noborder.nonation:
Für die Freiheit der Bewegung
22.02.2002 |
no-racism.net | deportatiNO |
Im den vergangenen Jahren wurde in Zusammenhang mit antirassistischen Protesten immer deutlicher, dass ein Agieren im nationalstaatlichen Rahmen gegen Verschärfungen von Gesetzen auf europäischer/internationaler Ebene kaum effektiv sein kann. Auf unterschiedlichsten Ebenen vernetzten sich AktivistInnen. Eine jener Vernetzungen ist das noborder-Netzwerk. von noborder-AktivistInnen
Im Oktober
1999 gab es europaweit vernetzte noborder-Aktivitäten. Anlass bildete
der EU-Gipfel in Tampere, den die Regierungschefs und ihr Gefolge speziellen
Fragen der Migrations- und Flüchtlingspolitik widmeten. Diese Politikfelder
wurden als "gemeinsame" Sicherheitsfragen präsentiert und
die Institutionalisierung eines Grenzregimes auf Europäischer Ebene
vorangetrieben. Die Rede war und ist von einem Europa als Raum "des
Rechts, der Freiheit und der Sicherheit". Der europaweite Aktionstag im Oktober '99 gegen die zunehmende Verschärfung der europäischen Abschottungspolitik ist aber nicht der Ausgangspunkt einer zunehmenden Vernetzung, sondern muss vielmehr als ein Teil eines Prozesses gesehen werden. Die Vernetzungen zum noborder-Netzwerk selbst begannen 1997. Nebenbei gibt es zahlreiche andere Netzwerke und Initiativen, die mit unterschiedlichen Mitteln und auf unterschiedlichen Ebenen für die Freiheit von Bewegung eintreten, eine jener Freiheiten, die immer als einer der wesentlichen Vorteile der EU verkauft wurde: keine Grenzkontrollen mitsamt den Staus und lästigen Wartezeiten, einkaufen wo mensch will, bessere Möglichkeiten zum Arbeiten im Ausland usw. Dass dieser Prozess in direktem Zusammenhang mit der Abschottung nach außen und verstärkter Kontrolle im Inneren einhergeht, wurde bei der Pro-EU Propaganda fast immer vergessen, ob absichtlich oder nicht sei mal dahingestellt. Genauso wie die Tatsache, dass diese "Freiheiten" nur für wenige Menschen gelten.
Neben der Vernetzung von AktivistInnen der Mehrheitsbevölkerung der einzelnen EU-Staaten kam es zunehmend zu einer Vernetzung von/mit Sans Papiers,. So wurden nach einigen die öffentliche Aufmerksamkeit erregenden Kirchenbesetzungen in Frankreich AktivistInnen in verschiedene Staaten Europas eingeladen, wo sie auf ihre prekäre Situation aufmerksam machten, die gezeichnet ist von sozialer Ausgrenzung und der ständigen Bedrohung von Schubhaft und Abschiebung. Auf regionaler Ebene vernetzten sich in vielen Teilen Europas immer mehr Flüchtlinge und MigrantInnen und forderten ihre Rechte. Als Aktionsformen wähl(t)en sie Kirchenbesetzugen, zivilen Ungehorsam gegen einschränkende Gesetze, Widerstand gegen Deportationen usw. Dieser Widerstand führte in einigen Ländern zu Legalisierungskampagnen, die aber allesamt nur für wenige Personen Vorteile brachten. Auch wenn das System der Ausgrenzung und Abschottung nie wirkungsvoll attackiert werden konnte, schafften die Proteste sehr wohl, einzelne Abschiebungen zu verhindern und den - zumindest vorübergehenden - Aufenthalt nicht weniger Personen zu sichern. In den letzten Wochen sorgten einige direkte Aktionen gegen das System der Internierung und Deportation für Aufsehen. Im Tunnel
... In Bremen
... In Bern
... In Bologna
...
Eine Aktionsform
antirassistischer Gruppen und Individuen sind Grenzcamps. Grenzen sind
jene Linien, an denen das System der Ausgrenzung und Abschottung am deutlichsten
sichtbar wird. Ddie schwer bewachten Außengrenzen bieten für
AntirassistInnen eine aktionistische Angriffsfläche für direkte
Aktionen und Grenzcamps. Die Außengrenzen sind aber nichts Starres,
die äußere Abschottungslinie verlagert sich langsam aber sicher
weiter nach Osten. Dies führte dazu, dass sich in osteuropäischen
Staaten zunehmende Proteste gegen die Festung Europa bildeten.(1) Auch in Thüringen,
Deutschland, wo die Situation für Flüchtlinge sehr schlimm ist,
wird im heurigen Sommer ein Grenzcamp stattfinden, auf dem vor allem die
Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen thematisiert werden soll. AsylwerberInnen
wird in Deutschland per Gesetz verboten, den ihnen zugeteilten Landkreis
zu verlassen. Per Antrag - für den bezahlt werden muss und oft nicht
wird - müssen sie eine Genehmigung für eine Reise, die oft nur
in den Nachbarort oder die nächste größere Stadt führt,
einholen. Wer ohne gültige Genehmigung außerhalb des zugewiesenen
Landkreises kontrolliert wird, riskiert eine Gefängnis- oder Geldstrafe.
In den letzten Wochen wurden einige Leute zu mehrmonatigen Haftstrafen
verurteilt. Um die Sichtbarkeit
von Grenzen im Landesinneren sichtbar und das Ausmaß dieser Grenze
deutlich zu machen, fand 2001 ein Grenzcamp am Flughafen Frankfurt statt.
Über die größte Binnengrenze Deutschlands werden jährlich
10.000e Personen abgeschoben. Das Grenzcamp kann aber auch Teil der Kampagnen
gegen das Geschäft mit der Abschiebung gesehen werden, die unter
dem Titel deportation-alliance Abschiebefluglinien anprangert und auf
die Schädigung des Images der Fluglinien abzielt, damit diese auf
Deportationen verzichten, was in einzelnen Fällen auch schon geschehen
ist. Grenzen werden
an Gefängnismauern sichtbar, hinter denen Menschen allein aufgrund
ihrer fehlenden oder "falschen" Papiere für Monate (und
zunehmend auch Jahre) eingesperrt werden. So befindet sich in Campsfield,
UK, seit 1993 ein Gefängnis, in dem Flüchtlinge interniert sind.
Seit einiger Zeit finden dort regelmäßig Demonstrationen und
Camps statt. Am 7. Februar wurde nun vom Home Secretary David Blunkett
angekündigt, dass Campsfield möglicherweise im kommenden Jahr
geschlossen wird. Zumindest fünf Leute müssen nicht mehr so
lange warten. In der Nacht vom 21. auf den 22. Jänner konnten sie
mit Unterstützung von Außen fliehen. Die Schließung von
Campsfield bedeutet aber nicht das Ende von Internierung in den UK, da
dies nur eines von mehreren Abschiebegefängnissen in Großbritannien
ist. Die Proteste dort gehen jedenfalls weiter und möglicherweise
wird es im Sommer wie im Vorjahr wieder zu einem Camp vor dem Gefängnis
kommen. Kontrollen
stellen Grenze da, auf die mensch überall im öffentlichen Raum
treffen kann und die immer mehr ins Private vordringen. Technologie ermöglicht
das zentrale Speichern von Daten, die von jedem Ort aus abrufbar sind.
Eine dieser Datenbanken ist das Schengen Informations System (SIS). Das
SIS ist ein Symbol für die zunehmende Kontrolle der Gesellschaft
und die Einteilung in erwünschte und unerwünschte Personen.
Zur Erweiterung der im SIS gespeicherten Daten ist die Einführung
einer sogenannten "Troublemaker-Datenbank" geplant. Datenbanken
bieten auch eine Angriffsfläche für Hacktivism. Was bei Protesten
gegen Fluggesellschaften oder Organisationen des globalen Kapitalismus
seit Jahren gang und gäbe ist, wird möglicherweise auch auf
das SIS zukommen. Mit dem Slogan "SIS is a d.sec. Every d.sec is
a target. We will destroy each d.sec."(2) wird
vom 19.-28. Juli 2002 dazu aufgerufen, im Rahmen eines Grenzcamps in Strasbourg,
dem Sitz des Zentralcomputers des SIS, eigene kreative Aktionen einzubringen.
Im Mittelpunkt steht die direkte Intervention zur Thematisierung der Freiheit
von Bewegung in Zusammenhang mit der Freiheit von Kommunikation/Information.
Alles in Verbindung mit kreativem Protest. Die Volxtheaterkarawane wird
sich am noborder-Camp in Strasbourg beteiligen.
Entstanden
ist die Volxtheaterkarawane ausgehend von Wien als Teil des europaweiten
noborder-Netzwerkes. Im Sommer 2001 tourte sie mit internationaler Beteiligung
durch Europa. Die Karawane machte auf die europaweite Serie von untereinander
vernetzten politischen und kulturellen Ereignissen aufmerksam. Diese Aktionen
sind symbolisch für den heutigen Diskurs über Probleme von Migration
und Globalisierung. Jedes dieser sozialen Ereignisse war ein Ort und auch
ein Fest des Widerstandes und für die Karawane eine Gelegenheit,
Forderungen zu erheben und an einer offenen Diskussion über Bewegungsfreiheit
und die Abschaffung von Grenzen teilzunehmen. Ziel war und ist die Vernetzung
des Protestes für die Freiheit von Bewegung und das Tragen dieses
Protestes über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg.
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