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Quellenangabe:
Ausharren an der Grenze (vom 15.09.2016),
URL: http://no-racism.net/article/5184/, besucht am 22.12.2024

[15. Sep 2016]

Ausharren an der Grenze

Seit vielen Monaten versuchen Refugees von Italien in die Schweiz bzw. weiter nach Deutschland, Schweden und Frankreich zu kommen. Seit am Grenzübergang in Chiasso vermehrt Menschen zurückgewiesen werden, obwohl sie nach eigenen Aussagen Asyl in der Schweiz beantragt haben, stauen sich die Leute in Como.

Derzeit, Mitte September 2016, sind es ca. 250 Menschen, die am Bahnhof Como St. Giovanni und im Park campieren. Die Fluktuation ist hoch, weil viele Menschen neu ankommen, gleichzeitig viele versuchen, sich individuell durchzuschlagen. Sie steigen komplett ohne Gepäck in Como in den Zug Richtung Schweizer Grenze. Die italienische Polizei ist zwar Tag und Nacht bewaffnet am Bahnhof präsent, aber sichtlich desinteressiert an denen, die versuchen, weiter zu reisen.

Denjenigen, denen es nicht gelingt, die Grenze zu passieren, werden zurück geschickt oder gleich mit Bussen in den Süden des Landes transportiert. Die Zwangstransporte werden unter anderem von der Busfirma "Rampinini" durchgefuehrt, gegen die am 12. September ein spontaner Protest statt fand. Ca. 80 Refugees und Unterstuetzer_innen demonstrierten vor dem Unternehmen und blockierten kurzzeitig die Straße.

Dienstag und Donnerstag, so zeigen bisherige Beobachtungen, sind die Tage, an denen die Rücktransporte nach Taranto statt finden. So denn auch am 13. September. Zwei Busse brachten abgewiesene Flüchtlinge von Chiasso weg. Aktivist_innen haben sich am Straßenrand solidarisch gezeigt und gegen die Zwangstransporte demonstriert, ohne diese stoppen zu können.

Viele, die in Como auf die Öffnung der Grenze warten, wollen nicht riskieren, wieder in den Süden Italiens gebracht zu werden - von wo die meisten kommen.


Die Lage vor Ort ist unübersichtlich, Gerüchte kursieren und die Kommunikation ist unter anderem durch Sprachbarrieren erschwert. Klar ist, dass Versuche solidarischer Aktivist_innen, sich mit Refugees zu organisieren, von Wohlfahrtsorganisationen und italienischer Polizei erschwert oder gar unterbunden werden. Die Caritas fällt dabei besonders auf: Sie organisieren zentral die Verpflegung. Dezentrales, gemeinsames Kochen im Park wurde hingegen gestoppt. Gleichzeitig sollen Menschen dazu gebracht werden, sich in die Lager vom Roten Kreuz zu bewegen. Dabei müssten sie sich aber registrieren lassen und könnten später keinen Antrag auf Asyl in einem anderen EU-Land stellen. Die Öffnung des (kontrollierbaren) Lagers und damit einhergehend die Räumung des Parks ist für den 19. September geplant.

Die Aufstandsbekämpfung wirkt auch nach rechts: Italienische und deutsche Faschist_innen, die zuerst noch militant gegen das Camp posierten, haben sich inzwischen von Kirche und anderen zivilgesellschaftlichen Player_innen zurückpfeifen lassen. Zu wichtig ist der Tourismus im idyllischen Städtchen.

Unterdessen geht der Alltag im Camp am Bahnhof weiter: Mit Fußball und Volleyball, mit selbst organisierten Englischstunden und vor allem mit Warten. Während für ca. 80 Frauen* und Kinder (unter 18 Jahren) separate Schlafmöglichkeiten bestehen, gibt es im Park überwiegend junge Männer* - aber auch Babys.

Auf dem abendlichen Plenum gibt es vor allem ein Thema: Die Demonstration am Donnerstag, 15. September um 19:30, abgesprochen mit und bewilligt von der Polizei. Nach der starken und u.a. von Pyrotechnik unterstuetzten Demo am vergangenen Sonntag, nach der es einige In-Gewahrsamnahmen gab, gibt es einige Fragen zur Sicherheit fuer die Teilnehmenden. Tenor auf dem Plenum ist aber: Solidarische Menschen mit italienischem Pass haben die Kundgebung angemeldet und zeigten Unterstützung.

An der aufgrund der offiziell geplanten Eröffnung des Containerlagers geplanten Demonstration versammelten sich 400 Migrant_innen und Unterstützer_innen um für die Öffnung der Grenzen zu demonstrieren: Das Lager ist keine Lösung, wir fordern Bewegungsfreiheit für alle! "Open the borders" und "Freedom / Freiheit" verlangten die Demonstrierenden lautstark auf ihrem zweistündigen Weg durch die Comer Innenstadt.

Weitere Unterstützung - sowohl bei kommenden Demonstrationen als auch auf dem Camp beim Bahnhof - ist willkommen und benötigt!

Dieser Artikel basiert auf drei :: linksunten.indymedia.org Beiträgen vom :: 12. September und :: 13. September und :: 16. September 2016.