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Quellenangabe:
Verwirrspiel der Behörden im Vorfeld der NOWKR-Proteste (vom 17.01.2015),
URL: http://no-racism.net/article/4694/, besucht am 29.03.2024

[17. Jan 2015]

Verwirrspiel der Behörden im Vorfeld der NOWKR-Proteste

Eine Aussendung des NOWKR-Bündnisses zum widersprüchlichen Umgang der Behörden mit den bevorstehenden Protesten gegen den sogenannten "Akademikerball" in Wien am 30. Jänner 2015.

:: Presseaussendung von nowkr.at vom 16.01.2015


Verwirrspiel der Behörden im Vorfeld der NOWKR-Proteste

Chaos oder Strategie? - Polizei und Verfassungsschutz agieren immer widersprüchlicher


Nachdem die Polizei bei den Protesten im vergangenen Jahr durch Überforderung und Irrationalität geglänzt hat, was sie mit massiver Repression zu überspielen versuchte, setzt sie in diesem Jahr darauf, medial das Bild von Kooperationsbereitschaft und Deeskalation zu inszenieren. In der Praxis ist von diesem Kurs jedoch sehr wenig zu merken, so ist die Kommunikation gegenüber den Demoanmelder_innen widersprüchlich. "Wenn sich Polizeichef Pürstl nicht in die Karten schauen lassen will und nur leere Phrasen von sich gibt, dann zeugt das zwar von Nervosität, aber auch das sei ihm zugestanden," meint Elisabeth Litwak.

Für Irritationen sorgt allerdings bereits jetzt die Widersprüchlichkeit zwischen dem öffentlich artikuliertem Willen und den Handlungen der Behörden hinter den Kulissen. Pürstl unterstellte noch am Montag dem NOWKR-Bündnis "mangelnde Kooperationsbereitschaft", NOWKR verwies daraufhin auf das bereits vereinbarte Vorgespräch für die Demonstration heute Freitag, den 16. Jänner, in der LPD Wien. Am Montag versuchte Erich Zwettler, Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz verzweifelt, Elisabeth Litwak telefonisch zu erreichen und schrieb, als ihm das nicht gelang, eine schwer beleidigte E-Mail. In ihrer Antwort verwies Litwak für weitere Kommunikation auf besagtes Vorgespräch. Am Mittwoch, den 14. Jänner, wurde dieses Gespräch nun begründungs- und bisher ersatzlos abgesagt. "In Anbetracht dieser Entwicklungen drängt sich schon die Frage auf, ob unser Bündnis im Vorfeld öffentlich diskreditiert werden soll und die Polizei in Wirklichkeit gar keinen Klärungsbedarf sieht, sondern längst einen fertigen Plan in der Schublade hat," überlegt Litwak. "Letztlich bleibt diese Frage für uns jedoch zweitrangig, denn wir werden in jedem Fall am 30. Jänner eine Demonstration und Blockaden gegen den Akademikerball und die FPÖ sowie für ein Ende der Gewalt abhalten."

Die Äußerungen Pürstls im ORF-Interview am 7. Jänner und auf dem Pressepanel am 12. Jänner lassen trotz genereller Undefiniertheit jedoch eine Strategie deutlich erkennen: Den Versuch der Spaltung des Widerstandes gegen den Akademikerball in vermeintlich "gute" und "böse" Protestierende. "Dieser Trick ist zwar alt und billig, wird aber immer wieder gerne von Polizeistrategen ausgegraben," erklärt Lars Fischer vom "... ums Ganze!"-Bündnis, das maßgeblich an den Vorbereitungen der diesjährigen NOWKR-Demonstration beteiligt ist. "Indem ein Teil des Widerstandes als 'kooperativ, gesetzestreu und friedlich' hingestellt wird und ein anderer als das genaue Gegenteil, soll ein Keil zwischen die Aktivist_innen getrieben werden. Denn die Vielfalt und die gegenseitige Solidarität haben in der Vergangenheit wichtige Erfolge wie z.B. die mehrmalige Verhinderung von Europas größten Nazi-Aufmarsch in Dresden erst möglich gemacht." Elisabeth Litwak erklärt dazu: "Darüber hinaus wollen wir klarstellen, dass die Aktionen von "Jetzt Zeichen setzen!", der "Offensive gegen rechts" und die von NOWKR das Ziel teilen: den Akademikerball unmöglich zu machen. Wir werden uns weder durch das Gerede von Polizisten noch Repression einschüchtern lassen."

In einem Punkt wollen Litwak und Fischer Herrn Pürstl aber doch Recht geben: "Seine Feststellung im ORF, dass sich unsere Proteste gegen mehr als nur gegen den Ball richten, sondern gegen diese Gesellschaft, gegen Kapitalismus, gegen staatliche Obrigkeit, gegen Polizei und Justiz - das können wir voll und ganz bestätigen. Auch Herr Pürstl scheint dieses Jahr unseren Aufruf gelesen zu haben."