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Quellenangabe:
Open Call: 'Enjoy Austria' - Eine Lobeshymne auf Österreich? (vom 08.08.2016),
URL: http://no-racism.net/article/5162/, besucht am 19.04.2024

[08. Aug 2016]

Open Call: 'Enjoy Austria' - Eine Lobeshymne auf Österreich?

Wettbewerb mit dem Motto 'Österreich genießen'
Einsendeschluss: 21. August 2016.

Wer hat das Recht, Österreich zu genießen?

Mitte Juli starteten die katalanische Künstlerin Núria Güell und die Wiener Kuratorin Katalin Erdödi einen bundesweiten Wettbewerb mit dem Motto 'Österreich genießen'. Als Preis wird dabei eine All-Inklusive-Rundreise durch Österreich vergeben. Der Wettbewerb richtet sich ausschließlich an Menschen mit Fluchterfahrung, die sich mit einer selbst verfassten 'Ode an Österreich' bewerben können. Die Kunstinitiative zielt auf eine kritische Auseinandersetzung mit der Integrationspolitik Österreichs und fragt nach einem Grundrecht auf Genuss und einem guten Leben für alle anstatt einer „Integration durch Leistung": www.enjoyaustria.org

Ein Projekt vom Kunst- und Kulturverein ART AT WORK. Gefördert aus den Mitteln von SHIFT/Stadt Wien.


Mehrsprachiger Open Call

Mit einem mehrsprachigen Open Call und einer Plakatkampagne (auf Arabisch, Persisch, Urdu, Deutsch, Englisch und Russisch) bewerben die Initiatorinnen den Wettbewerb „Enjoy Austria". In enger Zusammenarbeit mit Dolmetscher*_innen, die teilweise selbst Fluchterfahrung haben, hat das Projektteam in den letzten Wochen zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte und soziale Einrichtungen besucht, um die Einwohner*_innen zur Teilnahme einzuladen und mit ihnen einen Dialog über das Leben in Österreich, über ihre Situation und über ihre Sichtweisen zu starten.

Eine Lobeshymne auf Österreich?

'Enjoy? Austria?! Das ist unmöglich,' meinte ein Mann aus dem Haus Neu Albern, der seit mehr als zehn Jahren in Österreich wohnt und immer noch im Limbo des Asylprozesses steckt.

Polemisch bedingt die Teilnahme am Wettbewerb das Verfassen einer 'Ode an Österreich'. Form, Stil und Sprache des Beitrages können von den Bewerber*_innen frei gewählt werden.

Mit dem Aufruf eine Ode zu kreieren, möchten die Initiatorinnen die oft erwünschte Dankbarkeit im Verhältnis von Aufnahmegesellschaft und Neuankömmlingen thematisieren. Aber auch die Frage stellen, ob es möglich ist, aus prekären Situationen heraus eine Lobeshymne auf ein Land zu singen, das zugleich diese problematischen Lebensbedingungen bestimmt.

Über den/die Gewinner*_in entscheidet einvernehmlich eine Jury aus vier österreichischen Staatsangehörigen, die alle verschiedene Positionen zur österreichischen Migrationspolitik vertreten.

Recht auf Anderssein statt Homogenisierung?

'Wir untersuchen herrschende Integrationsmaßnahmen, wie Werte- und Orientierungskurse, die auf die Ausblendung von Differenzen zielen und österreichische Werte hochhalten. Dabei macht der Nationalstaat Integration im Form einer Homogenisierung zur Pflicht, statt den Kampf gegen Rassismus und das Recht auf Anderssein zu fördern,' erklärt Güell. Diese Maßnahmen unterwandert der bundesweite Wettbewerb mit einer Orientierung anderer Art: die mehrtägige Rundreise der Gewinner*_innen wird mit österreichischen Mitbürger*_innen unternommen und bietet eine einmalige Gelegenheit die Sehenswürdigkeiten des Landes, die nationale Geschichte und die beliebtesten Kultur- und Freizeitaktivitäten kennen zu lernen.

'Das Recht auf Genuss, das Bestreben nach einem besseren Leben ist kontrovers, da es nicht als Grundrecht betrachtet wird. Wir möchten unsere Privilegien thematisieren und die Frage aufwerfen, wie wir in Zeiten von wachsender wirtschaftlicher und sozialer Disparität, sowie zunehmenden nationalistischen Rechtspopulismus, dieses Recht neu verteilen können,' so Erdödi.

Einsendeschluss des Wettbewerbs ist der 21. August 2016.

Der Aufruf steht in mehreren Sprachen auf der Webseite www.enjoyaustria.org zur Verfügung. Die „Oden an Österreich" können als Audio-, Video-, oder Textbeiträge eingereicht werden. Der/Die Gewinner*_in wird Anfang September bekannt gegeben.

Im Anschluss an der Reise ist im Herbst eine öffentliche Diskussionsveranstaltung zum Thema „Recht auf Genuss" zusammen mit Aktivist*_innen und Theoretiker*_innen geplant, zu der auch der/die Gewinner*_in eingeladen wird, um über seine/ihre Erfahrungen zu berichten.

Der Wettbewerb und Preis „Österreich genießen" ist ein Projekt vom Kunst- und Kulturverein ART AT WORK. Gefördert aus den Mitteln von SHIFT.


Konzept: Núria Güell, Katalin Erdödi
Grafikdesign: Levi Orta