahressubvention für 2014 sind. Daran ändert auch eine von ihr geäußerte vage Aussage nichts, dass es "bei Wohlverhalten" weitere Gelder geben könnte. Wie wir wissen, wurde auch im Ausschuss, dessen Beschluss in der Gemeinderatssitzung am 29. April abgestimmt werden soll, explizit eine Förderung "für das Jahr 2014" beschlossen, und zwar ausschließlich für den Erhalt des Hauses als räumliche Substanz.
Dass der Erhalt des Betriebes als Kultur- und Kommunikationszentrum mit den 60 Gruppen und einem weitem Kreis an Nutzer_innen nicht intendiert ist, legt auch die wiederholte Aussage seitens der MA 13 nahe, wir sollen uns doch reiche Mieter_innen suchen.
Auf dieser Basis kann der Verein unmöglich weiterarbeiten. Wir als Verein tragen die Verantwortung dafür, dass wir auf sicheren Grundlagen arbeiten, Andeutungen von Beamt_innenschaft und Politik sind dies allerdings nicht.
Wenn uns nicht umgehend weitere Förderungen verbindlich zugesagt werden, ist der Verein gezwungen, den Betrieb einzustellen. Dies bedeutet in aller Klarheit: mehr als 60 Initiativen und Gruppen, dazu noch eine ganze Reihe von Kulturschaffenden und Aktivist_innen, die auf das Zentrum als Kommunikationsraum und niederschwellige Ressource angewiesen sind, stehen ohne betreute Infrastruktur und ohne Projektbetreuung und Koordination da. 4 Arbeitsplätze - eine Vollzeit- und 3 Teilzeitarbeitsplätze - werden verloren gehen, die Mitarbeiter_innen müssen gekündigt werden.
Die Gemeinde zwingt einen schuldenfreien Verein mit ordentlicher Geschäftsgebarung ins Aus, und versucht dabei noch dazu, die Verantwortung dafür auf das Kulturzentrum abzuschieben, indem uns "Misswirtschaft" unterstellt wird, davon kann jedoch keine Rede sein.
Zur Verdeutlichung:
Wenn wir die von der Wirtschaftskammer veröffentlichten Zahlen zur Inflationsentwicklung als Basis nehmen, so ergibt sich eine reale Subventionskürzung seit dem Jahr 2004 von 253.790,55 Euro. Dieser Betrag hat in den letzten sechs Jahren das Amerlinghaus nicht erreicht - allerdings hat er sich in den entsprechend gestiegenen Kosten bemerkbar gemacht und zum existenziellen Dilemma geführt.
weitere Infos mit Zahlen: http://www.amerlinghaus.at/sites/Materialien.htm