Quellenangabe:
Der Strafantrag gegen Charles O. liegt vor (vom 26.07.2000),
URL: http://no-racism.net/article/90/,
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[26. Jul 2000]
Am 20 Juli 2000 fertigte das Landesgericht für Strafsachen Wien die Ladung des Beschuldigten Charles Obiora C-Ik Ofoedu zur Hauptverhandlung am 6. September 2000 aus wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation. Charles Obiora C-Ik Ofoedu war nach seiner Verhaftung im Zuge der "Operation Spring" beschuldigt worden, der Big Boss einer nigerianischen Drogenmafia zu sein, was jedoch nicht stimmte und alle Verfahren nach dem Suchtmittelgesetz wurden mit 10. 7. 2000 eingestellt.
Am 20 Juli 2000 fertigte das Landesgericht für Strafsachen Wien die auf einen Strafantrag von 7. Juli basierende Ladung des Beschuldigten Charles Obiora C-Ik Ofoedu zur Hauptverhandlung am 6. September 2000 um 9 Uhr, Verhandlungssaal 304, 3. Stock, aus. Charles Obiora C-Ik Ofoedu war nach seiner Verhaftung im Zuge der "Operation Spring" am 27. Mai des Vorjahres beschuldigt worden, der Big Boss einer international agierenden nigerianischen Drogenmafia zu sein. Nicht unwesentlich daher, dass sämtliche gegen Charles Obiora C-Ik Ofoedu betriebenen Verfahren nach dem Suchtmittelgesetz mit 10. 7. 2000 eingestellt wurden.
Der nun vorliegende Strafantrag wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) fußt ausschließlich auf vier Sparbücher, auf die im Verlauf der Jahre 1998 und 1999 (bis 27. Mai) Geldbeträge eingezahlt und abgehoben wurden sowie auf Geldüberweisungen nach Nigeria.
Vorgeworfen wird Charles Obiora C-Ik Ofoedu, Vermögensbestandteile einer kriminellen Organisation an sich gebracht, verwaltet und Dritten übertragen zu haben. Weiters ist Charles Obiora C-Ik Ofoedu angeklagt, in einem noch nicht mit rechtskräftigem Urteil beendeten Verfahren als Zeuge falsch ausgesagt zu haben, indem er gesagt hat : "Ich habe nie gedacht, dass der R. etwas mit Drogen zu tun haben könnte. Ich habe mir nie etwas dabei gedacht, als ich das Geld überwiesen habe. Ich habe nicht gewusst, dass es sich bei den Geldern, die ich für R. überwiesen habe, um Drogengelder handelt. Ich habe es auch nicht vermutet. Ich habe es bei der Polizei nicht so gesagt, die Polizei hat mir gesagt, dass es sich um einen Drogendealer handelt."
Als ZeugInnen der Anklage beantragt die Staatsanwaltschaft unter anderem einen von Strafprozessen gegen SchwarzafrikanerInnen hinlÀnglich bekannten anonymisierten Zeugen sowie Bez. Insp. Wolfgang Preissler, einen FP-Personalvertreter bei der Polizei, der führend an der "Operation Spring" beteiligt war und im Mai 1999 verdächtigt wurde, Informationen über die Ermittlungen gegen den angeblichen "nigerianischen Drogenring" an die FPÖ weitergegeben und damit die rassistischen Werbeeinschaltungen der FPÖ Anfang Mai desselben Jahres ("machtlos gegen tausend schwarze Drogendealer?") ausgelöst zu haben.
Das Verfahren gegen Charles Obiora C-Ik Ofoedu scheint vom Bedürfnis der Justiz getragen, endlich eine "wasserdichte" Verurteilung nach §278a StGB zu erreichen, um auf diesem Wege nachträglich die Einsetzung des Lauschangriffs gegen das Konstrukt der nigerianischen Drogenmafia zu rechtfertigen (der Einsatz der "neuen Ermittlungsmethoden" ist weitgehend auf sehr schwere Delikte oder § 278a StGB gebunden). Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist etwa, dass Charles Obiora C-Ik Ofoedus Angebot, Auskunft über die Herkunft der Gelder auf den Sparbüchern zu erteilen, im Vorverfahren nicht angenommen wurde.
Nach Auskunft von den Grünen ist die Form des Auftretens sog. "anonymisierter Zeugen" in den Strafverfahren rund um die "Operation Spring" rechtswidrig und rassistisch. Zwar ist die Anonymisierung von ZeugInnen seit 1994 erlaubt, die in den genannten Prozessen praktizierte Form der Anonymisierung widerspricht jedoch sowohl der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil 10/1988/154/208 vom 20. November 1989 im Fall Kostovski gg. Die Niederlande; publiziert u.a. in öJZ 1990, 312) wie dem Einführungserlass vom 22.12.1993 zum Strafprozessänderungsgesetz 1993. In Letzerem heißt es unter anderem: "...die vollständige Vermummung des Zeugen oder eine Verzerrung des Bildes oder des Tones einer Videoaufnahme, sind durch §166a StGB jedoch nicht gedeckt, weil unabdingbar ist, daß die Gesichtszüge eines Zeugen die Beurteilung seiner Reaktion auf Fragen zulassen; die nonverbale Kommunikation muß erhalten bleiben."
Darüber weist die Grüne Abgeordnete Petrovic darauf hin, dass § 166a die Anonymisierung von ZeugInnen nur "auf Grund bestimmter Tatsachen" zulässt. Diese "bestimmten Tatsachen" wurden bislang in keinem Gerichtsverfahren erhoben oder überprüft, und sind daher für jene Menschen, die auf Grund der Aussagen anonymisierter ZeugInnen verurteilt werden, nicht anfechtbar. außerdem sei der Einsatz anonymisierter ZeugInnen bisher nur aus Verfahren gegen SchwarzafrikanerInnen bekannt. Ein Einsatz in einem anderen Verfahren sei nicht bekannt.
Den Umgang der Justiz wie auch der Polizei mit den Angeklagten aus der "Operation Spring" stehe in einem deutlichen Zusammenhang mit der aktuellen politischen Situation sowie den Protesten nach dem Tod von Marcus Omofuma am 1. Mai 1999.