Dienstag, 17.06.2003

================================================

================================================
01 500 Polizisten gegen Westafrikaner in Wien
Von: INOU <simon.inou@gmx.at>
================================================
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
ANKÜNDIGUNGEN
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
================================================
02 Radio Stimme, 17. Juni 2003
Von: Radio Stimme <Radio.Stimme@blackbox.net>
================================================
03 Veranstaltung Irak-Krieg, 17.6.
Von: Friedenswerkstatt Linz <friwe@servus.at>
================================================
04 17.06 monatliches Treffen
Von: Transdanubien gegen Schwarzblau
<transdanubien@gegenschwarzblau.net>
================================================
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
DISKUSSION
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
================================================
05 Erklärung der AIK zu Ibrahim Alloush
Von: turambar <turambar@aon.at>
================================================
06 Nachbemerkung zu einer Richtigstellung der AIK
Von: Karl Pfeifer
================================================

<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
AKTIONEN
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
================================================
07 FREE RE PUBLIC 03: Freie Meinungsäußerunghat sich hörbar
durchgesetzt!

Von: FREE RE PUBLIC 03 <info@freerepublic.at>
================================================
08 Aktion gegen neues Asylgesetz
Von: mayday graz <mayday-graz@gmx.at>
================================================
09 after f13
Von: augustin <augustin@nextra.at>
================================================
10 bioladen im vekks und andere daten
Von: rotkraut@gmx.at <rotkraut@gmx.at>
================================================
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
INTERNATIONAL
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
================================================
11 Indigener Widerstand in Mexico
Von: Grüne Bildungswerkstatt Tirol <gruebi@tirolkultur.at>
================================================
12 Resolution der Antirassismus Konferenz 2003
Von: openup <antirassismuskonferenz@openup.at>
================================================
13 Die Mauer der Angst ist durchbrochen -
Projekte von Wadi e.V. im Iraq
Von: Wadi e.V. Wien <wadi_wien@hotmail.com>
================================================
14 Grazer Erklärung „Leiter islamischer Zentren und Imame in Europa"
Von: Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen <dieinitiative@gmx.at>
================================================
15 a second universal embassy
Von: tristan wibault <tristan@universal-embassy.be>
================================================
16 [gipfelsoli] AnwältInnenkongress in Berlin/ Antirepressionsarbeit
Von: gipfelsoli-l@lists.nadir.org
================================================
17 Wegen Amnestiekampagne von Polizei vergewaltigt
Von: Ceni_Frauen@gmx.de
================================================
================================================

REDAKTIONELLES:
Für diese Ausgabe nicht aufgenommen:
eine meldung über eine von einem kardinal abgesegnete
bürgerinitiative gegen die hölle am karlsplatz
zwecks klärung durch religionskundige reds.

please sign

+++

widerst@nd-MUND täglich per e-mail ...

entweder im mailman selber subscribieren oder

per mail hier zu bestellen

+++

+++

Wie der MUND entsteht ....

Schickt uns bitte eure Nachrichten, Meldungen und Ideen.
E-Mail-Adresse der Redaktion:

widerstand@no-racism.net

Im MUND findet Ihr eine Rubrik, die eine Konsequenz aus der redaktionsinternen Debatte um die Notwendigkeit, sexistische, antisemitische und rassistische Beiträge nicht zu veröffentlichen, einerseits, die Problematik von Zensur andererseits versucht: unter "B) Eingelangt, aber nicht aufgenommen" wird - in anonymisierter Form - auf angehaltene Beiträge hingewiesen und eine kurze Begründung der/des Tagesredaktuers für die Nichtaufnahme geliefert. Die AbsenderInnen werden hiervon informiert.
Ihr könnt Euch die Beiträge extra schicken lassen:
Mail an widerstand@no-racism.net genügt.

 




Quelle: www.popo.at


Und für nächsten Donnerstag:
Das Rechtshilfe-Manual
...und was mache ich eigentlich gegen rassisten?
online-diskussion

Editorial
Für den Inhalt verantwortlich: Ihr.
Die Beiträge werden von verschiedenen Redaktionsteams zusammengestellt.

Bitte weitersagen:
Für Personen ohne Internetzugang gibt es aktuelle Terminankündigungen
unter der Rufnummer 589 30 22 12 (Demoforum)
 


================================================
01 500 Polizisten gegen Westafrikaner in Wien
Von: INOU <simon.inou@gmx.at>
================================================
Mediamonitoring:
Kronen Zeitung vom Dienstag 17. Juni 2003 S. 8-9:
Polizei macht Jagd auf Drogen-Händler
Eingeketterte, Halbnackte Afrikaner sind auf die Bilder zu sehen (4
Bilder).
Dieser Text ist als Vorspann zu lesen:
"Im Kampf gegendie in ganz Österreich professionell organisierten und
international agierenden westafrikanischen Tätergruppen wurde die
bisher grösste Drogenrazzia gestartet. 500 Polizisten stürmten
gleichzeitig zwei Wohnhäuser von Dealern in Wien Meidling (12. Bezirk)
und Fünfhaus (15. Bezirk)"
Laut Suchtmittelgesetz ist Ecstasy eine Droge. Die Kronen Zeitung
berichtet dass in Kärntern ein 21 Jähriger Ecstasy-Händler
(Drogen-Händler) zu einer Haftstrafe von 18 Monaten verurteilt worden
ist. Nur 18 Monaten für (entschuldigung) einen "weissen" Kriminellen.
Stellen wir uns vor der junge einen Schwarzen wäre.....er hätte
mindesten (aus Erfahrung mit Operation Spring und Co.) 5 Jahre bekommen.
Gleichzeitig wird in Deutschland grosse Fische ertappt...
Einen schönen Abend wünsche ich
INOU
PS: Können wir etwas dagegen tun?
================================================

<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
ANKÜNDIGUNGEN
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><

================================================
02 Radio Stimme, 17. Juni 2003
Von: Radio Stimme <Radio.Stimme@blackbox.net>
================================================
Dienstag, 17.06.2003, 20.00 Uhr
Radio Stimme - Die Sendung der Initiative Minderheiten
Thema der Sendung:
Unbegründet Sitzen
Paragraph 78 der Straßenverkehrsordnung regelt das Verhalten auf
Gehsteigen im Ortsgebiet. Der Skurrilität nicht genug, daß es eines
solchen Paragraphen bedarf, stellt dieser das "unbegründete
Stehenbleiben" unter Strafe. Und so dient er unter mißbräuchlicher
Anwendung seit Beginn des Jahres Polizei und Stadtverwaltung dazu,
Menschen, die nicht ins Stadtbild passen, das Leben schwer zu machen.
Wer nach Ansicht der Polizei "unbegründet stehenbleibt" riskiert eine
Strafe von Euro 70,- oder 72 Stunde Ersatzfreiheitsstrafe. Wer also
"unbegründet stehenbleibt" muß sitzen. Radio Stimme berichtet über
einen seltsamen Paragraphen und einen Aktionstag der Straßenzeitung
Augustin.auf Orange 94,0 - Das freie Radio in Wien
(Frequenz: 94,0 MHz; Wr. Telekabel 92,7 MHz)______________________________________________________
Radio Stimme - Die Sendung der Initiative Minderheiten
zu hoeren:
jeden 2. Dienstag, 20.00 Uhr, auf Orange 94,0
sowie im Internet auf http://www.initiative.minderheiten.at
_______________________________________________

================================================
03 Veranstaltung Irak-Krieg, 17.6.
Von: Friedenswerkstatt Linz <friwe@servus.at>
================================================
Friedenswerkstatt Linz - Waltherstraße 15b, 4020 Linz - Tel.
0732/771094 - Fax 0732/797391 - mail: friwe@servus.at - Web:
www.friwe.at
Veranstaltungshinweis
Nach dem Krieg ist vor dem Krieg
Eine Bilanz des Irak-Krieges 2003 - Die drohenden neuen Kriege - Eine
Analyse des Zusammenhanges zwischen Krisen, Öl und Kriegen
Vortrag und Diskussion mit
Dr. Winfried Wolf
(Friedensforscher, eh. Bundestagsabgeordneter BRD)
Dienstag, 17. Juni 2003
19 Uhr, Festsaal der Arbeiterkammer OÖ
(Linz, Volksgartenstr. 40, 2. Stock)
Eine Veranstaltung der Friedenswerkstatt Linz
gemeinsam mit Plattform Stoppt den Krieg, Rennerinstitut OÖ, Grüne
Bildungswerkstatt OÖ, KPÖ-Linz.Nach dem Krieg ist vor dem Krieg
Der Krieg gegen den Irak vom März und April 2003 stellt hinsichtlich
von vier Aspekten einen geschichtlichen Einschnitt dar.
1. Die 1991 von Bush senior ausgerufene "new world order" wurde zur
Pax Americana unter Hegemonie der USA. Die US-Regierung sieht
erklärtermaßen in Präventivkriegen das geeignete Mittel, ihre Form
der Weltherrschaft auszuweiten. Das Völkerrecht wurde weggefegt; die
UNO wirkt im Nachkriegs-Irak als politisches Rotes Kreuz. Erstmals
seit Ende des Zweiten Weltkriegs errichtet ein führendes
imperialistisches Land über ein großes Land eine neue
Kolonialherrschaft.
2. Der Irak-Krieg steht zwar in der Tradition von Kriegen um Öl
(siehe Golfkrieg 1991) bzw. von Kriege um Transportwege von Öl und
Gas (siehe Afghanistan.-Krieg). Es gibt jedoch auch hier eine neue
Qualität: Mit der direkten Kontrolle über 10 Prozent der weltweiten
Ölvorräte erlangt die führende Wirtschaftsmacht der Welt die
Möglichkeit, den Weltmarktpreis von Rohöl zu kontrollieren. Die USA
verfügen über die "swing capacity", die in den 60er Jahren Texas und
in den 70er und 80er Jahren Saudi-Arabien hatte. Da der Couuntdown
läuft und Öl nur noch vier Jahrzehnte zur Verfügung steht, ist diese
Position entscheidend für die weltweite "oil based industry".
3. Aufrüstung und Kriegführung haben ihre Wurzeln auch in der
kapitalistischen Ökonomie. In ihnen kommt zum einen das gewaltige und
wachsende Gewicht des industriellen Komplexes zum Ausdruck.
Gleichzeitig versucht die Bush-Administration eine Art "militärischen
Keynesianismus" zu realisieren: Mit der Steigerung der
Rüstungsausgaben um 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr im Zeitraum
2000 bis 2003 wird versucht, die zurückbleibende zivile Nachfrage
auszugleichen und die Ökonomie anzukurbeln.
4. Die Regierungen der EU-Länder BRD und Frankreich lehnten den
Irak-Krieg nicht aus Friedensliebe ab (sie hatten 1999 aggressiv den
Krieg gegen Jugoslawien geführt). Vielmehr sah die US-Regierung nicht
vor, die Beute, das irakische Öl, mit ihnen zu teilen. Als eine Lehre
aus dem Irak-Krieg fordern Schröder und Chirac, die europäischen
"Verteidigungsanstrengungen" zu erhöhen. Das heißt: Der
imperialistischen Macht USA soll ein neuer imperialistischer und
militärisch hochgerüsteter Block EU gegenübergestellt werden. Damit
wird die Welt noch unsicherer und kriegerischer.
Die einzige Kraft, die sich konsequent gegen den weltweiten Kurs auf
Hochrüstung und Krieg stellt, ist die Antikriegsbewegung. Sie hat im
Vorfeld des Irak-Kriegs eine Stärke erreicht, die in der jüngeren
Geschichte einmalig ist. Diese Bewegung muß gestärkt und politisiert
werden. Die Losung "Eine andere Welt ist möglich" muß ergänzt werden
um die Forderung: Eine andere Ökonomie ist nötig.
Zur Person des Referenten:
Dr. Winfried Wolf, Bundestagsabgeordneter von 1994 - 2002, ist Autor
u.a. von "Eisenbahn und Autowahn", "Bombengeschäfte. Zur politischen
Ökonomie des Kosovo-Kriegs", "Fusionsfieber. Das große Fressen" und
"Afghanistan, der Krieg und die neue Weltordnung". Er präsentiert auf
der Vortragsreihe sein soeben erschienenes Buch: "Sturzflug in die
Krise. Die Weltwirtschaft. Das Öl. Der Krieg" (Literatur Konkret
Verlag, 244 Seiten; 16 Euro).NICHT VERGESSEN:
Friedensvolksbegehren unterschreiben! Unterstützungsformular kann
heruntergeladen werden von www.friedensvolksbegehren.at. Bestellungen
von Folder, Plakate, Pickerl für das Friedensvolksbegehren bei
office@friedensvolksbegehren.at
================================================

================================================
04 17.06 monatliches Treffen
Von: Transdanubien gegen Schwarzblau <transdanubien@gegenschwarzblau.net>
================================================
Liebe TransdanubierInnen und SymphatisantInnen !
Wie jedes Monat findet morgen, Dienstag den 17.06 wieder unser Treffen
im Chinarestaurant "Sun", 1220 Wien, Donaufelderstraße 229, statt.
Diesmal gibt es kein bestimmtes, vorgegebenes Thema, eventuell werden
aber Einzelheiten zum diesjährigen "people for people" Sommerfest
besprochen.
Auf zahlreiches Erscheinen freut sich
Stefan
für Transdanubien gegen Schwarzblau.

<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
DISKUSSION
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><

================================================
05 Erklärung der AIK zu Ibrahim Alloush
Von: turambar <turambar@aon.at>
================================================

Im folgenden findet sich die Erklärung, die von der
Antiimperialistischen Koordination (AIK) auf ihrer Homepage zum
Shoah-Revisionismus von Ibrahim Alloush veröffentlicht wurde.
Aufgrund eines bedauerlichen internen Kommunikationsfehlers wird sie
erst jetzt an den MUND geschickt. Ich möchte mir aber zuvor noch ein
paar Anmerkungen gestatten:
1) Wir waren bereits wenige Stunden, nachdem der Artikel über
Alloush auf die Homepage gestellt worden war, auf die unerträglichen
Aussagen Alloushs über die Shoah aufmerksam gemacht worden. Die
Administratorin unserer Homepage war leider einige Zeit nicht zu
erreichen, da man/frau von ihr wohl kaum verlangen kann, neben
Studium und Arbeit auch noch permanent online zu sein. Deshalb hat
es leider einen Tag gedauert, bis der Artikel wieder von der
Homepage genommen und stattdessen die weiter unten folgende
Richtigstellung veröffentlicht wurde.
2) Herr Karl Pfeifer (und auch das DÖW, das "den Fall aufgedeckt"
hatte), hätte(n) ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, bei der AIK
nachzufragen, ob dort die revisionistischen Äußerungen Alloushs
bekannt seien, anstatt sofort zu versuchen, der Öffentlichkeit
weiszumachen, die AIK würde derartige Äußerungen tolerieren.
3) Es wäre interessant, einmal von Karl Pfeifer zu lesen, welche
Lösungsansätze ihm selbst zum israelisch-palästinensischen Konflikt
vorschweben. Pfeifer attackiert zwar permanent die (momentan
natürlich utopische erscheinende, bei einer gerechten Lösung der
Flüchtlingsfrage aber unumgängliche) Forderung der AIK (binationaler
Staat mit vollen nationalen Rechten für die jüdische wie für die
arabische Bevölkerung) und verteidigt die israelische Politik
vehement gegen jede Kritik (die keineswegs immer in der Radikalität
der AIK formuliert ist und trotzdem zumeist eine gesalzene Antwort
Pfeifers zur Folge hat), in all seinen Beiträgen zu diesem Thema war
aber kein einziges Mal zu lesen, in welche Richtung es denn in
Israel/Palästina eigentlich gehen soll.
4) Herr Samuel Laster möge bitte erklären, wie er zu den
ungeheuerlichen, im MUND von 16.6. geäußerten, Vorwürfen kommt, die
AIK hätte gegen religiöses jüdisches Leben in Wien gehetzt und die
"notorische Frau in schwarz" würde ihren politischen GegnerInnen
Gewalt androhen. Was John Bunzl betrifft: dieser war Referent auf
der Gedenkveranstaltung der AIK zum jüdischen Aufstand im Warschauer
Ghetto 1943, welche am 13.4. 2003 im Vorstadtzentrum XV stattfand.
Ansonsten war ja nicht viel über Veranstaltungen zu diesem Thema zu
lesen.Richtigstellung der AIK zu Dr. Alloush, 13. Juni:
Am Donnerstag den 12. Juni veröffentlichte die AIK an dieser Stelle
einen Artikel aus Amman "Jordanien: Universitätsprofessor wegen seiner
politischen Meinung entlassen", der die Repression des jordanischen
Regimes gegen Dr. Ibrahim Alloush zum Gegenstand hatte; weil sich
dieser im Zusammenhang mit dem Irakkrieg kritisch gegenüber den USA
geäußert hatte. Über verschiedene Quellen wurde uns nun zugetragen,
dass Dr. Alloush - was im Kontext der hier publizierten Informationen
nicht kenntlich wurde - sich mehrfach zu den Aussagen jener als
"Revisionisten" bezeichneten Historikern und Pseudohistorikern
geäußert hatte, die den millionenfachen Gaskammermord an Jüdinnen und
Juden aus ganz Europa leugnen, ja selbst solche Aussagen getroffen
hatte, die den Holocaust und die grauenvolle Methodik der
Vernichtungsmaschinerie Hitlers und seiner Schergen bezweifelten. Da
weder aus dem Zusammenhang der repressiven Maßnahmen des jordanischen
Regimes, die in ihrer unterschiedslosen Unterdrückung jedweder
US-kritischen Äußerung oder Haltung verbrecherisch bleiben, noch aus
den uns zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bekannten Informationen auf
eine solche Einstellung des Dr. Alloush geschlossen werden konnte,
haben wir den gegenständlichen Beitrag auf unsere Homepage gestellt.
Jetzt, da uns die revisionistischen Aussagen des Dr. Alloush bekannt
sind, stehen wir nicht an, den Beitrag sofort und mit entsprechenden
begleitenden Maßnahmen zu entfernen. Es kann nicht angehen, dass die
fortschrittliche, antifaschistische und den mörderischen Imperialismus
opponierende Haltung der AIK mit Leuten assoziiert wird, die den
ungeheuerlichen Völkermord des Nazismus als "Mythos" bezeichnen
müssen, um ihre eigene Einstellung zu rechtfertigen. Hiermit
entschuldigen wir uns bei allen Opfern dieser Vernichtungsmaschinerie
für unseren Irrtum, den wir hoffen mit dieser Erklärung auszugleichen.
Gegen Irrtümer sind auch die redlichsten Menschen nicht gefeit. Es sei
in diesem Zusammenhang an die erfolgte Unterzeichung einer Petition
für Robert Faurisson durch Noam Chomsky
[http://www.zmag.org/Zbios.htm] erinnert. Mit Revisionisten haben wir
nichts gemein und wir werden den verbrecherischen Äußerungen dieser
Ideologie keinen Boden bieten. Dies stellen wir unmissverständlich
fest. Es muss festgehalten werden, dass es darum ging die eklatante
und brutale Missachtung der elementarsten Menschenrechte und die freie
Meinungsäußerung in Zusammenhang mit Irak und Intifada durch das
jordanische Regime, die unter anderen auch Dr. Alloush zu spüren
bekam, aufzuzeigen. Diese Missachtung und Repression kümmert sich
nicht darum, ob jemand Revisionist ist oder nicht, sondern richtet
sich gegen jeden, der sich mit der Intifada solidarisch erklärt oder
gegen die US-Hegemonie ausspricht. Umgekehrt können sich auch die
Palästinenser nicht aussuchen, wer sich mit ihnen solidarisch erklärt
bzw. ihr Anliegen befürwortet. Als ein solches Opfer von Willkür eines
Regimes haben wir Dr. Ibrahim Alloush verteidigt. Aber als Revisionist
hat er auf einer aufrichtigen antiimperialistischen Seite nichts
verloren. Daraus haben wir die entsprechenden Schlüsse gezogen und den
Beitrag entfernt. (Erkärung Ende) mailto:turambar@aon.at

================================================
06 Nachbemerkung zu einer Richtigstellung der AIK
Von: Karl Pfeifer
================================================
Nachbemerkung zu einer Richtigstellung der AIK
Von Karl Pfeifer
Holocaustleugnung ist dann doch auch für die Antiimperialistische
Koordination (AIK) zuviel, doch für den Faschisten Seselj macht die AIK
weiter Werbung
Spät aber doch stellt die AIK u.a. so richtig:
"Über verschiedene Quellen wurde uns nun zugetragen, dass Dr. Alloush was
im Kontext der hier publizierten Informationen nicht kenntlich wurde sich
mehrfach zu den Aussagen jener als "Revisionisten" bezeichneten Historikern
und Pseudohistorikern geäußert hatte, die den millionenfachen Gaskammermord
an Jüdinnen und Juden aus ganz Europa leugnen, ja selbst solche Aussagen
getroffen hatte, die den Holocaust und die grauenvolle Methodik der
Vernichtungsmaschinerie Hitlers und seiner Schergen bezweifelten."
Dr. Alloush hat sich nicht nur mehrfach "geäußert" zu den Aussagen der
"Revisionisten", sondern ist selbst ein "Revisionist". Durch einfaches
klicken auf den Namen Ibrahim Alloush und auf seine homepage habe ich dafür
die Beweise gefunden. Die AIK hat sich aber dafür nicht interessiert, denn
wichtig war ihr nur seine Stellungnahme zum Irak-Krieg und Intifada. Aber
ein Blick in die Neonazi-Medien genügt, um festzustellen, die sind auch
gegen die USA und für die Intifada. Ein wenig Sorgfalt würde man doch von
Menschen, die vorgeben Antifaschisten zu sein, erwarten.
"Hiermit entschuldigen wir uns bei allen Opfern dieser
Vernichtungsmaschinerie für unseren Irrtum, den wir hoffen mit dieser
Erklärung auszugleichen." Und wieder eine zynische Heuchelei. Betrifft denn
die Werbung für einen arabischen Holocaustleugner lediglich Opfer der
Vernichtungsmaschinerie? Ist das nicht auch Sache aller anständigen
Österreicher?
Ganz durchsichtig ist diese Ausrede: "Es sei in diesem Zusammenhang an die
erfolgte Unterzeichung einer Petition für [den Holocaustleugner K.P.]
Robert Faurisson durch Noam Chomsky erinnert." Pierre Vidal-Naquet hat in
seinem Buch "Les Assassins de la Mémoire", das nun auch in deutscher
Sprache erschienen ist, eindeutig die Verbindungen des Noam Chomsky mit
Holocaustleugnern dokumentiert. Das war kein Irrtum von Chomsky!
"Umgekehrt können sich auch die Palästinenser nicht aussuchen, wer sich mit
ihnen solidarisch erklärt bzw. ihr Anliegen befürwortet." So rechtfertigt
die AIK die in vielen Publikationen nachgewiesenen Kontakte von gewissen
Palästinensern mit Holocaustleugnern und Neonazi, denn es geht nicht darum,
wer sich mit ihnen solidarisch erklärt, sondern darum mit wem sie sich
verbünden.
Da diskutierte zum Beispiel Dr. John Bunzl aus dem Dunstkreis der AIK mit
Dr. Georg Nicola, Obmann der Palästinensischen Ärztevereinigung und
Vizepräsident der Palästinensischen Gemeinde in Wien, der zuvor im Wiener
"Haus der Heimat" mit Rechtsextremisten über "die Juden" diskutierte und
sich zur Behauptung verstieg, dass "sechs Kinder in Jenin ihre ganze
Familie verloren haben", die ausgelöscht wurde, "die Israelis haben sie
nach Israel gebracht weil sie sind noch unter fünf Jahre, damit sie
irgendwann einmal als israelische Kinder erwachsen und dann vielleicht für
bestimmte Taten in Zukunft" zur Verfügung stehen. "Aber das internationale
Rote Kreuz fordert ihre Rückgabe an den Bürgermeister von Jenin." Eine
Unwahrheit, die in Österreich von Dr. Nicola verbreitet wurde, um die
Emotionen gegen Israel zu schüren.
Wenn es um die vermeintliche Sache der Palästinenser geht, da nimmt man es
weder mit der Wahrheit noch mit den Verbündeten genau.

<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
AKTIONEN
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><

================================================
07 FREE RE PUBLIC 03: Freie Meinungsäußerunghat sich hörbardurchgesetzt!
Von: FREE RE PUBLIC 03 <info@freerepublic.at>
================================================
|---
| MEDIEN-INFORMATION, 15. Juni 2003
|---
|---
Das Recht auf freie Meinungsäußerung hat sich hörbar durchgesetzt!
|
FREE RE PUBLIC 03: Erfreuliche Bilanz der OrganisatorInnen
|---"Glühende Hitze und polizeiliche Schikanen im Vorfeld konnten die FREE
RE PUBLIC 03 nicht verhindern, das Recht auf freie Meinungsäußerung hat
sich hörbar durchgesetzt!" Eine erfreuliche Bilanz zogen die
OrganisatorInnen der größten politischen Jugendkultur-Kundgebung, die
nach den Jahren 2001 und 2002 am Samstag, 14. Juni, bereits zum dritten
Mal in der Wiener Innenstadt stattgefunden hat.
"Wir sind selber erstaunt, dass trotz der vielen polizeilichen
Verbotsbemühungen annähernd 10.000 Menschen an der FREE RE PUBLIC 03 auf
dem Maria Theresien-Platz teilgenommen haben", resümmieren Brigitte
Schröpel und Franz Aigner vom Organisationskomitee. "15 Soundsysteme
sowie doppelt so viele Aktionsgruppen und individuelle Beiträge sind
eine beachtliche Anzahl, wenn man sich vor Augen führt, dass die
politische Demonstration noch wenige Tage davor so ungewiss war."
Der Einsatz, die FREE RE PUBLIC 03 in der kurzen Zeit nach dem Verbot am
Karlsplatz dennoch möglich zu machen, hat sich jedenfalls gelohnt. "Wir
sind hartnäckig geblieben und haben den vielen behördlichen Versuchen,
die Jugendlichen mit ihren sozial-, friedens- und sozialpolitischen
Anliegen mundtot zu machen, nicht nachgegeben", zeigte sich auch Konrad
Becker von Public Netbase am Ende der Veranstaltung sehr zufrieden. "Mit
einer FREE RE PUBLIC 04 darf daher bereits jetzt gerechnet werden."|---
Rückfragen:
|
| Organisation FREE RE PUBLIC 03
| http://www.freerepublic.at/
|
| Tel.: +43 (676) 309 49 86
| mailto:info@freerepublic.at
|---

================================================
08 Aktion gegen neues Asylgesetz
Von: mayday graz <mayday-graz@gmx.at>
================================================

Am Dienstag, den 17.6., findet im Forum Stadtpark eine Vorstellung des
Kulturprojekts "impuls" statt (Schaffung von Freiräumen für Kunst und
Kultur). Im
Rahmen dieser Veranstaltung ist eine kurze Kundgebung gegen das neue
Asylgesetz geplant in der Nähe der BPD Graz (Schubhaft) mit einer Lesung aus
negativen Asylrechtsbescheiden und Informationen zur drohenden
Asylrechtsnovelle.
Beginn: 20 Uhr im Forum Stadtpark. Bitte hinkommen und weitersagen! Liebe
Grüße!
--
MayDay2000 Graz
Post: Postfach 466, 8011 Graz
Netz: http://mayday.widerstand.org
Email: mayday-graz@gmx.at
Support: Sparbuch Nr. 32 22 61 85, BLZ 38 000,
Bezeichnung "MayDay2000 Graz"

================================================
09 after f13
Von: augustin <augustin@nextra.at>
================================================
liebe alle.
augustin lädt alle, die am freitag den dreizehnten aktiv waren bzw. in
hinkunft aktiv werden wollen, zu einer nach- und vorbesprechung ein:
am montag, 23. juni, 19 - 21 uhr
in der augustin redaktion
wien 4, mostgasse 7 (eingang klagbaumgasse)
vorgeschlagene themen: erfahrungsaustausch; sichtung des
dokumentationsmaterials (machen wir eine überblicks-videodoku?); problem
f13 und medien; f13 im februar 2004.
mail bitte weiterleiten.
================================================

================================================
10 bioladen im vekks und andere daten
Von: rotkraut@gmx.at <rotkraut@gmx.at>
================================================
Achtung ganz neu:
am sonntag 22.6. gibt es den ersten vekks-bioladen, den es ab jetzt
öfter geben wird, je nach interesse und politischem bewusstsein der
bio-nahrungsbedürftigen. die preise werden niedriger als im bioladen
sein, da ganz genau bestellt werden kann.
also bestellungen bis spätestens mittwoch abend (allerspätestens
donnerstag vormittag) an
eva.hofer@chello.at
bestellt werden kann:
zucchinis, mangold, salat, rote rüben, gurken,
fisolen,
kürbis.
küchenkräuter von petersilie bis bohnenkraut.
vielleicht zuckererbsen.
diverse brote à 2,50.- :
dinkel, roggen, roggen/nuß, sonnenblumen,
kürbiskern,
roggen/dinkel, waldstaude.
ausserdem gibts vorarlberger alpbergkäs.
zum bioladen gibt es auch wieder einen brunch mit sanften
chillig-jazzigen klängen aus günters musiksammlung
das ganze startet um ca. 13h
also kurz:
sonntag 22.6.03 13h
bioladen und brunch und DJazz
Freitag 20.6.03
lebender und konservierter hiphop im keller
[Image]


Sammstag 21.6.03
soliflohmarkt ab 15h für kulturprojekte in mostar
abends mit keller-djZs

================================================


<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
INTERNATIONAL
<<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><<>><
================================================
11 Indigener Widerstand in Mexico
Von: Grüne Bildungswerkstatt Tirol <gruebi@tirolkultur.at>
================================================
Werkstattgespräch
Indigener Widerstand in Mexiko: die Kooperative Smaliyel
Ein Erfahrungsbericht von
Magdalena Wiesmüller
Ÿber ihre Mitarbeit in der zapatistischen Kaffeekooperative
"Smaliyelã, die in Chiapas und Mexiko City mit dem Ziel tätig ist,
durch direkte Vermarktung von Produkten und politische Bildungsarbeit
Widerstand konkret fassbar zu machen.
am 23.06.03 um 20 Uhr
im Cafe SUB, Dreiheiligenstrasse,
neben Jugenzentrum Z6, Innsbruck
Eine Veranstaltung der Grünen Bildungswerkstatt TirolViele Jahrhunderte lang lebten die indigenen Vslker Mexikos in
Ausgrenzung und Vergessenheit. Seit dem Eintritt Mexikos in die NAFTA
werden die indigenen Dorfgemeinschaften zunehmend in ihrer Existenz
bedroht, da sie die wirtschaftliche Ausbeutung der BodenschStze, der
Wasserreserven und der BiodiversitSt in diesen Regionen behindern.
Am 1 JSnner 1994 zieht der bewaffnete Aufstand der EZLN (EjZrcito
Zapatista de Liberaci-n Nacional) in Chiapas nationale und
internationale Blicke auf sich. Die Bevslkerung ChiapasÎ hat sich
organisiert und ruft sich aus dem Vergessen in das Bewu§tsein der
Mexikaner und der Welt: " Nunca m‡s un MZxico sin nosotros - niemals
mehr ein Mexiko ohne unsã als Schlagwort eines Kampfes fŸr
Demokratie, Gerechtigkeit, Frieden, Autonomie, Landreform,
nachhaltige Nutzung ihres natŸrlichen Lebensraumes, fŸr ein Leben in
WŸrde.
In konkreten autonomen Wirtschafts- und Sozialprojekten werden die
Forderungen zu verwirklichen versucht.
Magdalena WiesmŸller:
studiert Psychologie und ist seit einigen Jahren im
entwicklungspolitischen Bereich tStig. Sie hat zwei Jahre in Mexiko
City studiert, wo sie mehrere Male als Menschenrechtsbeobachterin in
den zapatistischen Gemeinden war und ehrenamtlich bei der Kooperative
Smaliyel mitgearbeitet hat.
Sie war letzten Sommer und heuer jeweils drei Monate in Mexiko, um
Ÿber die Kooperative Smaliyel zu forschen.
_______________________________________________

================================================
12 Resolution der Antirassismus Konferenz 2003
Von: openup <antirassismuskonferenz@openup.at>
================================================
Resolution der Antirassismus Konferenz 2003
Die Antirassismus Konferenz 2003 wendet sich gegen gesellschaftlich
systematische Diskriminierungen, insbesondere Rassismen und Sexismen,
wiewohl sie erkennen musste, dass sie diese Strukturen auch selbst
widerspiegelt und reproduziert.
Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes hat den Entwurf zum
neuen Asylgesetz als menschenrechtswidrig qualifiziert. Dennoch ist
absehbar, dass der Entwurf demnächst im Nationalrat zur Abstimmung
gebracht wird. Die TeilnehmerInnen der Antirassismus Konferenz 2003
fordern die MandatarInnen des österreichischen Nationalrates auf,
alle parlamentarischen und menschenrechtskonformen
außerparlamentarischen Mittel auszuschöpfen, um die Beschlussfassung
zu verhindern. Der Beschluss eines offen menschenrechtswidrigen
Gesetzes ist eine Bankrotterklärung des Parlamentarismus.
Wir fordern daher Abgeordnete der Regierungsparteien auf, der
Abstimmung fernzubleiben und weisen darauf hin, dass eine
menschenrechtswidrige Beschlussfassung eine grobe Pflichtverletzung
für frei gewählte MandatarInnen darstellt.
Wir fordern daher Abgeordnete aller Parteien auf, im Falle der
Beschlussfassung bis zur Aufhebung des Gesetzes aufgrund
Verfassungswidrigkeit durch den Verfassungsgerichtshof den Sitzungen
des Nationalrates fernzubleiben.
Wien, am 14. Juni 2003
_______________________________________________

================================================
13 Die Mauer der Angst ist durchbrochen - Projekte von Wadi e.V. im Iraq
Von: Wadi e.V. Wien <wadi_wien@hotmail.com>
================================================
Die Mauer der Angst ist durchbrochenDer Krieg gegen den Irak ist beendet, Saddam Hussein gestürzt. Mit ihm fiel
eine Diktatur, die wie keine andere im Irak vor ihr die Bevölkerung
unterdrückt und alles gesellschaftliche Leben den ideologischen Prinzipien
der Ba'thpartei unterworfen hat. Mit verheerenden Folgen: Nahezu eine
Million irakische Staats-bürger, die dem Ba'thstaat im Wege standen, wurden
seit Saddam Husseins Amtsantritt 1979 ermordet, mehr als zehntausend
Kommunisten und Liberale, Araber und Kurden fielen dem Staat bereits seit
Anfang der Siebziger Jahre zum Opfer. Das Land wurde regiert wie im
Belagerungszustand, militärische Sondereinheiten und Sicherheitsdienste
agierten aus massiven Festungen und Sicherheitszonen, die den gesamten Irak
durchschnitten und deren Betreten der Bevölkerung untersagt war. Ganze
Landstriche wurden zu "Sperrgebieten" erklärt, die Bewohner vertrieben oder
interniert, die männliche Bevölkerung in diesen Gebieten verschleppt oder
ermordet. 41 Fälle konnten nachgewiesen werden, in denen das irakische
Militär Giftgas gegen die Zivilbevölkerung einsetzte. Heute und in den
kommenden Wochen werden die sichtbaren Spuren dieser Herrschaft zu Tage
befördert: Geheimdienstzentralen mit Folterkammern; Gefängnisse, in denen
Dutzende Häftlinge in einen Raum gepfercht lebten, ohne ausreichende
Versorgung, ohne Rechte; Massengräber mit den sterblichen Überresten
Unbekannter - einige wenige von vielen Tausend "Verschwundenen" im Irak.
Während die Zukunft des Irak noch unklar scheinen mag, so steht doch fest,
dass dieser Terror beendet wurde.
Die Entwicklung des Irak nach dem Sturz Saddam Husseins wird zugleich auch
von entscheidender Bedeutung für die künftige Entwicklung der nahöstlichen
Region sein. Mit ihm fiel ein Regime, dass in sich den gesamten Kanon
panarabischer bzw. "arabisch-sozialistischer" Ideologie vereint, der in der
Regierungspraxis der meisten arabischen Mashriq-Staaten fortbesteht und ein
entscheidendes Hindernis auf dem Weg zu demokratischen und pluralistischen
Verhältnissen innerhalb der arabischen Gesellschaften darstellt. UNDP
konstat-iert in seinen Human Development Reports über die Region einen seit
Jahren anhaltenden kontinuierlichen Abstieg in allen zentralen Bereichen
wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, während zugleich (mit der
Ausnahme des Jemen und des Sudan) in den vergangenen 30 Jahren kein
grundlegender Wandel der Regierungsform oder auch nur der Regierenden
stattgefunden hat. Trotz seines großen Reichtums an natürlichen Ressourcen
stagnieren die Staaten des Mashriq nicht nur wirtschaftlich. Bürgerliche
Freiheitsrechte, Gleichberechtigung, Pressefreiheit und die Perspektive auf
einen dauerhaften Frieden scheinen nach den vergangenen Jahrzehnten nur
schwer erreichbar. Saddam Husseins Ba'th-Regime stand für eine
Regierungsform, die sich zwar auf das Wohl des "arabischen Volkes" beruft,
sich zugleich aber beständig über die Interessen und Rechte der Bevölkerung
hinwegsetzt. Innere Widersprüche und Probleme wurden regelhaft nach Außen,
auf Israel, den Zionismus oder US-Imperialismus abgewälzt, die Opposition
wurde als "Agentin" feindlicher Kräfte verfolgt. Besserung und Freiheit, so
das "Versprechen" der Ba'thpartei, könne nur durch die zuvorige Veränderung
globaler Machtverhältnisse, durch die Wiederher-stellung arabischer Einheit
erreicht werden. Ausgerechnet im Irak könnte nunmehr dieser Teufelskreis
durchbrochen werden. Dieser in Deutschland wenig beachtete Aspekt birgt
nicht nur Gefahren, sondern in erster Linie eine große Chance. Von einem
funktionierenden Wiederaufbau des Irak, der Errichtung demokratischer
Strukturen, der rechtsstaatlichen Bewältigung der Verbrechen der
Vergangenheit und der Durchsetzung von Freiheitsrechten als Bürgerrechten
ginge ein entscheidendes Signal für die gesamte Region aus, dass Besserung
möglich und durch eine Demokratisierung und Öffnung der Gesellschaft
erreichbar ist.
Demokratisierung
Unter dem Schutz der Koalitionstruppen formiert sich eine
Übergangsregierung, die aus den verschiedenen Konferenzen der irakischen
Oppositionsgruppen in den vergangenen Monaten heraus gebildet wird. In
Mossul wurden bereits kommunale Wahlen abgehalten, aus denen eine regionale
Vertretung hervor-gegangen ist. Einigkeit besteht darüber, dass die
territoriale Integrität des irakischen Staates auch künftig gewahrt werden
soll. Anstelle zentralisierter Herrschaft streben die vertretenen Parteien
und Gruppen eine föderale Ordnung und ein demokratisches Rechtssystem an,
innerhalb dessen sowohl die Individualrechte irakischer Bürger, als auch die
Ansprüche und Rechte von Religionsgemeinschaften und Volksgruppen
gleichermaßen gewährleistet sind.
Dieser Versuch einer Demokratisierung steht vor vielen Problemen. Kein
Iraker unter 35 Jahren hat jemals etwas anders erlebt, als die omnipräsente
Herrschaft der Ba'th-Partei, die vom Kindergarten bis zum Seniorenverein die
gesamte Realität gesellschaftlichen Lebens nach ihren ideologischen
Prämissen umge-staltet hat. Hunderttausende waren eingebunden in den
Staatsapparat Saddam Husseins und damit mehr oder weniger involviert in die
Verbrechen des Regimes. "Das außergewöhnliche Problem der ba'thistischen
Gewalt", schrieb Kanan Makiya, "wird deutlich, wenn man bedenkt, daß
routinemäßig Hunderttausende völlig durchschnittlicher Leute in sie
verwickelt waren." Ba'thistische Herrschaft war nicht auf Erlass und
Umsetzung diktatorischer Dekrete beschränkt, der Staat beanspruchte alle
Lebensbereiche bis hinein in die Privatsphäre. Regionale, familiäre und
primordiale Beziehungen wurden - wo sie nicht zerschlagen wurden - von der
Ba'thpartei okkupiert. Menschen wurden gezwungen, Informationen über
Angehörige, Freunde, Kollegen und Nachbarn zu sammeln. Kollaboration wurde
auch belohnt. Die Universitäten und die Wissenschaft wurden umorganisiert,
eine neue Geschichte des Irak verfasst. Die Besonderheit der ba'thistischen
Herrschaft, versuchte die israelische Historikerin Ofra Bengio das Phänomen
zu erklären, bestehe darin, dass ihr Ideologie nicht nur die Verbrämung
anderer Interessen war, sondern sie die ideologischen Prämissen in
Wirklichkeit überführte. Unter dieser Vorraussetzung wurde alles politisch,
selbst die harmloseste Unterhaltung noch konnte einen tieferen Sinn
enthalten und ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen.
Von zentraler Bedeutung für jede künftige Regierung des Irak wird daher
nicht nur die Aufarbeitung von Unrecht in rechtsstaatlichem Rahmen und die
Inkraft-setzung einer demokratischen und föderalen Verfassung durch eine
Interim-regierung sein, sondern der Aufbau ziviler Strukturen innerhalb der
Gesellschaft. Die Neuordnung des Irak folgt dabei noch längst nicht
abgeschlossenen Konzepten. Auf lokaler Ebene wird entschieden werden, was
sich als national durchsetzungsfähig erweisen kann. Eine Demokratisierung
"von oben" wird ohne die Schaffung demokratischer Strukturen in den
alltäglichen Bereichen des Lebens nicht möglich sein. Die Befreiung von der
Diktatur kann nicht im Nachhinein dekretiert werden, sondern zeichnet sich
zu aller erst durch die Freiheit der Menschen in konkreten und alltäglichen
Lebensbereichen aus.Frauenrechte
Innerhalb des beginnenden Demokratisierungsprozesses kommt dem Einsatz für
eine Gleichberechtigung irakischer Frauen eine herausragende Rolle zu. Denn
Gewalt erfahren Frauen eben nicht nur von staatlichen Organen, sondern vor
allem auch aus den näheren Familienstrukturen und dem alltäglichen
Lebens-umfeld. Entgegen weitverbreiteten Vorstellungen vom vermeintlich
säkularen oder fortschrittlichen Charakter des irakischen Regimes wurden
brutale Praktiken gegen Frauen nicht nur geduldet, sondern auch gefördert.
Ende der Achtziger Jahre erließ die irakische Regierung das sogenannte
"Gesetz über die persön-liche Moral", demzufolge männlichen Angehörigen u.a.
Straffreiheit bei Gewalt-taten gegen ihre weiblichen Familienmitglieder
eingeräumt wird, wenn damit ein "Vergehen gegen die Ehre" gesühnt wird. Auf
diese Weise wurden Tötungen "aus Ehre" legalisiert und eine totale männliche
Verfügungsgewalt über Frauen staatlich verfestigt. Tatsächlich kommt es im
gesamten Irak immer wieder zu Morden an Frauen aus "Ehrgründen".
Von der unter der Ba'thpartei praktizierten Sippenhaft hatten vor allem
Frauen zu leiden, die anstelle abwesender männlicher Verwandter bestraft
oder aber als Druckmittel gegen diese missbraucht wurden. Regelmäßig wurden
die Frauen von Beschuldigten in die "Untersuchungen" der Verfolgungsorgane
miteinbe-zogen und dabei systematisch gedemütigt und vergewaltigt. Bereits
Mitte der Neunziger Jahre wies der seinerzeitige UN-Sonderberichterstatter
für Menschen-rechte im Irak darauf hin, dass die Sicherheitsorgane
"spezielle Vergewaltiger" unterhielten.
Seit Jahren auch weisen Organisationen wie UNICEF darauf hin, dass von der
schlechten ökonomischen und sozialen Sitiuation im Lande vor allem Frauen
betroffen seien. Eine überdurchschnittliche Anzahl von Frauen sind
Analpha-beten. Besonders in den letzten Jahren des irakischen Regimes, in
denen dieses die Last des Embargos voll auf die Bevölkerung abwälzte,
während es immer neue Paläste, Moscheen und Militäranlagen bauen ließ,
litten die Frauen doppelt unter der sich verschlechternden ökonomischen Lage
und der politischen wie geschlechtsspezifischen Unterdrückung. Jene Frauen,
deren Männer in den Kriegen, die der Irak geführt hat, ums Leben kamen oder
die - wie bspw. im kurdischen Nordirak - im Rahmen staatlicher
Repressionskampagnen verhaftet oder ermordet wurden, tragen die
Verantwortung für das Überleben der Familie alleine. Möglichkeiten, ein
legales Einkommen zu erwerben, sind für Frauen zugleich noch geringer als
für Männer. In den vergangenen Jahren konnte beobachtet werden, wie die
Armut Frauen in Bagdad zur Prostitution gezwungen hat. Das irakische Regime
antwortete auf derartige Entwicklungen regelhaft nur mit weiteren
Repressionen gegen Frauen. So wurden Ende 2000 mehr als 100 Frauen, denen
Prostitution zur Last gelegt wurde, öffentlich enthauptet.
Hunderttausende irakische Frauen sind schwer traumatisiert. Die sog.
Anfal-Witwen, deren Männer in den 80er Jahren verschleppt wurden, wissen bis
heute nicht, was mit ihren Angehörigen geschehen ist. Aber auch familiäre
Gewalt gegen Frauen stellt eine riesiges, wenn auch meist verschwiegenes
Problem im Irak dar. Noch immer herrschen in großen Teilen des Irak
ungebrochen patriarchale Wertvorstellungen. Töchtern wird es in vielen
Fällen nicht gestattet, den Mann ihrer Wahl zu heiraten. Es gibt keine
Anlaufstellen für misshandelte Frauen, die Rechtssprechung bevorzugt bislang
einseitig die Männer. Frauen, die misshandelt wurden, werden in der Regel
nicht als Opfer, sondern als Schuldige betrachtet und gelten als "ehrlos".
Die schlechte Situation der irakischen Frauen zeigt, wie wenig die
familiären und sozialen Verhältnisse von einer insgesamt geforderten
Demokratisierung zu trennen sind. Der demokratische Neuanfang im Irak wird
sich daran messen lassen müssen, ob es gelingt, Rechte für die irakischen
Frauen gesellschaftlich zu verankern.Gefangene
Die unwürdigen Lebensbedingungen in den Gefängnissen des Landes sind zu
einem Sinnbild der Gewalt geworden, mit der das irakische Regime die
Bevölkerung unterdrückte. Hinrichtungen innerhalb der Gefängnismauern,
Folter, Erniedrigungen und gezielte Mangelversorgung waren die Regel.
Alleine für die Jahre 1998 und 1999 ist die summarische Hinrichtung von mehr
als 2.000 Inhaftierten ohne jedes richterliche Urteil bekannt. Nach Auskunft
von Amnesty International zählten zu den regelmäßig angewandten
Foltermethoden gezielte Verbrennungen, im Genitalbereich verabreichte
Elektroschocks, Schläge, Brandzeichen mit heißen Eisen, Aufhängen an sich
drehenden Decken-ventilatoren, Verätzungen, Brechen von Knochen,
Vergewaltigungen sowie Entzug von Nahrung und Wasser. Kanan Makiya
beschreibt, wie die im Irak unter Saddam Hussein praktizierten
Foltertechniken und Körperstrafen weniger ein Instrument zum Erpressen von
Geständnissen, als vielmehr der konkreteste Ausdruck des totalen Anspruchs
des Staates darstelle. "Torture is not merely about social control through
the incalculation of fear any more than a prison sentence under bougeois law
is merely about vengeance. The idea must exist that power as a matter of
principle and ideological necessity needs to be so pervasive that it takes
over a reality capable of being perfected and hence no longer given as a
constraint on power. At this juncture the more straightforward notion of
social control shades into one of "making", "forming", and "molding"
people." Der Eingriff in den Körper durch Folter und Körperstrafen
entspricht dem des irakischen Staates in das gesamte gesellschaftliche
Leben. Mit Folter wird nicht Dissidenz oder Devianz geahndet, sondern das
Individuum geformt, körperlich verändert oder auch zerstört. Körperliche
Verstümmlungen dienen als Zeichen der allgegenwärtigen Macht des irakischen
Staates.
Hunderttausende haben diesen "Formungsprozess" am eigenen Leibe erfahren,
die Welt der irakischen Gefängnisse ist Bestandteil der kollektiven
Erfahrung mit dem Staat. Kaum ein Iraker, der nicht einen Angehörigen,
Freund oder Kollegen in Haft wusste. In Zukunft wird es einerseits darum
gehen, die Verbrechen des Regimes und die Erfahrungen der Opfer
aufzuarbeiten und zu bewältigen. Inhaftierte leiden unter schweren
posttraumatischen Symptomen und sehen sich großen Orientierungsproblemen
nach ihrer Befreiung ausgesetzt. Andererseits wird sich die begonnene
Demokratisierung auch an den Bedingungen beweisen müssen, unter denen
Strafen verhängt und vollzogen werden. Neben einem liberalen Strafrecht und
der Zurückdrängung der Haftstrafen zur ultima ratio gesellschaftlicher
Sanktion wird es dabei ganz konkret auch um die Haftbe-dingungen in
irakischen Gefängnissen gehen.Melting Pot Kirkuk
Dass der Irak ein arabischer Staat sei, war eine zentrale Prämisse
ba'thistischer Ideologie. Die Realität indes widersprach schon seit der
Gründung des Irak der Vorstellung eines arabischen Kernstaates. Der Staat
Irak stellte niemals ein von einem homogenen Staatsvolk besiedeltes
Territorium dar, sondern setzte sich aus ehemaligen osmanischen Wilayets
(Mossul, Baghdad und Basra) zusam-men, innerhalb derer eine regionale,
konfessionelle und ethnische Vielfalt herrschte. Während seit der Gründung
des Staates eine arabische und vorwiegend sunnitische Elite die wesentlichen
Bereiche des Staatswesens vom Zentrum aus kontrollierte, wurde unter der
Herrschaft der Ba'thpartei die Praxis der Herrschaft aus dem Zentrum heraus
zu einer klientelistischen Despotie verfestigt, die zugleich auf
Begünstigung der durch regionale und familiäre Beziehung an die
Führungsriege gebundenen Eliten im sunnitischen Zentrum betrieb, wie auch
die Verdrängung und Verfolgung anderer Bevölkerungs-gruppen.
Die vormaligen irakischen Oppositionsgruppen haben sich daher auf ein
föderales Modell für einen künftigen Irak geeinigt, das sowohl regionalen
Interessen als auch dem Anspruch auf Partizipation an gesamtstaatlichen
Entscheidungen und Ämtern sowie dem Grundprinzip gleicher Bürgerrechte für
jeden Staatsbürger gerecht werden soll. Föderalismus aber ist kein
theoretisches Konzept, sondern ein Modell praktischer Gewaltenteilung, dass
sich an konkreten Verhältnissen beweisen muss. Die Stadt Kirkuk stellt
gewissermaßen den Modellfall künftiger irakischer Entwicklungen dar. Kurden,
die die Majorität der Region stellen, wurden in den vergangenen Jahrzehnten
systematisch umge-siedelt. Alleine in den vergangenen zehn Jahren wurden
mehr als 100.000 Menschen kurdischer Herkunft aus Kirkuk und der die Stadt
umgebenden Region während sogenannter "Arabisierungskampagnen" in den
kurdischen Nordirak deportiert, um das demographische Verhältnis zugunsten
eines arabischen Kirkuk zu wenden. Anstelle kurdischer Anwohner sind Araber,
zumeist aus dem Südirak, getreten, die selbst zum Teil nicht freiwillig in
den Norden des Landes wanderten, sondern dazu gedrängt wurden.
Kirkuk ist heute nicht nur der Inbegriff des Melting Pot Irak, sondern vor
allem jener Punkt, an dem die Interessen der verschiedenen
Bevölkerungsgruppen auf extremste Weise entlang ethnischer Grenzlinien
aufeinanderstoßen. Viele der kurdischen Familien, die aus Kirkuk vertrieben
wurden, drängen auf eine Rückkehr und fordern eine Restitution des unter
Zwang veräußerten Eigentums. Arabische Einwohner Kirkuks fürchten eine
"Kurdisierung" als Revanche für die Vertreibung der kurdischen Einwohner und
eine erneute Vertreibung, turk-menische Gruppen reklamieren einen
historischen Anspruch auf die Stadt. In Kirkuk, so wird vermutet, wird sich
die Möglichkeit eines föderalen Staates Irak zeigen.
Bereits in den ersten Wochen nach dem Sturz des Ba'th-Regimes sind in Kirkuk
Schlichtungsstellen zur Einigung von Restitutionsansprüchen eingerichtet
worden. In der lokalen Übergangsverwaltung der Stadt sind Araber, Kurden und
Turkmenen gleichermaßen repräsentiert. Dennoch - die lokale Verwaltung steht
vor der schwierigen Aufgabe, dass 150.000 Menschen auf ihre Rücksiedlung in
die Region warten. Gleichzeitig weckt das Erdölzentrum Kirkuk die
Begehr-lichkeiten auch der Anrainerstaaten Iran und Türkei, die zu
intervenieren versuchen, um ihre Interessen vor Ort durchzusetzen. Aber auch
islamistische Gruppen sehen in Kirkuk jene Stadt, in der die Entscheidung
über die Gestaltung eines zukünftigen Irak fällt und werden aktiv.
Mehr als um den institutionellen Ausgleich zwischen den Bevölkerungsgruppen
wird es daher darum gehen, das alltägliche Zusammenleben der Menschen zu
begleiten, die über Jahrzehnte von der irakischen Regierung gegeneinander
ausgespielt wurden und nationalistischen oder ethnischen
Auseinander-setzungen entgegenzuwirken.Projekte
Seit 1993 arbeitet WADI im Nordirak, seit 1994 unterhalten wir eine ständige
Außenstelle in Suleymaniah. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf Projekten
zur Unterstützung von Frauen, wie z.B.:
De Durchführung eines Alphabetisierungsprogramms für Frauen
Von 1993 bis 1998 hat WADI Alphabetisierungsklassen für Frauen durchgeführt.
In enger Zusammenarbeit mit lokalen Frauenorganisationen wurde ein
zwei-stufiges Lernprogramm entwickelt, das den besonderen Anforderungen
erwachsener Frauen entsprach. Über die Alphabetisierungs-kurse wurden
Anlaufstellen für Frauen in ländlichen Gegenden und den sogenannten
Collective Towns der Region eingerichtet sowie ein lokales Netzwerk "Chra"
mit initiiert, über das die Alphabetisierungskurse mit Büchern und Material
versorgt wurden. Die Kurse wurden neben der Alphabetisierung genutzt,
Aufklärungskampagnen durchzuführen über Gesundheits- und Rechtsfragen, den
Schutz vor Minen etc. Unterstützt wurde das Programm von UNICEF und dem
Kurdischen Ministerium für Bildung.
De Einrichtung von Frauenbibliotheken
In Kifri sowie in Suleymaniah sind aus den Alphabetisierungskursen
selbst-organisierte Frauenvereine hervorgegangen. Diese Vereine wurden
unterstützt durch die Einrichtung von "Frauenbibliotheken", die als
Treffpunkt dienen und Literatur sowie Zeitungen bereithalten. Über die
Frauenbibliotheken werden weiterhin Trainingskurse angeboten.
De Unterstützung inhaftierter Frauen
1995 begann WADI mit der Unterstützung inhaftierter Frauen in Suleymaniah.
Die Insassen des dortigen Frauengefängnisses wurde mit einer eigenen Küche
sowie Nahrungsmitteln zur Selbstversorgung unterstützt,
Alphabetisierungs-kurse und Trainingsprogramme wurden durchgeführt. Im
Frauengefängnis von Arbil wurde im Mai mit der Einrichtung einer Bibliothek
begonnen.
De Einrichtung von zwei Zentren für Frauen in sozialen und psychischen
Notsituationen
1999 wurde das NAWA Centre for Women in Distress in Suleymaniah eröffnet.
Das Zentrum, das von WADI in enger Zusammenarbeit mit lokalen
Frauen-organisationen errichtet wurde, zielt auf die Behandlung und
Betreuung von Frauen mit psychischen Problemen und innerfamiliären
Auseinandersetzungen ab. Dazu zählen bspw. auch wohnungslose Frauen, die auf
der Straße leben, aber Opfer von sexueller Gewalt. Bis zu 30 rauen können
stationär im Zentrum aufgenommen werden, zur Betreuung stehen eine Ärztin,
eine Psychologin, sowie ein Team von Sozialarbeiterinnen zur Verfügung. Ein
"Mediation Team" verhandelt zwischen den Frauen und ihren Familien über
Lösungs-möglichkeiten innerfamiliärer Probleme. Darüber hinaus unterhält
NAWA eine offene Beratungsstelle sowie eine Telefonhotline, über die sich
Frauen anonym an die Mitarbeiterinnen wenden können. Das NAWA Centre war die
erste Einrichtung dieser Art im gesamten Irak. Seit der Eröffnung des
Zentrums wurden rund 600 Frauen intensiv betreut. 2001 wurde das Zentrum
offiziell in das Programm des kurdischen Sozialministeriums aufgenommen.
Angeregt von dem Erfolg des NAWA Centres richteten sich elf lokale
Frauen-organisationen mit der Bitte an WADI, die Errichtung eines ähnlichen
Zentrums in Arbil zu unterstützen. Das KHANZAD Centre in Arbil wurde im
Dezember 2002 eröffnet und betreut seitdem kontinuierlich rund 50 Frauen.
Neben diesen Frauenprojekten arbeitet WADI seit 1993 an sozialen Programmen
für Gefangene und ehemalige Gefangene, für Internal Displaced Persons (in
der Hauptsache Familien, die im Rahmen der Arabisierungs-kampagnen
vertrieben wurden) und Flüchtlingskinder in den Elendsquartieren der Städte.
Hier wurden beispielsweise durchgeführt:
Die Einrichtung von Kindergärten für IDP-Familien
Drei Kindergärten mit ganztägiger Betreuung für Kinder in den überwiegend
von IDPZs bewohnten Elendsquartieren um die Großstadt Suleymaniah und in
ehemaligen Collective Towns wurden eingerichtet. In den Einrichtungen werden
Kinder (und ihre Familien) nicht nur auf eine künftige Einschulung
vorbereitet, sondern zugleich mit Nahrungsmitteln versorgt und medizinisch/
sozialarbeiterisch betreut. Die "IDP-Kindergärten" sind in das Programm des
Kurdischen Bildungsministeriums integriert worden.
Die Unterstützung von Deserteuren aus der irakischen Armee
WADI hat die überwiegend arabischen Deserteure betreut, die vor dem
Zwangsdienst in der irakischen Armee über die Grüne Grenze in den kurdischen
Nordirak geflohen sind. Das Programm zielte darauf ab, diesen arabischen
Binnenflüchtlingen eine Perspektive zu bieten, die außerhalb von
militärischen und Milizstrukturen liegt. Daneben wurden den Deserteuren
Unterkünfte zur Verfügung gestellt.
Die Förderung der Integration arabischer Frauen
In Shaklawa, wo sich viele arabische Familien aufhalten, wurden drei
Workshops für arabische und kurdische Frauen durchgeführt, die dazu dienten,
die arabischen Familien in die lokale Gemeinschaft zu integrierten.
Araberinnen und Kurdinnen arbeiteten hier in Werkstätten zusammen.
Die Verbesserung der Haftbedingungen
1995 förderte WADI eine lokale Kampagne gegen die Todesstrafe. Seitdem ist
WADI in Programmen zur Verbesserung der Haftbedingungen aktiv, die auf eine
Resozialisierung Straffälliger anstelle eines reinen Wegschließens abzielen.
1998 wurde im zentralen Männergefängnis von Suleymaniah ein Programm
gestartet, in dessen Rahmen mehrere Ausbildungswerkstätten innerhalb des
Gefängnisses eingerichtet wurden, WADI richtete eine Gefängnisbibliothek und
finanzierte die Herstellung einer "Häftlingszeitung". Der
Insassenselbstverwaltung, die die Interessen der Gefangenen gegenüber der
Verwaltung vertritt, wurde mit einem Büro und Computern ausgestattet, an
denen die Insassen nunmehr Computerkurse belegen. Englischkurse werden
abgehalten. Derzeit arbeitet eine daraus hervorgegangene Gruppe von
Strafgefangenen mit dem Namen "Horizont" an einem Buch mit Texten von
Gefangenen.
Alle diese Projekte zielten und zielen auf:
- die Unterstützung von Selbsthilfe und -organisation
- die Stärkung der Rechte von Frauen und marginalisierten Gruppen
- der Aufarbeitung erlittenen Unrechts und der Rehabilitation
- den Aufbau langfristiger sozialer Strukturen vor Ort
- der Weckung von Aufmerksamkeit und Anerkennung von Rechten
- dem demokratischen Ausgleich von Interessen
- der Förderung lokaler Strukturen und Organisationen
Aus den Projekten sind qualifizierte lokale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
hervorgegangen. Mit ihrer Hilfe ist es nach dem Sturz des Ba'thregimes
möglich geworden, die begonnene Arbeit auch auf andere Teile des Landes
auszudehnen und die erworbene Projekterfahrung weiterzureichen.
Im Folgenden werden geplante und zum teil auch bereits begonnene Projekte
von WADI dargestellt. Sie verfolgen das Ziel, in den Kernbereichen der
Demokratisierung gesellschaftlicher Strukturen aktiv zu werden und dabei die
Erfahrungen lokaler Organisationen und Netzwerke zu nutzen. Denn eine
gerechte und nachhaltige Entwicklung gesellschaftlicher Strukturen kann es
nur geben, wo ein demokratisches und freiheitliches Leben möglich ist.Projekte für Frauen
Es liegt auf der Hand, dass Aktivitäten in den neu befreiten Gebieten eine
hohe Priorität haben. Dort müssen zuerst tragfähige Strukturen geschaffen
werden, Erhebungen durchgeführt und die Frauen ermutigt werden, selbst aktiv
zu werden. Dabei gilt es insbesondere Formen kurdisch-arabischer
Zusammen-arbeit zu schaffen. Besondere Zielgruppen sind Folteropfer,
Gefangene und Witwen von Opfern des Regimes. Die Arbeit soll dabei auch eine
breitere Wirkung vor Ort erzielen, die über die konkrete Unterstützung von
Frauen hinaus geht. Schließlich geht es darum, dass "gemischte" Teams aus
Araberinnen, Kurdinnen, Assyrerinnen und Turkmeninnen zusammenarbeiten. Eine
Kooperation, die mit Frauen - die weniger nationalistische Ressentiments
zeigen - eher als mit Männern möglich ist.
Die bereits existierenden Strukturen - vor allem die Frauenzentren NAWA und
KHANZAD - stellen dabei eine wichtige Basis dar, die ausgedehnt und
abgesichert werden muss.
Ausweitung der Arbeit nach Mossul und Kirkuk
Es ist geplant auch in den Stätten Kirkuk, Mossul und später Bagdad
Frauenhäuser und Frauenschutzzentren zu eröffnen. Im Gegensatz zu jenen
Regionen, die bereits seit 1991 nicht mehr unter der Regierung Saddam
Husseins standen, muss hier praktisch von Null begonnen werden. Die
Aufarbeitung und Dokumentation des Geschehenen wird daher eine zentrale
Rolle spielen. In Kirkuk befindet sich ein "Research & Evaluation Centre"
(REC) in Planung, das zur Erhebung und Sicherung von Daten über die
Situation der Frauen dienen wird und aus dem heraus lokale Aktivitäten
koordiniert werden sollen. Insbesondere geht es hier um die Dokumentation
und Erfassung sog. "Ehrtötungen" und anderer gravierender
Menschenrechtsverletzungen gegen-über Frauen. Über das REC sollen
Alphabetisierungskurse vermittelt werden, Frauen aus der Region, die im
Rahmen der Kampagne aktiv werden wollen (Lehrerinnen, Ärztinnen, etc.)
werden im REC mit Trainingsprogrammen auf die Arbeit vorbereitet. Ziel ist
es, gezielt auch arabische und turkmenische Frauen durch die kurdischen
Mitarbeiterinnen ausbilden zu lassen, um ein Community Networking zu
ermöglichen, auf das die Mediationsarbeit in Zukunft aufbauen soll. Über das
Khanzad Centre in Arbil wurde die Einrichtung eines entsprech-enden Zentrums
in Mossul eingeleitet. In Mossul und Kirkuk soll in Kürze mit dem Training
von Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen begonnen werden.
Begleitend zum Aufbau des REC wurde mit den Vorbereitungen für die
Ein-richtung eines Frauenzentrums nach dem Vorbild der beiden Einrichtungen
in Arbil und Suleymaniah begonnen. In beiden Zentren werden bereits Frauen
aus den Regionen Kirkuk und Mossul, neuerdings auch aus südlichen Gegenden
wie Najaf und Nassariyah behandelt.
Die Arbeit am Aufbau des REC und anderer Projekte in Kirkuk und Mossul fußt
auf die enge Kooperation arabischer und kurdischer Frauen in den bereits
arbeitenden "Mobilen Teams" (s.u.).
Networking
In Suleymaniah und Arbil wurde der Zusammenschluss lokaler
Frauen-organisationen zu festen "Boards" unterstützt, mit dem Ziel,
gemeinsame, von ethnischen und parteilichen Grenzen unabhängige Aktivitäten
in den Gebieten Mossul und Kirkuk und später auch im Zentral- und Südirak zu
initiieren. Da sowohl Kirkuk als auch Mossul "gemischte" Städte sind zielt
die Zusammenarbeit auch auf eine enge
kurdish-arabisch-turkmensich-assyrische Kooperation, die dann später auf
andere Städte des Zentral- und Südirak ausgedehnt werden soll mit dem Ziel,
ein überregionales Frauennetzwerk zu errichten, das sich aus den jeweils
regionalen Bündnissen zusammensetzt. Neben effektiver Unterstützung und
Implementierung sozialer Projekte, Beratungsstellen etc. geht es auch darum,
die Vorstellungen von einem Neuanfang im Irak durch die Schaffung einer
"Lobbying" Struktur organisatorisch zu unterstützen. Bislang sind Frauen in
den Gremien der irakischen Opposition merklich unterrepräsentiert. Eine enge
Kooperation der verschiedenen Frauenorganisationen verbunden mit einem
Netzwerk von Frauenzentren, Informationsstellen, mobilen Teams etc. soll
hier ein Gegengewicht darstellen.
Die Zusammenführung verschiedener Frauenorganisationen und lokaler
Initiativ-en dient darüber hinaus der Verteilung von Aufgaben. Über das
Netzwerk fördert WADI bspw. das Asoda Centre for Women against Violence,
eine Einrichtung, die sich dezidiert der Problematik sogenannter Ehrtötungen
annimmt. Gefördert wurde eine von Assoda durchgeführte Studie über "Honor
Killings in Suleymaniah Governorate", das in Kürze als Buch erscheinen und
über das Gesamt-Netzwerk verbreitet wird.
Das Netzwerk soll dazu dienen, einheitliche und von allen Gruppen
akzeptierte Standards nicht nur im Rahmen politischer Forderungen, sondern
vor allem für die verschiedenen Bereiche der praktischen Betreuungs- und
Unterstützungs-arbeit zu definieren, wie z.B. für
Alphabetisierungsprogramme, rechtliche und soziale Beratungsstellen oder
Aufklärungsbroschüren.
Aufsuchende Betreuung
Bei Ausbruch des Krieges wurden zwei mobile Kriseninterventionsteams für
Frauen und Kinder eingerichtet, um Menschen in besonders betroffenen
Gebieten aufzusuchen, erste Hilfe zu leisten, Kranke und Verletzte in
Hospitale zu transferieren und Frauen, die Gewalt oder traumatische
Erlebnisse erfahren haben, in die Frauenhäuser zu bringen. Die Teams setzen
sich zusammen aus jeweils einer Ärztin, einer Sozialarbeiterin und einer
Koordinatorin, die die Bewohner befragt und Daten erhebt. Schwerpunktmäßig
arbeiten die Teams in zwei Regionen: Die Gegend entlang der ehemaligen
Demarkationslinie, wo sich jene Lager und vorläufigen Siedlungen befinden,
in denen die Opfer der sogenannten Arabisierungskampagne aus Kirkuk leben.
Obwohl diese Kurden nun theoretisch zurückkehren können, haben sich die
Regionalbehörden ent-schieden, den Prozess der Rücksiedlung langsam
durchzuführen, um so mögliche ethnische Spannungen in Kirkuk zu vermeiden.
Die zweite Einsatz-region stellt die Gegen um die Stadt Halabja dar, wo bis
vor Kurzem noch die radikal-islamistische Ansar Al Islam nach dem Vorbild
der Taliban regierten. In diesem Gebiet ist besondere Aufmerksamkeit
gefordert, um Frauen wieder in das "normale" Leben zu integrieren und die
Partizipation von Frauen am öffent-lichen Leben zu stärken (siehe
ausführlicher im Folgenden).
Diese Mobilen Teams sind die einzigen aus Frauen bestehenden und für Frauen
arbeitenden Teams in der gesamten Region. Weitere Mobile Teams sollen
eingerichtet und die aufsuchende Betreuung institutionalisiert werden.
Insbesondere soll die aufsuchende Betreuung ausgeweitet werden auf die
Gegenden Kirkuk und Mossul sowie auf die Region Arbil, in der sich eine
große Anzahl von IDP's aufhalten.
Frauenrechte in der Region Halabja
Halabja zählt zu den wenigen Orten, die an der Befreiung von
Gewaltherrschaft nur kurze Zeit teilhaben konnten. Als größte Stadt in jener
Grenzregion, in der sich islamistische Organisationen breit gemacht hatten,
geriet die Region um Halabja bereits Mitte der Neunziger Jahre unter die
Kontrolle von radikalen Islamisten, seit Ende der Neunziger Jahre unter die
Gewalt der Ansar Al-Islam, einer Gruppe, die dem Al-Qaida Netzwerk nahe
steht und sich vorwiegend aus internationalen "Heiligen Kriegern"
rekrutiert. Gegen den Willen der Bevölkerung hat Ansar Al-Islam in Halabja
ein den Taliban ähnliches Regime eingeführt, unter dessen rigider Herrschaft
vor allem Frauen litten. Unter dem Regime der Ansar Al-Islam war es Frauen
und Mädchen verboten Schulen oder öffentliche Einricht-ungen zu besuchen.
Gewalt gegen Frauen aus "Gründen der Ehre" bis hin zum Mord, öffentliche
Bestrafungen und Körperstrafen waren legal. Männer und männliche Jugendliche
wurden zwangsrekrutiert, die Verantwortung für das Überleben der Familie den
Frauen aufgebürdet. Wer sich dem Diktat der Radikalislamisten widersetzte,
wurde ermordet.
Erst vor wenigen Wochen konnte die Region von kurdischen Verbänden mit
amerikanischer Unterstützung aus der Gewalt der Ansar Al-Islam befreit
werden. Nach Jahren islamistischer Herrschaft bemühen sich lokale
Organisationen nun um eine Rückkehr zu einer Normalität, die von Demokratie
und Gleichbe-rechtigung anstelle von Gewaltherrschaft und ideologischer
Unterdrückung ge-prägt sein soll. Eine zentrale Rolle nimmt die Frage der
Rechte der Frauen ein. WADI plant die Durchführung von Trainingskursen für
Frauenrechte in Halabja. Frauen sollen in ihrem Bemühen um gleiche Rechte
bestärkt, Aktivistinnen aus der Region mit dem Wissen und Rat anderer
Frauenrechtlerinnen unterstützt werden. Rechtliche Standards, die in anderen
Teilen der Region bereits erreicht wurden, genauso wie Möglichkeiten
praktischer Arbeit und Erfahrungen mit der Betreuung hilfebedürftiger Frauen
sollen vermittelt werden.
Die jeweils 20tägigen Kurse behandeln die Fragen: Familienrecht und Rechte
von Frauen gegenüber ihren männlichen Verwandten; soziale Fragen; politische
Strategien für die Gleichberechtigung von Frauen; religiöse Grundlagen für
eine Emanzipation; Strategien gegen Gewalt; Erziehung zur
Gleichberechtigung; Tipps zur Organisierung von Frauen.
In der Region sollen darüber hinaus Alphabetisierungskurse sowie
Ausbildungs-werkstätten für Frauen eingerichtet werden.
Reintegration verfolgter Frauen
Ein zentrales Problem der Frauenzentren besteht darin, Frauen effektiv zu
schützen und ihnen dennoch ein soziales Weiterleben außerhalb der Mauern
geschützter Häuser zu ermöglichen. Männliche Angehörige verfolgen Frauen
wegen sog. Ehrvergehen mitunter über Jahre, um diese - ihrer habhaft
geworden - dann zu ermorden. Frauenzentren bieten in diesen Fällen immer nur
einen vorübergehenden Schutz. Mit der Öffnung der kurdischen Region zum
restlichen Irak haben sich hier neue Möglichkeiten erschlossen. In
Kooperation mit der lokalen Verwaltung soll ein Programm ins Leben gerufen
werden, in dessen Rahmen verfolgte und gefährdete Frauen unter Änderung
ihrer Identität in anderen Landesteilen untergebracht werden, mit dem Ziel,
sie wieder an einem normalen Gesellschaftsleben teilnehmen zu lassen.
Während ein Leben als alleinstehende Frau im kurdischen Norden
schlechterdings nicht möglich ist, bieten sich bspw. in Bagdad gute
Möglichkeiten für rauen auch außerhalb des Familienverbundes zu leben.
Frauen, die von diesem Programm profitieren, sollen neben einer neuen
Identität auch eine Ausbildung erhalten. Ihnen soll für eine Übergangsfrist
eine Wohnung gestellt und bei der Arbeitssuche geholfen werden.Projekte für Opfer staatlicher Repression
Krisenzentren für Folteropfer
Die mehr als dreißig Jahre währende Herrschaft der Ba'thpartei hat neben den
sichtbaren Schäden auch tiefe Spuren in der Psyche der Menschen
hinterlassen. Ehemalige Häftlinge, Folteropfer, Angehörige von Ermordeten,
Flüchtlinge, Vergewaltigungsopfer, Kriegsveteranen - sie alle haben
Traumatisierungen davongetragen, die ein Weiterleben ohne professionelle
Hilfe vielfach zur Qual werden lassen.
WADI plant Rehabilitation Centres zur Betreuung von Opfern von Gewalt.
"Rehabilitation Centres" sollen Opfern helfen ihre traumatischen Erfahrungen
aufzuarbeiten und darüber die Selbstorganisation von Opfern befördern und
diesen eine organisatorische und technische Hilfestellung bieten.
Sozialarbeiter sollen langjährigen Häftlingen und Folteropfern bei der
praktischen Organisation des Alltags helfen, so wie es auch geplant ist in
Zusammenarbeit mit Therapeuten zur Krisenintervention offene Gesprächs- und
Therapieangebote für Betroffene und ihr Umfeld/Angehörige bereitzustellen.
Die Rehabilitation Centres die Rehabilitation Centres sollen zugleich die
Dokumentation des Geschehenen (durch Ausstellungen etc.) unterstützen, und
darüber eine Aufarbeitung ermöglichen. Darüber hinaus kann mit solchen
Projekten/Ausstellungen die Schwelle vor dem Aufsuchen einer psychologischen
Beratung gesenkt werden und einer Beratung und Behandlung das Stigma vom
Eingeständnis eines psychischen Leidens als verrückt genommen werden.
Erste Evaluierungen werden in Kirkuk und Mossul bereits durchgeführt, in
Bagdad sind die nächsten Evaluierungen geplant.
Psycho-soziale Trainingskurse & Aufklärung
Gleichzeitig mangelt es im gesamten Irak an ausgebildeten psychoanalytischen
und psychologischen Fachkräften. Der Grund hierfür ist einfach: Die
Behandlung psychischer Erkrankungen beschränkte sich im Irak weitgehend nur
auf psychiatrische und klinische Einrichtungen. Menschen mit psychischen
Erkrank-ungen galten als "verrückt", wurden eingesperrt und medikamentös,
ebenso wie mit Elektroschocks "ruhiggestellt".
Erste Erfahrungen mit anderen Therapieformen haben die Mitarbeiterinnen der
Frauenzentren im kurdischen Nordirak bereits gesammelt. Weiteres Training
soll durch den Kontakt zu Behandlungs-Zentren für Folteropfer und
Traumatisierte in anderen Ländern ermöglicht werden.
Zentral ist hierbei auch die Aufklärung über Formen, Ursachen und Folgen
psychischer Leiden. Im Zusammenhang mit den Trainingskursen sollen Public
Awareness Konzepte entwickelt, Broschüren und Informationsmaterial gedruckt
werden.Gefängnisprojekte
Die im gesamten Irak anstehende Reform des Gefängniswesens soll durch
konkrete Projekte unterstützt werden. Die Kapazitäten aus dem seit Jahren
erfolgreich laufenden Projekt im zentralen Männergefängnis von Suleymaniah
sollen dabei sinnvoll eingesetzt werden. Mit den Gefangenen aus diesem
Gefängnis gemeinsam wird soll ein Programm zur Information und Aufklärung
für andere Gefängnisse erstellt werden, das Mindeststandards auch im bezug
auf Beteilungs- und Mitspracherechte der Gefangenen formuliert. Zuvorderst
ist eine Evaluierung durchzuführen, mit dem Ziel, auch in anderen
Gefängnissen des Landes Projekte durchzuführen, wie z.B.:
- die Einrichtung von Werkstätten zur Berufsausbildung
- die Durchführung von Trainings-/Alphabetisierungskursen
- die Einrichtung von Gefängnisbibliotheken
- die Stärkung der Häftlingsselbstverwaltung
- die Einrichtung von Sozialräumen
- die Ausbildung an Computern
Innerhalb des zentralen Männergefängnisses von Suleymaniah bereiten sich die
Mitarbeiter der Projekte bereits auf die Schulung von Sozialarbeitern aus
anderen Landesteilen vor.------------------------------------------------
Wadi e.V. - Aussenstelle Wien
Spendenkonto in Österreich:
Kontonummer 56001 069 352
Bank Austria Creditanstalt BLZ 12000
Spendenkonto in Deutschland
Kontonummer 612305-602
bei der Postbank Frankfurt/M. BLZ: 500 100 60
Website mit weiteren Informationen zu Projekten von Wadi e. V. und
politischen Hintergrundinfos: www.wadinet.de

================================================
14 Grazer Erklärung „Leiter islamischer Zentren und Imame in Europa"
Von: Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen <dieinitiative@gmx.at>
================================================
Grazer Erklärung
der Konferenz „Leiter islamischer Zentren und Imame in Europa"
Graz, am 15. Juni 2003
Die Konferenz „Leiter islamischer Zentren und Imame in Europa" bedankt sich
bei allen Institutionen, die das Zustandekommen dieses fruchtbaren
Gedankenaustausches ermöglicht haben. Eine Übereinstimmung in der Bewertung der
Herausforderungen der Moderne in Europa wurde spürbar. Einigkeit
bestand auch in der
theologischen Wahl der Mittel, um zu einem konstruktiven Umgang zu gelangen.
So konnte ein wichtiger Grundstein für die weitere Zukunft gelegt werden.
Es leben in Europa heute mehr als 10% der Gesamtbevölkerung mit einem
muslimischen Bekenntnis. Die gleiche Religion verbindet sie alle, auch wenn sie
kulturell und traditionell sehr oft verschiedene Prägungen ausweisen. Vielfalt
ist eine Realität auch innerhalb des Islam, die zu allen Zeiten als Segen
galt. Vielfalt auch als Reichtum an Optionen zur Lösung von neu auftauchenden
Fragen zu nutzen, ist eine Chance. Sich dieser vielfältigen Betrachtungsweise
auf dem Boden einer Religion bewusst zu machen, ist eine in dieser Form neue
Tatsache. Denn in Europa findet ein direkter lebendiger Gedankenaustausch
statt, der so gefördert und institutionalisiert, auch wertvolle Impulse in die
islamische Welt senden könnte. Die Konferenzteilnehmer betonten so die
theologischen Mittel wie Idschtihad, das Prinzip der freien
Meinungsbildung im Gefüge
des Islam, die Freiheit mit dem Wissensschatz der verschiedenen Rechtsschulen
kreativ und dialogisch umzugehen und überhaupt die zentrale Rolle des
Intellekts. Islam in seiner Kernbotschaft, in seiner Aufgeschlossenheit den
Wissenschaften gegenüber und seinem Bildungsgebot enthält den ständigen
Aufklärungsaspekt.
Mit aller Entschiedenheit vertreten die Konferenzteilnehmer, dass es sowenig
wie es einen afrikanischen, arabischen oder sonstwie ethnischen Islam gibt,
auch nicht von einem „europäischen" Islam gesprochen werden kann. Nur der
Begriff „Islam in Europa" kann treffend wiedergeben, dass ein Islam
europäischer
Prägung sich selbstverständlich aus dem dynamischen Selbstverständnis der
einen Religion Islam heraus entwickelt. Diesen Prozess mit ihrem theologischen
Fachwissen zu begleiten und zu unterstützen, sehen die Imame und LeiterInnen
islamischer Zentren als ihre Aufgabe.
Muslime teilen mit den anderen Religionsgemeinschaften und Weltanschauungen
gemeinsame Normen und Werte. Die Stellung der verwandten monotheistischen
Religionen wird dabei besonders hervorgehoben. Der Koran sagt in Sure 2, Vers
285: „Der Gesandte glaubt an das, was ihm von seinem Herrn herabgesandt wurde,
und ebenso die Gläubigen. Alle glauben an Allah und Seine Engel und Seine
Schriften und Seine Gesandten und machen keinen Unterschied zwischen Seinen
Gesandten und sie sprechen :" Wir hören und gehorchen. Schenke uns Deine
Vergebung, unser Herr! Und zu Dir ist die Heimkehr."
Der Islam ist durch historische und kulturelle Verflechtungen untrennbar
mit der Geschichte Europas verbunden. Sich dessen verstärkt zu besinnen und den
konstruktiven Dialog miteinander auszubauen und zu vertiefen, ist eine
Bereicherung und vielversprechende Notwendigkeit. Der Koran spricht
hier in Sure
16, Vers 125: „Lade zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung
ein und diskutiere mit ihnen auf die beste Art und Weise...."
Damit der Pluralismus zur Bewahrung von sozialem Frieden und sozialer
Gerechtigkeit beiträgt und die Menschen einander näher bringt, dient
der Koranvers
49/13 der Orientierung, in dem es heißt: „Oh ihr Menschen! Wir erschufen euch
aus einem Mann und einer Frau und machten euch zu Völkern und Stämmen, damit
ihr einander kennenlernt. Doch der vor Allah am meisten Geehrte ist der
Gottesfürchtigste unter euch. Allah ist fürwahr wissend, kundig."
Um ihrer Verantwortung innerhalb der Gesellschaft gerecht zu werden,
beschließt die Konferenz folgendes in drei Themenbereichen behandeltes:
I. Islamische Identität in Europa
- Die europäischen Muslime sind sich ihrer religiösen Identität
als Muslime
und ihrer gesellschaftlichen Identität als Europäer gleichermaßen bewusst.
Die Einbürgerung stellt keinen Widerspruch in theologischer Hinsicht dar.
- Die islamische Botschaft ist auf Mäßigung gebaut. Daraus resultiert die
klare Absage an jegliche Form von Fanatismus, Extremismus und Fatalismus.
- Die mittelalterliche Einteilung in eine Welt der Gegensätze von Dar als
Islam = Haus des Islam und Dar al harb = Haus des Krieges ist abzulehnen. Sie
hat weder eine Grundlage im Koran, noch in der Sunna und ist als historisches,
längst überholtes Phänomen von keinerlei heutiger Relevanz..
- Menschenrechte sind ein zentraler Bestandteil des Islam. Die Würde des
Menschen als eines von Gott aus der gleichen Substanz geschaffenen Wesens zu
bewahren und aktiv für Menschenrechte einzutreten, ist ein selbstverständlicher
Auftrag jedes Muslim und jeder Muslime.
- Mann und Frau sind im Islam einander gleichwertige Partner.
Mehr als das
tragen sie gegenseitige Verantwortung. Frauen genießen im Islam von Beginn an
wesentliche Rechte, die ihren Status sichern. Frauenrechte sollen daher keine
Theorie sein. Es gilt sie in allen Facetten zum Tragen zu bringen.
Partizipation von muslimischen Frauen in den verschiedensten Gebieten des
gesellschaftlichen Lebens ist ein wesentliches Kriterium. Alle
Konferenzteilnehmer
bekennen sich zur theologischen Zusammenarbeit von muslimischen
Männern und Frauen
und fördern und unterstützen sie.
- Die Muslime müssen ihre Loyalität der Verfassung und dem
Gesetz gegenüber
auch in deren säkularer Struktur kundgeben.
- Pluralismus gilt im Islam als von Gott gewollt. Der Umgang
damit ist nicht
nur im Wetteifern in guten Taten und im Dialog definiert und als Auftrag an
die Muslime formuliert. Der Gedanke der Demokratie ist mit dem Prinzip der
„Schura", der gegenseitigen Beratung, im Koran verankert.
- Partizipation auf allen Gebieten ist so ein zutiefst islamischer
Grundsatz, der das harmonische und von gegenseitiger Bereicherung getragene
Zusammenleben in einer immer pluralistischeren Welt fördert.II. Wünsche an die europäischen Staaten
Die Teilnehmer betonen mit Nachdruck eine Reihe von Wünschen an die
europäischen Staaten. Auch vor dem zu wenig allgemein wahrgenommen
Hintergrund, dass
der Islam einen Teil der europäischen Kulturgeschichte bildet, ist er im
Sinne der breiten Bewusstmachung als Bestandteil der europäischen Gesellschaft
sichtbar zu machen, dass gesellschaftliche Integration nicht Assimilation
bedeuten kann. Gegenseitige Anerkennung und Respekt ebnen den Weg zu
Integration
von Muslimen als Muslimen.
- Der Anerkennungsstatus des Islam wie er in Österreich bereits lange
besteht, garantiert ein rechtlich definiertes Verhältnis, das die
Integration der
Muslime als Bestandteil der Gesellschaft fördert. Dazu gehören das Recht auf
freie und öffentliche Religionsausübung und das Recht auf innere Autonomie,
das die Bewahrung der Eigenständigkeit ermöglicht, wie es das islamische
Prinzip der dynamischen Betrachtung spezifischer Situationen vor dem
Hintergrund
von Zeit, Ort und handelnden Personen fordert. Für die Muslime in Europa ist
nach diesem Vorbild allgemein der Status der Anerkennung in den verschiedenen
Staaten anzustreben. Die Konferenz appelliert hier an die maßgeblichen Stellen
in dieser Richtung aktiv zu werden.
- Die Errichtung von Moscheebauten, die Einrichtung von islamischen
Friedhöfen, das Recht auf Teilnahme im Berufsleben für Frauen mit islamischer
Bekleidung und das Recht zum Schächten sind unbedingte Erfordernisse für die
muslimische Gemeinschaft. Der Ausbau der Infrastruktur befestigt den sozialen
Frieden und schafft Transparenz.III. Bildung und Erziehung
Imame und muslimische Theologinnen tragen wesentlichen Anteil an der Bildung
und Erziehung und dem Aufbau einer islamischen Infrastruktur. In diesem
Bereich sind eine Reihe von Aufgaben vordringlich. Vorurteile, Klischees,
Stereotype und tradierte Feindbilder können nur auf dem Wege einer
Bildungsoffensive
angegangen werden. Diese sollte Züge des gemeinsamen Vorgehens tragen.
Friedenserziehung ist eine euch gemeinsam zu behandelnde Aufgabe unserer Zeit.
- Von Seiten der Muslime ist die Ausbildung und Heranbildung der Jugend
vordringlich. Hier hat sich das Mittel des in den Schulalltag integrierten
Islamunterrichts bewährt. Islamunterricht trägt dazu bei, Differenzen zwischen
Tradition und islamischer Lehre aufzuzeigen und zu überwinden.Er fördert die
innermuslimsiche Integration durch die lebendige Vielfalt der teilnehmenden
SchülerInnen und schafft somit Identität als Muslime und Europäer.
Qualitätvolle,
institutionalisierte islamische Bildung ist ein Garant für die Vermeidung von
Engstirnigkeit, Fanatismus und Fatalismus. Dazu gehört die Gründung von
Fakultäten zur Ausbildung auf dem europäischen Boden beheimateter islamischer
Rechtsgelehrten.
- Von Islamischen Fakultäten aus soll das Entstehen eines neuen
Rechtssystems begünstigt werden, das mit der europäischen
Gesellschaft in Einklang steht.
- Sprachenerwerb soll forciert werden. Nur wer die Sprache des Landes, in
dem er lebt, beherrscht, kann sich als echter Teil dieses Landes begreifen.
- Ausgebildete Muslime können auf der Basis ihres Wissens
Brückenbaufunktionen übernehmen. Dies nicht nur auf intellektuellem
Gebiet im Bereich der
Universitäten zur Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit. Auch in
praktischem Sinne sind Muslime, die eine solide Kenntnis des eigenen
Hintergrundes
mit dem Wissen um die europäische Situation vereinigen, eine Stütze beim
Aufbau sozialer Einrichtungen wie Mediationszentren oder
Krisenberatungsstellen.
Auch auf dem Dienstleistungssektor werden ihre Leistungen zunehmend gefragt.
- Noch wird das Bild des Islam stark durch Massenmedien und die zum Teil
mangelhafte Information, die auf Wissenslücken aus der Schulzeit gründet,
bestimmt. Hier wäre eine Instituationalisierung bestehender Initiativen
anzustreben, die beispielsweise auf dem Sektor von Studien oder
Programmen zur Begegnung
mit SchülerInnen im Rahmen des Unterrichts bisher eher auf privates
Engagement angewiesen sind.
- Muslime sind hierbei aufgerufen ihre Dau'apflicht so zu verstehen, dass
sie zu Information aufgerufen sind und jene Ethik, die ihnen der Islam
mitgibt, auch in ihrem persönlichen Leben weitestgehend erlebbar machen sollen.
--
Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen
e-mail:dieinitiative@gmx.at
für Rückfragen und Korrespondenz kontaktieren sie bitte:
Omar Al Rawi 43-664-3831942 al-rawi@gmx.at
Amina & Tarafa Baghajati 43-1-2595449 baghajati@surfeu.at
Mouddar Khouja 43-1-9685096 mouddar@gmx.net
Andrea Saleh 43-1-7965652 salehand@gmx.at

 

================================================
15 a second universal embassy
Von: tristan wibault <tristan@universal-embassy.be>
================================================

SANS-PAPIERS (UNDOCUMENTED MIGRANTS), OPPRESSED, REPRESSED AND DENIED
OF THEIR RIGHTS:
AN OBLIGATION TO ASSIST ENDANGERED PEOPLE.SINCE 3 PM THIS SUNDAY, 40 "SANS PAPIERS", INCLUDING 16 CHILDREN AGED 2
MONTHS TO 17 YEARS OLD AND REPRESENTING 14 NATIONALITIES, ARE OCCUPYING
THE FORMER SOMALI EMBASSY 26 RUE DUMONT D'URVILLE, PARIS 16th
ARRONDISSEMENT.
As is the case for the premises of the former Somali Embassy in
Brussels, peacefully occupied for more than 2 years by dozens of
"Sans-Papiers", this building has been empty since 1991, as Somalia no
longer has a central state since this date and therefore has no
diplomatic representation. Of course, the occupants solemnly pledge to
leave the premises if Somalia recovers it's sovereignty through the
United Nations peace process and therefore it's diplomatic
representatives.
Until that time, we ask the French Government, and particularly M.
Sarkozy, not to resort to violence by an expulsion which would be
totally illegal, as the intervention of the Police can only be legally
called on through a complaint by the owners of the premises… who do not
exist in this case.
This occupation is the result of the distress which the "sans-papiers"
are in: denied of their fundamental and basic rights: health (with the
ludicrous scrapping of the State Medical Help), housing, private and
family life, freedom of movement, slave-like working conditions. All
these precarious situations affect our already overloaded social and
legal assistance and force us to act for the protection and assistance
to these endangered persons.
In this light, the planned Sarkozy law, targeting even more the
"sans-papiers" and those who help them, is blatantly anti-democratic.
Our struggle against this situation will not falter.
Droits Devant!!


The Universal Embassy of Brussels congratulate oneself on the opening of
a representation for the sans-papiers in Paris in the building of the
former Somalian Embassy. In a context where the repression of the
sans-papiers take place in a coordination on the european level, we have
to organise the solidarity internationally, despite the attempts of
criminalisation of the migrants and their supports.
The opening o a Universal Embassy in Paris is a step forward for the
defense of the sans-papiers having to fight against States braced on the
nationality principle denying the reality of international migrations
Brussels, 15 june 2003

================================================
16 [gipfelsoli] AnwältInnenkongress in Berlin/ Antirepressionsarbeit
Von: gipfelsoli-l@lists.nadir.org <gipfelsoli-l@lists.nadir.org>
================================================
Gipfelinfo - Meldungen über globalisierte Solidarität
und die Proteste gegen unsolidarische Globalisierung
--------------------------------------------------------------------------
- Die (Re-) Organisation der Inneren Sicherheit in Europa - EDA/RAV-Kongress
- Neue Wege europäischer Anti-Repressionsarbeit
- Europas Polizei - Gefahr für Grundrechte und Demokratie
----------------------------------------------------------
"Europa, Raum von Freiheit, Sicherheit und Recht?"
Die (Re-) Organisation der Inneren Sicherheit in Europa
EDA/RAV-Kongresse am Freitag, den 27.Juni 2003
Im Berliner Abgeordnetenhaus/ Preussischer Landtag
Veranstalter: EDA, RAV und Holtfortstiftung. Unterstützt durch die
Rechtsanwaltskammer Berlin und von der Zeitschrift CILIP
Übersetzung: deutsch, englisch und französisch
Seit Jahren beschäftigt sich die Europäische Anwaltsorganisation EDA
(Europäische Demokratische Anwälte) mit der Entwicklung der polizeilichen und
justiziellen Zusammenarbeit in Europa. Die Errichtung der Europäischen
Polizeibehörde Europol wurde ebenso stark kritisiert wie jüngst die zunehmende
Repression gegen Globalisierungskritiker und die Antiterrorismusgesetzgebung.
Massnahmen innerhalb der justiziellen Zusammenarbeit wurden kontrovers
diskutiert. Insbesondere der geplante Corpus Juris, ein europäisches
Strafgesetz- und Strafprozessrecht zur Verteidigung der finanzielllen
Interessen
der EU oder Eurojust wurden von einem Teil der EDA kritisiert. Der Aufbau des
Europäischen Straf-und Strafprozessrecht ohne eine sichere Fundierung
auf Grund-
und Verfahrensrechten mache die Exekutive zu stark. Andere begrüßten den
Versuch, gemeinsame Standards zu kodifizieren und gerichtliche Kontrollen zu
installieren .
Nach dem Wegfall des äußeren Feindes und der äußeren Bedrohung wurde in der
neuen NATO-Doktrin von 1999 ein neuerer umfassender Sicherheitsbegriff
verankert, wonach bereits soziale und ökonomische Krisen (Migrationsbewegungen
oder Rohstoffverknappung) zur Intervention auch ausserhalb des Bündnisgebietes
berechtigt. Seit dem 11. September 2001 hat sich die sicherheitspolitische
Situation in Europa noch einmal verändert , die Grenzen zwischen Militärs und
Polizei, zwischen Innerer und Äußerer Sicherheit verschwimmen, die
Bedeutung der
Geheimdienste hat zugenommen. Diese Entwicklung wird besonders anschaulich in
dem Begriff ‚Krieg gegen den Terrorismus': Die Verantwortlichen der Inneren und
Äußeren Sicherheit stellen eine diffuse Bedrohungssituation wird fest, die
Szenarien wechseln nach freiem Belieben. Die Eingriffsvorausetzungen
für Polizei
und Militärs sind jedenfalls demokratisch und gerichtlich kaum noch
kontrollierbar. Die Grösse der behaupteten Gefahr rechtfertigt dann
(fast) jeden
Eingriff von Militärs und Polizei in Grund- und Verfahrensrechte der
Betroffenen.
Damit gerät der Strafprozess als Veranstaltung mit zumindest theoretisch
gleichen Waffen für alle Verfahrensbeteiligten in Gefahr. Die ersten
Betroffenen
der europäischen Innen- und Justizpolitik sind seit 2001 die
Globalisierungskritiker, die bei der Ausübung der politischen
Teilhaberechte der
Versammlungs- und Meinungsfreiheit die Beschädigung fast aller ihrer Rechte
befürchten müssen. Noch dramatischer ist die Situation der Flüchtlinge und
Nicht- EU- Ausländer, die einem harten Kontrollregime unterworfen sind bis hin
zur Rechtloserklärung in den neuen Ausreiselagern.
Diese Entwicklung soll im ersten, eher theoretischen Teil der Konferenz durch
Vorträge illustriert werden. Danach soll in Arbeitsgruppen vor allem aus
anwaltlicher Perspektive Handlungsperspektiven und rechtspolitische Initiativen
diskutiert werden.TAGESORDNUNG
8.30 Uhr
Anmeldung
9.00 Uhr
Begrüßung durch den Präsidenten der Berliner Anwaltskammer, Rechtsanwalt und
Notar Kay-Thomas Pohl
Begrüßung durch EDA-Präsidenten und RAV- Vorsitzenden
9.30 Uhr
Vortrag Prof. Dr. Hans-Jörg Albrecht, Direktor am Max-Planck-Institut für
ausländisches und internationales Strafrecht
"Der erweiterte Sicherheitsbegriff und seine Folgen für Innen- und
Rechtspolitik" anschließend Diskussion
10.15 bis 10.30 Uhr
Kaffeepause
10.30 Uhr
"Die Dominanz der Exekutive bei der polizeilichen und justiziellen
Zusammenarbeit in Europa"
Alain Krivine, Paris, Mitglied des Europaparlaments (angefragt)
11.15 Uhr
"Demokratische Defizite bei der Schaffung sekundären Rechts"
Rechtsanwalt Bernd Häusler, Berlin, Vizepräsident und
Menschenrechtsbeauftragter
der Berliner Rechtsanwaltskammer
11.40 Uhr
"Fairer Strafprozess in Europa"
Rechtsanwalt Stephen Jakobi, London, Fair Trials Abroad
Anschließend Diskussion
13.00 bis 14.30 Uhr
Mittagspause
14.30 bis 17.00 Uhr
Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe 1:
Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Europa, insbesondere der
europäische Haftbefehl. Anwaltliche Handlungsperspektiven.
Leitung RA Wolfgang Kaleck (RAV), Berlin
Einführungsreferat RA Wolfgang Bendler (EDA und Strafverteidigervereinigungen),
München, Co-Referat Heiner Busch(CILIP), Basel/Schweiz
Arbeitsgruppe 2:
Repression gegen Globalisierungsgegner
Leitung Rechtsanwältin (EDA und RAV), Berlin
Einführungsreferat Anne Maeschalk (EDA und Kommission zur Beobachtung der
Grundrechte im Prozeß der Globalisierung), Brüssel,
Co-Referat Gilberto Pagani(EDA und Kommission zur Beobachtung der
Grundrechte im
Prozeß der Globalisierung), Mailand
Arbeitsgruppe 3: Europäisches Ausländer- und Asylrecht
Leitung Rechtsanwältin Andrea Würdinger(RAV), Berlin
Referat: "Zur Situation in Südspanien"
Rechtsanwalt Jose Luis Rodriguez Candela, Malaga
"Zur europäischen Ausländer- und Asylpolitik"
Karl Kopp (Europareferent Pro Asyl), Frankfurt (angefragt)
17.00 Uhr bis 18.00 Uhr
Abschlussdiskussion
anschließend Sektempfang
----------------------------------------------------------
Die Macht der Straße - Neue Wege europäischer Anti-Repressionsarbeit
Silke Studzinsky
In der Anti-Repressionsarbeit konnten auf nationaler Ebene seit
vielen Jahren in
den verschiedenen Staaten wertvolle Erfahrungen gesammelt und ein hohes Niveau
erreicht werden. Inzwischen sind die Grenzen der nationalen Arbeit deutlich und
eine neue Struktur ist notwendig.
Die Ausgangslage:
Der Druck von oben steigt Denn mit dem rasanten Voranschreiten der
Globalisierung organisiert sich seit einigen Jahren auch der Widerstand dagegen
international - und damit natürlich auch die Repression grenzübergreifend.
Permanent werden neue repressive Eingriffe entwickelt und fortgeschrieben,
teilweise unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus oder auch
ausdrücklich gegen soziale Bewegungen und GipfelgegnerInnen gerichtet, um den
Widerstand zu behindern oder sogar ganz auszuschalten. Zu dem Arsenal gehören
Ausreiseverbote, Vorverlagerungen von Grenzkontrollen, die
Außerkraftsetzung des
Art. 2 Abs. 2 des Schengener Durchführungsabkommens, also die Wiedereinführung
von Grenzkontrollen in dem "Europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts." Aber auch weitgehend unkontrollierte zentrale Datensammlungen im
Schengener Informationssystem (SIS), die Planung von SIS II, in dem sich der
Datenaustausch bis zu den Geheimdiensten erstreckt und eine eigene Datei von
troublemakers aufgenommen werden soll. SIS II (1) ist nicht nur im Hinblick auf
die Datenmenge eine quantitative Erweiterung, sondern bedeutet auch eine
qualitative Veränderung. So ist z.B. geplant, die personenbezogenen Datensätze
um Fotos, Fingerabdrücke, DNA und weitere biometrische Daten zu ergänzen. In
Verbindung mit Gesichts- und Iriserkennungssystemen ließe sich damit die
Identifizierung der überprüften Personen perfektionieren. Dazu soll der Kreis
der Zugriffsberechtigten erheblich erweitert werden, nämlich u.a. auf
Nachrichten- und Geheimdienste, Sozial-, Ausländer- und Finanzbehörden. Aber
bereits das jetzige SIS wird in Richtung auf ungezügelten und unkontrollierten
Datenaustausch erweitert. In einem internen Papier der Schengen-Arbeitsgruppe
heißt es: "Über die Verwendung der SIS Datenbestände für anfänglich nicht
vorgesehene Absichten, insbesondere für polizeiliche Informationszwecke im
weitesten Sinn, herrscht ein breiter Konsens, der mit den
Schlussfolgerungen des
Rates aus den Ereignissen des 11.9. übereinstimmt." (2)
Der "breite Konsens", von dem die europäischen Polizeibeamten hier
sprechen, ist
selbstverständlich nicht das Ergebnis einer öffentlichen Diskussion und eines
demokratischen Prozesses, sondern das Produkt geheimer Verhandlungen.
Auch der europäische Haftbefehl, der die bisherige Auslieferung durch ein
vereinfachtes Verfahren ersetzt und davon ausgeht, dass "in gegenseitigem
Vertrauen Entscheidungen wechselseitig anerkannt werden", greift massiv in die
Rechte der Beschuldigten ein. Eine "europäische Verteidigung" ist nicht
vorgesehen, insoweit funktioniert alles auf nationaler Grundlage, während sich
die Justiz europäisch organisiert und kooperiert. Die künftige angestrebte
europäische Staatsanwaltschaft EUROJUST ist seit Dezember 2002 in Den Haag
ansässig und hat nach dem Umzug aus dem Provisorium in Brüssel nun mit voller
Kraft ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Zuständigkeit wird über den Schutz der
EU-Finanzen hinaus erweitert werden, so dass etwa Terrorismus, organisierte
Kriminalität und "grenzüberschreitende Delikte" hinzukommen. Der deutscher
Vertreter bei EUROJUST, von Langsdorff, forderte auf dem Strafverteidigertag in
Dresden im März 2003 die anwesenden Verteidigerinnen und Verteidiger auf, sich
doch ein eben solches Netz wie EUROJUST, EUROPOL und das Europäische
Justizielle
Netz aufzubauen - was angesichts des bestens ausgestatteten europäischen
Apparates nichts als zynisch ist.
Aber auch die Effektivierung von EUROPOL sowie die Umsetzung des europäischen
Rahmenbeschlusses vom 13. Juni 2002 in nationales Recht schreiten voran. In der
Bundesrepublik liegt der entsprechende Entwurf zur Verschärfung des
§129a StGB -
terroristische Vereinigung - bereits vor. (3) Er enthält eine erhebliche
Erhöhung des Strafrahmens, "definiert" den Begriff "Terrorismus" analog zum
EU-Rahmenbeschluss und ermöglicht die Kriminalisierung sozialer Bewegungen.
Über die innerhalb der EU entwickelten Maßnahmen hinaus, übrigens ohne
parlamentarische Kontrolle, gibt es zahlreiche bilaterale Abkommen mit
Nicht-EU-Mitgliedern, die teilweise sogar weit über die Kompetenzen innerhalb
der EU hinausgehen. Zum Beispiel den Zusammenarbeitsvertrag zwischen
der Schweiz
und der Bundesrepublik (4), in dem u.a. die Zwecke für grenzüberschreitende
Einsätze erweitert worden sind und auch das Verfahren der Kooperation erheblich
vereinfacht wird. Sowohl Verdächtige als auch Kontaktpersonen können observiert
werden, aber auch zur Sicherstellung der Strafvollstreckung sind Observationen
möglich.
Darüber hinaus existiert ein Heer von Verbindungsbeamten weltweit. Erst am 21.
Januar 2003 (5) sind deren Befugnisse und Arbeitsweisen vom Rat der EU geregelt
worden, wobei zugleich auch der unmittelbare Datenaustausch mit EUROPOL
erleichtert wird. Die Verbindungsbeamten arbeiten weitgehend unbürokratisch und
damit vor allem unkontrolliert und stellen so eine wertvolle Hilfe im
Gesamtsystem dar. Aber auch mit paramilitärischen Sondereinheiten (6),
vorgeschlagen im Jahre 2001 nach den Gipfeln in Göteborg und Genua von
Bundesinnenminister Otto Schily, soll potenzieller Widerstand auf der Straße
bekämpft werden. In Belgien ist erst kürzlich der Einsatz des Militärs in
möglichen sozialen Auseinandersetzungen beschlossen worden. Gleichzeitig ist
eine Verschärfung des materiellen Strafrechts in den einzelnen EU-Staaten zu
beobachten, gerade unter dem Aspekt der Kriminalisierung sozialer
Bewegungen. So
wird in Italien ein "Black Bloc" anhand von Äußerungen im Internet konstruiert
und schwarze Kleidung zum Verdachtsmoment. Aber auch die "Geheimbündelei"
(Conspiracy), ein z.B. in Italien existierender Straftatbestand aus der
Mussolini-Zeit, dient dazu, Personen aus sozialen Bewegungen zu
kriminalisieren,
wenn ihnen ein konkreter Tatvorwurf nicht gemacht werden kann. Dies haben
zahlreiche Fälle in Italien zuletzt erst im November 2002 nach dem Europäischen
Sozialforum gezeigt.
Teilweise werden die Strafprozesse, die sich gegen ausländische AktivistInnen
richten, jedoch auch an die Herkunftsstaaten abgegeben. So werden weiterhin
Verfahren gegen Deutsche in der Nachfolge des Gipfels in Göteborg in der
Bundesrepublik verhandelt und die Beschuldigten in Deutschland angeklagt. Die
Verteidigung ist in solchen Verfahren erheblich behindert: Ohne konkrete
Kenntnisse der polizeilichen Strukturen, Arbeitsweisen, örtlichen Verhältnisse
und der konkreten Belastungszeugen ist ein solches Verfahren hier
kaum zu führen.
Wie Gegenmacht entsteht
So stellt sich die Frage, wie eine Gegenmacht im Bereich der Anti-
Repressionsarbeit aufgebaut und organisiert werden kann. Die verschiedenen
Gipfelereignisse der letzten Jahre zeigen teilweise unterschiedliche
Organisationsformen und vor allem Zielrichtungen der Legal Teams.
Einige Beispiele:
September 2000 in Prag
Anlässlich der Tagung des Weltwährungsfonds und der Weltbank hatte sich unter
"Anleitung" der amerikanischen Organisation National Lawyers Guild ein Legal
Team gebildet, bestehend vor allem aus JurastudentInnen und interessierten
Einzelpersonen. Einsatzfeld war der erste Rechtsschutz für die
tschechischen und
ausländischen DemonstrantInnen bei Festnahmen vor und während der Demonstration
und an den Grenzen bei der Einreise. Es wurden besonders gekennzeichnete
BeobachterInnengruppen gebildet, die während der Demonstration auf der Straße
waren. Ihnen ging es darum, eine "unparteiische" Beobachtung und Dokumentation
der Ereignisse - also Übergriffe der Polizei sowie Tränengaseinsätze und
Einkesselungen - zu gewährleisten. Gleichzeitig ging es aber auch
darum, vor Ort
zwischen DemonstrantInnen und Sicherheitskräften zu vermitteln und Eskalationen
zu vermeiden.
Dezember 2000 in Nizza
Die seit 1995 aus AktivistInnen bestehende Gruppe Collectif d'Aide aux
Manifestant(e)s Interpellé(e)s (CAMI) bietet im Internet einen juristischen
Leitfaden für die festgenommenen DemonstrantInnen und klärt über die
verschiedenen Polizeieinheiten und deren Taktiken und Techniken auf. (7) Die
Gruppe ist eingebunden in die sozialen Bewegungen und Teil von ihnen. Die
Struktur ist informell und arbeitet mit AnwältInnen zusammen, die nicht der
Gruppe angehören.
Dezember 2001 in Laeken
Nach den Ereignissen von Genua im Juli 2001 bildeten eine Gruppe von
Anwältinnen
und eine Gruppe von Jurastudentinnen bzw. anderen, die entsprechend juristisch
fortgebildet wurden, das Legal Team. Die Aufgaben bestanden darin, an der
Landesgrenze gegen die Behinderungen der DemonstrantInnen bei ihrer Einreise
bzw. bei Zurückweisungen juristisch dagegen vorzugehen; dazu wurden Eilanträge
zur Intervention bei den Verwaltungsgerichten vorbereitet. Während der
verschiedenen Demonstrationen wurde durchgehend die unentgeltliche juristische
Unterstützung der Festgenommenen gewährleistet. Gleichzeitig waren
Beobachtergruppen auf der Straße präsent, die u.a. auch eine Vermittlerrolle
zwischen den OrganisatorInnen und den Sicherheitskräften übernahmen.
März 2002 in Barcelona
Das Legal Team war hier von einer Gruppe von AnwältInnen organisiert, die
durchgehend in den Räumlichkeiten der Anwaltskammer präsent waren und die dort
vorhandene Infrastruktur nutzten. Die Gruppe war aus katalanischen, belgischen,
holländischen und deutschen AnwältInnen zusammengesetzt, die eng mit einer
Gruppe von AktivistInnen zusammenarbeitete. Auch eine Präsenz an den
Grenzübergängen war gewährleistet.
Juli 2002 in Straßburg
Das Legal Team bei diesem no-border- camp bestand ausschließlich aus
AktivistInnen, die juristisch vorbereitet waren und alle Aufgaben übernahmen.
Erst nach Inhaftierungen, wenn den AktivistInnen der Zutritt verweigert war,
wurden vorher ausgewählte AnwältInnen eingeschaltet, die bei den richterlichen
Vorführungen die Verteidigung übernahmen und die Festgenommenen im Gewahrsam
aufsuchten. Ein Leitfaden in verschiedenen Sprachen wurde im Internet zur
Verfügung gestellt, in dem bezogen auf das Verhalten bei Aktionen und
Demonstrationen, aber auch im Hinblick auf die spezifische Situation der
ausländischen und der "illegalisierten" TeilnehmerInnen des Camps Informationen
zur Verfügung gestellt wurden.
Fragestellungen für ein internationales Netzwerk von Legal Teams
* Die Schaffung eines europäischen Legal-Team-Netzwerks ist ein wesentlicher
Schritt, um der Europäisierung der Repression nicht mehr nur auf nationaler
Ebene entgegen zu treten. Allerdings zeigen die obigen Beispiele bereits ein
sehr unterschiedliches Selbstverständnis. Die bisherigen
Aufgabenbereiche lassen
sich folgendermaßen zusammenfassen:
* Recherche und Dokumentation der aktuellen Entwicklungen von Richtlinien,
Rahmenbeschlüssen etc. auf europäischer Ebene,
* Intensivierung des Austauschs der AnwältInnen und AktivistInnen in
Europa über
die jeweiligen nationalen Gesetze und Entwicklungen eines effektiven
Rechtsschutzes gegen Repressionsmaßnahmen, wie z.B. Anträge beim Europäischen
Gerichtshof gegen die Be- und Verhinderung der Teilnahme an Demonstrationen,
* Koordinierung der Demonstrationsbeobachtung,
* Unterstützung/Aufbau der Legal Teams vor Ort und Entwicklung der Kooperation
der Legal Teams untereinander,
* Erstellung einer zentralen Internetseite mit allen notwendigen mehrsprachigen
Informationen über die jeweilige Situation in dem jeweiligen Staat, in dem der
Gegengipfel statt findet.
Für die zukünftige Arbeit und den Aufbau effektiver Legal Teams ist jedoch eine
grundsätzliche Debatte über die verschiedenen Ansätze zu führen, und ich möchte
an dieser Stelle einige der Fragestellungen skizzieren:
* Ist die "unabhängige" Beobachtung von Demonstrationen eine Aufgabe der Legal
Teams, insbesondere der AnwältInnen, und soll eine Vermittlerrolle zwischen
OrganisatorInnen und Sicherheitskräften übernommen werden, oder dient eine
solche scheinbar "unparteiische" Mediatorenrolle der Rechtfertigung von
Polizeieinsätzen, wenn sie sich z.B. gegen "Gewalttäter" richtet?
* Ist die Anwaltschaft aus standesrechtlichen Gründen an einem Einsatz auf der
Straße gehindert, und ist qua Selbstdefinition der Platz der Anwaltschaft nicht
auf der Straße, sondern im Büro?
* Bezieht das Legal Team eine inhaltliche Position zu den verschiedenen
Veranstaltern bzw. verschiedenen Aktionsformen oder ist das Legal Team für alle
linken Aktionen und Demonstrationen zuständig, unabhängig von den Vorwürfen und
den politischen Standorten der AktivistInnen?
* Welche Rolle sollen die AnwältInnen in den Legal Teams übernehmen,
und wie ist
das Verhältnis zu den AktivistInnen?
* Sollen die Legal Teams sich mit den permanenten neuen Entwürfen und
Entwicklungen von Richtlinien, Ramenbeschlüssen und Verschärfungen des
Repressionsapparates beschäftigen, oder ist es verlorene Zeit,
insbesondere wenn
bereits existierende Gruppen wie z.B. Statewatch daran arbeiten?
* Arbeiten die AnwältInnen nicht nur im Moment des ersten Zugriffs,
sondern auch
bei der Übernahme der Verteidigung unbezahlt, oder gehört zur
Anti-Repressionsarbeit der sozialen Bewegungen auch, dass die Kosten für die
anwaltliche Arbeit gemeinsam getragen werden?
* Sollen die Möglichkeiten, die das Recht bietet, im Interesse der sozialen
Widerstandsbewegungen genutzt werden? Oder handelt es sich letztlich um das
Recht und die Repressionsinstrumente der Herrschenden, und begibt man sich
systemimmanent auf eine Ebene, die gleichzeitig immer dazu dient, die sozialen
Widerstandsbewegungen in ihren Handlungsspielräumen zu beschränken? Oder bewegt
man sich so in einem ständigen Kompromiss?
Vorläufiges Ergebnis
Die Organisierung von effektiv arbeitenden Legal Teams auf europäischer Ebene
hat gerade erst begonnen und wirft in der praktischen Umsetzung, der
Aufgabenbestimmung und des Selbstverständnisses noch viele Fragen auf. Das
Kolloquium in Berlin soll dem Austausch anhand der verschiedenen
Erfahrungen der
bisherigen Legal Teams dienen und der Weiterentwicklung einer wirksamen
Anti-Repressionsarbeit in Europa.
1) Vgl. Europäischer Rat 2002: "New Functions of the SIS II" (Document 5968/02
Limite, 5. Februar), Brussels.
2) Vgl. Council of the European Union; 15525/02 sowie Jelle van Buuren
"Überwachen und Schengen". In: Le Monde Diplomatique (Nr. 7004), 14.3.2003
(unter: http://www.no-racism.net/migration/sis_ueberwachung270303.htm).
3) Vgl. Bundestagsdrucksache 15/813.
4) Vgl. Bundestagsdrucksache 14/5735.
5) Vgl. Council of the European Union; 15525/02.
6) Vgl. http://www.statewatch.org/news/2001/oct/01paramilitary.htm.
7) Vgl. http://www.vertsmp.free.fr/presse/guide_du_manifestant.htm.
Literaturauswahl
- Beschluss des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von EUROJUST
(ABlEG L 63/1, 2002/187/JI, 6. März 2002).
- Bürgerrechte & Polizei/CILIP (unter: http://www.cilip.de), insbesondere die
Hefte 2/2001, 2/2002, 3/2002, die online verfügbar sind.
- Der Strafverteidiger (Sonderbeilage 2003, Heft 2).
- Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), hier insbesondere die Aufsätze: "Der
europäische Staatsanwalt" (2002), 393ff; "EUROPOL" (2001), 623ff; "Europäische
Kooperation im Bereich der Strafrechtspflege" (2001), 617ff; "Nationale
Strafverfolgung und Europäische Beweisführung" (2003), 113ff sowie das
Schwerpunktheft (2002, Nr. 12) "Internationales Strafrecht".
- Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den europäischen Haftbefehl
(ABlEG L 190/1, 2002/584/JI vom 18. Juli 2002).
- Statewatch (unter: http://www.statewatch.org); Statewatch verfügt zudem über
ein teilweise kostenpflichtiges Datenbankportal (SEMDOC) mit hilfreichen
Informationen (unter: http://www.statewatch.org/semdocfree/fulllist.html).----------------------------------------------------------
Europas Polizei - Gefahr für Grundrechte und Demokratie
Heiner Busch/Wolfgang Kaleck
In weniger als 20 Jahren ist es der europäischen Exekutive oder besser gesagt
den heute im Rat der Innenund Justizminister vereinigten Exekutiven der
Mitgliedstaaten gelungen, in der EU einen Komplex von polizeilichen
Institutionen aufzubauen. Dieser besteht aus einer ständig wachsenden Zahl von
polizei-politischen Arbeitsgruppen und operativen Gremien. Dazu kommt eine
Zentralstelle, nämlich EUROPOL mit seinen Arbeitsdateien und seinem
Registersystem, das Schengener Informationssystem (SIS) mit seiner Zentrale in
Strasbourg und das Fingerabdrucksystem EURODAC. Ein gemeinsames
Grenzpolizeikorps ist im Aufbau. Über ein Visumsdatensystem wird gerade
verhandelt. Vorschläge für eine gemeinsame Polizeieinheit bei Demonstrationen
gab es auch schon. EUROPOL hat zwar noch keine direkten Eingriffskompetenzen.
Allerdings wird über die Verleihung "operativer" Befugnisse ebenso emsig
diskutiert wie über einen weiteren Ausbau des SIS.
Entwicklung einer gefährlichen Struktur: Polizeiliche Zusammenarbeit in der EU
Anfang der 1990er Jahre war es für einige Mitgliedstaaten kaum
vorstellbar, eine
nationale Polizeizentrale zu haben. Heute erleben wir die Konstruktion eines
immer vollständigeren Polizeiapparates auf europäischer Ebene.
Die Anfänge der polizeilichen Kooperation in der damaligen EG liegen in der
Mitte der 1970er Jahre. Die für die Polizei verantwortlichen Minister der
Mitgliedstaaten beschlossen 1975 die Einrichtung eines Gremiums mit Namen TREVI
(Abkürzung für Terrorisme, Radicalisme, Extremisme, Violence Internationale).
Unter diesem Label wurden im folgenden Jahr zunächst zwei Arbeitsgruppen
gebildet: TREVI 1, in der sich Vertreter der politischen Polizeien und
Inlandsgeheimdienste zusammenfanden. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe wurde ein
Netz von Verbindungsbüros aufgebaut. TREVI 2 befasste sich mit Fragen der
Polizeiausbildung und Polizeitechnik. Da die EG zu diesem Zeitpunkt keine
Zuständigkeit für Fragen der Innenund Rechtspolitik hatte, befand sich TREVI in
einem völlig unkontrollierten Raum informeller exekutiver und polizeilicher
Kooperation neben den eigentlichen Strukturen der EG. Das Europäische Parlament
war für die Minister und ihre Arbeitsgruppen ein Nullgröße. Die Informationen
über die diversen Treffen beschränkten sich - wenn überhaupt - auf dürre
Presseerklärungen.
TREVI erhielt ab Mitte der 1980er Jahre eine erhebliche Aufwertung durch die
Planungen für den EG-Binnenmarkt. Aus dem weitgehend informellen
Gremium, dessen
einzige (wenn auch nicht zu unterschätzende) Funktion die Zusammenarbeit der
politischen Polizeien war, wurde nun ein politisches Planungsgremium für die
künftige polizeiliche und innen- bzw. justizpolitische Landschaft der EU.
Trotzdem blieb das Gremium weiterhin außerhalb der EG-Strukturen und
konnte auch
von den nationalen Parlamenten nicht kontrolliert werden. Neue Arbeitsgruppen
entstanden - u.a. TREVI III für den Bereich Drogen und organisierte
Kriminalität
- sowie eine Arbeitsgruppe TREVI 92, die die Vorbereitungen für den
polizeilichen Binnenmarkt treffen sollte. Im Maastrichter Vertrag, der 1993 in
Kraft trat, wurde die informelle TREVI-Kooperation umstandslos zur formellen
Dritten Säule der EU (Recht und Inneres innerhalb der europäischen Union)
erhoben. Bei dieser intergouvernementalen Zusammenarbeit hatte das Europäische
Parlament weiterhin nichts zu melden, es wurde lediglich informiert. Ergebnis
dieser Dritten Säule der EU war u.a. der Aufbau von EUROPOL.
Ebenfalls mit der Perspektive des Binnenmarktes, der Aufhebung der
Kontrollen an
den gemeinsamen Grenzen, wurde 1985 das erste Schengener Abkommen zwischen fünf
EG-Staaten geschlossen. Projektiert wurde nicht nur der schrittweise Abbau der
Binnengrenzkontrollen, sondern auch die Verhandlung über im wesentlichen
polizeiliche "Ausgleichsmaßnahmen".
Ergebnis dieser Verhandlungen war das Schengener Durchführungsübereinkommen von
1990 - mit dem SIS als Kern. Das SIS ist das erste von mehreren Staaten
gemeinsam betriebene polizeiliche Datenverarbeitungssystem, in das die Polizei
eines Staates Daten zum automatischen Abruf durch die Polizei eines anderen
Staates einspeichern kann. Es handelt sich um ein polizeiliches Fahndungssystem
für Personen und Sachen. Rund 80% der gespeicherten Personen sind
Nicht-EUBürgerInnen, die aus der EU abgeschoben oder an ihren Grenzen
zurückgewiesen werden sollen. Das SIS ist also zu einem großen Teil ein
polizeiliches Instrument zur Durchsetzung der restriktiven Asyl- und
Migrationspolitik der EU. Der Anteil der Ausschreibungen zur Festnahme und
Auslieferung von mit Haftbefehl gesuchten Personen an den Personendaten liegt
bei ca. 1-2%. Darüber hinaus enthält das System auch Daten zur polizeilichen
Beobachtung von Personen (und Fahrzeugen), die keiner Straftat beschuldigt
werden, sondern gegen die nur Gefährlichkeitsvermutungen u.a. aus Gründen der
"nationalen Sicherheit" und "öffentlichen Ordnung" vorliegen. Das SIS ging 1995
ans Netz. Mit dem jetzt geplanten Ausbau ist u.a. vorgesehen eine neue
Datenkategorie der violent troublemakers zu schaffen. Nach der Unterzeichnung
des Schengener Durchführungsabkommens 1990 entwickelte sich der darin
vorgesehene Exekutivausschuss mit seinen diversen Untergruppen zu einem
veritablen Laboratorium der Polizeikooperation. Dies wurde möglich, weil er
praktisch von jeder - auch nur minimalen Kontrolle - verschont war. Das
Europäische Parlament hatte hier kein Sagen, weil Schengen eine ausschließlich
multilaterale Kooperation darstellte, die allerdings am Ende 13
EU-Mitgliedstaaten sowie zwei Assoziierte (Norwegen und Island) umfasste. Die
nationalen Parlamente waren nur bei der Ratifikation des
Durchführungsübereinkommens gefragt. Die weitere Zusammenarbeit verlief
unterhalb der Ebene völkerrechtlicher Verträge und damit ohne jegliches Zutun
der Parlamente. In den Schengen- Arbeitsgruppen wurden Handbücher erstellt, die
die polizeiliche und grenzpolizeiliche Tätigkeit standardisieren sollten. Neue
Methoden wurden getestet. Man evaluierte sich gegenseitig. Bis Mai
1999 nahm der
Exekutivausschuss rund 200 Beschlüsse an, die zusammen mit den
Abkommen rund 480
Seiten im Amtsblatt der EG füllen. Mit dem Inkrafttreten des Amsterdamer
Vertrages wurde dieser gesamte Schengen- Acquis (Besitzstand) - ohne jeglichen
Abstrich - in die EU-Strukturen überführt. Der Amsterdamer Vertrag überführte
zwar einen Teil der justiz- und innenpolitischen Kooperation - Fragen der Asyl-
und Migrationspolitik sowie die Außengrenzen - in die so genannte Erste Säule,
also in die Strukturen der EG. Formell sind die Ergebnisse dieser
Zusammenarbeit
nun Richtlinien und Verordnungen. Allerdings wird zumindest bis 2004 auch in
diesen Fragen das Europäische Parlament nur konsultiert. Es konnte sich so z.B.
zu EURODAC äußern. Seine Beschlüsse haben aber nur den Charakter einer
Empfehlung für die im Rat vereinigten Minister. In der Dritten Säule bleibt
alles beim alten. Auch hier bleiben die Parlamente von einer wirklichen
Entscheidungsbefugnis ausgeschlossen.
Der Amsterdamer Vertrag sieht u.a. die Ausweitung der Kompetenzen von EUROPOL
vor. Es lohnt sich auf dieses zentrale Element der polizeilichen Kooperation in
der EU noch einmal genauer einzugehen: Die ersten Planungen für dieses Amt, das
seinen Sitz in Den Haag hat, fallen noch in die Zeit der TREVI-Kooperation.
Schon Ende der 1980er Jahre diskutierte man hier über den Aufbau einer European
Drug Intelligence Unit mit einem Komplex von Verbindungsbeamten, die den
Austausch von Informationen und die Koordination der Polizeien bei
Drogenermittlungen verbessern sollten. Der EG-Gipfel in Luxemburg im Juni 1991
gab grünes Licht für einen Aufbau bereits unter dem Namen EUROPOL. Die Innen-
und Justizminister der EG-Staaten beschlossen 1992 - der Maastrichter Vertrag
war zwar unterschrieben aber noch nicht in Kraft - den Aufbau einer
EUROPOLVorläufer- Institution namens EUROPOL- Drogen-Einheit, die aber keine
eigenen Datensysteme haben sollte.
Diese Einheit nahm im Januar 1994 ihre Arbeit auf. Finanzen wurden bereit
gestellt, Verbindungsbeamte entsandt, die mit ihren nationalen Polizeibehörden
in ständiger Kommunikation standen und Zugriff auf die jeweiligen nationalen
Datensysteme hatten. Man begann sehr schnell mit einem umfangreichen
Datenaustausch auf dem kurzen Dienstweg und auf der Basis des jeweiligen
nationalen Rechts und der von den Mitgliedstaaten ratifizierten
Rechtshilfeverträge. Die Drogeneinheit koordinierte bereits
grenzüberschreitende
Observationen und kontrollierte Lieferungen - und das mit wachsender
Begeisterung. Im Juli 1995 wurde die EUROPOL-Konvention, die rechtliche
Grundlage der neuen Behörde unterzeichnet. Sie wurde allerdings von zahlreichen
Bürgerrechts- und Juristenorganisationen in Europa kritisiert - wegen der kaum
eingegrenzten Befugnisse zur Datenspeicherung und Weitergabe, wegen
der völligen
strafrechtlichen Immunität, die den Beamten der neuen Behörde
zugesichert wurde,
wegen der bloß rhetorischen Datenschutzbestimmungen etc. Die Konvention trat im
Oktober 1999 in Kraft, damit wurde auch das Startsignal für das bereits
aufgebaute System der "Arbeitsdateien" förmlich in Gang gesetzt. Bereits im
Amsterdamer Vertrag, der 1997 unterzeichnet wurde und im Mai 1999 in
Kraft trat,
hatten sich die Regierungen der Mitgliedstaaten jedoch darauf geeinigt, die
EUROPOL-Kompetenzen auszubauen und auszudehnen auf den "operativen" Bereich.
EUROPOL erhält zwar keine eigenen exekutiven Befugnisse, soll aber die
nationalen Polizeien zu Ermittlungen bewegen können, an gemeinsamen
Ermittlungsgruppen in führender Rolle beteiligt werden, seine Kenntnisse und
Daten gezielt einbringen. Es wird geplant, die Konvention zu einem bloßen
Beschluss des Rates, also der Minister umzubauen, um die langwierige
Ratifikation in den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu umgehen. Gegebenenfalls
könnte auch eine Verordnung erstellt werden. Man wartet hier noch die
Ergebnisse
des Konvents ab, der die neue EU-Verfassung produzieren soll. Wichtig ist, dass
die Veränderung des Rechts schnell von statten zu gehen hat - ohne lange
parlamentarische Beratungen. Die Geschichte EUROPOLS ist also in der Tat ein
Lehrstück dafür, wie wenig die Regierungen der EU vom Recht und von den
ordentlichen demokratischen Rechtssetzungsprozessen halten.
Festzuhalten bleibt,
dass innerhalb der Dritten Säule die europäische Exekutive und insbesondere die
europäischen Polizeibehörden die Initiative ergriffen haben. Sie begannen lange
vor den Maastrichter und Amsterdamer Vertrag mit der teilweise rechtlich nicht
normierten Kooperation und bauten diese dann über die verschiedenen
Arbeitsgruppen und informelle Zusammenarbeit bis zum heutigen Stand aus. Die so
entstandene Dominanz der Exekutive geht zu Lasten der Grundrechte. In
Ermangelung einer europäischen Verfassung, die den Namen verdient, mit einem
gerichtlich durchsetzbaren Grundrechtekatalog und in Ermangelung eines
europäischen Strafverfahrens nutzt die Polizei das Vakuum, um Fakten zu
schaffen. Es entstehen riesige kaum kontrollierbare Datensammlungen. Durch
Analysedateien und die Produktion eigener, polizeilicher Analysen wird die
Kriminalitätspolitik der europäischen Union stark beeinflusst und es werden
Feindbilder (dazu weiter unten) produziert. Durch die Gewinnung von
Beweisen auf
nicht immer nachvollziehbare Weise (zum Beispiel überwachte Drogenlieferungen)
hebelt die Polizei das Strafverfahren als Veranstaltung mit gleichen
Mitteln und
Rechten ausgestatteten Beteiligten aus. Ein europäisches faires Verfahren (fair
trial) droht somit im Ansatz zu ersticken. Weder das europäische noch die
nationalen Parlamente haben ausreichende Entscheidungskompetenzen. Die
nationalen Justizbehörden haben zwar mit Schaffung der Verbindungsstelle
EUROJUST versucht nachzuziehen. Den Ton gibt aber die Polizei an.
Polizeiliche Praxis in der EU
Die Europäisierung der Polizei beschränkt sich nicht nur auf den Aufbau
polizeilicher Zentralstellen oder EU-weiter Datensysteme, sie betrifft auch die
Methoden, selbst wenn es sich dabei "nur" um die Kooperation nationaler
Polizeien handelt. Daraus ergibt sich ein für die Grundrechte in der EU
gefährliches Spannungsverhältnis von nationalen und europäischen Ebenen der
polizeilichen Tätigkeit, das wir im folgenden an einer Reihe von Beispielen
zeigen wollen:
Von der Grenzpolizei zum EU-Grenzschutzkorps
Im Schengener Durchführungsübereinkommen wurde erstmals festgelegt, dass die
Mitgliedstaaten die Überwachung der Außengrenzen nach gemeinsamen Standards zu
vollziehen haben. Diese Standards sind im Abkommen selbst nur sehr allgemein
gehalten. Sie wurden vielmehr durch die Exekutive, genauer gesagt: durch die
entsprechende Arbeitsgruppe - früher des Schengener Exekutivausschusses und
heute des Rates - näher definiert. Die Ausführung obliegt den jeweiligen
nationalen Grenzbehörden. Europäisch ist daran u.a. der Datenbestand des SIS,
das bei der Kontrolle zum Einsatz kommt. Die nationale Grenzpolizei des einen
Mitgliedstaates führt damit Beschlüsse zur Abweisung an den Grenzen
aus, die ein
anderer Mitgliedstaat getroffen hat.
Gemeinsam wird evaluiert, ob ein Staat die notwendigen Voraussetzungen für die
Umsetzung der Kontrollstandards erfüllt. Solche gemeinsamen Evaluationen gab es
zunächst 1994 vor der Inkraftsetzung des Abkommens und dann wieder 1997.
1998 wurde dann eine ständige Arbeitsgruppe Evaluation gebildet, die diese
Prüfung übernimmt. Faktisch bedeutet das, dass die Mechanismen der
Kontrolle und
Überwachung der Grenzen ständig hochgeschraubt werden. So hat die Evaluation
1997 zwar ergeben, dass eine vollständige Abdichtung der Grenzen nicht möglich
sei. Daraus wurde aber nicht der Schluss gezogen, eine liberalere
Einwanderungspolitik zu empfehlen und vor allem den Sans-papiers - jenen also,
die es über die Mauern der Festung geschafft haben, in deren Innern aber
rechtlos sind - Rechte zu geben. Im Gegenteil die zuständige Arbeitsgruppe
forderte mehr Personal und mehr Technik einzusetzen, damit man sich den
unhaltbaren Standards möglichst annähert.
Im März 2001 verkündete der deutsche Innenminister Otto Schily seine Forderung
nach einem EU Grenzschutzkorps. Dieser Plan wächst und gedeiht, was u.a. an dem
Grenzschutzplan sichtbar ist, den der Rat nach dem Gipfeltreffen in Sevilla
erstellt hat. Vorerst werden alle Maßnahmen in diese Richtung unterhalb der
Ebene gehalten, die die Schaffung eines europäischen Rechtsaktes erfordern
würde. So sollen gemeinsame grenzpolizeiliche Ermittlungsgruppen entstehen,
grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte in Drittstaaten entsandt, gemeinsame groß
angelegte gezielte Kontrollaktionen auf bestimmten Einwanderungsrouten
durchgeführt, eine grenzpolizeiliche schnelle Eingreiftruppe aufgebaut werden
etc. Das Grenzschutzkorps wird also in einzelnen multilateralen Bestandteilen
aufgebaut und anschließend zu einem ganzen zusammengefasst.
Eine parlamentarische Diskussion und damit eine öffentliche Debatte dazu wird
systematisch vermieden. Am Ende wird das ganze rechtlich in Form eines
europäischen Rechtsaktes gegossen.
Grenzenloser Datenaustausch
Zweites Beispiel: Das Handeln der Polizei in Fragen der "öffentlichen Ordnung"
scheint sich kaum zu europäisieren. Demonstrationen oder andere
Massenereignisse
wie etwa Fußballspiele finden an einem festgelegten Ort statt. Eine
grenzüberschreitende Zusammenarbeit scheint hier nur dann eine Rolle
zu spielen,
wenn der Ort in Grenznähe liegt. Spätestens die Erfahrungen mit den
Demonstrationen in Göteborg und Genua haben uns eines besseren belehrt.
Die europäische Kooperation auf diesem Gebiet begann aber bereits in den späten
1980er Jahren. Schon zur Fußball-Europameisterschaft 1988 in Deutschland
entsandten Polizeibehörden aus den TREVI-Mitgliedstaaten ihre
Verbindungsbeamten
und Szenekenner, die die Polizei vor Ort mit Rat und Tat und Daten über
eventuelle Hooligans unterstützen sollte. 1996 wurden die Formen der
Zusammenarbeit im Schengener Rahmen durch ein "Handbuch" für Fragen der
"öffentlichen Ordnung" zusammengefasst, 1997 folgte auf EU-Ebene eine
"gemeinsame Maßnahme", die den Inhalt des Schengener Handbuchs fast wörtlich
wiedergab. Danach sollten in jedem Mitgliedstaat nationale Kontaktstellen
eingerichtet werden. Deren Aufgabe ist es, im nationalen Rahmen Informationen
und Einschätzungen über die Gruppen zusammenzutragen, die zu einem bestimmten
Ereignis reisen. Es soll über Zahl der Personen, Reisewege und Zwischenstopps,
Fahrzeuge, vermutete Gefährlichkeit der Personen etc. informiert werden Die
Daten sind an die Kontaktstelle jenes Staates weiterzugeben, in dem
das Ereignis
stattfindet. Die Präsenz von Verbindungsbeamten der Polizeien oder
"Sicherheitsdienste" vor Ort ergänzt das ganze. Nach den Protesten in Göteborg
hat der Rat diese Maßnahme noch einmal bestätigt. Derzeit sitzt eine
Arbeitsgruppe daran, für den speziellen Fall der Gipfeltreffen eine
detailliertere Konzeption auszuarbeiten. Der Austausch von Daten findet bisher
zum großen Teil über Listen statt. National haben die Polizeien ihre Daten
zusammengestellt, um "gefährlichen" Personen die Ausreise zu verbieten.
Demnächst werden wir Listen und eventuell zusätzlich Einträge im SIS über
violent troublemakers, im nicht-polizeilichen Jargon Globalisierungskritiker,
haben. Faktisch sind die solchen Listen zu Grunde liegenden
Gefährlichkeitsvermutungen der Polizei kaum gerichtlich zu widerlegen.
Sie reichen aber, um den betroffenen Personen das Recht auf
Versammlungsfreiheit
und natürlich auch die Bewegungsfreiheit in der EU zu entziehen. Die
Arbeitsgruppe plant, in Zukunft auch EUROPOL eine Funktion in diesem
Spiel zu geben.
Dies war bisher nicht möglich, da EUROPOL nur eine Zuständigkeit hat, wenn eine
kriminelle oder terroristische Organisationsstruktur vermutet wurde. Jetzt soll
das Europäische Polizeiamt insbesondere bei der Nachbereitung und
Auswertung der
Ereignisse mithelfen. Dies dürfte wohl auch implizieren, dass entsprechende
Datensammlungen angelegt werden.
Grenzüberschreitende verdeckte Ermittlungen
Was Europäisierung bedeutet, lässt sich drittens an der Praxis der
"kontrollierten Lieferung" vor allem von illegalen Drogen zeigen. Diese Methode
der verdeckten Ermittlung ist sehr jung. Sie wurde von den westeuropäischen
Polizeien und Zollbehörden erst ab Mitte der 1980er Jahre angewandt und zeigt
deutlich die Veränderung der Kriterien polizeilicher Arbeit. Bis zu diesem
Zeitpunkt bestand der Erfolg polizeilichen Handelns vor allem in der
Realisierung einer möglichst großen Sicherstellung. Die jeweilige
Behörde konnte
sich x Kilo Kokain auf die Fahnen oder in die Presseerklärung schreiben. Sowohl
der Erfolg als auch die vorangehende Ermittlungsarbeit inkl. des eingesetzten
Scheinaufkäufers oder Informanten waren national begrenzt. Die kontrollierte
Lieferung dagegen ist nur möglich bei grenzüberschreitender Kooperation. Sie
besteht darin, dass ein Drogentransport eben nicht sofort beschlagnahmt und die
betreffenden Personen festgenommen werden. Vielmehr lässt die Polizei den
Transport unter Observation auch über Grenzen hinweg weiterlaufen bis zum
Bestimmungsort und wartet auch dann zu, bis sich Käufer finden oder weitere
Personen der vermuteten Organisation auftauchen. Das Ziel ist also nicht ein
nationales, man teilt den Erfolg.
Auf der Strecke bleibt dagegen der rechtsstaatliche und faire Strafprozess. In
der Ermittlungsakte taucht dann bestenfalls ein Hinweis darauf auf, dass eine
ausländische Polizeibehörde oder eben EUROPOL einen Tipp gegeben hatte, dass am
bestimmten Tag an einem bestimmten Ort eine Person mit einer bestimmten Menge
illegaler Drogen auftaucht. Für niemanden ist im Nachhinein nachvollziehbar, ob
die Beschlagnahme, die am Ende eines längeren Lebensachverhaltes stand, Produkt
einer über mehreren Grenzen hinweg erfolgten kontrollierten Lieferung war. Den
Ermittlungsakten wird man ebenfalls nicht ansehen, wie die Polizei in dem Land,
von dem die Lieferung ihren Ausgang nahm, zu ihrem Verdacht kam, ob ein
verdeckter Ermittler in die Tätergruppe eingeschleust wurde oder ob gar eine
Schein- Nachfrage - klarer gesagt: eine Tatprovokation - am Anfang des
Transportes stand. Letzteres hätte nach der Rechtsprechung des Europäischen
Menschengerichtshofes in Straßburg nämlich zu Folge, dass der staatliche
Strafverfolgungsanspruch erlischt. Durch mangelhaft dokumentierte und
intransparente Zusammenarbeit der Polizei über Grenzen hinweg werden gegen eine
Vielzahl von Personen Beweise für Strafverfahren gewonnen und produziert, ohne
dass dies später von den Beschuldigten und Angeklagten oder ihren Verteidigern
oder den Gerichten als solches erkannt und mindestens bei der Strafzumessung
berücksichtigt werden kann. Die Rolle von EUROPOL war von Anfang an darauf
ausgelegt, in derartigen grenzüberschreitenden verdeckten Operationen eine
koordinierende Rolle zu spielen. Dies ist der Sinn der Stationierung von
Verbindungsbeamten unter einem Dach. Sie sollen schnell einen Draht
zwischen den
zu beteiligenden Stellen der Mitgliedstaaten herstellen und erhalten dadurch
nicht nur eine koordinierende sondern dirigierende Rolle - bis hin u.U. zur
Auswahl des Zielortes einer Drogenlieferung, zu dem, was man Forum-Shopping
nennen kann. Die Polizei sucht den Ort als Festnahme und damit
voraussichtlichen
Gerichtsort aus, in dem die strafprozessualen Standards für sie möglichst
günstig sind. Die Justiz wird damit zu einem Anhängsel der Polizei.
Dasselbe gilt für die "bloße" Erhebung und Weitergabe von Daten.
Besonders fatal
ist dabei, dass die EUROPOL-Konvention das Datensammeln in sehr vielfältiger
Weise (auch von Betroffenen, Zeugen etc.) erlaubt, ohne dass ein wirksames
Kontroll- und Datenschutzinstrumentarium geschaffen wurde. Die Daten, die im
Zuge einer "operativen Analyse" von EUROPOL gesammelt werden, sind
EUROPOL-Daten, d.h. nur für die an einer Analysegruppe beteiligten EUROPOL- und
nationalen Beamten zugänglich. Sie beeinflussen Strafverfahren, können aber
selbst nicht gerichtlich kontrolliert werden. In der EUROPOL-Konvention hat man
sich dazu eines Taschenspielertricks bedient: Das Erheben und die
Weitergabe von
Daten gilt dort nicht als Grundrechteingriff. EUROPOL ist also als
Datenzentrale
längst "operativ" tätig, auch wenn es noch nicht unmittelbar in sichtbare
Ermittlungshandlungen - in Festnahmen, Durchsuchungen, Vernehmungen etc. -
eingreift.
Das Amt ist mit seiner intransparenten Tätigkeit gefährlich für die
gesellschaftliche Entwicklung in den EU-Staaten. Dies gilt nicht nur dort, wo
EUROPOL mit personenbezogenen Daten arbeitet, sondern auch wo es nur Berichte
und "Strategische Analysen" zur Kriminalitätslage erstellt. Denn warum mit
welchen Mitteln eine Gesellschaft oder ein Verbund von Gesellschaften gegen
welche Form von unterschiedlich zu definierender Kriminalität vorgeht, ist eine
grundlegende demokratisch zu entscheidende Frage. Im Zeitalter von
polizeilichen
Zentralbehörden in Europa und in den Nationalstaaten wird diese
Diskussion immer
weniger öffentlich und demokratisch geführt. Vielmehr gibt die
Exekutive mittels
ihrer Analysen und Lagebilder Vorgaben, die in der späteren Diskussion nur
schwer zu entkräften sind.
Exkurs: Neue Qualität in der Zusammenarbeit mit den USA
Als wenn dies alles noch nicht genug Bedrohung für demokratische und
rechtstaatliche Standards in Europa wäre, droht durch die verstärkte
Zusammenarbeit und Rechtshilfe zwischen Europäischer Union und den USA nach dem
11. September 2001 neues Unheil. Die Kooperation reicht - wie schon bei den
Anti-Terror-Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene - weit in den
Bereich "normaler" Kriminalität. Der Datenaustausch, in der Regel eine aus
Europa hinausführende Einbahnstraße, soll intensiviert werden. Der Datenschutz
geht auf dem Weg über den Atlantik vollends verloren. Denn die USA praktizieren
kaum Datenschutz und eine wirksame Kontrolle ist gegen die übermächtigen
Sicherheitsapparate dort nicht durchsetzbar. Die polizeiliche
Zusammenarbeit mit
EUROPOL soll ausgebaut werden. Schließlich soll die Rechtshilfe vereinfacht
werden. Die Folgen werden nicht nur für die Betroffenen, sondern für die
Rechtskultur in Europa fatal sein. In den USA werden Bürger- und
Beschuldigtenrechte derzeit auf breiter Front abgebaut. Es droht daher ein
Absinken auch der europäischen Standards. Last but not least: Die europäischen
Staaten haben die Todesstrafe aus guten Gründen abgeschafft.
Rechtshilfe mit den
USA, vor allem im Terrorismusbereich, wird zukünftig immer die Gefahr mit sich
bringen, Beihilfe zum staatlichen Morden zu leisten.
Feindbildproduktion
Feindbilder und Bedrohungsszenarien haben für staatliche Gewaltapparate - für
Militär, Polizei und natürlich auch für die Geheimdienste - von jeher eine
zentrale Bedeutung gehabt. Sie legitimieren nicht nur ihre Existenz
schlechthin,
sondern auch die Aufrechterhaltung einer besonderen Wachsamkeit und
Abwehrbereitschaft, selbst in Zeiten der Normalität.
Staatliche Gewaltapparate leben einerseits von Feindbildern, andererseits
reproduzieren sie diese durch ihr Handeln.
Feindbild Organisierte Kriminalität
Zentraler Bezugspunkt der Politik Innerer Sicherheit - sowohl im nationalen als
auch im europäischen Rahmen - war seit Mitte der 1980er Jahre die
Bekämpfung des
Drogenhandels und der so genannten organisierten Kriminalität. Die US-Regierung
unter Ronald Reagan erklärte erstmals 1986 und wiederholt 1989 den "War on
Drugs", den sie in Panama und Kolumbien auch tatsächlich mit militärischen
Mitteln führte. Wie so oft strahlte der Diskurs der US-Sicherheitsbehörden nach
Westeuropa aus. Der europäische Binnenmarkt und damit die Aufhebung der
Kontrollen an den Binnengrenzen - so konnte man es hunderte von Malen in
ministeriellen und polizeilichen Publikationen lesen - würden aus Europa ein
"Mekka der organisierten Kriminalität" machen, ein Raum, in dem Drogen frei und
unkontrolliert über die Grenzen schwappen würden.
Drogen und organisierte Kriminalität sollten nicht nur den Aufbau von EUROPOL
rechtfertigen, sondern spielten auch im Zusammenhang der Schengen-Kooperation
eine bedeutende Rolle. Die Schengener Floskel - keine Aufhebung der
Grenzen ohne
Ausgleichsmaßnahmen für den "Sicherheitsverlust" - wirkt bis heute wie ein
perpetuum mobile und ist darüber hinaus im Schengen-Protokoll des Amsterdamer
Vertrages auch rechtlich verankert.
Der Hinweis auf angebliche oder wirkliche kriminelle Organisationsstrukturen,
der in der Aufgabennorm der EUROPOL-Konvention festgeschrieben ist,
ist so platt
wie unkonkret: Jede Form des illegalen Handels ist per Definition organisiert.
Aus diesem Grunde lässt sich das Konstrukt der organisierten Kriminalität auch
ständig auf neue Bereiche ausdehnen. Bereits 1995 und 1996 erhielt die
EUROPOL-Drogen-Einheit Zuständigkeiten für Fragen der
Kraftfahrzeugverschiebung,
des Menschenhandels (trate de blancas), des Handels mit radioaktiven Substanzen
und der Einschleusung von Migranten. Der Name der Einheit blieb absurderweise
bis 1999 erhalten. Die Warnung vor Schleuserbanden rechtfertigte darüber hinaus
auch die restriktive Einwanderungs- und Asylpolitik sowie den Versuch, die
Grenzen abzuschotten. Die Kriminalisierungsspirale nahm der Politik die Aufgabe
ab, für die zu Grunde liegenden gesellschaftlichen Probleme tatsächlich
politische Konzepte zu suchen.
Feindbild Terrorismus
Seit dem 11. September 2001 ist das Thema Terrorismus definitiv zurück auf der
Bühne der EU-Politik der Inneren Sicherheit. Schon eine Woche nach den
Anschlägen in den USA präsentierte die EU-Kommission die Vorschläge von
Rahmenbeschlüssen für eine gemeinsame Terrorismus- Definition und den
EU-Haftbefehl. Am 20. September trafen sich die Innen- und Justizminister der
EU. Als Ergebnis dieser Sitzung entstand ein "Anti-Terror-Fahrplan" (terrorism
roadmap) von 64 Projekten, die seither Stück für Stück abgearbeitet werden.
Ständig kommen neue Einzelvorschläge hinzu, die - wie die Schaffung einer
Visumsdatei, der Europäische Haftbefehl u.ä. - mit der Terrorismus- Bekämpfung
im eigentlichen Sinne definitiv nichts zu tun haben, sich aber mit dem Hinweis
auf die Gefahr des Terrorismus ohne viel Widerstände durchsetzen lassen. Der im
Juni 2002 in Kraft getretene Rahmenbeschluss für eine EU-Terrorismus-
Definition
ist auch nach den Korrekturen, die die Minister nach Protesten von
Bürgerrechtsorganisationen einfügten, so ausgestaltet, dass damit nicht nur
Anschläge, Entführungen oder ähnliche Handlungen betroffen sind, die im
allgemeinen als "terroristische Straftaten" verstanden werden.
Tatbestandsmerkmale wie "Einschüchterung der Bevölkerung" oder das
rechtswidrige
Nötigen "öffentlicher Stellen oder internationaler Organisationen",
etwas zu tun
oder zu unterlassen, können problemlos auch bei Streiks oder militanten
Straßenprotesten erfüllt sein. Zum Deliktkatalog gehören denn auch
"schwerwiegende Beschädigungen ... an öffentlichen Plätzen ..., die
Menschenleben gefährden oder zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen
können".
Auch an anderen Maßnahmen ist zu erkennen, dass der
Terrorismusbegriff in der EU
nach dem 11. September einmal mehr zu einem Instrument der Kriminalisierung
sozialer Proteste geworden ist. Der Einflussbereich der Geheimdienste im Rahmen
der Arbeitsgruppen der Dritten Säule der EU wurde massiv ausgedehnt. Neue
Gremien ohne jegliche rechtliche Grundlage wie die Task Force der Geheimdienste
entstanden, andere wie die Task Force der Polizeichefs sollen durch die
Terrorismusbekämpfung einen nachträglichen rechtlichen Segen erhalten. Die EU
trägt nicht nur die rein administrative Stempelung von Organisationen und
Einzelpersonen als terroristisch mit erheblichen Konsequenzen (Einziehung des
Vermögens, kein Asyl ...), wenn sie auf Grund der UNOListe oder besser gesagt:
auf USDruck erfolgt. Sie produziert auch eigene Listen. Während die von den
Mitgliedstaaten verabschiedeten neuen Terrorismusgesetze immerhin auf
einen wenn
auch noch so schwachen Protest in der nationalen Öffentlichkeit stießen, wurden
die Maßnahmen und Beschlüsse auf EU-Ebene oftmals gar nicht zur Kenntnis
genommen. Zwischenfazit: Die permanente Produktion von überzogenen Feindbildern
und Bedrohungsvorstellungen schafft Angst und immunisiert Gesellschaft und
Politik gegen politische Veränderungen. Polizei- und Sicherheitspolitiker
erteilten sich selbst den Auftrag zur permanenten Verteidigung des Status quo.
Die neuen Eingriffskompetenzen führen zu einer von tatsächlichen
Voraussetzungen
und tatsächlichen nachweisbaren konkreten unmittelbaren Gefahren unabhängigen
permanenten Ausübung von polizeilicher und geheimdienstlicher Macht.
Und alles wird besser?
Im Rahmen der Diskussionen innerhalb des europäischen Konventes zeigte sich,
dass es im Gesetzgebungsverfahren innerhalb der so genannten Dritte Säule neben
der bisherigen zwischenstaatliche Zusammenarbeit andere Formen geben wird, die
in Richtung einer Vergemeinschaftung zielen. Allerdings sind die Diskussionen
noch nicht abgeschlossen, ein endgültiger Entwurf liegt noch nicht vor. In der
zu schaffenden europäischen Verfassung wird es einen Grundrechtekatalog und
möglicherweise auch einen entsprechenden Rechtsweg geben. Die Frage ist, ob das
Recht, hier das Verfassungsrecht, die laufenden Entwicklungen und die
zunehmende
Dominanz der Exekutive zügeln kann.
Auf den ersten Blick scheint die Zukunft ein größeres Gewicht für das
Europäische Parlament zu bringen. Bei der strafrechtlichen Zusammenarbeit soll
es teilweise ein so genantes Mitentscheidungsverfahren geben. Entsprechende
Beschlüsse könnten dann in Zukunft nicht mehr vom Rat alleine getroffen werden.
Das würde sich gut anhören, wenn man nicht das "Kleingedruckte" berücksichtigt.
Operative Fragen, d.h. alles was mit der tatsächlichen Aktivität der
europäischen Polizeien zu tun hat, werden von den allgemeinen
politischen Fragen
getrennt. Anders ausgedrückt: Das Europäische Parlament hatte bisher nichts zu
sagen, wenn es um den Aufbau der entsprechenden Institutionen ging. Auch in
Zukunft wird das Parlament über die Praxis dieser Polizeibehörden nicht zu
entscheiden haben. Selbst wenn die Rechte des Parlamentes größer werden, ist es
fraglich, ob das Europäische Parlament eine tatsächliche Kontrollfunktion
wahrnehmen könnte. Den Exekutiven geht es heute vor allem darum, langatmige
Entscheidungs- und Ratifizierungsprozesse zu verkürzen, völkerrechtliche
Verträge durch schnell änderbare Verordnungen und Richtlinien zu
ersetzen und so
auch bei demnächst 25 Mitgliedstaaten eine schnelle Entwicklung zu ermöglichen.
Das Europäische Parlament wird bei der erwartbaren Masse von Entscheidungen
überfordert sein, die Qualität seiner Äußerungen lässt bereits heute viel zu
wünschen übrig. Die nationalen Parlamente spielen auch jetzt kaum mehr eine
wirkliche Rolle. Ob die Gerichte den zunehmenden Einfluss von
Geheimdiensten und
Polizeien und den zunehmenden Einsatz geheimdienstlicher Mittel im
Strafverfahren kontrollieren können, ist angesichts der einschlägigen Erfahrung
in nationalen Strafverfahren äußerst fraglich. Angesichts dieser recht düsteren
Aussichten kommt der europäischen Öffentlichkeit eine ungeheuer
bedeutende Rolle
zu. Es wäre daher zu wünschen, wenn aus dem losen Netzwerk von
Bürgerrechts- und
Juristenorganisationen in den einzelnen Nationalstaaten und den vorsichtigen
Ansätzen einer Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in den nächsten Jahren
tatsächlich eine europäische Teilöffentlichkeit geschaffen würde.
Diese müsste das Treiben der europäischen Exekutive kritisch beleuchten und
anprangern. Nur die stetige Aufklärung der Öffentlichkeit über die Arbeit von
Polizei und Geheimdiensten wird dann wiederum die nationalen und europäischen
Parlamente und die Gerichte dazu bringen, ihrerseits parlamentarische und
justizielle Kontrolle wirksamer auszuüben.--------------------------------------------------------------------------
gipfelsoli infogruppe
Die AutorInnen der Beiträge, so sie nicht von uns verfasst sind, sind
mit eckigen Klammern versehen. Wir können leider keine Verantwortung
für die Richtigkeit der Beiträge übernehmen. Auch geben die Beiträge
nicht zwangsläufig unsere Meinung wieder.
Kontakt, Kritik, Beiträge: gipfelsoli@nadir.org
gipfelsoli mailinglist subscribe - unsubscribe
https://lists.nadir.org/cgi-bin/mailman/listinfo/gipfelsoli-l
--------------------------------------------------------------------------
_______________________________________________
Widerstand mailing list
Widerstand@no-racism.net
http://mailman.no-racism.net/mailman/listinfo/widerstand

================================================
17 Wegen Amnestiekampagne von Polizei vergewaltigt
Von: Ceni_Frauen@gmx.de
================================================

Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden
Grupellostr. 27
40 210 Düsseldorf
tel 0211 171 10 80
fax 0211 171 10 78
ceni_frauen@gmx.de Düsseldorf, 15. Juni 2003 Pressemitteilung Gülbahar Gündüz wegen Amnestiekampagne von Polizei vergewaltigt Gülbahar Gündüz, Vorstandsmitglied der DEHAP-Frauenfraktion
Istanbul, ist gestern abend von vier Zivilpolizisten entführt
und vergewaltigt worden. Wie Gülbahar Gündüz angibt, haben
die vier Personen dabei zu ihr gesagt: "Warum führt Ihr
Frauen diese Kampagne für eine Generalamnestie an. Ihr glaubt
wohl, weil Ihr Frauen seid, rühren wir Euch auf der Straße
nicht an. Das hier soll Euch Frauen ein Beispiel sein."
Bekannt gemacht wurde der Vorfall heute auf einer
Pressekonferenz im Menschenrechtsverein (IHD) Istanbul. Neben
Gülbahar Gündüz nahmen daran die stellvertretenden
IHD-Vorsitzende Eren Keskin, die Vorsitzende der Istanbuler
IHD-Zweigstelle Kiraz Bicici, die Vorsitzende der
DEHAP-Frauenfraktion Istanbul Sabahat Tuncer sowie der
Istanbuler DEHAP-Vorsitzende Metin Toprak teil. Anwesend
waren außerdem viele Frauen von verschiedenen Frauenorganisationen.
Unter großen Schwierigkeiten berichtete Gülbahar Gündüz über
den Vorfall
folgendes:
"Als ich am 14. Juni 2003 morgens gegen neun Uhr auf dem Weg
zur DEHAP-Zentrale war, zwangen mich in Sarachane vier zivil
gekleidete Personen, die von sich selbst sagten, dass sie
Polizisten seien und Funkgeräte in den Händen hatten, in ein
Auto einzusteigen. In dem Moment rief eine Person den Polizisten
zu: "Was macht Ihr da, lasst sie zufrieden!". Die Personen
antworteten: "Polizei, sei still." Dann wurde ich in einem
weißen Fahrzeug entführt. Weil sie meinen Kopf gegen das Auto
schlugen, wurde ich ohnmächtig. Als ich wieder zu mir kam,
befand ich mich in einem sehr heißen Raum unter der Erde ohne
Fenster. Ich wurde verhört. Meine Augen waren verbunden, sie
folterten mich. Mit einem sehr harten Gegenstand schlugen sie
auf meinen Kopf, mit einem Metallgegenstand rissen sie die
Haut an meinem Rücken und an anderen Stellen an meinem Körper
auf. Sie schlugen mich bis ich überall blaue Flecken hatte.
In meinem Gesicht drückten sie Zigaretten aus. Ich wurde
vergewaltigt, indem in den Oralbereich ein Geschlechtsorgan
eingeführt wurde. Nach acht Stunden Folter brachten sie mich
raus, setzten mich in einen Wagen und warfen mich in
Gaziosmanpasa auf der Stadtautobahn in der Nähe meiner
Wohnung am Straßenrand aus dem Auto. Ich konnte die Gesichter
der Polizisten, die mich vergewaltigt haben, nicht genau
erkennen, aber ich weiß, dass sie mittleren Alters waren."
Bereits im Vorfeld des Internationalen Frauentages am 8. März
war Gülbahar Gündüz auf offener Straße festgenommen und
bedroht worden, damit sie ihre Arbeit nicht fortsetzt.
Der direkte politische Hintergrund der Folter und
Vergewaltigung von Gülbahar Gündüz ist die aktive Beteiligung
von Frauen an der Kampagne für gesellschaftlichen Frieden und
demokratische Partizipation am politischen Prozess, in deren
Rahmen als juristisch notwendige Maßnahme eine
Generalamnestie für alle politischen Gefangenen
einschließlich der Guerilla gefordert wird. Die in der Türkei
gestartete Kampagne wird von Europa aus unterstützt und in
weiten Teilen von Frauen getragen. Dieser Angriff ist eine
gegen alle Frauen gerichtete Drohung, mit der der Staat seine
Haltung zum Thema Demokratisierung und Veränderung deutlich
macht. Er zeigt damit, dass er Krieg und Gewalt den Vorzug gibt.
Als Kurdisches Frauenbüro für Frieden verurteilen wir den
Vorfall mit großem Abscheu. Wir übermitteln Gülbahar Gündüz
unsere Liebe und unseren Respekt und möchten hiermit
mitteilen, dass uns keine Repression von unserem Kampf für
ein Leben in Würde und Freiheit aller Menschen abbringen wird.
In diesem Sinne rufen wir alle Frauen zur Teilnahme an der
Frauendemonstration "Für gesellschaftlichen Frieden und
demokratische Partizipation" am 21. Juli um 13 Uhr in Köln am
Heumarkt auf.

--
Cenî - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
Grupellostr. 27 - 40 210 Düsseldorf
tel 0211 171 10 80 - fax 0211 171 10 78
ceni_frauen@gmx.de
+++ GMX - Mail, Messaging & more http://www.gmx.net +++
Bitte lächeln! Fotogalerie online mit GMX ohne eigene Homepage!

================================================

 




Redaktionsschluss: 16. Juni 2003, 23.00 Uhr
Diese Ausgabe hat Heinz Nessizius widerstand@no-racism.net
zusammengestellt



Fehler möge frau/man mir nachsehen!