Quellenangabe:
Parlamentarische Anfrage zur Razzia in der Zohmanngasse und Antwort (vom 09.12.1999),
URL: http://no-racism.net/article/79/,
besucht am 22.12.2024
[09. Dec 1999]
Anfrage der Grünen
Beantwortung durch den Innenminister
139/J XXI.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres betreffend Drogenrazzia im Gesellenheim Zohmanngasse.
Wenige Tage vor der Nationalratswahl führte eine Sondereinheit der Polizei im Gesellenheim Zohmanngasse in Favoriten die Drogenrazzia "Operation Spring II" durch und nahm dabei einundzwanzig mutmaßliche Drogendealer fest. Dabei gingen die Sicherheitsbeamten mit äußerster HÀrte und Brutalität vor. Obwohl den Beamten Schlüssel angeboten wurden, wurden die Türen grundsätzlich eingetreten. Die Kritik der Regierungsverantwortlichen richtete sich aber nicht gegen des Verhalten der WEGA -Einsatzgruppe, sondern gegen die Leiterin dieses Gesellenheimes, die auch Jugendlichen aus Schwarzafrika Unterschlupf gewährte, um sie nicht vollkommen mittellos, obdachlos und erwerbslos der strasse zu überlassen. Die Asylkoordination Österreich hat in ihrer Kampagne "Menschenrechte für KinderFlüchtlinge" ausfÃŒhrlich auf die katastrophale Lage der unbegleiteten Minderjährigen, die als Flüchtlinge nach Österreich kommen, hingewiesen. Die auch von Österreich unterzeichnete Kinderrechtskonvention fordert ebenfalls von ihren Vertragsstaaten spezielle Betreuungseinrichtungen und Unterstützung. Soferne ihnen in Österreich nicht Asyl gewährt wird, landen sie in der Regel in der Schubhaft. können sie nicht abgeschoben werden, werden sie in Österreich lediglich als Mittellose und Obdachlose geduldet, erhalten jedoch keine Aufenthaltsstatus. Eine Situation, die diese Jugendlichen zu leichten Opfern krimineller Banden machen. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Von wem und aufgrund welcher Umstände wurde der Einsatztermin der Drogenrazzia im Gesellenheim Zohmanngasse (wenige Tage vor der Wahl) festgelegt?
2. Welche Mengen an Suchtgift wurden bei dieser Drogenrazzia beschlagnahmt?
3. Wieviele Personen wurden bei dieser Drogenrazzia festgenommen?
4. Wieviele davon befinden sich noch in U - Haft bzw werden verurteilt?
5. Wieviele von dem bei dieser Drogenrazzia festgenommenen Personen waren Jugendliche (19. Lebensjahr noch nicht vollendet)?
6. Wieviele von den festgenommenen Personen hatten einen Asylantrag gestellt?
7. In wievielen fällen davon wurde der Asylantrag abgelehnt?
8. In wievielen fällen davon konnten diese Personen aus welchen Gründen auch immer nicht abgeschoben werden und hatten deshalb in Österreich keinen legalen Aufenthaltsstatus, sondern wurden nur ohne finanzielle Unterstützung und Unterkunft geduldet?
9. Warum hatte die WEGA - Einsatztruppe bei der Drogenrazzia die Türen nicht mit den angebotenen Schlüsseln aufgesperrt sondern eingetreten?
10. Welcher Schaden ist durch die Drogenrazzia im Gesellenheim Zohmanngasse entstanden?
11. Wieviele Türen wurden durch das Eintreten beschädigt?
12. Wie hoch belaufen sich die Kosten dieses Einsatzes?
13. Wer bezahlt den Schaden, der durch die Drogenrazzia im Gesellenheim Zohmanngasse entstanden ist?
14. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Jugendlichen, die in Österreich als unbegleitete Minderjährige um Asyl ansuchen, grundsätzlich Bundesbetreuung gewährt wird?
15. Wenn nein, warum nicht?
16. Gab es für die WEGA - Einsatzgruppe aufgrund der gegenständlichen Drogenrazzia eine ErfolgsprÀmie?
17. Wenn ja, in welcher Form?
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BEANTWORTUNG:
184/AB XXI.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 9. Dezember 1999 unter der Nr. 139/J an meinen Amtsvorgänger eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "Drogenrazzia im Gesellenheim Zohmanngasse" gerichtet. Diese Anfrage beantworte ich aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Der Termin des Exekutiveinsatzes, der den Gegenstand der Anfrage bildet, ist ausschließlich nach sachbezogenen ErwÀgungen festgelegt worden. Nach mehrmonatigen Ermittlungen, die eine Anwesenheit nahezu aller Verdächtiger im Gesellenheim 10, Zohmanngasse 28 ergeben haben, hat die Bundespolizeidirektion Wien am 28. August 1999 Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien und die Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien erstattet. Der Zeitpunkt des Einschreitens (28. September 1999) ergab sich dann aus dem Datum der Ausstellung der Haftbefehle, der daran anschließenden außerordentlich kurzfristigen Einsatzplanung und Kräftebereitstellung sowie aus kriminaltaktischen ErwÀgungen.
Zu Frage 2:
Insgesamt wurden im Zusammenhang mit den im Heim Festgenommenen 576 Gramm Suchgift (Heroin und Kokain) sichergestellt; darin sind auch jene 177 Gramm enthalten, die von ihren Besitzern trotz nachdrücklichen Einschreitens der Sicherheitsexekutive aus den Fenstern geworfen werden konnten.
Zu den Fragen 3 bis 5:
Es wurden 21 Tatverdächtige im Heim festgenommen, darunter keine Jugendlichen. Zum Stichtag 1. Feber 2000 befanden sich noch 19 Verdächtige in U - Haft.
Zu den Fragen 6 bis 8:
Alle 21 im Gesellenheim Zohmanngasse Festgenommenen hatten einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt. Am 28. September 1999 waren zehn dieser Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder es waren diesbezüglich VwGH - Beschwerden mit aufschiebender Wirkung anhängig. Mittlerweile sind 14 Asylanträge rechtskräftig abgewiesen, wobei gegen drei Abweisungen Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sind. Sieben Asylanträge befinden sich im Berufungsstadium. Am 28. September 1999 verfügten acht der Festgenommenen über vorläufige Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz, und hielten sich somit gemäß § 31 FrG rechtmäßig im Bundesgebiet auf Unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status stand jedoch in allen zehn fällen nicht rechtskräftig abgeschlossener Verfahren § 21 Abs 2 AsylG der Ergreifung aufenthaltsbeendender maßnahmen entgegen. Bei den übrigen elf Fremden waren die Asylverfahren zum Zeitpunkt der Festnahme bereits rechtskräftig negativ abgeschlossen. In acht fällen lagen bereits rechtskräftige Ausweisungen (6 fälle) oder Aufenthaltsverbote (2 fälle) vor. Davon wurden in vier fällen AbschiebungsaufschÃŒbe erteilt, bei den anderen waren maßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung gesetzt. In den übrigen drei der oben angeführten elf fälle waren die Verfahren zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden maßnahmen im Gange.
Zu Frage 9:
Die Bewohner des Heimes wurden von den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorerst aufgefordert, die Türen zu öffnen. Da sie diesen Aufforderungen nicht nachgekommen sind, war es aus kriminal - und einsatztaktischen Gründen unvermeidbar, schnell in die räume einzudringen. Schlüssel zur Öffnung der räumlichkeiten wurden der Einsatzgruppe zu keinem Zeitpunkt des Einsatzes angeboten.
Zu den Fragen 10 bis 13:
Bei dem Einsatz wurden insgesamt 47 Türen beschädigt. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, hat namens des EigentÃŒmers einen Ersatzanspruch nach dem Polizeibefugnis - Entschädigungsgesetz im Betrag von S 303.365,35,-- Schilling geltend gemacht. Schadenersatz nach dieser Norm setzt bekanntlich nicht die Rechtswidrigkeit der maßnahme voraus. Die übrigen Kosten dieses Einsatzes können nicht angegeben werden, da dieser im Rahmen des vorhandenen Dienststundenkontingentes abgewickelt worden ist.
Zu den Fragen 14 und 15:
Aufnahme und Verbleib von Fremden in Bundesbetreuung richten sich nach den §§ 1 bis 3 des Bundesbetreuungsgesetzes. Bei unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern wird in Zweifelsfällen stets zugunsten des Minderjährigen entschieden. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass unbegleitete minderjährige Asylwerber grundsätzlich in Bundesbetreuung übernommen werden. An diesem Grundsatz werden ich mich weiterhin orientieren.
Zu den Fragen 16 und 17:
Aufgrund der derzeitigen Rechtslage sind bei keiner Organisationseinheit der Sicherheitsexekutive ErfolgsprÀmien vorgesehen, weshalb es auch bei dieser Amtshandlung keine ErfolgsprÀmie