no-racism.net Druckversion

Quellenangabe:
Die Bedeutung der Grenze um Kaliningrad für die globale Geopolitik (vom 24.06.2002),
URL: http://no-racism.net/article/67/, besucht am 18.04.2024

[24. Jun 2002]

Die Bedeutung der Grenze um Kaliningrad für die globale Geopolitik

Die Verhandlungen, die Putin mit der EU über die Grenze bei Kaliningard führte, waren nicht der Sorge um das Recht auf Freiheit der Bewegung für die russische Bevölkerung geschuldet, obwohl das Schengen-Abkommen den Grenzübertritt für RussInnen schwierig und teuer macht und Polens Plan, mit nächstem Jahr (oder auch früher) eine Visumpflicht einzuführen, dies zusätzlich erschweren wird.

Die Verhandlungen, die Putin mit der EU über die Grenze bei Kaliningard führte, waren nicht der Sorge um das Recht auf Freiheit der Bewegung für die russische Bevölkerung geschuldet, obwohl das Schengen-Abkommen den Grenzübertritt für RussInnen schwierig und teuer macht und Polens Plan, mit nächstem Jahr (oder auch früher) eine Visumpflicht einzuführen, dies zusätzlich erschweren wird.

Bekannterweise bedeutet die Visumpflicht für RussInnen, die Litauen oder Polen durchqueren, dass RussInnen aus Kaliningrad nicht auf dem Landweg in andere Teile Russlands reisen können. Das bedeutet, dass verstärkt politischer Druck auf Kaliningard ausgeübt werden kann, weil die BewohnerInnen eine zunehmende Isolation und Entfremdung vom russischen Festland verspÃŒren. Visaregelungen können so als Instrumente der Kontrolle eingesetzt werden, um Regierungen zu zwingen, sich neoliberalen Wirtschaftsregeln anzupassen, verschiedene Abkommen (z. B. Handelsabkommen) zu unterzeichnen, neue Allianzen zu schaffen oder gar bestehende politische Kontakte zu lösen. Dies geschieht zu einer Zeit, in der die Beziehung Kaliningrads zu Russland für dieses eine der wichtigsten (wenn nicht die wichtigste) ist und eine gewichtige Rolle für dessen geopolitische Zukunft spielt.

Russlands Wirtschaft beruht zu einem großen Teil auf dessen Reichtum an ErdÃŒl und mineralischen Rohstoffen. So sind für es Pipelines und die Möglichkeit des Ölexports essentiell. Vor vielen Jahren hat Polen in Gdansk eine Ölraffinerie errichtet, um nicht vom russischen RohÃŒl, das per Pipeline nach Plock transportiert wurde, abhängig zu sein. Heute baut Russland eine neue Pipeline nach Westen und finalisiert den Erwerb der Raffinerie von Gdansk. Die Gdansker Raffinerie kann Öl aus dem Baltikum weiterleiten. Eine der wichtigsten russischen Pipelines führt nach Kaliningrad.

In einer Zeit, in der Vorhaben, eine Pipeline durch Tschetschenien zu legen, angesichts der unterbreiteten zentralasiatisch-afghanischen Pläne immer unwichtiger werden, sind das Baltikum und Polen Russlands Schlüssel zu erhöhten Ölexporten.

Auch die USA haben Interesse an einer Erhöhung des Ölimports aus Russland. Eine geringere abhängigkeit von der Opec erhöht die Möglichkeiten der USA, politischen Druck auf die Region auszuÃŒben und Regimewechsel zu forcieren. Die Veränderung der Ölpolitik und deren Bedeutung waren auch Thema beim Treffen zwischen Bush und Putin. Dies ist allerdings eine eher unangenehme Situation für viele, besonders für die EuropäerInnen, die sich durch die Aussicht auf verstärkte ökonomische Beziehungen zwischen Russland und den USA wohl eher bedroht fühlen

Ein schwaches Russland war für Europa stets von Vorteil und konsequenterweise waren die USA stets führend in den Bemühungen, Russland zu schwÀchen. Welche Vorbehalte die USA gegen eine Zusammenarbeit mit Russland auch haben mögen: Sie treten angesichts des potentiellen geopolitischen Gewinns einer Vereinigung dieser Kräfte in den Hintergrund. für Russland sind US-amerikanische (oder auch amerikanisch-russische) Klienten aus dem Mittleren Osten und Zentralasien Verbündeten aus Zentralasien, dem Kaukasus und dem Mittleren Osten vorzuziehen. Eine Ausweitung der russisch-amerikanischen Zusammenarbeit verspricht aber nichts Gutes für die Europäischen MÀchte. Die beste Möglichkeit für Europa, Russlands Macht einzuschränken und eigene Vorteile zu sichern ist es, Kaliningrad von Russland zu isolieren.

Diese Isolierung Kaliningrads mag als Detail erscheinen, obwohl wir nicht vergessen sollten, dass die letzen, die einen Korridor in dieses Gebiet gefordert haben, dies als Vorwand für eine Invasion Polens nahmen. Nicht dass solche Strategien heute wahrscheinlich Wären - subtilere Vorgehensweisen, in diesem Fall mittels ErdÃŒlpolitik, erscheinen als die modernere Waffe. Das endgültige geopolitische Ziel scheint eher zu sein, Kaliningrad von Russland abzuspalten, um die russische Position in der Region zu schwÀchen. Und das wird von den russischen Oligarchen kaum akzeptiert werden.

Abgesehen von den Sorgen um die BewohnerInnen der Region - Sorgen, die an sich schon ein hinreichender Grund Wären, sich der Grenzpolitik in der Region zu widersetzen - bilden also geopolitische ManÃŒver den Hintergrund der Problematik. Deshalb erachten wir es für wichtig, gerade jetzt, wo der Staat und die EU Druck auf Kaliningrad ausÃŒben, hier Aktionen im Rahmen der No-Border-Kampagne durchzuführen. Wir werden deshalb diesen Sommer an der Grenze sein und während des Camps Protestaktionen durchführen. Da die Regierung allerdings Leute angeheuert hat, an der Grenze von Kaliningrad zu arbeiten und wir die Wahrscheinlichkeit, mit diesen Leuten zusammenzutreffen, möglichst gering halten wollen, werden Datum und genauer Ort des Camps nicht öffentlich angekündigt. Wenn ihr allerdings teilnehmen wollt, können wir euch genauere Informationen schicken.

Kontakt: cube@zigzag.pl">href="mailto:cube@zigzag.pl">cube (at) zigzag.pl

Weitere Informationen:
noborder actions 2002

http://www.zcnjn.most.org.pl
http://www.noborder.org