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Quellenangabe:
Viertägiger Protesthungerstreik in Berlin vom 19. - 22.06.2004 (vom 17.06.2004),
URL: http://no-racism.net/article/833/, besucht am 27.04.2024

[17. Jun 2004]

Viertägiger Protesthungerstreik in Berlin vom 19. - 22.06.2004

Viertägiger Hungerstreik auf dem Berliner Gendarmen Markt aus Protest gegen die kriminelle Abschiebepraxis und die Verfolgung der togoischen und kamerunischen Exilopposition durch den deutschen Staat.

Nach den eskalierenden Abschiebungen und den jüngsten Massenabschiebungen per Charterflug als europäisches Gemeinschaftsprojekt u. a. in die Kriegs- und Krisenregion Westafrika und insbesondere nach Togo in die Diktatur des Generals Eyad"©ma und nach Kamerun in das despotische Regime des präsidenten Biya rufen togoische und kamerunische Exiloppositionelle zusammen mit der "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen" einem viertägigen Dauerprotest auf.


sofortiger genereller Abschiebestopp


Wir werfen den deutschen Ministerien und den ihr untergeordneten Behörden massive Verletzungen der Flüchtlingsschutzkonventionen vor und fordern eine sofortigen und generellen Abschiebestopp nach Togo und Kamerun. Die deutschen Behörden haben durch ihre Asylentscheidungen und ihre Abschiebepraxis deutlich gemacht, daß kein Interesse besteht, die Gefährdung politischer Gegner und Gengnerinnen der dort herrschenden Systeme anzuerkennen.

Ungeachet der Tatsachen, daß es zahlreiche Dokumentationen über Verhaftungen, Folter und Verfolgung abgeschobener AsylbewerberInnen gibt, daß dem Regime Eyad"©mas am 14. April 2004 ein umfassender Verpflichtungskatalog bezüglich Demokratie und Menschenrechte auferlegt wurde, der bereits jetzt schon durch das Regime verletzt wurde, weitet Deutschland in Kooperation mit weiteren Europäischen Staaten die Verfolgung der togoischen und kamerunischen Exilopposition aus.


Anerkennung unserer Rechte als Flüchtlinge


Mit dem Dauerprotest wollen wir den Forderungen nach Anerkennung unserer Rechte als Flüchtlinge Nachdruck verleihen. Mittels der Errichtung unseres Protestzeltlagers vor dem Tagungsort des "4. Berliner Symposiums zum Flüchtlingsschutz", veranstaltet vom UNHCR Berlin am 21. und 22.06. 2004, wollen wir der Öffentlichkeit vermitteln, daß die Situation in Deutschland sich dahin entwickelt hat, daß Flüchtlingen keine andere Wahl mehr bleibt als sich in selbstorganisierte Flüchtlings- und Schutzlager zu flüchten. Hier erinnern wir an das große Protest- und Schutzzeltlager von mehreren hundert Roma-Familien im Jahr 2002 in Nordrhein-Westfalen, das aus der gleichen Not heraus entstand.

Die Forderung nach einem sofortigen generellen Abschiebestopp nach Togo wurde nach dem 14. April 2004 gestellt. An diesem Tag fand in Brüssel eine Konferenz der EU und der AKP-Staaten statt. Thema war die Blockierung des Artikel 9 des Abkommens von Cotonou bezüglich der Demokratie und der Menschenrechte durch das Togoische Regime. Das Regime übernahm einen umfassenden Verpflichtungskatalog, der nachprüfbar innerhalb bestimmter Fristen umgesetzt werden muß. Dieser Katalog verdeutlicht, daß in Togo auch nicht ansatzweise ein DemokratisierungsProzeß stattfindet, sondern daß das Land nach wie vor mit uneingeschränkter diktatorischer Macht regiert wird. Die Verpflichtungen beinhalten u.a. die Freilassung von Gefangenen, die Abschaffung der Folter, Zulassung oppositioneller Medien und Parteien, Reformen des Justizwesen und des Wahlsystems sowie Verfassungsreformen. Bereits jetzt hat das Regime in der Praxis gezeigt, daß es die Verpflichtungen nicht umsetzen wird. Die Frist zur Freilassung aller politischen Gefangenen, die wegen Meinungsäußerung inhaftiert sind, betrug sechs Wochen und ist bereits verstrichen. Das Regime erklärte, daß es keine politischen Gefangenen gäbe.

Statt nach der Brüsseler Konferenz umgehend Abschiebungen nach Togo auszusetzen, werden die Ablehnung von Asylgesuchen und die Zwangsdeportation in die Diktatur gesteigert.

Vor diesem Hintergrund haben die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen und Teile der Togoischen Exilopposition beschlossen ein viertägigen Hunger- und Sitzstreik in Berlin durchzuführen, um die Öffentlichkeit über die Menschenrechtsverletzungen in Deutschland und in Togo zu informieren. Die Bundesregierung und die ihr unterstehenden Institution tragen die Verantwortung für das Schicksal der abgeschobenen Menschen und wir fordern Rechenschaft.


Wir fordern:


1. Alle Abschiebungen nach Togo sofort zu einzustellen und einen generellen Abschiebestopp zu erlassen

2. Alle in Abschiebegefängnissen festgehaltenen Togoischen Flüchtlinge umgehend freizulassen.

3. das Recht auf Asyl für alle, die vor dem Regime Eyademas geflohen sind, uneingeschränkt anzuerkennen.

4. die unkorrekten und unvollständigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die Grundlage für die asylentscheidenden Verwaltungsgerichte sind, zu korrigieren. Dafür bieten die togoische Exilopposition und verschiedene Menschenrechtsorganisationen ihre Kooperation an.

5. die togoische Oppositionsbewegung für Demokratie und Gerechtigkeit nicht in ihrer exilpolitischen Arbeit zu behindern; weder durch die Grundrechte verletzende Gesetze, wie die sog. Residenzpflicht und andere menschenrechtsverletzende gesetzliche Regelungen, denen Asylsuchende in Deutschland unterworfen sind, noch durch diskriminierende und willkürliche polizeiliche und behördliche Kontrollen und Beschränkungen.

6. Treffen wie die Brüsseler Konferenz bezüglich des Abkommens von Cotonou nicht dazu zu benutzen, mit dem Regime Eyademas neue Beziehungen aufzunehmen.

Punkt 1 bis 5 sind auch auf die Situation der kamerunischen und südkamerunischen Flüchtlinge zu übertragen.

Hungerstreik
19. bis 22. Juni 2004
auf dem Gendarmenmarkt in Berlin/Mitte
(Auftakt Samstag um 12°° Uhr)

Schon in der Vorbereitung der Protestaktion werden wir durch die Berliner Behörden behindert. Während die Versammlung nicht unterbunden werden kann, verweigern uns die zuständigen Behörden das Aufstellen der Zelte, wogegen wir nun Klage eingereicht haben.

Wir laden Sie herzlich ein, uns während der vier Tage auf dem Gendarmenmarkt zu besuchen und über den Protesthungerstreik und die Hintergründe, die uns zu dieser Aktion veranlassen, zu berichten.

Hamburg, 16.06.2004

mit freundlichen Grüßen
i.N. des Streikkomitees:

Tchedr"© Djibril Gafar (0179-80 32 437)
Aboubakar M. Tadjidini
Tchakpedeou Ourobou
Nicolas Hounkpati