Etwas weniger
von der Öffentlichkeit beobachtet als noch vor einem Jahr setzt Shell
die Unterdrückung der Ogoni in Nigeria fort. Die Militärdiktatur
hat 21 Ogoni unter derselben Anklage wie der hingerichtete Ken Saro-Wiwa
festgenommen und inhaftiert.
Wie erfolgreicher Widerstand gegen Multis aussehen kann, zeigen UmweltaktivistInnen
in den USA und die linke Guerilla in Kolumbien. Im US-Bundesstaat Wisconsin
haben Ökos nach 23 Jahren Kampf den Supermulti Exxon besiegt. In
Kolumbien zwang die Guerillagruppe ELN Occidental Oil, eine Pipeline endgültig
zu schließen.
Shell
to Hell
In Nigeria
setzt Shell sein Zerstörungswerk im Ogoniland fort. Die Öleinnahmen
Nigerias machen 80% der Staatseinnahmen der Militärdiktatur aus,
die Hälfte davon kommt von Shell. Shell kaufte in der Vergangenheit
direkt Waffen für Truppen des Innenministeriums und betreibt eine
eigene Schlägertruppe namens "Shell Police". Das Militär
ermordete bisher 2.000 Ogoni, mit Ken Saro-Wiwa wurden acht weitere AktivistInnen
gegen Shell und die Militärdikatur hingerichtet.
Nun hat das Militär wiederum 21 Ogoni inhaftiert, die unter Anklage
gestellt werden sollen. Als Reaktion auf die weltweite Kampagne gegen
Shell nach der Ermordung Saro-Wiwas wurden offiziell die Beziehungen Shells
zur Regierung Nigerias heruntergeschraubt, hinter den Kulissen läuft
alles wie bisher. Seit zwei bis drei Jahren besticht Shell massiv Dorfoberhäupter
im Ogoniland oder bedroht sie mit Militär, um offizielle Zustimmungserklärungen
zu Ölbohrungen und Pipelineprojekten zu bekommen. Zugleich werden
sowohl in Nigeria als auch in Westeuropa und den USA Umwelt- und Menschenrechtsgruppen
finanziert, um Berichte über "Besserungen" der Lage zu
erkaufen. Diesem Zweck dienen auch von Shell bezahlte Besuche von JournalistInnen
(aus Österreich solche von Standard und Presse, die aber nicht besonders
wohlwollend berichteten) in Nigeria.
Vor Ort war es Shell und dem Kompagnon Chevron bis vor kurzem noch gelungen,
ethnische Konflikte zwischen den Ijaw und den Ogoni zu schüren, die
mit dem Tod von einem Dutzend Personen endeten. Neuerdings haben sich
diese beiden Gruppen jedoch zur Organisation Chicoco zusammengeschlossen
und führen Besetzungen von Shell- und Chevron-Einrichtungen durch.
Weiterhin aktiv ist die Movement for the Survival of the Ogoni People
(MOSOP), der auch Saro-Wiwa angehörte. Zudem droht Shell eine neue
offene Front, da die mächtige ÖlarbeiterInnengewerkschaft einen
Forderungskatalog beschlossen hat, der mit den Erklärungen der MOSOP
weitgehend ident ist, und für die Durchsetzung einen Generalstreik
plant.
Exxon
Out
Tausende
haben sich seit nunmehr 23 Jahren gegen ein gigantisches Bergbauprojekt
der Crandon Mining Company am Wolf River im Bundesstaat Wisconsin und
gegen Exxon (bei uns als Esso bekannt) gewonnen. Exxon gab Anfang 1998
auf verkaufte alle Anteile an Crandon Mining an die Rio Algom Corporation.
Politischer Erfolg war, daß eine Koalition aus Umweltgruppen, von
IndianerInnen, Gewerkschaften, Stadträten und GemeindevertreterInnen
ein Gesetz durchsetzte, das es Firmen nur noch dann erlaubt neue Bergbauprojekte
in Wisconsin aufzumachen, wenn sie den zehnjährigen Betrieb einer
bestehenden Mine ohne einen einzigen Zwischenfall nachweisen können.
Im Finale durchgesetzt wurde dieses Bundesgesetz aber erst dadurch, indem
70 Abgesandte von Initiativen aus Wisconsin im Capitol in Washington DC
vor dem Eingang des Senates eine stundenlange Besetzung abhielten, woraufhin
die Abstimmung im Senat um zehn Tage vorverlegt und das Gesetz wider Erwarten
plötzlich angenommen wurde.
BP
führt Krieg
Was Shell
für Nigeria, ist British Petroleum für Kolumbien. Die linken
Guerillagruppen FARC und die ELN (Nationale Befreiungsarmee) führen
seit 30 Jahren mit zunehmendem Erfolg einen Kampf gegen Regierung, Militär
und gegen Konzerne, die Militär und paramilitärische Todesschwadronen
finanzieren und zum Teil selbst betreiben.
Nachdem in den letzten zehn Jahren auf die Pipeline Cano Limon-Covenas
über 500 Anschläge, davon 65 im letzten Jahr, verübt wurden,
wurde diese im Jänner d.J. vom Betreiber Occidental Oil außer
Betrieb gestellt.
Anschläge auf Ölanlagen treffen in Kolumbien den Nerv der Regierung
und des Militärs. Paramilitärische Gruppen bekommen alleine
aus den USA jedes Jahr 25 Millionen Schilling an "Hilfe" um
Ölpipelines von Shell und Occidental zu schützen. Außerdem
zahlen alle Konzerne eine Spanne an das Militär zur Finanzierung
der offiziellen Repression.
BP geht darüber hinaus und finanziert nicht nur eigenständig
eine Militäreinheit der kolumbianischen Armee, sondern betreibt auch
eine paramilitärische Truppe und heuerte vor einem Jahr eine britische
Söldnerfirma namens Defense Systems Limited (DSL) an. Die DSL bildet
auch Einheiten der kolumbianischen Armee in Kriegsführung aus.
Die kolumbianische Regierung, die seit einiger Zeit Friedensverhandlungen
mit der FARC und der ELN vorbereitet, stellte vor kurzem in einem unveröffentlichten
Bericht fest, daß BP mit Soldaten bei Entführungen, Morden
und Folter zusammenarbeitet. BP bereitet geheimdienstliche Informationen
über Personen, die sich gegen die Ölexplorationen engagieren,
auf und gibt diese an das Militär weiter, woraufhin diese festgenommen
oder entführt werden.
Ähnlicher Methoden bedient sich auch Occidental. Der Anführer
der indigenen U'wa, die gegen ein geplantes Ölprojekt protestieren,
wurde eines Nachts von bewaffneten und maskierten Männern aus dem
Bett geholt und mit dem Tod bedroht. Er sollte ein Dokument unterzeichnen,
das Occidental die Ölbohrungen im Namen der U'wa erlaubt. Als er
sich trotzdem weigerte, wurde er verprügelt.
Allerdings geht Multis wie Regierung langsam die Luft aus. Während
BP und andere kein Personal mehr bekommen, das wegen der ständigen
Angriffe der ELN zu den Ölfördereinrichtungen zu fahren bereit
ist, hat die stärkste der Guerillagruppen, die FARC, erst Anfang
März eine Eliteeinheit der kolumbianischen Armee im offenen Gefecht
geschlagen. Die Regierung zeigte sich als Folge darauf entsetzt über
geheimdienstliche Berichte aus den USA, daß die Guerilla Kolumbiens
in ungefähr fünf Jahren die Macht übernehmen wird.
Mitsubishi
verliert
Nach acht
Jahren Boykott in den USA haben die US-Tochterunternehmen Mitsubishi Motor
Sales of America und Mitsubishi Electric America alle Forderungen des
Boykottorganisators Rainforest Action Network (RAN) akzeptiert. Die beiden
Mitsubishi-Unternehmen werden keine Produkte aus Urwäldern mehr verwenden
und bis zum Jahr 2002 gänzlich auf Papier und Verpackung aus Holz
verzichten sowie auf alternative Rohstoffe wie Fasern aus Abfällen
aus der Landwirtschaft umsteigen. Zur Unterstützung von Gemeinden,
die abgeholzte Wälder wieder aufforsten möchten, werden die
Firmen ein Programm entwerfen und zum Schutz bestehender Regenwälder
aktiv beitragen. Außerdem werden sich beide Firmen einem nachvollziehbaren
Kontrollprogramm zur Reduktion der Umweltauswirkungen der Firmenaktivitäten
unterwerfen.
Das Abkommen betrifft nur die beiden Subunternehmen aus dem Mitsubishi-Konzern.
Diese waren vom RAN herausgegriffen worden, weil sie besonders umweltschädigend
aufgetreten waren.
...und
Shell verliert
Die Brent
Spar wird nun endgültig nicht versenkt. Nachdem Shell wegen dieser
Ölplattform bzw. deren geplanter Versenkung ein Debakel hinnehmen
mußte, ist nun die endgültige Entscheidung gefallen, daß
die Brent Spar an Land zerstückelt und wiederverwertet wird.
Die britische Finanzzeitung Financial Times, direkt am Puls der Großindustrie,
bemerkte in einer Analyse der Vorgänge rund um die Brent Spar zum
wiederholten Male, daß Greenpeace mit seinen Aktionen das Image
von Shell katastrophal geschädigt hat, während der Ausschlag
für eine Wende in der Haltung des Shell-Managements der erfolgreiche
Brandanschlag in Hamburg auf eine Shell-Tankstelle war.
Natürlich weist Shell darauf hin, daß die Lösung für
die Brent Spar keinesfalls bedeutet, daß Shell auf weitere Versuche
zur Versenkung von alten Ölplattformen im Meer verzichten wird.
BP
schlägt zurück
Während
Shell momentan etwas in den Seilen hängt, hat nun BP die Rolle des
bösen Buben übernommen und schlägt rücksichtslos zurück.
Voriges Jahr gab Greenpeace bekannt, daß jeder Versuch, im Nordatlantik
neue Ölplattformen zu errichten, behindert würde. Nördlich
der Shetland Inseln (Schottland) haben 30 Ölkonzerne Lizenzen für
Explorationen in bisher unerschlossenen Gebieten erhalten. Letzten August
besetzte Greenpeace die erste Plattform auf dem Weg in das Explorationsgebiet
Foinaven, die Stena Dee von BP. Noch während GreenpeacerInnen an
die Stena Dee gekettet waren, erwirkte BP eine einstweilige Verfügung
gegen Greenpeace. Nach acht Besetzungstagen kündigte BP eine Klage
über ca. 25 Millionen Schilling an. Doch schon am Tag darauf zog
BP diese Drohung zurück. Als Begründung gab BP die feindseligen
Reaktionen an. Die Internationale Föderation Grüner Parteien
hatte BP mit einem Boykott in 70 Ländern gedroht und auch die britische
Liberaldemokratische Partei sprach davon, daß dies "wieder
einmal ein Beispiel für eine große multinationale Firma sei,
die ihren massiven juristischen Muskel zur Vernichtung legitimer Opposition
verwenden würde". BP zog auch den Antrag auf Einfrierung der
Bankkonten von Greenpeace, dem ein Gericht bereits stattgegeben hatte,
wieder zurück.
Die Nachwehen dieser Besetzung sind für BP seitdem ständig zu
spüren. Um das Image etwas aufzupolieren, ging BP-Chef John Browne
einige Monate später mit dem Vorschlag hausieren, eine Energiesteuer
zur Verminderung des Energieverbrauchs aus nicht erneuerbaren Energieträgern
einzuführen und damit dem Klima zu helfen. Nicht nur daß BP
wegen seines üblen Engagements in Kolumbien zunehmend ein Imageproblem
hat, versucht auch Greenpeace in Großbritannien schlichtweg alle
Ölkonzerne (BP, Shell, Elf, Mobil, Texaco) und die Regierung wegen
der Lizenzen für die Nordsee vor Gericht zu zerren. Nachdem ein Gericht
die Klage von Greenpeace aus Formalgründen ("zu spät eingereicht")
abwies, liegt die Angelegenheit nun bei einem Berufungsgericht und geht
möglicherweise an die EU-Kommission. Unabhängig davon hat Greenpeace
weitere Aktionen angekündigt, falls Plattformen in den Nordatlantik
geschickt werden.
Gallische
Dörfer
Gallien liegt
derzeit im Distrikt Kassandra bei Thessaloniki in Griechenland und das
unbesiegbare Dorf heißt Olympiada. Die Römer kommen neuerdings
aus Kanada mit dem Bergbaumulti TVX.
Seit zwei Jahren verhindern die BewohnerInnen von Olympiada und einiger
anderer Dörfer eine große Goldmine. TVX plant 550 Millionen
US$ (1 US$ ist 13 öS) dort zu investieren, die größte
Investition in Griechenland seit über 20 Jahren. Nur 15 km von Olympiada,
in Skouries, soll auch noch ab 1999 eine Blei- und Zinkmine in Betrieb
gehen. Die giftigen Schlämme sollen in einem abgelegenen Tal deponiert
werden.
Im Bezirk Kassandra gibt es starken Widerstand. Letzten November fackelten
zwischen 400 (Polizeiangaben) und 3.000 DemonstrantInnen, die mit Steinen,
Jagdgewehren und Eisenstangen bewaffnet waren, Bohreinrichtungen von TVX
ab und zerstörten fünf Polizeiautos. Die Regierung entsandte
daraufhin die Aufstandsbekämpfungspolizei. Fünf Bürgermeister
von Dörfern, darunter Vassilis Naoum, wurden wegen Anstiftung zu
dieser Demonstration gerichtlich verurteilt. Weitere Aktionen, darunter
die Blockade der einzigen Autobahn nach Norden, folgten. Der für
das Projekt zuständige Minister Vasso Papandreou, erhielt im Februar
eine Bombe.
Noch ist nichts entschieden, weil die DemonstrantInnen im richtigen Moment,
nämlich zu Beginn der ersten Probebohrungen zuschlugen. "Ich
habe nicht die exakten Kosten, aber das sind sehr teure Maschinen",
meinte Costa Sinis, Präsident von TVX Hellas.
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