Quellenangabe:
Prozessbericht 6. Tag (vom 21.07.2000),
URL: http://no-racism.net/article/77/,
besucht am 22.11.2024
[21. Jul 2000]
Sechster Tag ? 21. Juli 2000
für den fünften und letzten tag der verhandlung waren die plÀdoyers von staatsanwaltschaft und verteidigung und die verkündung des urteils angesetzt. Es wurden alle schuldig gesprochen und zu haftstrafen zwischen 2 und 6 jahren verurteilt.
die staatsanwältin mag. Sanda erklärte zunächst, dass die anonymisierten zeugen (AZ) Geschützt werden müssen, da sie über insiderwissen verfügen. Damit erklärte sie dann auch, dass der schutz des zeugen vor der öffentlichkeit einer verhandlung stehe. Weiter führte mag. Sanda aus, dass den angaben der zeugInnen unbedingt glauben zu schenken sei. die rufdatenRückverfolgung zeige die hohe profesionalität, den grad der organisierung und den umfang der angeblichen drogenGeschäfte.
Zum schluß war sie sich nicht einmal zu dumm zu erwähnen, dass die angeklagten wahrscheinlich schon in nigeria (von wo sie nicht kommen ? anm.) angeworben worden seien und nun ihre schulden für die reise nach Österreich abarbeiten müssten.
Da der überwiegende teil der anklage auf die aussagen des AZ1 aufgebaut waren, und auch der richter in der verhandlung einmal erwähnte "mit dem AZ1 steht das ganze Gebäude" ging das plÀdoyer des anwaltes h. besonders auf diesen zeugen und seine widersprüche ein
So wurde angeführt, dass selbst der AZ1 (helmi) bei einer vernehmung am 5.11.1999 noch nichts von einer gruppe "bad boys" wuÃte in der verhandlung jedoch schon. Der AZ1 konnte nicht angeben, woher diese gruppe die drogen die angeblich verkauft wurden bezogen hatte. Der zeuge AZ2 kannte die gruppe bad boys bei einer vernehmung die ebenfalls am 5.11.1999 stattfand ebenfalls nicht und wuÃte hier in der verhandlung dann davon zu berichten.
Dann ging der anwalt auf die einzelnen angeklagten ein. Der zeuge AZ1 konnte weder angeben in welchen zimmern die personen, die er doch so genau beobachtet haben wollte, noch wuÃte er über arbeiten denen diese personen nachgingen bescheid. Laut AZ1 war O. der chef dieser gruppe. Nach seinen mengenangaben müsste der angeklagte O. 54kg kokain und heroin besorgt haben. (das hätte einen wert von 54.000.000) schilling. Bei einem der größten drogenGeschäfte die von der polizei beobachtet wurden und in die der AZ1 selbst, als portugiesisch dolmetscher verwickelt war, ging es um 2kg kokain.
Die verteidigerInnen kamen zu dem schluß, dass es weder die gruppe bad boys gab, noch in der zohmanngasse mit drogen gehandelt wurde, dass die angeblichen kundInnen der gefangenen völlig unglaubwürdig waren und sich nicht an die angeklagten erinnern konnten und bei der polizei unter druck augesagt hatten. vor allem jedoch, dass die Azs keine wahrheitsgemäßen aussagen machten. Noch einmal wurde ausgeführt, dass die angeklagten hätten sie in diesem stil mit drogen gehandelt wohl kaum in einem gesellenheim gewohnt hätten. Dafür wurde das beispiel des vor kurzem entdeckten drogentransportes am flughafen schwecht angeführt. Dabei wurden 102 kg kokain entdeckt. Ein wiener wurde als Täter ausgeforscht. Auf seinem konto befanden sich ca. 20 000 000 ÖS und er lebte in einer luxuswohnung in wien. So leben drogendealer meinte die anwältin und nicht unter Àrmlichsten verhältnissen.
Die verteidigung forderte für alle freispruch.
Den angeklagten selbst, denen das schlußwort blieb, waren schon ziemlich fertig. Sie blieben bei ihren aussagen. Zwei gestanden, kurze zeit kleinstmengen auf der strasse verkauft zu haben. Alle anderen bekannten sich unschuldig in allen punkten der anklage. Sie führten noch einmal aus, dass die angaben des AZ1 nicht der wahrheit entsprechen. "Er lÃŒgt und er kennt mich nicht einmal", meinte einer der betroffenen.
Um 14.00 wurde dann das urteil, dass für viele im saal erschÃŒtternd war, verkündet. Der richter sprach alle angeklagten schuldig im sinne der anklage. In der begründung lies sich der richter als erstes über die altersfeststellung aus. Er benannte zwar das pseudowissenschaftliche gutachten als ein unzulässiges beweismittel, dafür machte er sich aber selbst zum experten auf dem gebiet und entschied einfach selbst wie alt die einzelnen angeklagten seien. Er erklärte der staunenden öffentlichkeit, dass einer der angeklagten selbst angegeben hätte, dass er 1992 zum Militärdienst zwangsrekrutiert wurde. damals wäre er dann erst 10 jahre alt gewesen, das kann doch nicht sein, meinte der allwissende rassistische richter. Von kindersoldaten hat er wohl noch nie etwas gehört.
Dann meinter der richter zwar, dass es weder eine kriminelle organisation gegeben hätte, dass es keine gruppe bad boys gab, dass die zeugInnen fragwürdig seien und das die zeugen AZ2 und AZ4 "völlig unglaubwürdig" seien. Schließlich kam er zu dem schluß, "es ist schwierig die wahrheit herauszufinden". In dieser rassistischen justiz gibt es nicht einmal mehr die leere phrase: "im zweifel für den angeklagten".
Die anklage konnte in keiner weise in diesem verfahren bewiesen werden. Aber der druck ist da. Und wenn einmal in einem prozess der zeuge AZ1 als unglaubwürdig bezeichnet werden würde dann würden auch die konstruierten anklagen in den anderen prozessen der operation spring und folgende zusammenfallen.
Der richter mit seinem grausigen verschmitzten lächeln verurteilte schließlich alle zu unbedingten haftstrafen zwischen 2 und sechs jahren.
Dann wurden die sieben jugendlichen abgeführt. Nur zwei von ihnen wurden nach dem jugendgesetz verurteil, dass nur das halbe strafmaß vorsieht. Alle anderen wurden vom richter zu erwachsenen erklärt und erhielten wesentlich höhere strafen. Der angebliche versorger der gruppe erhielt die höchste strafe von sechs jahren.
Beim abführen der gefangenen mußten auch die anwesenden bullen noch einmal beweisen, wie sie mit afrikanischen gefangenen umgehen. Der angeklagte k. brach beim rausgehen aus dem saal völlig zusammen. Zwei bullen nahmen ihn an den armen und schliffen ihn, mit äußerster brutalität zwei stockwerke über die stiegen nach unten. Obwohl einige beobachterInnen protestierten und parolen wie "Österreichs polizisten ? mörder und rassisten" skandierten, war es scheinbar nicht einmal möglich zwei minuten zu warten bis k. wieder selbst hätte gehen können. Ein anwalt erklärte den sachverhalt noch dem richter und erreichte, dass es in den prozessakt aufgenommen wurde. Ausserdem kündigte er an, alle juristischen mittel gegen die justizwachebeamte auszuschöpfen.
Gegen alle urteile wurde nichtigkeitsbeschwerde und berufung eingereicht. In einem fall wurde ein enthaftungsantrag gestellt, der allerdings, nach kurzer beratung sofort abgelehnt wurde.