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Kill a Multi    
  TATblatt plus 96, 23. April 1998
18.01.2001
   
Quellen: Financial Times, Earth First! Journal      
   

 

TATblatt

Etwas weniger von der Öffentlichkeit beobachtet als noch vor einem Jahr setzt Shell die Unterdrückung der Ogoni in Nigeria fort. Die Militärdiktatur hat 21 Ogoni unter derselben Anklage wie der hingerichtete Ken Saro-Wiwa festgenommen und inhaftiert.
Wie erfolgreicher Widerstand gegen Multis aussehen kann, zeigen UmweltaktivistInnen in den USA und die linke Guerilla in Kolumbien. Im US-Bundesstaat Wisconsin haben Ökos nach 23 Jahren Kampf den Supermulti Exxon besiegt. In Kolumbien zwang die Guerillagruppe ELN Occidental Oil, eine Pipeline endgültig zu schließen.

Shell to Hell

In Nigeria setzt Shell sein Zerstörungswerk im Ogoniland fort. Die Öleinnahmen Nigerias machen 80% der Staatseinnahmen der Militärdiktatur aus, die Hälfte davon kommt von Shell. Shell kaufte in der Vergangenheit direkt Waffen für Truppen des Innenministeriums und betreibt eine eigene Schlägertruppe namens "Shell Police". Das Militär ermordete bisher 2.000 Ogoni, mit Ken Saro-Wiwa wurden acht weitere AktivistInnen gegen Shell und die Militärdikatur hingerichtet.
Nun hat das Militär wiederum 21 Ogoni inhaftiert, die unter Anklage gestellt werden sollen. Als Reaktion auf die weltweite Kampagne gegen Shell nach der Ermordung Saro-Wiwas wurden offiziell die Beziehungen Shells zur Regierung Nigerias heruntergeschraubt, hinter den Kulissen läuft alles wie bisher. Seit zwei bis drei Jahren besticht Shell massiv Dorfoberhäupter im Ogoniland oder bedroht sie mit Militär, um offizielle Zustimmungserklärungen zu Ölbohrungen und Pipelineprojekten zu bekommen. Zugleich werden sowohl in Nigeria als auch in Westeuropa und den USA Umwelt- und Menschenrechtsgruppen finanziert, um Berichte über "Besserungen" der Lage zu erkaufen. Diesem Zweck dienen auch von Shell bezahlte Besuche von JournalistInnen (aus Österreich solche von Standard und Presse, die aber nicht besonders wohlwollend berichteten) in Nigeria.
Vor Ort war es Shell und dem Kompagnon Chevron bis vor kurzem noch gelungen, ethnische Konflikte zwischen den Ijaw und den Ogoni zu schüren, die mit dem Tod von einem Dutzend Personen endeten. Neuerdings haben sich diese beiden Gruppen jedoch zur Organisation Chicoco zusammengeschlossen und führen Besetzungen von Shell- und Chevron-Einrichtungen durch. Weiterhin aktiv ist die Movement for the Survival of the Ogoni People (MOSOP), der auch Saro-Wiwa angehörte. Zudem droht Shell eine neue offene Front, da die mächtige ÖlarbeiterInnengewerkschaft einen Forderungskatalog beschlossen hat, der mit den Erklärungen der MOSOP weitgehend ident ist, und für die Durchsetzung einen Generalstreik plant.

Exxon Out

Tausende haben sich seit nunmehr 23 Jahren gegen ein gigantisches Bergbauprojekt der Crandon Mining Company am Wolf River im Bundesstaat Wisconsin und gegen Exxon (bei uns als Esso bekannt) gewonnen. Exxon gab Anfang 1998 auf verkaufte alle Anteile an Crandon Mining an die Rio Algom Corporation.
Politischer Erfolg war, daß eine Koalition aus Umweltgruppen, von IndianerInnen, Gewerkschaften, Stadträten und GemeindevertreterInnen ein Gesetz durchsetzte, das es Firmen nur noch dann erlaubt neue Bergbauprojekte in Wisconsin aufzumachen, wenn sie den zehnjährigen Betrieb einer bestehenden Mine ohne einen einzigen Zwischenfall nachweisen können. Im Finale durchgesetzt wurde dieses Bundesgesetz aber erst dadurch, indem 70 Abgesandte von Initiativen aus Wisconsin im Capitol in Washington DC vor dem Eingang des Senates eine stundenlange Besetzung abhielten, woraufhin die Abstimmung im Senat um zehn Tage vorverlegt und das Gesetz wider Erwarten plötzlich angenommen wurde.

BP führt Krieg

Was Shell für Nigeria, ist British Petroleum für Kolumbien. Die linken Guerillagruppen FARC und die ELN (Nationale Befreiungsarmee) führen seit 30 Jahren mit zunehmendem Erfolg einen Kampf gegen Regierung, Militär und gegen Konzerne, die Militär und paramilitärische Todesschwadronen finanzieren und zum Teil selbst betreiben.
Nachdem in den letzten zehn Jahren auf die Pipeline Cano Limon-Covenas über 500 Anschläge, davon 65 im letzten Jahr, verübt wurden, wurde diese im Jänner d.J. vom Betreiber Occidental Oil außer Betrieb gestellt.
Anschläge auf Ölanlagen treffen in Kolumbien den Nerv der Regierung und des Militärs. Paramilitärische Gruppen bekommen alleine aus den USA jedes Jahr 25 Millionen Schilling an "Hilfe" um Ölpipelines von Shell und Occidental zu schützen. Außerdem zahlen alle Konzerne eine Spanne an das Militär zur Finanzierung der offiziellen Repression.
BP geht darüber hinaus und finanziert nicht nur eigenständig eine Militäreinheit der kolumbianischen Armee, sondern betreibt auch eine paramilitärische Truppe und heuerte vor einem Jahr eine britische Söldnerfirma namens Defense Systems Limited (DSL) an. Die DSL bildet auch Einheiten der kolumbianischen Armee in Kriegsführung aus.
Die kolumbianische Regierung, die seit einiger Zeit Friedensverhandlungen mit der FARC und der ELN vorbereitet, stellte vor kurzem in einem unveröffentlichten Bericht fest, daß BP mit Soldaten bei Entführungen, Morden und Folter zusammenarbeitet. BP bereitet geheimdienstliche Informationen über Personen, die sich gegen die Ölexplorationen engagieren, auf und gibt diese an das Militär weiter, woraufhin diese festgenommen oder entführt werden.
Ähnlicher Methoden bedient sich auch Occidental. Der Anführer der indigenen U'wa, die gegen ein geplantes Ölprojekt protestieren, wurde eines Nachts von bewaffneten und maskierten Männern aus dem Bett geholt und mit dem Tod bedroht. Er sollte ein Dokument unterzeichnen, das Occidental die Ölbohrungen im Namen der U'wa erlaubt. Als er sich trotzdem weigerte, wurde er verprügelt.
Allerdings geht Multis wie Regierung langsam die Luft aus. Während BP und andere kein Personal mehr bekommen, das wegen der ständigen Angriffe der ELN zu den Ölfördereinrichtungen zu fahren bereit ist, hat die stärkste der Guerillagruppen, die FARC, erst Anfang März eine Eliteeinheit der kolumbianischen Armee im offenen Gefecht geschlagen. Die Regierung zeigte sich als Folge darauf entsetzt über geheimdienstliche Berichte aus den USA, daß die Guerilla Kolumbiens in ungefähr fünf Jahren die Macht übernehmen wird.

Mitsubishi verliert

Nach acht Jahren Boykott in den USA haben die US-Tochterunternehmen Mitsubishi Motor Sales of America und Mitsubishi Electric America alle Forderungen des Boykottorganisators Rainforest Action Network (RAN) akzeptiert. Die beiden Mitsubishi-Unternehmen werden keine Produkte aus Urwäldern mehr verwenden und bis zum Jahr 2002 gänzlich auf Papier und Verpackung aus Holz verzichten sowie auf alternative Rohstoffe wie Fasern aus Abfällen aus der Landwirtschaft umsteigen. Zur Unterstützung von Gemeinden, die abgeholzte Wälder wieder aufforsten möchten, werden die Firmen ein Programm entwerfen und zum Schutz bestehender Regenwälder aktiv beitragen. Außerdem werden sich beide Firmen einem nachvollziehbaren Kontrollprogramm zur Reduktion der Umweltauswirkungen der Firmenaktivitäten unterwerfen.
Das Abkommen betrifft nur die beiden Subunternehmen aus dem Mitsubishi-Konzern. Diese waren vom RAN herausgegriffen worden, weil sie besonders umweltschädigend aufgetreten waren.

...und Shell verliert

Die Brent Spar wird nun endgültig nicht versenkt. Nachdem Shell wegen dieser Ölplattform bzw. deren geplanter Versenkung ein Debakel hinnehmen mußte, ist nun die endgültige Entscheidung gefallen, daß die Brent Spar an Land zerstückelt und wiederverwertet wird.
Die britische Finanzzeitung Financial Times, direkt am Puls der Großindustrie, bemerkte in einer Analyse der Vorgänge rund um die Brent Spar zum wiederholten Male, daß Greenpeace mit seinen Aktionen das Image von Shell katastrophal geschädigt hat, während der Ausschlag für eine Wende in der Haltung des Shell-Managements der erfolgreiche Brandanschlag in Hamburg auf eine Shell-Tankstelle war.
Natürlich weist Shell darauf hin, daß die Lösung für die Brent Spar keinesfalls bedeutet, daß Shell auf weitere Versuche zur Versenkung von alten Ölplattformen im Meer verzichten wird.

BP schlägt zurück

Während Shell momentan etwas in den Seilen hängt, hat nun BP die Rolle des bösen Buben übernommen und schlägt rücksichtslos zurück. Voriges Jahr gab Greenpeace bekannt, daß jeder Versuch, im Nordatlantik neue Ölplattformen zu errichten, behindert würde. Nördlich der Shetland Inseln (Schottland) haben 30 Ölkonzerne Lizenzen für Explorationen in bisher unerschlossenen Gebieten erhalten. Letzten August besetzte Greenpeace die erste Plattform auf dem Weg in das Explorationsgebiet Foinaven, die Stena Dee von BP. Noch während GreenpeacerInnen an die Stena Dee gekettet waren, erwirkte BP eine einstweilige Verfügung gegen Greenpeace. Nach acht Besetzungstagen kündigte BP eine Klage über ca. 25 Millionen Schilling an. Doch schon am Tag darauf zog BP diese Drohung zurück. Als Begründung gab BP die feindseligen Reaktionen an. Die Internationale Föderation Grüner Parteien hatte BP mit einem Boykott in 70 Ländern gedroht und auch die britische Liberaldemokratische Partei sprach davon, daß dies "wieder einmal ein Beispiel für eine große multinationale Firma sei, die ihren massiven juristischen Muskel zur Vernichtung legitimer Opposition verwenden würde". BP zog auch den Antrag auf Einfrierung der Bankkonten von Greenpeace, dem ein Gericht bereits stattgegeben hatte, wieder zurück.
Die Nachwehen dieser Besetzung sind für BP seitdem ständig zu spüren. Um das Image etwas aufzupolieren, ging BP-Chef John Browne einige Monate später mit dem Vorschlag hausieren, eine Energiesteuer zur Verminderung des Energieverbrauchs aus nicht erneuerbaren Energieträgern einzuführen und damit dem Klima zu helfen. Nicht nur daß BP wegen seines üblen Engagements in Kolumbien zunehmend ein Imageproblem hat, versucht auch Greenpeace in Großbritannien schlichtweg alle Ölkonzerne (BP, Shell, Elf, Mobil, Texaco) und die Regierung wegen der Lizenzen für die Nordsee vor Gericht zu zerren. Nachdem ein Gericht die Klage von Greenpeace aus Formalgründen ("zu spät eingereicht") abwies, liegt die Angelegenheit nun bei einem Berufungsgericht und geht möglicherweise an die EU-Kommission. Unabhängig davon hat Greenpeace weitere Aktionen angekündigt, falls Plattformen in den Nordatlantik geschickt werden.

Gallische Dörfer

Gallien liegt derzeit im Distrikt Kassandra bei Thessaloniki in Griechenland und das unbesiegbare Dorf heißt Olympiada. Die Römer kommen neuerdings aus Kanada mit dem Bergbaumulti TVX.
Seit zwei Jahren verhindern die BewohnerInnen von Olympiada und einiger anderer Dörfer eine große Goldmine. TVX plant 550 Millionen US$ (1 US$ ist 13 öS) dort zu investieren, die größte Investition in Griechenland seit über 20 Jahren. Nur 15 km von Olympiada, in Skouries, soll auch noch ab 1999 eine Blei- und Zinkmine in Betrieb gehen. Die giftigen Schlämme sollen in einem abgelegenen Tal deponiert werden.
Im Bezirk Kassandra gibt es starken Widerstand. Letzten November fackelten zwischen 400 (Polizeiangaben) und 3.000 DemonstrantInnen, die mit Steinen, Jagdgewehren und Eisenstangen bewaffnet waren, Bohreinrichtungen von TVX ab und zerstörten fünf Polizeiautos. Die Regierung entsandte daraufhin die Aufstandsbekämpfungspolizei. Fünf Bürgermeister von Dörfern, darunter Vassilis Naoum, wurden wegen Anstiftung zu dieser Demonstration gerichtlich verurteilt. Weitere Aktionen, darunter die Blockade der einzigen Autobahn nach Norden, folgten. Der für das Projekt zuständige Minister Vasso Papandreou, erhielt im Februar eine Bombe.
Noch ist nichts entschieden, weil die DemonstrantInnen im richtigen Moment, nämlich zu Beginn der ersten Probebohrungen zuschlugen. "Ich habe nicht die exakten Kosten, aber das sind sehr teure Maschinen", meinte Costa Sinis, Präsident von TVX Hellas.

 

 

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