Quellenangabe:
Regierung gefährdet rechtsstaatliche Prinzipien (vom 19.03.2019),
URL: http://no-racism.net/article/5526/,
besucht am 22.12.2024
[19. Mar 2019]
Die asylkoordination österreich warnt vor der Verstaatlichung der Rechts- und Rückkehr- beratung.
„Wir haben uns dem Appell zahlreicher Prominenter und Experten im Mai 2008 angeschlossen, in dem die Unabhängigkeit der Rechtsberatung als menschenrechtlich unverzichtbar angesehen wird“ ruft Obfrau Anny Knapp in Erinnerung. Darin heißt es „Mit großer Besorgnis sehen wir der geplanten Verstaatlichung der unabhängigen Rechtsberatung entgegen. Die Einrichtung einer – dem Innenministerium unterstellte – ,Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen‘ im Asylverfahren (…) läuft darauf hinaus. Es widerspricht allen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, dass Bedienstete eines Ministeriums Menschen beraten und vertreten sollen, deren eigene Behörde (in diesem Fall: das BFA) zuvor ihre Anträge negativ beschieden hat.“
Die unabhängige Rechtsberatung hat sich bisher als notwendige Unterstützung der Flüchtlinge erwiesen. Immerhin wurden über 40 Prozent der Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenrecht und Asyl (BFA) durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) als so fehlerhaft und nicht rechtskonform erkannt, dass diese Entscheidungen behoben oder abgeändert wurden.
Ohne RechtsberaterInnen, die im Interesse der Schutzsuchenden tätig werden, besteht die Gefahr, dass von RechtsberaterInnen, die bei einer im Innenministerium angesiedelten Organisation beschäftigt werden, bereits eine Abwägung der Erfolgsaussichten einer Beschwerde durchgeführt werden könnte. „Dass von den RechtsberaterInnen eine Selektion in erfolgversprechende und weniger aussichtsreiche rechtliche Schritte erfolgen könnte, ist eine durchaus realistische Annahme“, gibt Knapp zu bedenken.
Der Innenminister hat sich in diesem Sinne geäußert und auch ein Blick auf Förderungskriterien zeigt, dass im Innenministerium eine bedenkliche Verknüpfung von Rechtsberatung und Rückkehrberatung vorgenommen wird. Im Aufruf zur Einreichung von Projekten zur Asylrechtsberatung wurde bereits von den VorgängerInnen Herbert Kickels als Erfolgskriterium der Rechtsberatung die Weiterleitung der Asylsuchenden an die Rückkehrberatung definiert. „Entgegen bestehender Tendenzen, wonach Schutzsuchende ohne Aussicht auf Erfolg durch falsch verstandene Hilfeleistungen in Verfahren gedrängt werden, besteht Bedarf an nützlicher, sachlicher Hilfe, die aber auch darin besteht, rechtzeitig auf eine mögliche Chancenlosigkeit in Bezug auf das Verfahren aufmerksam zu machen. Es wird auch Wert darauf zu legen sein, Asylwerber auch dahingehend zu beraten offensichtlich nicht erfolgversprechende Anträge zu vermeiden.“
Weitgehend unverändert sind die Zielsetzungen im AMIF Projektaufruf 2015, in dem auch die Erwartung des Innenministeriums an die Projektträger zum Ausdruck kommt, die Beratung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abzustimmen: „Die Beratungen sollen darauf ausgerichtet sein, schnelle und effiziente Verfahren zu fördern. Angestrebt wird weiterhin Rechtsberatung im Asylverfahren direkt bei der Behörde bzw. in enger Akkordierung mit dieser.“
Generell wird es mit der Errichtung einer Bundesagentur, die sowohl für Rechtsberatung, als auch Versorgung und Betreuung sowie Rückkehrberatung zuständig sein soll, für Asylsuchenden schwieriger werden Kontakt NGOs aufzunehmen und so zu unabhängiger Beratung zu kommen. Es ist auch zu befürchten, dass die vielfältige Unterstützung, die durch NGOs und Zivilgesellschaft geleistet wird, künftig unterbunden oder nur noch eingeschränkt zugänglich sein wird.
Die asylkoordination appelliert eindringlich, den Grundsatz eines fairen Verfahrens, zu dem auch ein unabhängiger Rechtsbeistand zählt, aufrecht zu erhalten und die Verstaatlichungspläne zu überdenken.