Quellenangabe:
Protest gegen Abschiebungen nach Afghanistan, Nigeria und anderswo hin! (vom 11.12.2018),
URL: http://no-racism.net/article/5494/,
besucht am 21.11.2024
[11. Dec 2018]
Für die Nacht von 11. auf 12. Dezember 2018 ist von Wien aus eine Charter-Abschiebung nach Afghanistan geplant, am 12. Dezember eine weitere nach Nigeria. Als Protest dagegen wurde am 10. Dezember vor Wiener Schubhäfn protestiert.
Unter Parolen wie "Abschiebung is Folter, Abschiebung ist Mord!" und mit lautstarker Unterstützung durch die Rhythmen von RoR (Rhythms of Resistance) wurde am 10. Dezember 2018, dem Tag der Menschenrechte, in Wien gegen Abschiebungen protestiert. Anlass sind zwei Charterabschiebungen von Wiener Flughafen in den folgenden Tagen. Des weiteren wurde Solidarität mit den Stansted 15 gezeigt und deren Freiheit gefordert. Die Aktivist_innen werden in Großbritannien wegen der Blockade eines Abschiebecharters vor Gericht gestellt.
Die Demonstration startete um 18:00 Uhr und führte vom Polizeianhaltezentrum (PAZ) Hernalser Gürtel in der Breitenfelder Gasse 21 zum PAZ Roßauer Lände / Ecke Berggasse. Trotz kurzfristiger Planung, Dunkelheit und Schneeregen waren etwa 70 solidarische und wütende Menschen dabei. Vor den Gefängnissen gab es auf Deutsch, Englisch und Dari Botschaften an die Gefangenen - darunter den schwer kranker 20-jähriger Nematullah M. Der Protest endete um 21 Uhr auf der Roßauer Lände. Die Aktivist*innen "hoffen, dass wir uns auch bei den Abschiebe-Behörden Gehör verschafft haben! Stoppt die Abschiebungen - alle! Refugees Welcome in Österreich!"
In der Nacht vom Dienstag, 11. Dezember, auf Mittwoch, 12. Dezember 2018 sollen vom Flughafen Wien aus geflüchtete Personen per Charterflug nach Afghanistan abgeschoben werden. Weitere Menschen sollen direkt danach am 12. Dezember mit dem nächsten Abschiebe-Charter nach Nigeria abgeschoben werden.
Nehmen wir es nicht hin, wenn die österreichische Politik mit dem Leben geflüchteter Menschen spielt und Menschen gewaltsam aus ihrem Leben hier in Österreich herausreißt!
Protestieren wir an diesem Abend (am 10. Dezmeber 2018) zusammen zwischen den zwei Wiener Polizeianhaltezentren - zwischen den Orten, wo Nematullah M. und die anderen Menschen in Schubhaft eingesperrt sind, um von dort zum Flughafen gebracht zu werden! Zeigen wir ihnen ein Signal der Solidarität gegen die Unmenschlichkeit der Abschiebungen! Ein Signal der Solidarität mit allen Menschen, deren Leben und Freiheit von Abschiebung bedroht ist!
Setzen wir gemeinsam ein starkes Signal gegen diese menschenfeindliche und Rassistische Abschiebepolitik!
Charter-Abschiebungen nach Afghanistan und Nigeria
Zur Durchsetzung einer Rassistischen Asylpolitik ist der Staat Österreich bereit, Menschen in ein Kriegsgebiete und andere Orte abzuschieben, wo ihr Leben bedroht ist: Egal, dass in Afghanistan in den letzten Jahren mehr Menschen durch Krieg und Terroranschläge getötet wurden als je zuvor.
Egal, dass auch in Nigeria Teile des Landes von Terrormilizen, bewaffneten Konflikten und staatlicher Repression geplagt sind. Egal, dass die Republik Österreich sowohl für Afghanistan als auch für Nigeria Reisewarnungen an ihre Bürger*innen ausgegeben hat.
In Afghanistan herrscht seit 40 Jahren Krieg. Die NATO-Staaten beherrschen bis heute das Land als faktische Militärkolonie. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, brutale Willkürherrschaft, Warlord- und Mafiaökonomie und Gewalt in allen Lebensbereichen als Dauerzustand zu verfestigen. Bombenterror und Drohnenkrieg bedeuten für viele Afghan*innen ein Leben mit ständiger Todesgefahr. Trotz 17 Jahren westlicher Militärpräsenz beherrschen die Taliban immer größere Teile des Landes. Westlichen Militärs bietet der nicht zu Ende gehende Krieg die Möglichkeit zum Testen neuer tödlicher Waffensysteme.
Die Mehrzahl der Menschen in Afghanistan lebt am Existenzminimum und ohne Zugang zu Erwerbsarbeit. Gewalt und Mord an Frauen und LGBTI-Personen nehmen unter diesen Verhältnissen erschreckend zu. Ein sicheres Leben gibt es in Afghanistan nirgendwo und für keine*n.
Menschen aus Nigeria gehören zu den größten Gruppen von Überlebenden der mörderischen Bedingungen auf den Migrationsrouten durch die Sahara und über das Mittelmeer - trotzdem haben sie in Österreich meist kaum eine Chance auf einen positiven Asylbescheid. Obwohl Teile des Nordens von Nigeria unter dem brutalen Krieg zwischen Militär und Boko Haram und zusätzlich unter Dürre und Hungersnöten leiden. Obwohl in den Ölfördergebieten die Lebensgrundlagen der Bevölkerung durch extreme Umweltverschmutzung zerstört werden und seit Jahren bewaffnete Konflikte zwischen Staatsmacht und Ölkonzernen gegen lokale Milizen um die Kontrolle des Ölreichtums andauern.
Obwohl skrupellose Politiker*innen Konflikte zwischen Viehhirt*innen und Ackerbäuer*innen um knapper werdendes Land instrumentalisieren und anschüren - mit der Folge, dass brutale Milizen Morde begehen und ganze Dorfbevölkerungen vertreiben. Obwohl immer wieder unterschiedliche Protestbewegungen mit Waffengewalt unterdrückt werden. Obwohl Menschen für den Vorwurf homosexueller Handlungen mit schweren Haftstrafen verfolgt werden. Obwohl es eine Illusion ist, das alles ließe sich strikt auf einzelne Landesteile oder Bevölkerungsgruppen eingrenzen. Und obwohl trotz großer Reichtümer und florierenden Wirtschaftszweigen die Mehrheit der Menschen von Tag zu Tag darum kämpfen, wie sie irgendwie über die Runden kommen.
Afghanistan und Nigeria: Zwei Länder, wo europäische Staaten die Bedingungen, vor denen Menschen flüchten müssen oder keine Perspektive mehr sehen, mit verursacht haben. Zwei Länder, deren Bürger*innen die Behörden Österreichs vor allem schnell loswerden wollen, wenn sie bis hierher ankommen.
Eine unmenschliche Logik, die wir nicht hinnehmen. Gerade weil hinter jeder Ziffer in den Abschiebestatistiken eine Person mit ihrer eigenen Geschichte und ihren eigenen guten Gründen steht, die das Recht hat, ihr Leben zu retten, oder ein besseres Leben zu suchen.
Zum Beispiel Nematullah M.:
Nematullah M. steht auf der Liste für den Afghanistan-Abschiebecharter in der Nacht vom 11. auf 12. Dezember und kämpft im Moment noch darum, über rechtliche und medizinische Schritte eine Aussetzung seiner Abschiebung zu erreichen. Nematullah M. ist durch die Ermordung seines Bruders und die Erfahrungen seiner Flucht schwer traumatisiert. Er leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung und an dringend behandlungsbedürftigen medizinischen Problemen. Während seiner Schubhaft musste er sich akut einer Schlüsselbein - OP unterziehen, von der er sich kaum erholt hat. Ihn in seinem Zustand abzuschieben ist eine schwere Missachtung des Rechts auf körperliche und psychische Unversehrtheit. Nematullahs Freund*innen, Schulkolleg*innen und Lehrer*innen wollen es nicht hinnehmen, dass er ihnen entrissen wird - gemeinsam mit ihm kämpfe sie darum, seine Abschiebung doch noch zu verhindern.
Kämpfen wir gemeinsam und solidarisch an der Seite von Nematullah und allen anderen, die der österreichische Staat in diesen Tagen abschieben will! Wir sind zusammen und unteilbar!
Kickl, Kurz, Strache – don't touch the people!
Stand up, resist, stop all deportations!