Quellenangabe:
Operation Spring - Prozessprotokoll des Prozesses gegen Emmanuel Chukwujiekwu (vom 08.05.2001),
URL: http://no-racism.net/article/97/,
besucht am 23.11.2024
[08. May 2001]
Protokoll vom 8.5.2001
Der Beschuldigte wird zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren unbedingt verurteilt. Dies wird ihm in 2 Sätzen mitgeteilt und eine weitere Stellungnahme verweigert. Er wird unter körperlicher Gewaltanwendung der Polizei aus dem Gerichtssaal entfernt.
Richter (R): Richter Kirschner
STA: Staatsanwältin
Anwalt (A): Dr. Binder
D: Dolmetscherin
Diese Verhandlung war eine Neudurchführung. Emmanuel Chukwujiekwu wurde Ende Mai 99 im Zuge der Operation Spring verhaftet und sitzt seit dem im Landesgericht 1 in der Josefstadt in Untersuchungshaft, ohne Arbeit, ohne Besuch, da einige seiner BesucherInnen Besuchsverbot bekamen. Es fanden bereits einige Verhandlungen statt, die jedoch alle schon länger als zwei Monate zurückliegen, daher war eine Neudurchführung nötig, d.h., dass formell für die Urteilsfindung nur das zählt, was an diesem Tag verhandelt wurde. Emmanuel ist einer von -zig anderen Afrikanern, denen ähnliche Dinge zur Last gelegt werden und die in ähnlich zweifelhaften Verfahren zum Teil bereits verurteilt wurden, Urteile von 5 - 10 Jahren sind durchaus üblich. Emmanuels Urteil wird zum Teil begründet auf die windigen Urteile nach windigen Verfahren, um mehr Akzeptanz zu schaffen für die Durchsetzung von mehr Polizeibefugnissen, Ausweitung der rassisitschen Klassenjustiz, Kriminalisierung aller MigrantInnen und AsylwerberInnen usw. Sollten sie einige Aspekte dieses Protokolls interessant bis befremdlich finden, dann können wir sie nur ermutigen, der Materie selber weiter nachzugehen.
Aber schaun Sie sich das doch selber an.
Das Prozessprotokoll ist eine wörtliche Mitschrift durch ProzessbeobachterInnen.
Vorweggenommen die Urteilsbegründung des Urteils gegen Emmanuel:
Richter Kirschner:
Ursprünglich wurde das Verfahren gegen den Beschuldigten gemeinsam mit dem Verfahren gegen S., dieser ist bereits rechtskräftig verurteilt und war teilweise geständig. (Kommentar: Daher ist nach der Logik des Gerichts auch der heutige Beschuldigte schuldig.) Der Beschuldigte ist schuldig, einer in Verkehrsetzung von zumindest 2,5 kg Suchtgift an unerforschte Abnehmer. Es ist klarzustellen, dass die Zeugin J. bereits eingehendst vernommen worden ist, deshalb ist verständlich, dass sie heute nicht mehr aussagen will. Insbesondere, da sie bereits eine Kugel ins Bein bekommen hat. (Kommentar: Die Tatsache, dass die Zeugin J. angeblich bedroht bzw. bereits tätlich angegriffen wurde, war der Verteidigung bis dato nicht bekannt, was den vor Gericht einzuhaltenden Bestand der Waffengleichheit zwischen Anklage und Verteidigung nicht gewährleistet. Die Frage bleibt offen, von wem die Zeugin unter Druck gesetzt worden war.)
Überraschender Weise wurde im Zuge der Untersuchungen viel mehr über die kriminelle Organisation aufgedeckt, AZ3000 hatte bereits bei der kontradiktorischen Einvernahme dargelegt, wie die kriminelle Organisation als Massenmörder unserer Jugend tätig ist. Die kriminelle Organisation ist nicht nachweisbar, aber banden- und gewerbsmäßige in Verkehr-Setzung einer übergrossen Menge Suchtgift. Es ist nur meinem schlechten Augenlicht zu verdanken, dass die Videobänder nicht herangezogen wurden, eine Bekräftigung der Schuld ist aber als gegeben anzunehmen. (Kommentar: So funktioniet die Beweiswürdigung an österreichischen Gerichten???) Grundsätzlich ist von einer Gleichbehandlung des bereits verurteilten S. mit dem Beschuldigten auszugehen. S. hat 1 Kilo zugegeben, das ist auch für den Beschuldigten relevant. für den Beschuldigten besteht eine Strafandrohung von 15 Jahren. Mildernd ist, dass der Beschuldigte unbescholten ist, jedoch hat er in seinem Asylverfahren angegeben, dass er von einer einflußreichen Gruppe des Mordes an seinen Vater beschuldigt wird und daher flüchten mußte, deshalb ist im Falle des Beschuldigten von einem leichtfertigen Umgang seinerseits mit Leib und Leben anderer auszugehen. (Kommentar: Das ist eine schwere Verletzung der Unschuldsvermutung)
Der Beschuldigte wird zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren unbedingt verurteilt.
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Prozessprotokoll:
Plädoyer STA:
Der Beschuldigte wollte durch seine Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation bewußt seine Abschiebung nach Nigeria verhindern.
Der Beschuldigte hätte mit einer übergrossen Menge Suchtgift gedealt, Heroin und Kokain in Kilogrammmengen, und zwar an J. A u.a. (andere im Zuge der Operation Spring Festgenommene) und an Zeuge S. G.
Zentraler Treffpunkt einer kriminellen Organisation wäre das Chinarestaurant Willkommen gewesen. Im Zeitraum der Observation (ca. Februar bis Mai 99) wurde E. an 104 Tagen 423 Mal im Restaurant beobachtet.
Der Beschuldigte hätte dort an Strassendealer Drogen verkauft. Auf Videobändern Wären zahlreiche Geldübergaben an grosse Bosse zu erkennen. Der Beschuldigte wäre einer der wenigen grossen Suchtgiftlieferanten.
Ausser Stefan Gössl wurden keine Abnehmer ausgeforscht, jedoch wäre die Beweislast erdrückend.
A: Mein Mandant ist unschuldig, er hatte nie mit Suchtgift zu tun. Nichts wurde bei ihm jemals nachgewiesen, nichts (keine Drogen, keine grosse Menge Geld) wurde bei ihm gefunden. Während der mittlerweile fast 2 jährigen Haft im LG1 ist E an Diabetes erkrankt.
R: Hat der Beschuldigte etwas hinzuzufügen? Nein.
Der Beschuldigte soll jetzt aus dem Gerichtssaal hinausgeführt werden, weil eine Belastungszeugin vorgeladen wird, Binder spricht sich dagegen aus.
R: Ihr Einwand wird protokolliert, aber es steht Ihnen nicht zu das zu verlangen. Das ist eine Anordnung des Vorsitzenden (des Richters), B. hat nicht das Recht sich dagegen auszusprechen.
R merkt an, dass Zeugin J. bereits eingehendst vernommen worden ist.
Im Gerichtssaal ist ein Monitor angebracht, über den der Beschuldigte im Nebenzimmer sitzend zu sehen ist.
Zeugin Jarjue wird auf Antrag der Verteidigung zur Neubefragung vorgeführt, in Begleitung eines Zivilpolizisten.
(Zeugin J. war die Freundin eines Afrikaners, der ebenfalls im Zuge der Operation Spring festgenommen worden ist und hat bereits in vielen anderen Prozesse Aussagen über die angebliche Struktur der angeblichen Organisation gemacht. Sie ist unter Polizeischutz im Rahmen der Kronzeugenregelung, war selbst angeklagt und - ebenfalls im Rahmen der Kronzeugenregelung - wurden ihr für ihre Aussagen Strafmilderung und Sonderbehandlung versprochen.)
R: Bleiben Sie bei ihren bisher gemachten Aussagen? Zeugin bejaht.
A: Kennen Sie den Beschuldigten, haben Sie ihn schon einmal gesehen?
Z: Weiss ich nicht, ich kann mich nicht erinnern.
A: Wo haben Sie ihn kennen gelernt, wo gesehen?
Z: Weiss ich nicht.
A: Sind Sie rauschgiftsüchtig?
R: Sie sind nicht berechtigt, diese Frage zu stellen, ich frage Sie ja auch nicht, ob sie betrunken sind.
A: Waren Sie zu dem Zeitpunkt (wie sie im Restaurant verkehrte, bei den ersten Einvernahmen) süchtig?
Z: Sagt nichts.
A: Gibt es eine Erklärung dafür, dass Sie jetzt keine Erinnerung daran mehr haben?
A: Wollen Sie nichts mehr aussagen?
Einwurf des Richters zwischendurch: Damals (bei den Einvernahmen) haben Sie die Wahrheit gesagt?
Z: Ja sicher, ich habe die Wahrheit gesagt.
R: Und heute können Sie sich nicht mehr erinnern, Sie haben ihr Leben umgestellt, nicht wahr?
Z: Es ist lange her, ich habe mein Leben umgestellt,
Richter: Und das ist jetzt ein Verdrängungsmechanismus?
Z: Ja, ich habe alles verdrängt.
A: Wenn Sie sich jetzt nicht mehr erinnern können, wissen Sie ja nicht mehr ob Sie damals die Wahrheit gesagt haben oder nicht.
Z: ...
A: In wie viel anderen Verfahren haben Sie noch ausgesagt?
Z: ...
A: Also ob Sie diesen Beschuldigten hier in Zusammenhang mit Suchtgift gesehen haben, können Sie nicht sagen?
Z: Nein, das kann ich nicht sagen.
Als Zeuge wird N. vorgeführt, derzeit in Haft, er wurde zu 3 1/2 Jahren verurteilt, in seinem eigenen Verfahren bekannte er sich für nicht schuldig, daher hat er das Recht, sich der Aussage zu entschlagen.
A beantragt, den Beschuldigten wieder zur Verhandlung zuzulassen, Richter lehnt ab.
Dolmetscherin versucht dem Zeugen zu erklären, dass er die Wahrheit sagen muss, wenn er aussagt, sich aber der Aussage entschlagen kann, um sich selber nicht noch mehr zu belasten.
Z: Ich weiss nicht, was Sie wollen, das ich aussagen soll.
R: Er soll ja nur sagen, ob er von dem Beschuldigten am Bildschirm Suchtgift gekauft hat, ja oder nein.
Dolmetscherin übersetzt, Zeuge: Nein. Es wird so verstanden, dass er keine Aussage machen will, man erklärt ihm noch einmal das Entschlagungsrecht.
Z: Ich kenne diesen Mann nicht, was soll ich über ihn aussagen?
R: Also Sie wollen nicht aussagen.
Z: Nein.
R: Laut Überwachung (Kommentar: Fotos, aufgenommen von einer Wohnung gegenüber dem Chinarestaurant, auf der man Leute beim Betreten und Verlassen des Restaurants sehen kann.) sind sie beide zusammen zu sehen, aber der Zeuge sagt, er kennt den Mann nicht, aber gut. (Kommentar: Kennen Sie alle Leute, mit denen Sie zufällig ein Restaurant gemeinsam betreten oder verlassen?)
Als Zeuge wird T. vorgeführt, derzeit in Haft, zu 33 Monaten verurteilt, in seinem eigenen Verfahren bekannte er sich nicht für schuldig.
Z: Ich werde die Fragen beantworten.
A beantragt, den Beschuldigten wieder zur Verhandlung zuzulassen, Richter lehnt ab.
R: Kennen Sie diesen Mann? (Deutet auf den Bildschirm)
Z: Nein.
R hält ihm vor, dass er laut Akt zusammen mit dem Beschuldigten im Restaurant war.
Dolmetscherin übersetzt und sagt, dass beide zusammen auf den Videobändern (Kommentar: Im Zuge des Lauschangriffs wurden im Restaurant im ersten Stock an der Decke zwei Videokameras installiert) zu sehen wären. Richter korrigiert, dass es sich um (wie bereits erwähnt vor dem Restaurant aufgenommene) Fotos handelt.
Z: Ich verstehe das nicht, das Restaurant ist ein öffentlicher Ort wo Leute zum Essen hinkommen. Weil ich schwarz bin, grüsse ich Leute, die auch schwarz sind, das kann schon sein dass ich ihn gegrüsst habe. Ich habe dort gegessen und getrunken.
Richter hält ihm vor, dass er in 4 Monaten vom 5 Jänner bis 16. Mai 99 101 Mal fotografisch festgehalten wurde.
Z: Wenn ich hungrig bin, gehe ich ins Restaurant, Ich kann nicht sagen, wie oft.
R: Er wurde wegen Dealen zu 33 Monaten verurteilt, woher hatte er die Drogen?
Z: Ich bleibe bei meinen ursprünglichen Aussagen, was den Beschuldigten betrifft, habe ich nichts von ihm übernommen.
A: Kann er sich erinnern, eine auffällige Person mit Steirerhut gesehen zu haben?
Z: Ich erinnere mich nicht, kenne so jemand nicht.
A: Wann hat er das Chinarestaurant frequentiert?
Z: Ich weiss es nicht genau, ich war mit meiner Freundin dort, 1999.
A: Kann man dem Zeugen die Fotos zeigen, aus dem anderen Verfahren ist unklar, ob die abgebildete Person wirklich der Zeuge ist.
Richter: Er ist es, erkennbar an der stattlichen Erscheinung. Schauen Sie selber.
A: Ich will, dass die Fotos dem Zeugen gezeigt werden.
R: Schauen Sie, sind Sie das?
Z: Ja, das ist mein Foto, ich habe nie bestritten, dass ich dort war.
R: Nice picture.
Zeuge wird abgeführt.
A beantragt Anwesenheit des Beschuldigten in seinem Prozess, weil kein Grund dafür gegeben ist, dass sich der Zeuge vom Beschuldigten eingeschüchtert fühlt.
Richter lehnt ab.
Als Zeuge wird M. vorgeführt, derzeit in Haft, zu 30 Monaten verurteilt, in seinem eigenen Verfahren bekannte er sich für nicht schuldig.
Nachdem er über seine Rechte aufgeklärt wird, sagt er, er wird aussagen.
R: Kennen Sie diesen Mann? (Zeigt auf den Monitor des Gerichtssaales.)
Z: Nein. Ich habe ihn niemals gesehen.
R: Haben Sie bei ihm Suchtgift gekauft?
Z: Nein. Ich kenne ihn nicht.
R: Er wurde von 5. Jänner bis 1.Mai in diesem Zeitraum 97 Mal fotografiert, weiss er das?
Z: Nein, das weiss ich nicht.
R: Es gibt Fotos mit ihm, die zur selben Zeit gemacht wurden, wie der Beschuldigte sich in dem Restaurant aufgehalten hat.
Z: Ich kenne ihn nicht.
Zeuge wird abgeführt.
Anwalt beantragt wieder die Hereinführung des Beschuldigten. Richter lehnt ab. Anwalt sagt, ich sehe das nicht ein. Richter sagt, ja sie nicht, aber ich sehe das ein.
Als Zeuge wird A. vorgeführt, derzeit in Haft, zu 5 Jahren verurteilt, in seinem eigenen Verfahren bekannte er sich für nicht schuldig.
Nachdem er über seine Rechte aufgeklärt wird, sagt er, er wird aussagen.
R: Kennen Sie diesen Mann? (Zeigt auf den Monitor des Gerichtssaales.)
Z: Nein. Ich habe ihn niemals gesehen.
R: Haben Sie von dem Beschuldigten Drogen übernommen?
Z: Nein. Ich kenne ihn nicht.
R: Zwischen dem 18.2.99 und 19.5. wurde er beim Betreten und Verlassen des Chinarestaurants fotografiert, weiss er das?
Z: Man hat mir die Bilder bereits gezeigt, aber ich habe mich darauf nicht erkannt.
R: Ich erkenne ihn schon! Bilder wurden im selben Zeitraum, wie der Beschuldigte dort war, aufgenommen, weiss er davon?
Z: Nein.
R: Waren sie in diesem Restaurant?
Z: Ja, ich habe dort gegessen.
A: Sind Sie immer an einem speziellen Tisch gesessen, in einem bestimmten Stock? Haben Sie einen Stammtisch gehabt?
Z: Nein ich habe mich hingesetzt, wo halt Platz war.
A: können Sie ungefähr schätzen, wie viel Schwarze in diesem Zeitraum im Lokal waren?
Z: Es waren viele dort, ich weiss nicht wie viele.
A: (zum Richter) Haben Sie vor, die Videoaufnahmen vorzuführen?
R: Nein, die dienen nicht als Beweismittel, diese Aufnahmen sind zu schlecht. Ich kann nichts erkennen, ich sehe schlecht.
(Kommentar: Wobei das Sehproblem des Richters bei den Fotos wiederum einer eindeutigen Identifizierung nicht im Weg steht!!! Auch bei anderen Prozessen wurde auf die Videos als Beweismittel verzichtet. Die Kameras wurden an der Decke installiert, was bedeutet, dass die Leute jeweils nur von oben, hinten und verzerrt zu sehen sind, wodurch eine Identifizierung der Einzelnen unmöglich ist. Weiters ist davon auszugehen, dass auf die Videos als Beweismittel nicht verzichtet werden würde, wenn darauf wirklich Suchtgift-relevante Handlungen oder Geldübergaben, im Sinne der Anklage zu erkennen Wären. Dennoch bezieht sich das Gericht und die Staatsanwaltschaft in ihrer Beweiswürdigung und in den Urteilbegründungen immer wieder auf eben dieses Material, ohne dass es gezeigt wurde.)
Prozesspause - bis 10:30.
Der Beschuldigte ist anwesend.
Als Zeuge wird M. geladen. Der in der ersten Zeit der Verfahren und während des Ermittlungsverfahrens anonymisiert war. (Kommentar: Und daher für seine Aussagen mit Begünstigungen rechnete, er wurde dann zu ... verurteilt, daraufhin hat er sich selber deanonymisiert. -Und seine anfänglichen Aussagen widerrufen-?????
Richter merkt an, dass der Zeuge schon 2malige Aussagen in Untersuchungsverfahren getätigt hat und 1 mal bei Gericht. Jetzt soll er auf Antrag der Verteidigung nochmals aussagen.
A: Kennen Sie den Beschuldigten?
Z: Nicht sicher. Ich kenne diesen Mann.
R: Unter welchem Namen?
Z: Emmanuel.
A: Haben Sie gesehen, dass der Beschuldigte mit Suchtgift dealte, oder in der Hand gehabt hat?
Z: Never at all!
R: Weiss er, was er bei der U-Richterin schon ausgesagt hat?
Z: Manches nicht, manches ja.
R: Weiss er, dass er den Beschuldigten belastet hat?
Z: Ja.
R: Warum entlastet er ihn diesmal?
Z: Ich habe ihn niemals mit Drogen gesehen.
A: Hat er gesehen, dass der Beschuldigte grössere Geldbeträge in der Hand hatte, als normal ist, um eine Speise in einem Restaurant zu bezahlen?
Z: Nein.
A: Hat er das Restaurant Willkommen besucht und in welchen Zeitraum?
Z: 1999 glaube ich.
A: Kann er schätzen wie viele Schwarze dort waren, in dem Zeitraum, in dem er dort war?
Z: Das ist ein Restaurant, ich kümmere mich nicht darum, wie viele Menschen und wer da ein und aus geht.
A: Weiss er, ob es dort im Restaurant einen bestimmten Tisch oder eine best. Sitzordnung für Leute einer best. Organisation gegeben hat? Etwa für "leading people"? Waren "wichtige" Leute an best. Tischen?
Z: Wenn man kommt, sitzt man, wo man will. Es sind keine bestimmten Leute an best. Tischen.
A: Hat er gesehen, dass Klobesuche keine Klobesuche waren, sondern anderen Dingen dienten, also zum Drogenaustausch?
Z: Kümmere mich nicht darum, wenn Leute aufs Klo gehen.
R: hält vor: Die Aussage bei der kontradiktorischen Einvernahme, bei der auch der Hr. Dr. Binder anwesend war, hätte der Zeuge gesagt, er kennt den Beschuldigten als Dako und dass er einen Steirerhut aufhatte.
Z: Ich kenne die Tiroler Tracht nicht.
R: Irgendwann wird mir das zu bunt. Er droht dem Zeugen mit strafrechtlichen Konsequenzen.
hält ihm die Vernehmungsprotokolle vor: Er hätte gesehen, dass jeder bei Dako Suchtgift gekauft hat (mit Tiroler Hut). Er hat ausgesagt, dass fast jeder im Willkommen dort bei Dako gekauft hat. Warum jetzt andere Aussage, wer hat ihm das gesagt oder eingetrichtert!?
Z: Ich wusste nie, dass er Dako heisst, mir wurde ein Bild gezeigt, mit einem Mann mit Mantel und Hut mit Feder. Man hat mir damals gesagt, dass ist Tiroler Tracht.
R: Ich werde dafür Konsequenzen ziehen.
Z: Ich habe nicht gesehen, dass der Tiroler Hut Drogen verkauft. Man hat mich gefragt, ob Dako etwas an jemanden übergeben hat. Da sagte ich ja. Dann hat man mich gefragt, wer ist das? Dann sagte ich, ich weiss es nicht. Ich habe nicht gesagt, dass Drogen übergeben wurden.
R: Das ist eine Lüge, das geht so nicht. Damals hatte er etwas ganz anderes gesagt und unterschrieben, nämlich auch in Anwesenheit von Dr. Binder und Dr. Soyer. Irgendjemand hat ihm die neue Version eingeimpft! (Kommentar: Richter schaut anklagend zu Binder. Er meint, dass Binder dafür verantwortlich ist.)
Z: Niemand hat mich dazu veranlasst irgendetwas zu sagen.
STA: beantragt die übermittlung einer Protokollanschrift und Strafantrag gegen den Zeugen wegen Verdacht auf falsche Zeugenaussage und Begünstigung.
Es erfolgt eine summarische Übersetzung sämtlicher Zeugenaussagen in 3 oder 4 Sätzen. Keine weiteren Anträge werden mehr gestellt. Es folgen die Schlußplädoyers.
STA: Die optischen und akustischen Überwachungen (Kommentar: Telefonüberwachungsprotokolle, Fotos, Videobänder, die sämtlich heute bei der Neuverhandlung nicht gezeigt und gehört wurden) entlarven den Beschuldigten als Suchtgifthändler. Die Aussagen der heutigen Zeugen ändern nichts. Ihre Glaubwürdigkeit ist anzuzweifeln, weil sie selbst verurteilte Dealer sind. Die Video- und Tonaufnahmen bestätigen das voll. Es wurden Suchtgiftübergaben an Zeuge N. und Zeuge T. beobachtet. Von Zeugin J. wurde glaubhaft versichert, dass Strassenhändler vom Beschuldigten gekauft hatten, die Übergaben erfolgten auf der Toilette, nach dem Gang auf der Toilette hatten sie Drogen bei sich. Damals wurde vom Zeugen M., damals AZ3000 bestätigt, dass der Beschuldigte ein grosser Suchtgifthändler ist unter dem Namen Dako oder Francis, die meisten hätten von ihm Suchtgift bezogen, zusammen mit dem mittlerweile abgesondert verfolgten S., laut AZ3000 auf Bestellung bestätigt durch Telefonüberwachungen. Umsatz von 10.000 ATS pro Tag ist möglich, daraus folgt "Taschen......" erzielen 100.000 ATS im Monat. Der Beschuldigte war ein grosser Zulieferer, er hat zumindest eine Menge von 2,5 kg an Zwischenhändler gewerbsmässig in Verkehr gesetzt. Erschwerend ist eine mehrfache Qualifikation (Kommentar: Zusammenfallen von Vergehen und Verbrechen) Er ist selbst nicht süchtig. Es besteht kein Milderungsgrund, der wäre gegeben bei einem bisherigen guten Lebenswandel, angesichts des langen Zeitraums der strafbaren Handlungen ist das nicht der Fall.
A: Laut der heutigen Hauptverhandlung gibt es keine Gründe und keine Beweise für eine Schuld, einzig, dass der Beschuldigte im Chinarestaurant Willkommen war. Selbst wenn andere Dealer dort gewesen Wären, gibt es keine Evidenz, dass eine Verbindung bestanden hat. Das Widerrufen von Aussagen ist nichts illegales, laut Kronzeugenregelung ist ein Strafnachlass für belastende Aussagen möglich. Deshalb hat Zeuge M. (= AZ3000) anfänglich so ausgesagt, ähnlich der abgesondert verfolgte S. Das ist nichts verdächtiges, man muss nur im Gesetz nachschauen. Kooperation mit der Polizei heisst Belastung von anderen. Ich plädiere auf FREISPRUCH.
E: Ich bin hier schon fast zwei Jahre im Gefängnis, ich bin ein Opfer der Umstände, ich gehe ins Restaurant zum Essen, ich bin kein Drogenhändler, wenn ich andere Schwarze getroffen habe, sprechen wir z.B. über Politik, jetzt habe ich akute Diabetes, ich war vier Monate im Spital, ich bitte das Gericht mich aus der Haft zu entlassen, meine Gesundheit wird immer schlechter. Ich bin niemandem böse, das ist der Lauf des Lebens.
Urteilsverkündung:
R: Ursprünglich wurde das Verfahren gegen den Beschuldigten gemeinsam mit dem Verfahren gegen S., dieser ist bereits rechtskräftig verurteilt und war teilweise geständig. (Kommentar: Daher ist nach der Logik des Gerichts auch der heutige Beschuldigte schuldig.) Der Beschuldigte ist schuldig, einer in Verkehrsetzung von zumindest 2,5 kg Suchtgift an unerforschte Abnehmer. Es ist klarzustellen, dass die Zeugin J. bereits eingehendst vernommen worden ist, deshalb ist verständlich, dass sie heute nicht mehr aussagen will. Insbesondere, da sie bereits eine Kugel ins Bein bekommen hat. (Kommentar: Die Tatsache, dass die Zeugin J. angeblich bedroht bzw. bereits tätlich angegriffen wurde, war der Verteidigung bis dato nicht bekannt, was den vor Gericht einzuhaltenden Bestand der Waffengleichheit zwischen Anklage und Verteidigung nicht gewährleistet. Die Frage bleibt offen, von wem die Zeugin unter Druck gesetzt worden war.)
überraschender Weise wurde im Zuge der Untersuchungen viel mehr über die kriminelle Organisation aufgedeckt, AZ3000 hatte bereits bei der kontradiktorischen Einvernahme dargelegt, wie die kriminelle Organisation als Massenmörder unserer Jugend tätig ist. Die kriminelle Organisation ist nicht nachweisbar, aber banden- und gewerbsmäßige in Verkehr-Setzung einer übergrossen Menge Suchtgift. Es ist nur meinem schlechten Augenlicht zu verdanken, dass die Videobänder nicht herangezogen wurden, eine Bekräftigung der Schuld ist aber als gegeben anzunehmen. (Kommentar: So funktioniet die Beweiswürdigung an Österreichischen Gerichten???) Grundsätzlich ist von einer Gleichbehandlung des bereits verurteilten S. mit dem Beschuldigten auszugehen. S. hat 1 Kilo zugegeben, das ist auch für den Beschuldigten relevant. für den Beschuldigten besteht eine Strafandrohung von 15 Jahren. Mildernd ist, dass der Beschuldigte unbescholten ist, jedoch hat er in seinem Asylverfahren angegeben, dass er von einer einflußreichen Gruppe des Mordes an seinen Vater beschuldigt wird und daher flüchten mußte, deshalb ist im Falle des Beschuldigten von einem leichtfertigen Umgang seinerseits mit Leib und Leben anderer auszugehen. (Kommentar: Das ist eine schwere Verletzung der Unschuldsvermutung)
Der Beschuldigte wird zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren unbedingt verurteilt.
Verteidigung und Anklage melden Nichtigkeit und Berufung an.
Dem Beschuldigten wird in 2 Sätzen das Urteil mitgeteilt und eine weitere Stellungnahme verweigert. Er wird unter körperlicher Gewaltanwendung der Polizei aus dem Gerichtssaal entfernt.
ca. 11:30.
Bericht vom GEMMI