KULTUR
Zusammenfassung der Diskussion zwischen Mevludin Aliskanovic und Krisztina Dér.
Aus der Fülle von Anschauungen zwei gegenüber gestellt: eine frühe
und eine neue Definition von Kultur. Was sind die historischen Perspektiven
des Begriffs?
Edward B. Taylor (1871): "Primitive Culture"
"Kultur ist im weitesten ethnographisches Sinne jener Inbegriff von Wissen,
Glauben, Kunst, Moral, Gesetz, Sitte und allen anderen übrigen Fähigkeiten
und Gewohnheiten, welche der Mensch als Glied der Gesellschaft sich angeeignet
hat."
Klaus P. Hansen: "Kultur meint die Veränderung der (inneren und äußeren)
Natur durch menschliche Tätigkeit, was dazu führt, dass die natürliche
Ordnung durch eine vom Menschen geschaffene modifiziert wird."
Kultur ist Kommunikation, bei der Zeichen/Codes ausgetauscht werden, wobei
das reine Mitteilungshandel noch keine Kommunikation ist (Luhmann 1996: 14).
Der/die Gesprächspartner/in muss das Mitgeteilte, Gelesene, Gehörte
verstehen, um darauf reagieren zu können.
Kultur = Mentale Software? (Hofstede)
Die Codes sind in einer bestimmten Kultur meistens für die Mehrheit allgemein
verständlich, da sie diese durch ihre Sozialisation erfahren und gelernt
haben. Für alle Nicht-Dazugehörenden können sie jedoch eine Barriere
darstellen.
Sprache spielt in all dem eine signifikante Rolle, denn hinter der Sprache kann
eine ganze Welt stehen (versteckt sein). Durch die Verwendung von Sprache können
leicht Missverständnisse entstehen, auch wenn man diese gut beherrscht.
Denn die Vorstellungs- und Gedankenwelt der GesprächspartnerInnen sowie
die Werte und Bedeutungen der Begriffe, die während des Gesprächs
ausgetauscht werden, können oft unterschiedlich sein. Es ist auch nicht
Unwesentlich, ob man eine Sprache als Muttersprache spricht oder diese erst
später gelernt hat. Denn die Codes einer Sprache (und die ganze Welt dahinter)
erfährt man beim Erlernen einer Sprache eher nicht.
"Kultur ist ein Misthaufen." (Mevludin) – ein Sammelsurium von
Traditionen, die durch die Geschichte entstanden sind. Eine Symbiose, in der
der Zusammenhalt der verschiedenen Komponenten sehr wichtig ist. Löst sich
eine von ihnen, gerät die Harmonie des Lebens ins Wanken.
Kultur im "Exil"/ in der "Diaspora"? Betonung von Toleranz,
Akzeptanz und Wertschätzung von beiden Seiten (Allochthone & Autochthone).
Genügt dabei aber das Verstehen oder ist Akzeptieren auch notwendig? Die
(bewusste und/oder unbewusste) Verletzung von Regeln (auf beiden Seiten)? Doch
was meint man eigentlich, wenn man von jemandem verlangt, sich in die jeweilige
Kultur zu integrieren? Was muss man da erfüllen? Wie wichtig sind dabei
verschiedene Institutionen wie Kirche, politische Parteien, etc.?
Verstärktere Manifestation der eigenen Kultur in der "Fremde"
– Schutzmechanismus/ Wahrung der eigenen Kultur? Teilweise Gefahr der
Abkapselung durch Vereine, Religionsgemeinschaften etc., Rückzug in die
Privatsphäre, in eine atomisierte Welt.
Bedeutung der Familie als Rückhalt?
Steht aber in der zwischenmenschlichen Kommunikation/ Beziehung die jeweilige
Kultur stets im Vordergrund? Wo bleiben die persönlichen, individuellen
Merkmale, Wesenszüge? Es ist natürlich wesentlich einfacher, bei Konflikten
bzw. Nichtverstehen die fremde Kultur als Sündenbock und Hindernis anzugeben.
Hervorgehoben wird die Einstellung der Einzelnen zu sich selbst und zum eigenen
Umfeld statt der Überstrapazierung der Kultur als Maßstab und Erklärung
für alles.
Spannend sind Vermischungen verschiedener kultureller Elemente, z.B. Synkretismus
in Brasilien – aus dem Amalgam des Eigenen und des Anderen entsteht was
Neues. Doch Kulturen "passieren", sie bewegen sich und entwickeln
sich weiter, deswegen sind die Bestrebungen in Richtung "Zurück zu
den Wurzeln" vollkommen utopisch. Denn auch Kultur und all ihre Manifestationen
sind zeit- und kontextgebunden.
Literatur
Hofstede, Geert (2001): Lokales Denken, globales Handeln, München, Beck-DTV.
Luhmann, Niklas (1996): Die Realität der Massenmedien, Opladen, Westdeutscher
Verlag.
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