Quellenangabe:
10.000 Euro (vom 07.08.2004),
URL: http://no-racism.net/article/911/,
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[07. Aug 2004]
"Sterbevorgang" nach Ansicht der Anwälte der Republik Österreich zu kurz um angemessenes Schmerzensgeld zu rechtfertigen.
Bereits vor Monaten wurde den Angehörigen von Marcus Omofuma vom Oberlandesgerichts Wien 10.000 Euro "Schmerzensgeld" zugesprochen. Die Republik österreich musste den Betrag zahlen. So genannte Genugtuung für die Qualen, die der Mann aus Nigeria am 1. Mai 1999 auf dem Abschiebeflug nach Sofia erlitt: er wurde von drei Kriminalbeamten gefesselt und geknebelt. Gab er einen Laut von sich, bekam Marcus Omofuma noch ein Klebeband um Oberkörper, Oberarme und Sitzlehne. Nach einer halben Stunde erstickte er.
Die drei Polizisten, die Marcus Omofuma umbrachten, waren am 15. April 2002 wegen "fahrlässiger Tötung" verurteilt worden. Nicht wegen des strenger bestraften Delikts "Quälen eines Gefangenen". Aber das Zivilurteil, das jetzt in der "Zeitschrift für Verkehrsrecht" veröffentlicht wurde, beschreibt seitenlang die Qualen, die die drei Polizisten verursachten: Todesangst, extreme Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein an eine fremde Staatsmacht.
Die Anwälte der Republik österreich, die freiwillig zu keiner Zahlung bereit waren, argumentierten zynisch gegen die Schadenersatzforderungen: Der Sterbevorgang sei zu kurz gewesen, um einen Schmerzensgeldanspruch zu rechtfertigen.
Das ist nicht nur zynisch, sondern auch falsch: für die Opfer des Seibahnunglücks von Kaprun betrug die Zeitspanne der Lebensbedrohlichkeit höchstens acht Minuten - aber kein maßgeblicher Jurist zweifelte daran, dass den Angehörigen Schmerzensgeld zusteht. Da steht wohl eine stärkere Interessensgruppe dahinter.
Der Anwalt von Marcus Omofumas Familie, Georg Zanger, hatte 100.000,-- Euro eingeklagt. Damit scheiterte er in allen Instanzen. Nur ein Zehntel davon sei angemessen, heißt es im Urteil des Oberlandesgericht. Was keineswegs bedeute, dass man "die seelische Befindlichkeit" vor dem Erstickungstod verharmlosen wolle.
Allein: "Mit einer noch höheren Ausmessung wäre jeder Rahmen der klassischen Judikatur überschritten."
10.000 Euro werden üblicherweise bei Verbrennungen mit bleibenden Narben und eingeschränkter Bewegung eines Arms zugesprochen.