15:30
wir
erhielten einen brief von einer person die ebenfalls im indymedia-center
war. das meiste ist mittlerweile eh schon bekannt, aber es schildert nochmal
einen persönlicheren eindruck. der in diesem text noch einmal angesprochene
zweite todesfall bei der stürmung des indymedia-centers hat sich
mittlerweile als nicht richtig herausgestellt. >>>aufruf
von indymedia<<<
Genua, 21.Juli
von Starhawk
Ich glaube,
dass ich ruhig bin und nicht unter Schock stehe, aber meine Finger zittern,
waehrend ich das schrzeibe. Wir sind oben in der Schule, die als Zentrum
fuer Medien, fuer medizinisches und fuer Ausbildung genutzt wird. Wir
hatten unsere Treffen gerade beendet und fuehrten Telefongespraeche, als
wir Rufe hoerten und Sirenen, schreiende Leute und zerbrechende Gegenstaende.
Die Polizisten waren gekommen und stuermten das Zentrum. Wir konnten nicht
aus dem Gebaeude raus, weil am Eingang zuviele Leute waren. Lisa nahm
meine Hand und wir rannten die fuenf Treppeb hoch bis ganz nach oben.
Jeffrey kam zu uns. Die Leute verteilten sich und suchten nach Verstecken.
Wir gerieten nicht in Panik, aber mein
Herz raste und ich kriegte kaum Luft. Wir fanden einen leeren Raum mit
ein paar Tischen und schnappten uns ein paar Schlafsaecke um unsere Koepfe
zu schuetzen, falls wir geschlagen wuerden. Wir warteten. Hubschrauber
droehnten ueber dem Gebaeude und unten konnten wie Tuerenschlagen und
Leute rufen hoeren; dann war es ruhig. Einige kamen rein, gingen herum,
verschwanden. I wagte kaum tief Luft zu hilen und hatte einen fast unkontrollierbaren
Husten - aber ich kontrollierte ihn.
Da lag ich
und rief mir ins Gedaechtnis, dass es ganz viele Leute gibt, die uns Liebe
und Schutz zusenden und ich konnte endlich atmen. Das Licht ging an. Durch
einen Spalt zwischen den Tischen konnte ich einen Helm sehen, ein Gesicht.
Ein grosser italienischer Polizist mit einem riesigen Bauch wurde ueber
uns sichtbar. Er sagte, wir sollten herauskommen. Er schien nicht in Pruegelstimmung
zu sein, aber wir blieben wo wir waren und versuchten auf englisch und
spanisch mit ihm zu reden und die paar Worte italienisch, die ich kannte:
"paura" "Angst" und "pacifisti". Er nahm
uns mit runter in die dritte Etage, wo eine ganze Reihe Leute gegen die
Wand gelehnt sassen.
Wir warteten.
Jemand kam rein und wollte wissen, ob jemand von Indymedia Irland da sei.
Wir warteten. Anwaelte kamen an: Die Polizei verschwand. Wegen irgendeines
unbekannten italienischen Gesetzes durften wir da bleiben, weil es ein
Ort der Medien war, obwohl die Schule auf der anderen Strassenseite auch
ein Medienzentrum war und sie da reingingen und Leute zusammenschlugen.
Wir schauten lange Zeit aus den Fenstern. Sie fingen an, Leute auf Tragen
rauszubringen. Eine, zwei, ein Duzend oder mehr. Eine Menge hatte sich
versammelt und rief "Assassini! Assasini" ["Moerder"].
Sie brachen die wachen Verletzten raus, nahmen sie fest und brachten sie
weg. Wir glauben sie haben jemanden in einem Leichensack rausgebracht.
Die Menge
unten forderte die Polizei heraus und die Polizei die Menge.
Ploetzlich war da ein grosser Kreis von Presseleuten und helle Kamaralichter.
Monica, unsere Gastgeberin vom Genua Social Forum, kam herauf und fand
uns. Sie hatte Botschaften und Medien angerufen und hat uns vielleicht
davor bewahrt, geschlagen zu werden, nachdem die Polizisten mit dem ersten
Gebaeude fertig waren. Die ganze Zeit ratterten Hubschrauber deren Scheinwerfer
hell in die Gebaeude strahlten. Eingie tapfere Leute hielten die Menge
zurueck, die bereit schien, die Reihe von Riot- Polizisten anzugreifen,
die sich mit Schilden und aufgesetzten Gasmasken vor der Schule formiert
hatte. "Tranquillo, tranquillo" ["ruhig"] sagten sie,
hoben ihre Haende und hielten die wuetende Menge von einem selbstmoerderischen
Angriff zurueck. Ich war am Telefon und rief zuhause an, dann wieder am
Fenster, dann wieder am Telefon. Schliesslich zogen die Polizisten ab.
Wir gingen runter in den ersten Stock, nach draussen, hoerten die Geschichte.
Sie waren in die Raeume gekommen wo die Leute schliefen. Alle hatten die
Haende gehoben und riefen "Pacifisti, pacifisti". Und sie schlugen
alle windelweich [beat the shit out of every person]. Dafuer gibt es keine
schoenen Worte. Wir gingen in das andere Gebaeude: Da war an jedem Schlafplatz
Blut, an manchen Stellen Lachen, rumgeworfene Sachen, zerstoerte Computer
und Ausruestungen. Wir alle liefen schockiert umher und wollten uns nicht
vorstellen, was mit den Festgenommen passiert, mit denen,
die sie ins Krankenhaus gebracht haben. Wir wissen, dass sie alle
festgenommen haben, die sie ins Krankenhaus gebracht haben, dass sie Leute
in den Knast gebracht und gefoltert haben. Ein junger Franzose von unserem
Training, Vincent, hat am Freitag auf der Strasse einen ueblen Schlag
auf den Kopf bekommen. Im Knast haben sie ihn in einen Raum gebracht,
ihm den Arm auf den Ruecken gedreht und seinen Kopf auf den Tisch geknallt.
Ein anderer Mann wurde in einen Raum mit Mussolini- und Pornobildern gebracht
und in einer seltsamen Art von Psychofolter abwechselnd geschlagen und
gestreichelt. Andere wurden gezwungen, "Viva il Duce!" ["Hoch
lebe der Duce = Mussolini"] zu rufen !! Nur falls nicht klar ist,
dass das Faschismus ist. Die italienische Variante, aber sie kommt zu
dir. So weit werden sie gehen, um ihre Macht zu verteidigen. Es ist die
Luege, dass Globalisierung Demokratie bedeutet. Ich kann euch jetzt sagen,
dass Demokratie nicht so aussieht.
Ich muss
jetzt aufhoeren. Wir sollten in Sicherheit sein, wenn wir den Weg zurueck
zu unserer Unterkunft schaffen. Ruft die italienische Botschaft an. Geht
dort hin - Schande ueber sie! Wenn die Situation so gefaehrlich bleibt,
koennen wir morgen vielleicht keine Demo aufziehen. Bitte , tut etwas!
Indymedia
berichtet:
Indymedia berichtet: In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde in Genua
das Gebäude, welches das General Social Forum (GSF), Pressebüro Radio
Gap, ManifestoCarta und Indymedia Italy beherbergt, von italienischen
Polizeieinheiten brutal gestürmt. Die Polizei beschlagnahmte dabei vor
allem Video- und Fotomaterial der Ereignisse rund um die Proteste in Genua.
Im Zuge der Amtshandlung wurden gleich auch ein paar Computer und Monitore
zerstört. Darüberhinaus hatten es den PolizistInnen auch die Datenbanken
und Unterlagen der Rechtshilfe, sowie einiger AnwältInnen, die einige
DemonstrantInnen rechtlich unterstützt hatten, angetan. Am krassesten
war aber das Vorgehen der Polizei gegen 50 AktivistInnen, die gegenüber
dem Medienzentrum, in der von der Stadt zur Verfügung gestellten Schule
Diaz übernachten wollten. Fast alle der in diesem Gebäude befindlichen
Personen mussten nach dem Polizeieinsatz – viele hatten Knochenbrüche
oder stark blutende Verletzungen am Kopf erlitten – ins Krankenhaus eingeliefert
werden. Noch stunden nach dem Einsatz ist die Schule eher mit einem Schlachtfeld
vergleichbar: eingeschlagene Fensterscheiben, zerstörte Türen und der
Boden voll von Blut. Die Polizei rechtfertigte ihr Vorgehen damit, dass
sie AktivistInnen eines ominösen "Schwarzen Blocks" in der Schule vermutet
hatte.
03:30
Die Schule
vis a vis von Indymedia war von der Polizei gestürmt worden. Sie
dürfte nun wieder betretbar sein. Es wurden Blutflecken an den Wänden
gefunden. nähere Berichte gibt es auf www.betazine.org.
nach
bisherigen angaben wurden mehr als 50 menschen verletzt und in benachbarte
spitäler gebracht. es sieht nach einem äusserst bösen überfall
aus mit dem ziel möglichst viele menschen zu verletzen. >>>
austria.indymedia.org
die polizei will waffen gefunden haben, was allerdings nicht bestätigt
werden konnten, da keine journalistInnen anwesend waren. (rai-uno)
01:30
nach einem telefonat mit menschen in genua haben wir folgendes erfahren:
die Polizei ist in das Medienzentrum eingedrungen und hat einige Computer
zerstört. Das Gebäude wurde von unten nach oben durchsucht.
Ob dabei Leute festgenommen oder verletzt wurden wissen wir nicht. Nach
ca. 10 Minuten kam die Stadtverwaltung von Genua, die das Gebäude
offiziell zur Verfügung gestellt hatte und die Polizei verliess das
Gebäude wieder. Rund um das Medienzentrum wurden einige Personen
verhaftet. Die Polizei nahm Video- und anderes Material mit.
00:50
wir haben diese nachricht soeben erhalten. wir haben keine bestätigung.
allerdings wurden die indymedia projekte schon längere zeit nicht
aktualisiert. bitte verteilt die nachricht weiter.
The police has brutally entered the Indymedia and GSF building a moment
ago. They are presumebly trying to destroy all the evidence of police
brutality in the last days which is gathered in the videos and photographies
of Indymedia activists. They are holding a group of us donwstairs in the
internet room and apparecntly they are fighting with Indymedia people
upstairs, who were trying to protect their floor. They have teargassed
the area and it is difficult to breath inside. Please prepare to make
actions at Italian embassies tomorrow. We just finished plannig a solidarity
action in this city for tomorrow at 12:00 but it is not clear whether
it will be possible, we might end up all arrested. This city is becoming
a symbol of state brutality and cruelty.
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