Quellenangabe:
Europa-Forum Luzern: SO NICHT! (vom 25.03.2000),
URL: http://no-racism.net/article/605/,
besucht am 24.11.2024
[25. Mar 2000]
Was haben die Österreichische Aussenministerin, der deutsche Nato-General a. D. und der Nestl"©-VR-präsident miteinander zu tun? Sie bauen an der Festung Europa! Die linkspolitische Organisation phase1 plant für den Abend des 27. März eine grosse Kundgebung und ruft zu zahlreichem Protest auf.
Am Montag, 27. März wird die Österreichische Aussenministerin Benita Ferrero-Waldner am Europa-Forum Luzern zum Thema "Sicherheit und Frieden aus europäischer und Österreichischer Sicht" sprechen. Unter dem Motto "SO NICHT!" soll zur selben Zeit vor dem Kunst- und Kongresszentrum Luzern ein Protesthappening mit Redebeiträgen und einem Live-Konzert stattfinden. Am vergangenen Freitag hat die Organisation phase1 ein entsprechendes Bewilligungsgesuch den Luzerner Polizeibehörden eingereicht.
Das Protesthappening "SO NICHT!" richtet sich zum einen gegen die skandalöse Haltung des Bundesrates zur rechtspopulistischen Regierung Österreichs. Während in Wien und anderen Städten Österreichs sowie in ganz Europa Hunderttausende gegen die neue Regierung demonstrieren, ist dieselbe in der Schweiz hochwillkommen. Mit dem Verweis auf die "traditionell freundschaftlichen Beziehungen" der beiden länder empfängt heute Bundesrat Joseph Deiss die Österreichische Aussenministerin Benita Ferrero-Waldner. Bereits in drei Wochen wird Frau Ferrero-Waldner am Europa-Forum Luzern auftreten, das unter dem Patronat von Bundespräsident Adolf Ogi steht. Ende März wird auch Bundeskanzler schüssel seinen ersten Antrittsbesuch in der Schweiz abhalten dürfen. Die Willkommensgesten aus der Schweiz bilden für die rechtspopulistische Regierung Österreichs das dringend benötigte Sprungbrett, um aus der internationalen Isolation ausbrechen zu können.
Hinter den bundesrätlichen Willkommensgesten steht eine traurige Kontinuität schweizerischer Aussenpolitik gegenüber rechtsextremen und rassistischen Regierungen. Diese reicht von der willfährigen Haltung zu Nazi-Deutschland über die guten Beziehungen zu Apartheid-südafrika bis in die heutigen Tage mit dem Problemfall Österreich. Was man vom SVP-Bundespräsidenten nicht erwarten konnte, trifft auch für den gesamten Bundesrat zu: Offenbar hat man aus der Geschichte noch immer nichts gelernt.
In Fortsetzung der Proteste gegen Globalisierung und Neoliberalismus in Seattle, Davos und Bangkok richtet sich das Protesthappening "SO NICHT" nicht nur gegen die Teilnahme der Österreichischen Regierung als solche, sondern auch generell gegen den Charakter des Europa-Forums. Dessen diesjähriges Thema "Sicherheitspolitik in Europa" steht für eine seit Jahren verschärfte Politik, mit der sich die Festungen Europa und Nordamerika gegen Migrantinnen und Migranten und allgemein gegen die Verliererinnen und Verlierer der Globalisierung hochrÃŒsten. "RÃŒstungsfragen", "Chancen und Risiken der globalen Wirtschaft" sowie "Migration im 21. Jahrhundert" sind denn auch drei Schwerpunkte des diesjährigen Europa-Forums. Phase1 erachtet es als bezeichnend, dass der deutsche Innenminister Schily und der EU-Rat-Generaldirektor trotz anderslautenden Lippenbekenntnissen sehr wohl bereit sind, an einem "privaten" Forum mit der Österreichischen Regierung zusammenzuarbeiten. In der "Sicherheitspolitik" liegen die Vorstellungen offenbar gar nicht so weit auseinander.
Bemerkenswert ist zudem der Auftritt des Nestl"©-VR-präsidenten Helmut O. Maucher, der am Europa-Forum die Interessen der multinationalen Konzerne vertritt. Als Präsidiumsmitglied der International Chamber of Commerce ICC, die über 1500 Wirtschaftsorganisationen und mehr als 5000 Unternehmen der internationalen Wirtschaft vereinigt, ist Maucher prÀdestiniert für diese Rolle. Sowohl die ICC als auch der EuropäischeIndustriekreis ERT, der von Maucher bis 1999 präsidiert wurde, atmen den Geist des laissez-faire-Kapitalismus.
Konzernchefs, hochkarätige Militärs und Spitzenpolitiker treten in Luzern mit dem Ziel auf, eine optimal abgestimmte Sicherheitspolitik zu finden. Letztlich soll diese jenen Prozess absichern, der den herrschenden Neoliberalismus auszeichnet: Der Prozess, der die Vermögenden noch vermögender macht und die Armen noch Àrmer. Der die ersteren noch mächtiger macht und die letzteren noch ohnmächtiger.
Die Organisation phase1 ruft deshalb für den 27. März zu zahlreichem Protest auf und ist erfreut, dass ihre Initiative von der GsoA und den Grünen aufgenommen worden ist, welche auf den 26. März ein Gegensymposium zum Europa-Forum planen. Es ist zu hoffen, dass diesem Beispiel noch andere folgen werden.
Phase1 wurde am 3. Januar 2000 in Luzern gegründet und kämpft für eine solidarische Gesellschaft, in der alle Platz haben. Als Organisation mit antikapitalistischer Zielsetzung ist phase1 Teil der internationalen Bewegung gegen Globalisierung, Neoliberalismus und Militarismus.
für die Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit
Phase1
(Anm. der Red.: Phase1 kann per E-Mail bei phase1 (at) bluewin.ch erreicht werden