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Quellenangabe:
VfGH-Erkenntnis im Fall Omofuma 6. März 2001 (vom 06.03.2001),
URL: http://no-racism.net/article/483/, besucht am 25.04.2024

[06. Mar 2001]

VfGH-Erkenntnis im Fall Omofuma 6. März 2001

Volltext der VfGh-Entscheidung

Verfassungsgerichtshof
Judenplatz 11, 1010 Wien
B 159/00-17
I M N A M E N D E R R E P U B L I K !

Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz des
Präsidenten Dr. A d a m o v i c h ,
in der Beschwerdesache der mj. Franziska M a h o u , vertreten
durch die Kindesmutter Ines Mahou, diese zuletzt vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Georg Zanger, Neuer Markt 1, 1010 Wien, gegen
den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom
22. Oktober 1999, Zl. UVS-02/P/32/28/1999/1, in seiner heutigen
nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 144 B-VG zu Recht erkannt:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen
Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein
Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, der
Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit
S 27.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution
zu bezahlen.

E n t s c h e i d u n g s g r - n d e :
I. 1. Die Beschwerdeführerin ist - ihren eigenen Angaben
zufolge - deutsche Staatsangehörige und "leibliche Tochter und
gesetzliche Erbin von M. O.".
Nach dem Beschwerdevorbringen reiste der nigerianische
Staatsangehörige M. O. aus Deutschland am 16. September 1998 nach
österreich ein und brachte am selben Tag beim Bundesasylamt einen
Asylantrag ein. Der Asylantrag sei mit Bescheid vom 11. Februar
1999 rechtskräftig abgewiesen worden. Bereits am 15. Dezember
1998 sei M. O. in Schubhaft genommen worden.
Am 31. März 1999 sei ein Antrag auf Abschiebungsaufschub
gem. - 56 FremdenG mit der Begründung gestellt worden, daß gegen den
abweisenden Asylbescheid eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof
eingebracht werde. Am 21. April 1999 wurde laut Beschwerdevorbringen
Parteiengehör im Hinblick auf die beabsichtigte Ablehnung des
Abschiebungsaufschubantrages gewährt und dazu zur Abgabe einer
Stellungnahme eine Frist bis 6. Mai 1999 eingeräumt.
Ungeachtet des Umstandes, daß M. O. bis zum 1. Mai 1999
von der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme noch nicht
Gebrauch gemacht hatte, sei am 1. Mai 1999 die Abschiebung des
M. O. vorgenommen worden. Die Abschiebung sei mit Zwangsgewalt
durchgesetzt worden. Nach der Landung des Flugzeuges, mit dem die
Abschiebung erfolgte, in Sofia, wurde der Tod des M. O. festge-stellt.

2. Die Beschwerdeführerin wandte sich in der Folge mit
einer Beschwerde nach Art. 129a Abs.1 Z 2B-VG und -67c AVG an
den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (im folgenden: UVS) und
stellte den Antrag, "der Unabhängige Verwaltungssenat Wien möge [...]
feststellen, daß durch die Knebelung und Fesselung von M. O.[...]
bzw. aufgrund der mangelhaften Planung und Durchführung der
gesamten Abschiebung M. O. in seinen verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechten gemäß Art. 2 und 3 EMRK sowie die BF in
ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art. 8
EMRK bzw. die BF selbst als leibliche Tochter, nächste Verwandte
und gesetzliche Erbin des M. O. durch die erwähnten Amtshand-lungen
in ihren Rechten gemäß Art. 2 und 3 EMRK verletzt worden
sind und diese Amtshandlungen in Ausübung unmittelbarer behörd-licher
Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärten".

3. Der UVS wies die Beschwerde mit Bescheid vom
22. Oktober 1999 als unzulässig zurück, weil die Tochter des
unmittelbar betroffenen M. O. nicht beschwerdelegitimiert sei,
weiters aber auch, weil der UVS Wien örtlich unzuständig sei und
letztlich auch, weil (an Bord des Flugzeuges) keine unmittelbare
verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden
sei.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende
auf Art. 144 B-VG gestätzte Beschwerde, mit der die Verletzung
der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte u.a. auf ein
Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG,
Art. 13 EMRK) sowie auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(Art. 8 EMRK) bzw. "ein Verstoß" gegen die dem Vater der
Beschwerdeführerin verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte
auf Leben (Art. 2 EMRK) und gem. Art. 3 EMRK keiner unmenschlichen
und erniedrigenden Behandlung bzw. Folter unterzogen zu
werden, in eventu die Verletzung in diesen verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechten "wegen Anwendung eines verfassungswidrigen
Gesetzes, nämlich - 67a Abs.1 Z 2AVG," behauptet und
die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides
beantragt wird.

5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt
und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der
Beschwerde beantragt wird.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige
Beschwerde erwogen:
1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen
Richter wird durch den Bescheid einer VerwaltungsbehÃörde
verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende
Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre
Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9.696/1983), etwa indem sie zu
Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10.374/1985,
11.405/1987, 13.280/1992).

2.1. Die belangte Behörde hat ihre Beschwerdezurückweisung
zum ersten damit begccet, daß die Beschwerdeführerin
nicht beschwerdelegitimiert sei, zumal sie nicht "an Stelle ihres
tragisch verstorbenen Vaters die gegenständliche Beschwerde gegen
c unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
einzubringen" berechtigt sei. Auch komme es darauf,
"ob die gegen ihren Vater gerichteten Maßnahmen möglicherweise
auch Auswirkungen auf die Beschwerdeführerin haben", nicht an.
Das Gesetz legitimiere nur den, den die Maßnahme unmittelbar
betroffen hat, zur Erhebung einer Beschwerde; wenn der unmittel-bar
Betroffene stirbt, könne daher niemand anderer statt ihm die
Beschwerde einbringen, selbst wenn diese andere Person behauptet,
die Maßnahme hätte auch bei ihr Auswirkungen. Die belangte
Behörde begründet dies im Detail wie folgt:
"Die im vorliegenden Beschwerdefall angefochtenen
Verwaltungsakte betrafen die höchstpersönliche Rechtssphäre des
Vaters der Beschwerdeführerin und griffen daher ausschließlich in
die ihm gewährleisteten Rechte ein.
In Ansehung dieser Rechte kommt eine Rechtsnachfolge
durch die Beschwerdeführerin nicht in Betracht. ...
Nach Ansicht des UVS Wien kommt der Beschwerdeführerin
daher keine Parteistellung und damit keine Beschwerdelegitimation
im Verfahren betreffend die Knebelung und Fesselung ihres Vaters
am Flughafen Wien-Schwechat und in der Balkan-Air-Maschine sowie
die Planung und Durchführung seiner Abschiebung zu, unabhängig
davon, ob und welche Auswirkungen dies auf die Beschwerdeführerin
hat oder in Zukunft auch haben mag. Denn die in Beschwerde
gezogenen Maßnahmen waren ausschließlich gegen den Vater der
Beschwerdeführerin gerichtet.
Die Beschwerde war daher mangels Beschwerdelegitimation
der Beschwerdeführerin zurückzuweisen."

2.2. Mit diesen Erwägungen ist die belangte Behörde
nicht im Recht. Der Verfassungsgesetzgeber hat mit der B-VG-Novelle
1988 durch Art. 129a B-VG eine eigene Rechtsschutzinstanz
eingeführt, die unter anderem gemäß Abs.1 Z 2"über Beschwerden
von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer
verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren
Rechten verletzt zu sein", zu erkennen hat.
Der Verfassungsgesetzgeber ist bei der Ausgestaltung der
Kompetenzen des UVS ersichtlich von der Zielsetzung ausgegangen,
die UVS als Organe einzurichten, die die Verwaltung kontrollieren
(vgl. VfSlg. 14.891/1997). Zweck eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens
vor dem UVS ist die - nachträgliche - Feststellung der
Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Akts unmittelbarer
verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.
Wenngleich der Wortlaut des Art. 129a B-VG auch in
Zusammenhalt mit - 67a AVG den Schluß nahelegt, daß nur eine von
der Maßnahme selbst betroffene Person zur Erhebung der Beschwerde
berechtigt sei, so wird vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles
deutlich, daß diese reine Wortinterpretation dem spezifischen
Charakter der Kontrolle von Rechten - insbesondere des Rechts auf
Leben - nicht ausreichend Rechnung trägt.
Art. 129a B-VG wurde zu einem Zeitpunkt in die Verfassung
eingefügt, als die - damalige - Europäische Kommission für
Menschenrechte insbesondere in Fällen der behaupteten Verletzung
des Rechts auf Leben eine Beschwerdelegitimation von nahen
Angehörigen des Verstorbenen in ständiger Rechtsprechung bejaht
hat, sofern die betreffenden Angehörigen durch die behauptete
Rechtsverletzung mittelbar betroffen sind, also aufgrund ihrer
engen Beziehung zu dem unmittelbar Betroffenen und/oder der
gerügten Handlung oder Unterlassung ein schutzwürdiges Interesse
an der Rechtsverfolgung haben (z.B. EKMR 8416/79, DR 19, 244;
9348/81, DR 32, 190; 9833/82, DR 42, 53).
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht
von der Legitimation der Hinterbliebenen des Gecen zur
Geltendmachung von behaupteten Verletzungen des Art. 2 EMRK aus
(vgl. etwa EGMR 17/1994/464/545, McCann, ÖJZ 1996, 233;
86/1996/705/897, Andronicou und Constantinou, ÖJZ 1998, 34).
Ausdrücklich wies er hierauf in seiner Entscheidung 33646/96,
üaan, hin:
"The Court notes that the term "victim" in Article 34 of
the Convention denotes the person directly affected by the act or
omission which is at issue (cf. Eur. Court H.R., Eckle judgment
of 15 July 1982, Series A no. 51, p. 30, 66).
The Court further notes that it has examined applications
brought by applicants who claimed to be victims of violations
of Article 2 of the Convention (cf. Yasa v. Turkey judgment
of 2 September 1998, Reports 1998-VI, p. 2431, 7; Kaya v. Turkey
judgment of 19 February 1998, 7; äakici v. Turkey judgment
of 8 July 1999, - 8). In those applications the applicants had
indicated their intention of bringing their applications on their
own behalf and on behalf of their deceased close relatives."
["Der Gerichtshof bemerkt, daß der Ausdruck "victim" in
Artikel 34 der Konvention eine Person bezeichnet, welche durch
die strittige Handlung oder Unterlassung unmittelbar betroffen
wurde (vgl. Urteil des EGMR vom 15. Juli 1982 im Fall Eckle,
Serie A Nr. 51, Seite 30, RZ 66).
Der Gerichtshof bemerkt weiters, daß er Menschenrechtsbeschwerden
geprüft hat, welche von Beschwerdeführern eingebracht
wurden, die behauptet haben, Opfer von Verletzungen des Artikels
2 der MRK geworden zu sein (vgl. Urteil vom 2. September 1998 im
Fall Yasa gegen die Türkei, Berichte 1998-VI, Seite 2431, RZ 7;
Urteil vom 19. Februar 1998 im Fall Kaya gegen die Türkei, RZ 7;
Urteil vom 8. Juli 1999 im Fall Cakici gegen die Türkei, RZ 8).
In diesen Menschenrechtsbeschwerden hatten die Beschwerdeführer
ihrer Absicht Ausdruck gegeben, ihre Beschwerde in ihrem eigenen
Namen sowie im Namen ihrer verstorbenen engen Verwandten einzubringen."
(übersetzung des übersetzungsdienstes des Bundes-kanzleramtes)]
Als nahe Angehörige, die zur Beschwerdeführung
legitimiert sind, wurden in der Judikatur der EKMR und des EGMR
jedenfalls der Ehepartner (z.B. EGMR 27602/95, Ekinci), die
Eltern (z.B. EKMR 9833/82, DR 42, 53), die Kinder (z.B. EKMR
35981/97, Toluk; zuletzt EGMR 31725/96, Köksal, vom 19.9.2000)
sowie die Geschwister (z.B. EGMR 27693/95, äelikbilek) des
Verstorbenen angesehen.
Die Beschwerdelegitimation der Hinterbliebenen zur
Geltendmachung von Verletzungen des Rechts auf Leben im Falle der
Tötung eines Menschen ergibt sich aus dem spezifischen Charakter
des durch Art. 2 EMRK geschützten Rechts; anders könnte eine
Verletzung des Rechts auf Leben im Falle des Ablebens überhaupt
nicht releviert werden.
Unter Bedachtnahme auf die historische Zielsetzung der
Rechtsschutz- und Kontrolleinrichtung im Sinne des Art. 129a B-VG kann
dem Verfassungsgesetzgeber nicht zugesonnen werden, daß er
eine eigene Beschwerdeinstanz für Rechtsverletzungen, die aus
Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
resultieren, geschaffen hat, und davon aber die Geltendmachung
der Verletzung des Rechts auf Leben durch Angehörige im
Fall des während der Amtshandlung eingetretenen Todes des von der
Amtshandlung unmittelbar Betroffenen generell ausschließen
wollte.
Wenn also der durch die Ausübung unmittelbarer Befehls-und
Zwangsgewalt Betroffene während der Amtshandlung verstorben
ist, so ist gemäß Art. 129a B-VG der UVS auch zuständig, über von
nahen Angehörigen diesbezüglich behauptete, den Verstorbenen
betreffende Rechtsverletzungen (Art. 2 und Art. 3 EMRK) zu
erkennen.
Die Beschwerdeführerin ist unbestritten die leibliche
Tochter des M. O.. Sie erfüllt daher im Lichte der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die notwendigen
Kriterien, um an Stelle des verstorbenen Vaters Beschwerde gemäß
Art. 129a B-VG zu erheben.

3. Dieses Ergebnis führt allerdings nur dann zur
Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn dessen zurückweisender
Spruch nicht zumindest durch einen der beiden weiteren
Gründe, die der UVS seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat,
gerechtfertigt wäre.

3.1. Die belangte Behörde begründete die zurückweisung
der Maßnahmenbeschwerde auch damit, daß - wenn auch die (als
solche nicht bekämpfte) Abschiebung von Wien aus ihren Ausgang
genommen habe - die in Beschwerde gezogene und möglicherweise
tödliche Fesselung und Knebelung des Vaters der Beschwerdeführerin,
die im Zuge der Abschiebung erfolgt sei, in Schwechat
stattgefunden habe, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des
Landes Niederösterreich zuständig sei. Bei
gehöriger Würdigung des an den UVS gerichteten
Beschwerdeschriftsatzes ergibt sich jedoch, daß die Beschwerdeführerin
nicht bloß die "Knebelung und Fesselung" ihres Vaters an
sich, sondern diese Zwangsakte als Teil eines Geschehensablaufes,
der letztlich zum Tod ihres Vaters geführt habe, angefochten hat.
Die bekämpfte Fesselung und Knebelung des Vaters der Beschwerdeführerin
stehen mit dessen Abschiebung in einem so engen Zusammenhang,
daß sie nicht unabhängig von dieser beurteilt werden
können; dies insbesondere, da nach bislang unbestrittener
Beschwerdebehauptung die Handfesseln bereits in Wien angelegt
worden sind.
Hinsichtlich der Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates
Wien ist daher von einer Einheit der bekämpften
Maßnahme auszugehen (vgl. auch VwGH Zl. 94/02/0139 vom 23. September
1994). Da die Abschiebung im örtlichen Wirkungsbereich des
Unabhängigen Verwaltungssenates Wien begonnen hat, hat dieser
seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht verneint und daher die
Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung schlechthin verweigert.

3.2. Letztlich brachte die belangte Behörde in ihrem
Bescheid auch vor, daß an Bord des Flugzeuges (einer bulgarischen
Fluglinie) keine Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher
Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt worden wären, weil die Befehlsgewalt
an Bord ausschließlich dem Kapitän des Flugzeuges zugekommen
sei.

Auch mit dieser Erwägung ist die belangte Behörde nicht
im Recht: Sie übersieht, daß aus dem Umstand, daß die Rechtsordnung
unter bestimmten Voraussetzungen keine Befugnisse zu
Befehls- und ZwangsMaßnahmen einräumt, nicht abgeleitet werden
kann, daß staatliche Organe, die zumindest in abstracto mit
Hoheitsgewalt betraut sind, nicht dennoch - wenn dann auch ex
definitione: rechtswidrige - Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher
Befehls- oder Zwangsgewalt gesetzt haben.

Gemäß 88 Abs. 1 SPG haben die unabhängigen Verwaltungssenate
über Beschwerden von Menschen zu erkennen, "die
behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher
Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu
sein (Art. 129a Abs.1 Z 2B-VG)".
Es ist daher davon auszugehen, daß das vor der belangten
Behörde in Beschwerde gezogene Geschehen in die Handlungskategorien
der Verwaltung - Vollziehung des Sicherheitspolizeigesetzes
- einzuordnen ist.

4. Die belangte Behörde hätte daher die gemäß 67a AVG
an sie gerichtete Beschwerde nicht zurückweisen dürfen. Indem sie
dies jedoch getan hat, hat sie der Beschwerdeführerin zu Unrecht
eine Sachentscheidung vorenthalten und sie dadurch in ihrem gemäß
Art. 83 Abs. 2 B-VG gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor
dem gesetzlichen Richter verletzt.

Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf 88 VerfGG
1953. In den Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,--
enthalten.

6. Dies konnte gemäß 19 Abs. 4 erster Satz VerfGG ohne
vorausgegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher
Sitzung beschlossen werden.

Wien, am 6. März 2001
Der Präsident:
Dr.A d a m o v i c h
Schriftführer:
Mag.T o l a r