Quellenangabe:
'Integrationsvertrag' = Ausländer raus! (vom 20.09.2001),
URL: http://no-racism.net/article/540/,
besucht am 22.11.2024
[20. Sep 2001]
Der "Integrationsvertrag" sieht auf den ersten Blick aus wie ein politischer Nebenschauplatz, aber eine genauere Betrachtung offenbart die volle Wucht der schwarzblauen Fortschreibung des staatlichen Rassismus.
Die allgemeine Deutschkurspflicht mit Rohrstaberl geht in dieselbe Richtung wie der von F immer wieder mal geforderte "Gesundheits-Check" für MigrantInnen. ArbeitssklavInnen braucht das Land (?), möglichst rechtlose, gesunde, disziplinierte, flexibel einsetzbare und abschiebbare körper. Der "Integrationsvertrag" ist eine strukturelle maßnahme zur Bereitstellung von brauchbaren körpern einerseits und zur Beseitigung von unbrauchbaren körpern andererseits.
- Rechtlosigkeit: Die Kurse sind Pflicht für nicht aufenthaltsverfestigte (d.h. noch nicht 5 Jahre hier lebende) und für arbeitslose "Drittstaatsangehörige". Die erfolgreiche Absolvierung bringt keine Rechte (etwa auf Arbeitserlaubnis oder Aufenthalt).
- Disziplinierung: Wer die zwangsverordneten Kurse in Deutsch und Staatsbürgerkunde (wohlgemerkt ohne StaatsbürgerIn zu sein) nicht "besteht", muss sie selber zahlen. Wie sollen arbeitslose MigrantInnen geschätzte Kurskosten von 3.000.- ATS zahlen?
- Flexibel einsetzbar: Die Zeiten von Drecksarbeit und einfachen Kommandos im Infinitv sind zwar nicht vorbei, aber es gibt vonwegen Informationsgesellschaft darüber hinaus Bedarf an SklavInnenarbeit in "höheren" tätigkeiten. Von Motivation, Selbständigkeit und Verantwortlichkeit ist allerdings keine Rede, weshalb sich (Ãtsch!) bei der Anwerbung der IT-SpezialistInnen u.a. nix tut.
- Abschiebbarkeit: Wer die zwangsverordneten Kurse nicht besteht, muss mit der Nichtverlängerung der Niederlassungsbewilligung rechnen. Das wird v.a. Àltere MigrantInnen und die vielen AnalphabetInnen in den sogenannten unqualifizierten tätigkeiten treffen, die bisher keine Bildungsinvestition wert waren.
Allein in Wien werden nach Zahlen des Wiener Integrationsfonds bis zu 60.000 Personen von den maßnahmen des "Integrationsvertrages" direkt betroffen sein. Österreichweit geht die Zahl in die Hunderttausende. In den Organisationen der MigrantInnen werden bereits Gegenmaßnahmen diskutiert, allerdings ohne Hoffnung, dieses rassistische Machwerk effektiv aufhalten zu können; zumal es in der Einschätzung des "Integrationsvertrages" noch grübere Unterschiede selbst innerhalb der NGOs gibt. So zeigte sich der Obmann eines kurdischen Vereins besonders enttÀuscht von jenen Stimmen, die angesichts des "Integrationsvertrages" zuallererst mal betonen, dass Sprachkurse einen Schritt in die richtige Richtung darstellen. Es geht überhaupt nicht um Sprachkurse. Diese dienen hier nur als verwaltungstechnische Apparatur, um die Aussonderung und Wegschaffbarkeit der unbrauchbaren körper zu gewährleisten.
Die Mobilisierung der antirassistischen Zusammenhänge ist seit Anfang Oktober mit Zielrichtung außerordentlicher Integrationskonferenz am 24.10 und Demonstration am 22.11. voll im Anlaufen. Derzeit gibt es noch keine Detailinfo, wie der "Integrationsvertrag" überhaupt rechtlich umgesetzt werden soll. Verfassungsrechtliche Gegenmaßnahmen sind von grüner Seite jedenfalls schon vorangekündigt. Politische Querschüsse kommen auch aus manchen Bundesländern, die die Deutschkurse nicht mitfinanzieren wollen. Unüblicherweise gibt es diesmal auch aus der SPÖ Signale, dass die Partei auf diesen Zug gegen Schwarzblau aufspringen will. Taktiken gegen die damit gegebene Vereinnahmungsgefahr sind in den antirassistischen Gruppen noch zu diskutieren.
Prinzipiell fordern wir von dieser Regierung ja nur deren Rücktritt, aber ein paar unter den gegenwärtigen Machtverhältnissen unrealisierbare Gegenforderungen seien zur Pointierung der Kritik gestattet:
1.) Die Bereitschaft zur Teilnahme an den Kursen soll MigrantInnen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und unbeschränktes Aufenthaltsrecht garantieren.
2.) Die "PÀdagogInnen" bzw. jene Einrichtungen, die sich für solche rassistischen Disziplinierungsmaßnahmen hergeben, sollen den "Nichtbestehenden" den Kurs aus der eigenen Tasche bezahlen.
3.) Alle Österreichischen StaatsbürgerInnen sollen verpflichtende Englischkurse besuchen, um auf dem Weltmarkt flexibel einsetzbar zu sein. Wer die Kurse nicht "besteht", bekommt nur mehr Jobs in den Waffentestgebieten des Imperiums (Irak, Afghanistan, who`s next?).
4.) Durch den Integrationsvertrag soll im BÀrental ein Reservat für völkische ReinheitsfanatikerInnen eingerichtet werden. In dieses von der Republik Österreich unabhängige Homeland sollen diejenigen freiwillig (Keine Abschiebung!) ausreisen können, welche die Vielfalt nicht aushalten.
Text von der Plattform für eine Welt ohne Rassismus.