Quellenangabe:
UVS-Verhandlung und Urteil zum Tod von Seibane Wague vom 29. Jänner 2004 (vom 19.03.2004),
URL: http://no-racism.net/article/661/,
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[19. Mar 2004]
Protokoll des vierten und letzten Tages des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) am 29. Jänner 2004 mit Urteilsverkündung.
(Anm.: das Protokoll ist kein Wortprotokoll, es wurden jedoch möglichst alle Aussagen, soweit verfügbar, sinngemäss wiedergegeben)
anwesend:
SekretÀrin
Verhandlungsleiter (VL) Dr. Helm
Beschwerdeführerin Frau K., vertreten durch Rechtsanwältin Nadja Lorenz
Dr. Weiss als Vertreter der Bundespolizeidirektion Wien
Diverse ZeugInnen
Publikum ca. 50 Personen (Saal ist voll)
1. Zeuge
Herr H., Künstler, wohnt gegenüber des Tatortes am Heumarkt
Rechtsbelehrung.
VL: "Sie wohnen gegenüber am Heumarkt. können sie sich an den Vorfall erinnern?"
Herr H.: "Ja, ich bin um Mitternacht nach Hause gekommen und habe etwa um 0.30 Uhr bemerkt, dass mehrere Fahrzeuge mit Blaulicht unten standen. Das Blaulicht reflektierte in meine Wohnung. Als ich hinuntersah, erblickte ich etwa 7 Polizisten, die um einen
Schwarzafrikaner mit etwas Abstand standen und ihn zu beruhigen versuchten. Dieser hat wild gestikuliert, hat getanzt und sich den Pullover heruntergezogen. Es war skurril, es war kein rationaler Anlass erkennbar. Wenn ein Betrunkener sich so verhält, hält man auch abstand."
VL: "Hat er einen betrunkenen Eindruck gemacht?"
Herr H.: "Er war in keinem normalen Zustand. Dass er definitiv betrunken gewirkt hat, würde ich nicht sagen, aber sein Verhalten war auffÀllig. Ich muss dazusagen, dass dieser Zustand durch eine zuvor erlebte Bedrohung hervorgerufen werden kann, diesbezüglich habe ich aber keine Wahrnehmung. Er hat sich nicht gewehrt.
Dann wurde er angewiesen, in ein Rettungsauto zu steigen, er ist dort hingebeten worden. Er begab sich zunächst dort hin, versuchte aber dann auf einmal, zwischen die geparkten Autos und von dort auf die strasse zu gelangen. In zweiter Spur standen die Einsatzfahrzeuge neben den parallel zum Fahrbahnrand geparkten PKWs. Zwischen diesen versuchte er durchzulaufen. Die Polizisten haben ihn abgefangen. Bis dahin ist alles ganz gemÃŒtlich gelaufen, sie haben ihn wieder hingeführt zum Rettungsauto, offenbar beruhigend. Ich bin dann vom Fenster weggegangen weil ich dachte, es ist vorbei, hab ZÀhne geputzt und wollte schlafen gehen.
Ich hab dann nochmal runtergeschaut, weil mein Auto unten genau dort geparkt war. Dann habe ich gesehen, dass der Afrikaner aus dem Rettungsauto sprang, und von Polizisten festgehalten und am Boden fixiert wurde. Dazwischen hat ein Polizist etwa geschrieen "Au jetzt hat er mich gebissen", gebissen habe ich gehört und irgendetwas mit "die Sau". Das ganze ist jedenfalls sehr rasch gegangen in sekundenschnelle es waren ja genug Polizisten vor Ort. Den am Boden Liegenden konnte ich sodann nicht mehr beobachten, weil er durch ein Fahrzeug verdeckt war. In der Zwischenzeit waren 15 Personen dort, ich wollte nicht, dass sie einen Kratzer in mein Auto machen, bin dann gleich runtergegangen. In der kurzen Hose, die auf dem Video auch zu sehen ist."
VL: "Sie haben vor dem BIA (Büro für interne Angelegenheiten) auf S. 465 gesagt: er hat irrsinnig herumgehaut."
Herr H.: "Wenn ich gesagt habe, er habe irrsinnig herumgehaut, so betrifft das die Zeit, bevor er zu Boden gebracht wurde. Ich konnte ihn am Boden gar nicht sehen. Diese Phase war irrsinnig lang, da hat er herumgehaut, hat seinen Pullover zu Boden geschleudert, es war dauernd Bewegung. Ich kann mir vorstellen, dass er sich gewehrt hat. Das ist eine Schlussfolgerung daraus, dass so viele Beamte an seiner Fixierung beteiligt waren. Herumhauen hat sich nur auf die Zeit vor dem Rettungsauto bezogen, danach hat er immer nur versucht abzuhauen.
VL: "Was auch indiziert, dass er offenbar auch vorher versucht hat, wegzulaufen."
Herr H.: "Vorher hat er probiert wegzulaufen, dadurch dass so viele Polizisten da waren, ist ihm das nicht gelungen. Es hat am Anfang irrsinnig lang gedauert."
VL: "Sie haben gesagt, er ist aus dem Rettungsauto gesprungen und wurde sofort zu Boden gebracht."
Herr H.: "Ich schaute von oben runter, zog als er zu Boden gebracht wurde, bin ich gleich weggegangen vom Fenster. Als Herr Wague am Boden war sah ich ihn nur noch Sekunden. Ich hab mich angezogen, es dauert ca. 5 Minuten bis ich unten war und bin zu den Einsatzfahrzeugen gegangen."
VL: "Bis sie unten angelangten war Herr Wague schon im Rettungsauto?"
Herr H.: "Ja."
VL: "Sie waren in Sorge um ihr Auto. Sie sprachen von Transportliege."
Herr H.: "Ja, ich sah, dass die Transportliege herangeschoben wurde. Ich dachte, ich schau runter ob es nicht besser für mich und die Polizei sei, wenn ich das Auto wegfahre. Das ganze ging irrsinnig schnell. Ca. drei Leute schoben diese Liege als der Betroffene bereits auf dem Boden lag.
Mit den Handschellen haben sie ziemlich lange gebraucht, bis sie sie gefunden haben. Es können Fußschellen auch gewesen sein. Dieses ganze Szenario hat irrsinnig viele Beobachtungsobjekte gehabt, da ist es wie in einem Ameisenhaufen zugegangen, ganz nervÃŒs sind sie mit der Trage herausgekommen."
VL: "Sie hörten, dass jemand nach Hand- oder Fußschellen rief?"
Herr H.: "Sofort, als die Trage gebracht wurde, ging ich runter. Ich wohne im dritten und letzten Stock. überall standen Leute verteilt. Spontan sage ich, dass es ca. zwei Minuten dauerte, bis die Schellen kamen und angelegt wurden. Das Anlegen konnte ich nicht beobachten. Das Suchen der Handschellen in allen Autos war sehr lustig. Das muss ich auch sagen, obwohl es sich hier um einen traurigen Fall handelt. Alle Autos wurden aufgerissen. Nach dieser Zeit trat Beruhigung ein. Da war ich noch oben. Dann kam das Wagerl und ich ging runter."
RA Lorenz: "Nach ihrer Aussage bei der Untersuchungsrichterin S. 465 gaben sie an, dass er zuerst gestikuliert und herumgeschlagen hat. Als er zum Rettungswagen kam hörte er auf."
Herr H.: "Ja. Herr Wague hat am Anfang sehr lange gestikuliert und den Pullover zu Boden geworfen. Er hat dann einen Sidestep gemacht, usw. Während dieses längeren Zeitraumes haben die Polizisten keinen Zugriff, wie man ihn aus amerikanischen Filmen kennt, unternommen sondern sind herumgestanden und haben auf ihn eingeredet wie auf ein kleines Kind. Am Anfang war ja nichts, die Polizisten sind herumgestanden und haben irrsinnig lang nichts gemacht. Sie haben auf ihn eingeredet."
RA Lorenz: "Als er versucht hat, zwischen dem Rettungsauto und dem Polizeiauto wegzulaufen, ist ihm das gelungen?"
Herr H.: "Er ist nur zwischen die zwei Autos gekommen, dort ist er schon fixiert worden. Ich glaube nicht, dass er es auf die strasse geschafft hat. Da bin mir zu 99,9 % sicher, dass er sofort von den Beamten festgehalten und zu Boden gebracht wurde.
RA Lorenz: "Das widerspricht der Aussage bei der Untersuchungsrichterin. Dort wurden sie so protokolliert, dass er 20 bis 30 Meter geflüchtet ist."
Herr H.: "Der Grund, warum ich runterging war die Polizei und das Wagerl. Es ist möglich, dass er ein paar Schritt weiter rausgelaufen ist. Ich kann das nicht völlig ausschließen."
RA Lorenz: "Vielleicht haben sie die beiden Fluchtversuche vermischt."
Herr H.: "Das ist möglich. Aber ich muss dazu sagen: Es war keine Gewalt dabei, es war nur ein Wehren das logisch ist. Ich würde mich auch wehren. Wenn ich besoffen bin, wehre ich mich noch mehr. Er ist ja auch in einem fremden Land, da ist es logisch, dass er sich gewehrt hat.
RA Lorenz: "Sie haben auch gesagt, dass Herr Wague zwischen dem Rettungs- und Polizeiauto und ihrem Auto irrsinnig herumgehaut hat."
Herr H.: "Dabei hat es sich um eine Schlussfolgerung im oben erwähnten Sinn wegen der Anzahl der beteiligten Polizisten gehandelt. Ich habe das nicht selbst wahrgenommen."
RA Lorenz: "Sie haben vorher erwähnt, dass Herr Wague mehrmals flüchten wollte. Woran haben sie das erkannt?"
Herr H.: "Das sieht man ja, wenn jemand abhauen will. Er trickselte halt und versucht dann vorbeizulaufen und wurde von den Polizisten ohne BerÃŒhrung durch Armbewegung davon abgehalten. Wenn ich umzingelt werde, dann werde ich auch abhauen wollen."
RA Lorenz: "Er wurde gebeten, zu dem Rettungsauto zu gehen. Er ist dann in die Richtung gegangen, was ist dann passiert, beim ersten Fluchtversuch?"
Herr H.: "Zuerst ging er normal hin, a bischen tÀnzelnd. Dann lief er plötzlich, die Polizisten haben ihn abgefangen. Dieses Abfangen erfolgte durch BerÃŒhrung."
RA Lorenz: "Ist er zu Boden gegangen?"
Herr H.: "Nein.
Ich möchte noch eines sagen: am Anfang kam ein zweiter Schwarzafrikaner. Der wollte ihn beruhigen. Die Polizei ließ ihn mit Herrn Wague reden. Er wollte dann mit diesem gleich mitgehen. Durch freundliche Aufforderung wurde er aber daran gehindert. Am Anfang war es eine friedliche Verhaftung."
RA Lorenz: "Wie ging es nach dem ersten Fluchtversuch weiter?"
Herr H.: "Was meinen sie damit?"
RA Lorenz: "Ich meine damit den ersten Fluchtversuch beim Rettungswagen."
Herr H.: "Sie fingen ihn ohne Probleme ab und führten ihn wie in einem Korridor wieder zurück. Er hätte nicht flüchten können, der war auf irgendwas. Ich nehme an er war betrunken. Es könnte sein, dass er auf Drogen war, er war sehr lustig.
Wenn ich 100 Meter läufer bin laufe ich weg, wenn ich betrunken bin sage ich "habts mich gern". Aufgrund seinen Zustandes wäre eine Flucht unmöglich gewesen."
RA Lorenz: "Wie was das Abfangen?"
Herr H.: "Beim ersten Mal reichte es, beim zweiten Mal offensichtlich nicht."
RA Lorenz: "Mit zweiten Mal meinen sie den Fluchtversuch aus dem Rettungswagen. Da fand eine BerÃŒhrung statt."
VL: "Mit erstem Fluchtversuch meinten sie als der Afrikaner zum Rettungswagen geleitet wurde. Der zweite Fluchtversuch war jener aus dem Rettungsauto?"
RA Lorenz: "Wie fand die BerÃŒhrung beim erstem Fluchtversuch statt?"
Herr H.: "ZÀrtlich."
VL: "Zeuge, die Wortwahl ist nicht akzeptabel."
Herr H.: "Beim ersten Fluchtversuch gelangte Herr Wague auf die Strasse und wurde von Polizisten eingeholt. Höchstens ist er leicht am Oberarm angefasst worden, er ging ohne Gewaltanwendung zurück. Zu boden gegangen ist dabei niemand.
RA Lorenz: "Vorhalt S. 265 Gerichtsakt, da haben sie gesagt, dass er gestolpert ist und ihm Polizisten wieder aufgeholfen haben."
Herr H.: "Das kann ich jetzt nicht mehr sagen. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich hab das wahrscheinlich gesagt, weil er beim zweiten Fluchtversuch zu boden gegangen ist."
RA Lorenz: "Wie ging es nach dem ersten Fluchtversuch weiter?"
Herr H. "Ich habe selber gesehen, wie er zum Rettungsauto geleitet wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde er nicht auf eine Bahre gelegt. Das Rettungsauto ist verkehrt gestanden, ich habe also den Einstieg nicht selber gesehen, dann hab ich (nach dem ZÀhneputzen) gesehen, dass er wieder rausrennt.
Dr. weiss: "Sie haben gesagt, dass Wague zwischen den Autos irrsinnig herumgehaut hat. Haben sie das selbst gesehen?"
Herr H.: "Das Herumhauen habe ich nicht selber gesehen, das beruhte auf einer Schlussfolgerung aus der Zahl der Polizeibeamten und aus dem akustischen
Eindruck. Einer hat gesagt, er sei gebissen worden und ein anderer rief nach Handschellen. Es ging durcheinander, es ist dort explodiert zwischen dem Polizeiauto und dem Rettungsauto. Dort war ein Gewurl, da war alles in Bewegung."
Dr. weiss: "Sie sagten am Anfang, dass die Polizisten auf ihn eingeredet haben."
Herr H.: "Ja, beruhigend wie auf ein kleines Kind, nicht schimpfend.
Darf ich noch etwas Privates sagen?"
VL.: "Nein."
Ende der Zeugeneinvernahme.
Der VL gibt dem Vertreter der Bundespolizeidirektion Wien (Dr. weiss) die Gelegenheit zu den bisherigen Beweisen Stellung zu nehmen.
RA Lorenz: "Zur Literaturrecherche der MA15 samt deren Stellungnahme des Lungenfacharztes sowie den dazu in der Verhandlung ergangenen Hinweisen des VL.
Aus der Literaturrecherche geht jedenfalls hervor, dass eine Fixierung in Bauchlage, wenn sie mit einer Fesselung der Arme am Rücken einhergeht, zu einer lebensgefährlichen Situation führen kann, wobei dies indirekt durch den letzten
Beweisantrag der belangten Behörde bestätigt wird, da sie Inspektor B. dazu als Zeuge vorgeladen haben als die Frage des lagebedingten Erstickungstodes verhandelt wurde."
Dr. Weiss: "Das hatte den Zweck den Beweis zu erbinrgen, dass in der Ausbildung sehr wohl auf diese Gefahren hingewiesen wird, zumal sich die Zeugen an diese Ausbildungsinhalte nicht mehr erinnern konnten."
Verlesen wird ein Schriftsatz von RA Lorenz, welcher als "Anregung bzw. Antrag auf Ergänzung des Gutachtens ON 37" übertitelt ist. Der Schriftsatz ist eine Anregung der
Vertreterin der Privatbeteiligten im Strafverfahren, welcher sich wesentlich auf den letztgestellten Antrag der belangten Behörde wegen angeblicher "massiver Herzschäden" des Seibane Wague bezieht."
VL: "Es gibt nun Gelegenheit zu allen bisherigen Beweisen außer dem Video Stellung zu nehmen."
Keine Stellungnahmen.
Vorführung des Videos. Aufgrund der Aussagen der Zeugen konnte der VL eine Identifizierung der Personen im Video vornehmen. Der VL erstellte eine Liste mit dem Zeitablauf.
VL.: "Ich habe mir ein Foto aus dem Standard vom 23.7.2003 angeschaut. Dort ist zu sehen, dass der SaniTäter J. mit beiden Beinen auf dem körper von Seibane Wague steht. Offensichtlich ist das Foto dem Video entnommen."
Dr. weiss: "Das ist nicht zwingend so zu sehen. Ein Bein ist durch seine Stellung eher der Zeugin B. zugehörig."
Die Beweisanträge vom 22.1.2004 werden vom VL verlesen.
VL: "Die Beweisanträge vom 23.12.2003 bezüglich S. 29 betreffend der richtigen Wiedergabe der Aussagen von Dr. K. vor dem Büro für interne Angelegenheiten (BIA) und ob Vereinbarungen von der belangten Behörde eingehalten wurden werden abgewiesen.
Begründung: von einer richtigen Wiedergabe der Aussagen von Dr. K. wird ausgegangen und andererseits wird von objektivierbarer Wiedergabe ausgegangen; von einer richtigen übersetzung der Aussagen der Zeugen wird ausgegangen, eine richtige Protokollierung wird vorausgesetzt."
Dr. K. hatte in der Nacht zum 20.7.2003 einen Herzanfall. Er wurde am 22.7. vor dem BIA einvernommen, trotz der Zusage, dass er ein paar Tage Zeit hätte.
Schlussvorträge der Parteienvertreter.
Pause
Urteilsverkündung:
Folgenden Beschwerdepunkten wurde stattgegeben:
a.) Art und Dauer der Fixierung
b.) die Fußfesselung und die Art der DurchFührung
c.) der Misshandlung durch FaustschlÀge und die Beschimpfungen.
Die übrigen Punkte werden abgewiesen.
Beschwerdelegitimation der Verhandlungsleiters (VL) Dr. Helm:
VL: "Hinsichtlich Punkt a.) Fixierung ergibt sich, dass auch die behaupteten Misshandlungen für das Verfahren relevant waren. Dies gilt ebenso für die Hand- und Fußfesselung. Und dies betrifft auch die Beschimpfung (Verstoß gegen Art. 3 Menschenrechtskonvention (MRK)).
Die versuchte zwangsweise Unterbringung wurde in ihrer Rechtfertigung überprüft. Ein Missverhalten konnte nicht festgestellt werden. Der Freiheitsentzug war gerechtfertigt.
Zur Unterlassung der überPrüfung der Vitalfunktion: eine überPrüfung konnte unterlassen werden, da bereits die Art und Dauer der Fixierung falsch war.
Es ist für mich aus dem Video unmittelbar ersichtlich, dass Herr Wague durch die Fixierung in Lebensgefahr gebracht wurde.
Die SaniTäter gaben an, dass sie eine derartige Fixierung nicht gelernt haben. Es bedarf daher keines Gutachtens über die Lebensgefährlichkeit der Fixierung.
Durch die Literaturrecherche der MA 15 gab es verschiedenste Gutachten zu Fixierung am Bauch. Keines behauptete, dass Fixierung und Fesselung gemeinsam nicht die Gefahr steigert.
Eine Fixierung, wie sie im Video zu sehen ist, ist lebensgefährlich. Es gab keine Anhaltspunkte für besondere Aggressivität von Herrn Wague. Er wurde leicht zu Boden gebracht und war bereits gefesselt.
Zur Dauer der Fixierung: hier wurde das Funkprotokoll der Bundespolizeidirektion Wien mit der Fixierung verknüpft. Zwei Polizeiautos gaben als Ende der Amtshandlung um 1 Uhr 02 an. Um 1 Uhr 02 wurde die beiden wieder angefordert, um 1 Uhr 03 wurden Fußfesseln angefordert. Bei der Anforderung der Fußfesseln war Herr Wague schon am Boden. Herr Wague wurde vor Beginn des Videos schon 2 Minuten oder auch länger fixiert.
hätte es das Video nicht gegeben, Wären die Beamten auskunftsfreudiger gewesen. Ich erkläre mir das Verhalten der Beamten (Anm.: die Aussageverweigerung) mit der Existenz des Videos.
Bei der letzten Zeugeneinvernahme gaben die Beamten nicht einmal Antwort auf völlig unverfängliche Fragen. Hier ist ein Corpsgeist der zu befürchten war eingetreten, das ist nicht wünschenswert, das wäre das Ende des Rechtsstaates.
Hinsichtlich Punkt b.) Fußfesselung ergibt sich, dass die Voraussetzungen für Fußfesselung grundsätzlich gegeben waren. Es geht jedoch um jemanden, der mit Handfesseln bereits im Rettungswagen verbracht war. Das reicht für eine Rechtfertigung von Fußfesseln - mit einer Einschränkung: die konkrete DurchFührung, mit der Verzügerung des Holens der Fußfesseln und mit Bedacht auf den körperlichen Zustand von Herrn Wague. Auf dem Video rÃŒhrt sich Herr Wague überhaupt nicht mehr. Die Vitalfunktionen hätten sofort überprüft werden müssen. Unter den konkreten Umständen hätten die Fußfesseln nicht angelegt werden dürfen.
Hinsichtlich Punkt c.) Misshandlungen ergibt sich, dass diese aufgrund der schriftlichen Unterlagen nicht nachvollziehbar waren. Die Aussagen von Herrn M. und anderen haben die Misshandlungen nicht erwiesen. Was sie erwiesen hat war die Aussage von Dr. K.: er sagte das ohne sein Recht auf Aussageverweigerung in Anspruch zu nehmen. Ein Punkt seiner Aussage ist nicht nachvollziehbar: er sprach von einer Anordnung durch die Polizistin B., er hat die Polizei als Obrigkeit gesehen.
Die Aussagen von Dr. K. waren glaubwürdig. Er stand beim Bereich des Kopfes von Herrn Wague. Beim BIA sagte er nichts von Schlägen, bei der Untersuchungsrichterin und vor dem UVS schon. Er hatte eine hypertone Krise vor der BIA-Ladung. Der SaniTäter W. sagte, dass Dr. K. ein unbescholtener Beamter ist und in dieser Situation völlig aufgeregt war. Er wurde vor dem BIA als Beschuldigter vernommen, stand bei der Einvernahme vor dem Innenministerium unter großem Druck und hat daher einige Sachen nicht gesagt.
Deshalb wurden die Schläge als erwiesen angesehen.
Die Beschimpfung "Die Sau bewegt sich noch immer" in Zusammenhang mit der Misshandlung ist ein Verstoß gegen den Artikel 3 MRK (erniedrigende Handlung).
Zu den zwei Punkten deren Beschwerde abgewiesen wurde:
Zur Unterbringung: es war beabsichtigt, Herrn Wague in die Psychiatrie zu bringen. Die Anwendung von Zwang zum Zweck der Unterbringung war gerechtfertigt, da Herr Wague nicht in normalem psychischem Zustand war. Der Zustand wurde zum Teil als Psychose interpretiert.
Das Verhalten ließ auf eine nicht unwesentliche Fremdgefährdung schließen, auch auf Selbstgefährdung durch das Laufen auf die strasse. Das würde Gefahr in Verzug rechtfertigen. Aus diesen Gründen war die Unterbringung gerechtfertigt.
Zur Handfesselung: der Notarzt hielt sie für nötig. Es ist nicht Sache der Polizisten eine Ansicht des Notarztes zu hinterfragen sondern wenn es für die Unterbringung nötig ist dann ist sie vertretbar. Die Polizisten durften sich auf das Urteil des Notarztes verlassen.
Die Frage ist nun, warum unternahmen die Beamten diese Art der Fixierung? Es gab eine mangelnde Koordination der Behörden. Seitens der Beamten wurde auf eine Initiative des Notarztes gewartet. Der Notarzt wartete auf Handlungen der Polizisten. Das ändert jedoch an der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der belangten Behörde nichts.
Zum Rassismusvorwurf der Beschwerdeführerin: in der Aussage der SaniTäter und von Dr. Kronsteiner war von Beißen, von Blut und AIDS die Rede, das lässt nicht per se auf Rassismus Rückschließen. Es ist nicht zu verleugnen, dass AIDS auf dem afrikanischen Kontinent verbreitet ist. Bewusste oder unbewusste xenophobe Regungen sind nicht auszuschließen. Eigenes Schutzbedürfnis der SaniTäter und Beamten können die Behandlung von Herrn Wague aber nicht rechtfertigen."
Ende der UVS-Verhandlung