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EU-RatspräsidentInnenschaft: Abschlusskonferenz in Göteborg, Schweden 2001

  weitere Informationen:
http://motkraft.net/gbg2001
http://www.gbg2001.org
http://www.j15.org
 

Doris & Christine, Göteborg

25.05.2001
 

Seattle, Prag, Göteborg?

   

Eine breite skandinavische Widerstandsbewegung formuliert derzeit ihre Kritik gegen neoliberale EU- Politik. Konkreter Anlaß dazu ist die für 14.-16.Juni 2001 geplante EU-Abschlußkonferenz in der zweitgrößten Stadt Schwedens. Als Vorbilder für eine groß angelegte Gegenmobilisierung dienen die Aktionen rund um die WTO- Tagung im Dezember 1999 in Seattle und die im letzten Jahr in Prag abgehaltene IWF- Konferenz. Ist es zulässig diese von GlobalisierungsgegnerInnen viel zitierten Schauplätze politischer Manifestationen in einem Atemzug mit dem EU- MinisterInnenratstreffen in Göteborg zu nennen? Zwei Erasmus- Studentinnen berichten vor Ort von den anlaufenden Protestvorbereitungen.

Die Haltung der NordeuropäerInnen zur Europäischen Union bleibt skeptisch. Nur eine knappe Mehrheit der SchwedInnen und Finnlnnen stimmte für einen EU-Beitritt. Norwegen und Island folgen zwar den Schengen- Kriterien, zeigen aber generell kein Interesse an einer Mitgliedschaft und Dänemark votierte vor einem halben Jahr erneut gegen den Beitritt zur gemeinsamen Währungsunion.

Diese reservierte Einstellung gegenüber EU- Agenden hat bereits Strukturen geschaffen, auf die die derzeitige Anti- EU Mobilisierung in ihrer Arbeit zurückgreifen kann. Darunter fallen nicht nur NGO- Aktivitäten, sondern auch im Parlament vertretene Parteien zeigen sich kritisch bis aktivistisch: die Schwedische Linkspartei (Vänsterpartiet) und die Grünen (Miljöpartiet) kooperieren mit der anläßlich der schwedischen RatspräsidentInnenschaft geschaffenen Plattform "Göteborgsaktion 2001". Unter dem vagen Motto "Für ein anderes Europa" vernetzen sich Gruppierungen unterschiedlicher ideologischer Ausrichtungen. Wie schon in Seattle, Prag und Nizza entstehen "Regenbogenkoalitionen" die sich durch inhaltliche und organisatorische Heterogenität auszeichnen. GewerkschafterInnen protestieren gemeinsam mit Anarcha- Feministinnen und nutzen die neue Publizität die ihrem Protest seit Seattle sichtbar macht. Seit dem Beginn des schwedischen Ratsvorsitzes mobilisiert der gesamte nordische Raum im linken Feld. Ya Basta! Finnland, Women's Alternative to EU Finnland, SyndikalistInnen und internationale SozialistInnen aus Dänemark und Norwegen um nur wenige zu nennen. Die ideologische Vielfalt spiegelt sich auch in den geplanten Protestformen wieder.

Während NGO's wie "Pazifistische Aktion" (Ickevaald) sich ausschließlich für friedliche Aktionen für alle DemonstrationsteilnehmerInnen aussprechen, fordert die Gegenposition, vertreten u.a. durch "Antifaschistische Aktion", den Abbruch der Konferenz mit allen Mitteln. Daß dies für Zündstoff sorgt, ist klar. Öffentliche Plätze politisch zu besetzen ist das Ziel der autonom organisierten, feministischen Gruppe "EMMA", die u.a. mit ihrem Konzept Straßentheater Kritik wecken will. Schwerpunktthema der Performance ist die rassistische Asylpolitik des Schengen- Vertrages, den Schweden im März dieses Jahres ratifiziert hat.

Größter medialer Aufmerksamkeit erfreut sich das erst kürzlich gegründete Projekt "Attac Sverige". Analog zu den 1997 gegründeten "Attac France" fordern sie die Einführung der Tobinsteuer und eine Entschuldung des Südens. Unerwarteten Zuspruch erhält die Attacs globalisierungskritische Arbeit von Regierungsseite. Vor allem die SozialdemokratInnen wollen mit ihrem Schmeichelkurs politisches Kapital schlagen, indem sie öffentlich verkünden, daß die Ziele der Gruppe den ihren nicht so fern stünden. Diese Vereinnahmungsstrategie treibt einen Keil in die ohnehin spannungsgeladene Protestbewegung, und spaltet die außerparlamentarische Opposition in "gute" und "böse" DemonstrantInnen.. Diese Vorgangsweise erleichtert selektive Polizeiarbeit: "Unerwünschter" Protest wird nicht nur von der Staatspolizei gefilmt, er muß auch damit rechnen gejagt, geprügelt, und außerhalb der Stadtgrenze ausgesetzt zu werden. So geschehen mit linken, autonomen DemonstrantInnen anläßlich des MinisterInnenrates Ende März in Stockholm.

Daß die staatlichen "Sicherheitsmaßnahmen" für den Gipfel in Göteborg im Juni drastisch verschärft werden, ist vorhersehbar. Der angekündigte Kurzbesuch des US- Amerikanischen Präsidenten George W. Bush bringt zudem ein enorm aufgestocktes Polizeiaufgebot mit sich. Das Konferenzviertel wird mit meterhohem Stacheldrahtzaun abgeriegelt. Innerhalb der Sperrzone müssen Geschäfte tagelang geschlossen halten, BewohnerInnen des Geländes benötigen einen eigens angefertigten Paß um es verlassen und betreten zu können.

Angesichts dieses kostspieligen Organisationsaufwandes für die sogenannte Sicherheit, ging Schwedens Premier Göran Persson sogar soweit vorzuschlagen, zukünftige EU- Tagungen ausschließlich in Brüssel abzuhalten. Welches Demokratieverständnis steht hinter solchen Aussagen, wenn Demonstrationen nur als Störung empfunden werden und sich sogenannte demokratische EntscheidungsträgerInnen hinter einem aufgeblasenen Polizeiapparat verstecken müssen?

Im Dezember letzten Jahres konfrontierten 75 000 Menschen die Abschlußkonferenz der französischen Ratspräsidentschaft in Nizza mit ihrer Anti- EU Haltung. Wird sich skandinavische Demonstrationskultur mit französischer messen können? Ist der Bezug auf Seattle und Prag, wie ihn "Göteborgsaktion 2001" herstellt ein gerechtfertigter Vergleich, werden doch zutiefst undemokratische Institutionen wie IWF und WTO auf eine Ebene mit der EU gestellt? Durch die Assoziation mit Seattle und Prag erhoffen sich die OrganisatorInnen eine breitere Mobilisierung für Göteborg. Im Bewußtsein der neoliberalen Stoßrichtung von EU Politik und des aufgeblasenen Polizeiapparates scheint die Bezugnahme mehr als nur zulässig.

Leave your business- join the demonstration!

 

 

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