Quellenangabe:
Schreiben von RA Dr. Rainer an den Menschenrechtsbeirat (vom 17.05.2000),
URL: http://no-racism.net/article/82/,
besucht am 21.11.2024
[17. May 2000]
Schreiben vom 15.03.2000 an den Vorsitzenden des Menschenrechtsbeirates.
Herrn
SC Univ. Doz Dr. Gerhart Holzinger
Vorsitzender des Menschenrechtsbeirates
Bundesministerium f. Inneres
BrÀunerstrasse 5
1014 Wien Wien.15.3.2000
Sehr geehrter Herr Sektionschef!
Besten Dank für Ihr Antwortschreiben vom 9. dM.
Die in meinem Schreiben aufgezeigte Problematik ist - so bin ich überzeugt - kein Einzelfall. Es herrschen strukturelle MÀngel bei der Beachtung der Menschenrechte durch Sicherheitsbehörden und Exekutivorgane vor, die dringend beseitigt werden müssen. Der Vorfall vom 17.1.2000 im Lager Traiskirchen ist einer von vielen gleich oder ähnlich gelagerter fälle
Wie Sie den in Kopien beiliegenden Antrag auf Akteneinsichtnahme an den Jugendgerichtshof Wien und Schreiben an den Herrn Bundesminister für Inneres entnehmen können, fand am 17.2.2000 im Kolpingheim 1100 Wien, Sonnwendgasse, wiederum ein - rechtlich bedenklicher - Vorfall statt
Besonders markant daran ist , dass- infolge Anordnung des BMI Abt III/14 - drei Personen, darunter eine Mutter mit ihrem 3 monatigem SÀugling, vom Lager Traiskirchen in das Kolpingheim Wien verlegt wurden, welche bereits Opfer des Vorfalls in Traiskirchen am 17.01.2000 waren. Sie wurden erneut Opfer eines menschenrechtswidrigen Einsatzes.
Ich bin überzeugt, dass der gesetzes- und rechtsgrundlose Einsatz am 17.2.2000 ebenfalls keinen Einzelfall darstellt
Organe versuchen hier - besonders bei Personen schwarzafrikanischer Herkunft - derart dramatisch unrechtmäßig vorzugehen, um hier offenbar einen Abschreckungseffekt erzielen zu wollen. Diese Vorgehensweise halte ich nicht nur für unzulässig sonder auch für äußerst bedenklich.
Strukturell scheint auch ein rassistisch angelegter, xenophober Grundtenor vorzuherrschen. Besonders röde und unfreundlich, menschenrechts- und einfach gesetzwidrig sowie SPG- Richtlinien verletzend werden Personen schwarzafrikanischer Herkunft behandelt.
Ich habe daher die EuropäischeStelle zu Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) von diesen beiden Vorfällen in Kenntnis gesetzt.
ME werden die Rechtsvorschriften u.a. auch deswegen nicht eingehalten und missachtet, weil offen damit spekuliert wird , dass sich das Erheben von Beschwerden an unabhängige Verwaltungssenate in Grenzen hält und beschuldigte Organe -
im Gegenzug - mit Verleumdungsanzeigen reagieren, wozu noch kommt, dass - nach wie vor - Erhebungen gegen Organe durch die jeweilige Dienstbehörde selbst durchgeführt werden.
Dieses Rechtsdefizit ist Gegenstand jahrelanger Beratungen, aber außer Beratungen sind - soweit ersichtlich - keine Fortschritte in legistischer Hinsicht bisher erzielt worden.
Im Feber 1997 erfolgte in einem ähnlich gelagerten Fall eine rechtswidrige und ungesetzliche Hausdurchsuchung des Flüchtlingsheimes 1070 Wien, Neustiftgasse, das von der Caritas der ErzdiÃŒzese Wien betreut wurde.
Hier dauerte das Verfahren rund 3 Jahre, nachdem zunächst die Behörde ( BPDion Wien ) alles bestritt und sich der UVS Wien zunächst pauschal ( in 25 Schimmelbescheiden ) für unzuständig erklärte. Erst nachdem durch den VwGH klar ausgesprochen wurde, dass ( auch bei einem gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehl ) der Verwaltungsexzess der Behörde zuzurechnen ist, fand ein umfangreiches Beweiserhebungsverfahren statt. In der Folge musste dann der UVS Wien diverse Rechtsverletzungen im zweiten Rechtsgang feststellen.
In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass die belangte Behörde im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien bis zuletzt beinahe alles und jedes bestritt.
Ich darf Ihnen - im Hinblick auf Ihre nächste Sitzung des Menschenrechtsbeirates am 4.4.2000 die oa Unterlagen zur Verfügung stellen und wäre dankbar, wenn Sie mich über die Beratungsergebnisse und - fortschritte informieren könnten.