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Quellenangabe:
Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord! - Flugblatt des RBH (vom 15.05.1999),
URL: http://no-racism.net/article/468/, besucht am 25.11.2024

[15. May 1999]

Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord! - Flugblatt des RBH

Am 1. Mai 1999 wurde der 25-jährige Nigerianer Marcus O. ermordet. Er wurde während der Abschiebung von den drei begleitenden Polizisten gefesselt und ihm sein Mund mit einem Klebeband verschlossen. Marcus O. ist auf dem Abschiebeflug von Wien nach Sofia in einem Flugzeug der Balkan Air erstickt. Diese unmenschliche Behandlung wurde ihm zuteil, weil er sich angeblich gewehrt hätte und seine Angstschreie die Passagiere gestört hätten. Wir wünschen einen guten Flug!

Ein Mensch ist gestorben. Nicht zufÀllig, nicht weil er alt war, sein Leben gelebt hat, nicht durch einen Unfall, nicht durch eine Naturkatastrophe. Der Asylwerber Marcus O. ist gestorben, während er aus Österreich abgeschoben werden sollte. Ein Mensch ist gestorben, weil ihm Polizisten den Mund mit Leukoplast verklebt haben. Ein Mensch ist vor lauter Angst krepiert.

Ein Mensch ist tot: Wegen der Staatsgewalt. Wegen der Österreichischen Asyl- und Fremdengesetze. Sie behandeln sie wie Tiere. Nur: Wenn man so etwas mit Tieren macht, hagelt es Proteste. Von Tierschätzern aller Coleur. Von Edith Klinger abwärts.Wer kÃŒmmert sich um Flüchtlinge? Der Innenminister sieht keinen Grund zurückzutreten. Sein oberster Polizeibeamter räumt ein, daß "so etwas möglicherweise schon Öfter vorgekommen ist."

Wir glauben das auch. Wir glauben sogar, daß "so etwas" eher die Regel, als die Ausnahme ist. In einem internen Erlaß des Innenministeriums ist von "Brachialgewalt" die Rede. An "Brachialgewalt" kann man sterben. Elendiglich zugrunde gehen. Was denken sich die ÖsterreicherInnen dazu? Eine große Österreichische Tageszeitung meint, "Polizei, das bedeutet Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung". Und wir (Leute, die sich für Flüchtlinge einsetzen), "verdienen es wahrlich nicht, daß es mit der Polizei noch immer eine Gruppe in unserer Gesellschaft gibt, die bereit ist, ihr Leben für die Gemeinschaft einzusetzen."

Moment. Ihr Leben? Oder das von "ausländischen" Menschen? Wo gehobelt wird, da fallen die SpÀne. Wenn man/frau Österreich ausländerrein machen will, dann muß gehobelt werden. Es war eben ein abgewiesener Asylwerber, schreibt die große Österreichische Tageszeitung.

"Als Randalierer bekannt."

Warum flüchten Menschen in dieses Österreich? Ist es so schön hier? So gesund? Vor allem für Flüchtlinge? Macht es Spaß, Tag für Tag von den ÖsterreicherInnen gehaßt und verachtet, von der Polizei drangsaliert, abgeschoben, verhaftet und geprügelt zu werden? Vielleicht gar ermordet? Marcus O. hat Bronchitis gehabt. Daran stirbt man normalerweise nicht. Nichts ist "normal". Wenn man Flüchtling ist in Österreich. Nein. Niemand kommt in dieses Österreich, weil er möchte. Menschen flüchten vor politischer Verfolgung, vor Diktatur, vor Folter in ihrer Heimat. So etwas gibt es. Anderswo auf der Welt. Und ein bißchen was von der Folter und Unmenschlichkeit hat jetzt auch seinen Weg nach Österreich gefunden.

An Angst kam man sterben. Jetzt ist wieder einer gestorben. Weil er um keinen Preis nach Hause zurück wollte. Weil es dort um soviel schlimmer ist, als in diesem Österreich. Aber das reiche Österreich hat ihn nicht haben wollen. Weil man/frau weiss ja nie. Und die meisten "von denen" sind ja doch nur Kriminelle und WirtschaftsFlüchtlinge.

Man/frau könnte sich da fragen, woher die Armut auf der Welt kommt. Und wieviel von seinem Reichtum Österreich der Armut der 3. Welt verdankt. Und ob es da nicht eine Art Bringschuld gibt? Aber das alles braucht man/frau gar nicht. Man braucht sich nur eines vor Augen führen: Wie verzweifelt muß ein Mensch sein, daß er in dieses Österreich kommt und sieht, wie Österreich wirklich ist, wie seine Menschen sind - und sich trotzdem mit Händen und Füßen dagegen strÀubt, abgeschoben zu werden? Heim.

für solche Menschen muß Platz sein, hier bei "uns", im achtreichsten Land der Welt.Da kann man auch anderer Meinung sein? NaTürlich. Bei allem kann man anderer Meinung sein.Eines sollten alle bedenken: Wenn es gegen diesen Mord keinen breiten, politischen Protest gibt, dann wird es weitere Morde an ausländischen Menschen geben. Wenn nichts gegen die Ursachen unternommen wird, die Ausländergesetze und die klammheimliche Billigung einer unmenschlichen Polizeipraxis durch die Politik - wenn dagegen nichts unternommen wird, dann werden weitere Flüchtlinge sterben müssen. Und vielleicht zum Abschluß noch dies: Wenn sich die Polizei einmal daran gewÃŒhnt hat, mit AusländerInnen so zu verfahren - wie lange wird es dauern, bis sie das selbe mit InländerInnen tut?

Vielleicht werden eines gar nicht so fernen Tages ÖsterreicherInnen aus Österreich flüchten. Wohin?