Charles
Ofoedu lebt und arbeitet seit 10 jahren in wien. er studierte in nigeria
publizistik und arbeitete unter anderem als lehrer, als medienverleger und
als beamter.
das gespräch führte Jürgen Schmidt
(Das Interview erschien in der Zeitschrift Context XXI Nummer 1/2001) |
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ein interview
mit Charles Ofoedu
die übermacht und die undurchschaubare struktur der organisierten kriminalität,
der schutz unserer frauen und unserer kinder und
nicht zuletzt die reinheit unseres volkes führen zu einem
konsensualen verhalten unter dem titel: wir verfolgen wen wir wollen.
Im febraur 1999 wurde Ahmed F. der aus dem senegal vor 10 jahren nach österreich
migrierte in einer wiener u-bahnstation von polizeibeamten so lange geschlagen
bis er tot war. Am 1. Mai 1999 starb Marcus Omofuma beim versuch des österreichischen
staates ihn per flugzeug nach nigeria zu deportieren. Die rassistische praxis
in staat und gesellschaft führte schließlich dazu, dass sich
migrantInnen selbst zu einem breiten bündnis zusammen schlossen und
mehrere demonstrationen in wien organisierten. Die erste dieser demonstrationen
lief unter dem titel stoppt den rassistischen polizeiterror.
Die notwendigkeit dieser parole wurde in den nächsten monaten mehr
als deutlich. Am 27. Mai 1999 startete die größte polizeiaktion
der zweiten republik, die operation spring. Damit war das konstrukt
der nigerianischen drogenmafia durchgesetzt. Von medien und gesellschaft
wurde es begierig aufgenommen. Die antisemitischen und rassistischen ressentiments
dieser verfolgungspraxis stießen auf einen breiten konsens. afrikanerInnen
werden heute ständig zu drogendealerInnen stigmatisiert, die in übermächtigen
strukturen organisiert sind und die sicherheit der ganzen welt bedrohen.
Im frühling 2000 wurde Imre B. in seinem auto sitzend von einem polizeibeamten
erschossen. Das ist die lehre die polizei und medien aus ihrem kampf gegen
afrikanerInnen gezogen hat. Erst schießen und dann fragen, schließlich
geht es um unsere sicherheit.
Doch von mord darf nicht gesprochen werden. mord als politische kategorie
zu benennen führt wieder zu strafverfolgung. Eine aktivistin der african
community brachte es im mai 1999 auf den punkt: sie haben beschlossen,
dass wir nicht hier sein dürfen und jetzt bringen sie uns einfach um.
In deinem buch morgengrauen
hast du deine erlebnisse mit der operation spring und der
medialen hetze niedergeschrieben. Jetzt schreibst du an einem neuen buch
über einen afrikaner der in österreich um asyl ansuchen will.
Wie siehst du die verbindung zwischen kunst und politik, zwischen deiner
literatur und den herrschenden zuständen in der gesellschaft?
Als schriftsteller bin ich teil dieser gesellschaft. Das schreiben muss
daher auf meine umgebung zurückwirken Wir sind ja auch politische
menschen. Auch wenn jemand schreibt um kultur zu schaffen, handelt es
sich letztlich immer um politik. die politik ist ein teil des lebens der
menschen. Für mich ist es sehr wichtig immer über themen zu
schreiben die mich bewegen. SchriftstellerInnen könnten auch als
die augen einer gesellschaft angesehen werden. Es gibt schriftstellerInnen
die kritiseren und die etwas zu sagen haben und andere die nur über
liebe schreiben. Ich sehe mich als jemand der schreibt um politik zu machen.
Charles du bist bei den bunten und bei der african community. Wie würdest
du diese zusammenschlüsse charakterisieren.
Die bunten existieren seit 4 oder 5 jahren und sind eine politische organisation
die leute aus den einzelnen kontinenten zusammengebracht hat. Die beteiligten
kommen aus unterschiedlichen zusammenhängen und bringen ganz individuelle
voraussetzungen mit. Es sind leute aus afrika, aus lateinamerika, aus
asien, aus europa. Gegründet hat sich diese gruppe um für die
würde der menschen zu kämpfen, egal welcher religion, welcher
hautfarbe oder welcher kultur sie sich zugehörig fühlen.
Unser ziel ist es die unterdrückungen zu beenden. Wir versuchen,
dass unsere stimme gehört wird. Es gibt auch eine zeitung, die bunte
zeitung (1). Da wir keinerlei budget haben ist
es oft sehr schwierig, die zeitung überhaupt zu produzieren.
Die african community ist eine zusammensetzung von verschiedenen gruppen
die hauptsächlich von afrikanerInnen getragen werden.
Die community gibt es seit ca. zwei jahren und sie ist für alle afrikanischen
vereine und personen offen, die sich dafür interessieren. Es gibt
hier keinen vorstand oder was ähnliches. Wir kommen zusammen, erzählen
uns von unseren problemen und überlegen, wie wir sie lösen können
und weiter arbeiten können. Wir sprechen auch oft über integration
und was wir dazu beitragen können. Aber ich habe das gefühl,
dass meist integration mit assimilation verwechselt wird. So etwas wie
integration kann es hier nicht geben.
>Auch innerhalb der bunten gibt es oft widersprüche. Die bunten
sind ja eine gemischte gruppe von männern und frauen. Man darf nicht
vergessen, dass frauen immer sagen, dass sie sich emazipieren müssen.
Was bedeutet emanzipieren? Die männer haben die frauen immer diskriminiert.
Wenn man sagt, du musst zuhause bleiben, du kannst nicht rausgehen, dann
macht man den gleichen druck wie er gegen afrikanerInnen gemacht wird.
Die afrikanerInnen sollen lieber nicht kommen, die sind so gefährdet.
Wir haben viel von den feministinnen gelernt und wir können noch
viel lernen.
Die bunten wurden oft, vor allem aus der österreichischen
linken, kritisiert zu unpolitisch zu sein und sich nur für menschenrechte
ála amnesty international - einzusetzen. Wie geht ihr mit solchen
kritiken um?
Wir haben eine klare politische linie. In erster linie geht es uns darum,
dass wir selbst für unsere rechte einstehen und dafür auch kämpfen
können. es gibt auch noch andere kritiken, die von migrantInnenvereinen
kommt. Die bunten würden versuchen alle migrantInnen zu vertreten.
Aber wir sagten, das geht nicht, und das wollen wir auch nicht. Wir können
nur uns selbst vertreten. Die anderen müssen das auch selber tun.
Ich denke mir, dass eine gruppe, die nie kritisiert wird, auch nicht wahrgenommen
wird. Deswegen freut mich diese kritik. Sie zeigt, dass wir zumindest
schon gehört werden und auffallen. So freut es mich, dass ich noch
der obmann der bunten bin.
Im frühling 1999 kam es zu großen demos gegen rassismen.
Am 19. März unter dem motto stoppt den rassistischen polizeiterror.
Diese demonstrationen waren die ersten, bei denen die afrikanerInnen überhaupt
selbst auf die straße gegangen sind. Viele menschen hatten die ganze
zeit angst und gesagt, niemand kann uns hier verteidigen. Aber die nigerianerInnen
in wien haben zumindest schon einmal vorher eine demonstration organisiert.
Nach der wahl in nigeria kam ein rechter präsident an die macht und
da gab es eine aktion vor der botschaft in wien. Aber es war nicht so,
wie wir uns das vorgestellt hatten. Es waren fast nur österreicherInnen
und polizistInnen dabei. Wir waren nur ganz wenige. Alle, die uns sahen,
haben uns mit großen augen angestarrt, so unter dem motto was
machen die afrikanerInnen in österreich auf der straße.
Wir haben oft, schon bevor marcus omofuma starb, über die brutalität
der polizei gesprochen. Wir diskutierten auch über die angriffe denen
afrikanerInnen auf der straße und bei der polizei ausgesetzt sind.
In der öffentlichkeit hat aber niemand etwas gesagt oder etwas getan.
Die demonstrationen bei ahmed f. und marcus omofuma waren dann dafür
da, dass wir überhaupt gehört werden. Wir arbeiteten mit verschiedenen
organisationen zusammen. Dabei lernten wir, wie demos organisiert werden.
Das war protest der sagt, wir sind menschen und wir können zusammen
für unsere rechte kämpfen. Wir haben gezeigt, dass wir zusammen
arbeiten können. Nach den demonstrationen hat der staat auf die afrikanerInnen
eingeschlagen um ihre ganze zusammenarbeit zu zerstören. Ich hoffe,
dass wieder eine zeit kommt, in der die afrikanerInnen in österreich
auf die straße gehen können, um für ihre rechte zu kämpfen.
Es gab, wie du auch erzählt hast, unzählige übergriffe
bis zu morden an migrantInnen. Warum wurde aus marcus o. eine ikone?
Marcus omofuma kam ohne papiere als asylwerber nach österreich. Wenn
er nicht gestorben wäre, würde wahrscheinlich niemand marcus
omofuma kennen. Ich kannte ihn auch nicht. Ich habe ihn nie gesehen. Bekannt
geworden ist er aufgrund der situation. Er ist in einem flugzeug bei einer
abschiebung erstickt und die polizisten hatten die verantwortung. Die
reaktionen der österreichischen politik unter schlögl und klima
waren unglaublich. Marcus wurden alle seine rechte genommen. Die leute,
die afrikanerInnen, haben dagegen gekämpft, sonst wäre es unter
den teppich gekehrt worden und niemand hätte darüber geredet,
wie immer in österreich. Darum mussten wir die geschichte von marcus
omofuma in der gesellschaft bekannt machen und polizei und regierung dazu
zwingen, zu diesem vorfall stellung zu nehmen. Marcus omofuma darf nie
vergessen werden.
Wichtig - für das bekannt werden - war auch, dass er in bulgarien
gestorben ist. Denn wäre das in österreich passiert, hätten
medien und politikerInnen sicher wieder versucht ihn als dealer darzustellen,
um behaupten zu können, er sei an drogen gestorben.
Anläßlich der ersten demo nach Marcus Omofumas tod entstand
die plattform für eine welt ohne rassismus. Es kam zu
einer zusammenarbeit zwischen migrantInnen und mehrheitsösterreicherInnen.
für eine welt ohne rassismus ist eine struktur, die schnell
entstand und es war großartig, dass wir eine solche organisation
hatten. aber für uns als afrikanerInnen ist es immer dasselbe. Es
wird immer gesagt, dass wir nichts machen können, und dass andere
für uns entscheiden müssen. Das diskriminiert uns. Ich habe
gut gefunden, dass wir zusammen gearbeitet haben, aber meine eigene erfahrung
war immer wieder die selbe. Wir diskutieren über ein thema und am
ende entscheiden immer die österreicherInnen. viele afrikanerInnen
in der plattform dachten, dass ihnen das helfen kann. Aber ich habe gesehen,
dass die plattform nichts für die afrikanerInnen tun kann. Wir haben
zuviele probleme hier, mit wohnungen und arbeit. Ich glaube jetzt es ist
besser, wir bleiben so wie wir sind. Da können wir nicht einfach
unter den tisch fallen und zusammenarbeiten können wir trotzdem.
Viele der afrikanerInnen sind auch einfach nicht mehr gekommen aufgrund
dieser irren repression, die gegen sie eing
esetzt wurde. Für sie ist es jetzt sehr wichtig sich wieder selbst
stark zu organisieren.
Was in der plattform passierte war das gleiche wie überall anders
auch. Alle haben ihre eigenen interessen. Manchmal lache ich, wenn wer
sagt, ich kämpfe gegen rassismus. Ich frage mich was bedeutet rassismus
überhaupt. Wir kämpfen gegeneinander mit intrigen und dann sprechen
wir von antirassismus. Rassismen gibt es in vielen verschiedenen formen,
bewußt und unbewußt. Die leute verhalten sich oft rassistisch
und erklären, dass sie eigentlich rassismus bekämpfen wollen.
Oft habe ich das gefühl, sie haben nichts anderes zu tun. Meist können
sie gar nicht verstehen was passiert, weil sie ganz anders davon betroffen
werden und meistens ja profitieren. Von einigen hat sich auch die plattform
getrennt, oder die leute sind eh selber gegangen.
Ich denke mir, die leute sollten sich mal fragen, was rassismus überhaupt
ist. Wie passiert rassismus in der gesellschaft, in der religion, in der
kultur. Was ist rassismus in den menschen.
Kannst du differenzen nennen zwischen widerstand und demonstrationen
in nigeria und dem was du hier erlebst?
Ich habe dabei viel gelernt. Ich habe österreich kennen gelernt.
Wie sich die menschen hier verhalten, wie sie arbeiten. Ich habe auch
gelernt, dass wir protestieren können. In jeder gesellschaft schmerzen
demonstrationen die regierung. Daher werden aktivistInnen auch immer von
der staatsmacht attackiert. Die demos hier sind sehr ruhig und überhaupt
nicht aggressiv. Ich habe immer gesagt es ist wie ein trauermarsch. Es
ist ruhig und danach gehen alle trinken.
In nigeria sind die demos anders. Ich will damit nicht sagen, dass sie
aggressiver sind, sonst kommt wieder jemand auf die idee zu behaupten,
die afrikanerInnen wären von natur aus aggressiver. Man könnte
auch demos in den usa oder jugoslawien hernehmen, z.b. die proteste gegen
milosevic. Solche demos gibt es auch in nigeria, wo die leute wirklich
ihre wut auf die straße tragen. Dann gibt es den willen etwas zu
erkämpfen. Die behörde und der staat haben das gewaltmonopol.
Das führt dazu, dass es menschen gibt, die dieses verhältnis
brechen wollen. Wenn sich die menschen wirklich gegen eine regierung auflehnen,
dann können sie auch gewinnen. Hier sind halt nach zwei
wochen alle müde. Bei demos in nigeria, die ich erlebt habe, gibt
es einfach viel mehr dynamik als bei demos in österreich.
Auf die demos folgte die größte repressionswelle der zweiten
republik. In der operation spring und ihren folgeaktionen
wurden mehr als 200 menschen verhaftet und über 100 zu langjährigen
haftstrafen verurteilt.
Ich ärgere mich immer, wenn so verallgemeinernd gesprochen wird,
wenn z.b. gesagt wird alle afrikaner sind drogenhändler.
Bei mir behaupteten sie einfach, ich sei drogenboss. Niemand hat gesehen,
dass ich schriftsteller bin und intelektueller bin. Die operation spring
war letztlich nur ein konstrukt um die afrikanerInnen zu kriminalisieren.
Wir erwarten uns von den Menschen und Gruppen, die mit uns solidarisch
sind, dass sie unser bild wieder richtig stellen. Dass sie versuchen diesen
Konsens in der Gesellschaft wieder zu durchrbechen.
Die afrikanerInnen wurden verhaftet, aber bevor man sie verhaftete wurden
sie schon verurteilt. Sie wurden einfach alle zu drogenhändlern erklärt.
Wir können und wollen nicht sagen, dass es keine afrikanischen drogenhändler
gibt, die gibt es immer und in jeder gesellschaft. Das liegt nicht an
einzelnen personen oder gruppen, es trifft die ganze gesellschaft.
Viele gruppen haben nach der operation spring nicht mehr mit den afrikanerInnen
zusammen gearbeitet, ich habe das echt einige male erlebt. Viele leute
haben uns alleine gelassen und gesagt, wenn ihr etwas mit drogen zu tun
habt, dann unterstützen wir euch nicht mehr. Das hat ein ganz schlechtes
licht auf die afrikanerInnen in österreich geworfen. Aber diese rassistischen
verleumdungen passieren immer auf der ganzen welt unter jeder regierung.
Wie ist das konstrukt
der nigerianischen drogenmafia entstanden. Warum ist es so einfach eine
ganze gruppe innerhalb der gesellschaft derartig zu diffamieren.
Für mich ist das eine typische verschwörungstheorie. So wurde
die nigerianische drogenmafia konstruiert. Es gab auch keine andere möglichkeit,
um uns alle zu verhaften. Aber das ist nur ein teil. Man hat auch versucht
die geschichte von marcus omofuma unter den teppich zu kehren. Es hätte
nicht mehr über marcus gesprochen werden dürfen. Es war auch
ein versuch den innenminister zu verteidigen. Gesagt wurde nicht, dass
es ein paar drogendealer gibt, sondern dass alle nigerianerInnen organisiert
kriminell seien, das sie übermächtig und bestens organisiert
seien. Das sind verschwörungen.
In österreich haben antisemitismen eine lange tradition. Siehst
du strukturelle verbindungen zwischen den konstrukten der operation spring
und den antisemitismen in der gesellschat?
Die gibt es sicher. Österreich hat so schnell seine geschichte vergessen
und verdrängt. Kein politiker in österreich hat gesagt, wir
haben fehler gemacht. Es wurde nie aufgearbeitet und daher nur verdrängt.
Antisemitismen gibt es in österreich immer und jeden tag. Schuld
daran sind alle, die medien, die politik und die gesellschaft. Aber oft
sprechen sie nicht darüber und versuchen es wegzuschweigen wie die
großen politikerInnen. Auch die journalistInnen müssen viel
besser arbeiten. Sie sind auch nur ein teil dieser gesellschaft und daher
mitverantwortlich.
Du wurdest am 27. Mai als der große drogenboss verhaftet.
Jetzt läuft der prozess gegen dich. Wie weit ist das verfahren jetzt?
Ich habe damit gerechnet, dass mein prozess so verlaufen wird, wie er
sich bis jetzt entwickelt hat. Man hat mich verhaftet und das sehr gut
geplant. Es gibt so etwas wie eine unschuldsvermutung, aber die habe ich
nie gesehen. Man sagt, es gibt drei teile eines staates. Die exekutive,
das parlament und die justiz. Aber ich habe keinen unterschied gesehen
zwischen diesen teilen. Wenn die zusammenarbeiten und das tun sie, wird
es sehr schlimm, dann hast du keine chance. Im ersten verfahren wurde
ich zu 10 monaten bedingt verurteilt. Das verfahren läuft aber weiter.
Ich will aber, dass sie erkennen, dass ich völlig unschuldig bin.
Angefangen hat es für mich damit, dass sie mich zum drogenboss erklärten.
Später wurden alle verfahren zu diesem punkt eingestellt. Dann erhielt
ich die neue anklage. Es ging nur noch um angebliche falschaussagen. Beim
letzten prozess haben sie auch die kriminelle organisation gestrichen
und jetzt geht es nur noch um geldwäsche. Ich habe leuten geholfen
geld nach nigeria zu überweisen. Jetzt sagt das gericht das war drogengeld,
obwohl niemand von diesen leuten, für die ich das geld überwiesen
habe, in die prozesse verwickelt ist oder sonst was mit drogen zu tun
hat. Es muß einfach was übrig bleiben, denn das urteil wurde
längst gesprochen.
In den prozessen wurden zum ersten mal anonymisierte zeugen eingesetzt.
Der wichtigste zeuge in der operation spring, der das gesamte konstrukt
aufrecht erhält ist als AZ1 (2) bekannt geworden
und wurde nun selbst wegen beihilfe zum drogenhandel verurteilt.
Ich kann dazu nur sagen, dass ich ihn nicht verstehen kann. Er kann nicht
alles über alle wissen. Man glaubt ihm und man akzeptiert ihn. Er
ist wohl der einzige afrikaner in diesem staat dem einfach alles geglaubt
wird. Jetzt wissen wir, dass dieser mann selbst mit grossen drogengeschäften
zu tun hat. Bei einem zeugen mit helm, wie soll man sagen, ob er recht
hat oder nicht. Ich weiß nicht, ob ich diese person je getroffen
habe oder sonst mit ihm kontakt hatte. Jemand geht vermummt zu gericht,
erzählt irgendwas und alles wird akzeptiert.
Doch die konsequenz aus diesem gesamten prozess ist sehr schwerwiegend.
Die eigentliche funktion der kronzeugen ist nun durchgesetzt.
Sie wurde getestet und war erfolgreich. Nun ist es möglich,
diese regelgungen auch bei anderen gruppen einzusetzen. Es hat einmal
funktioniert und es wird wieder funktionieren.
Seit februar 2000 gibt es einen relativ breiten widerstand gegen die
rechts/rechtsextreme (3) regierung, der sich auch immer
wieder als antirassistisch bezeichnet.
Die bunten sind schon solidarisch mit dem neuen widerstand. Aber die interessen
innerhalb der bunten sind auch sehr verschieden, und es gibt einige bei
uns, die das thema nicht interessiert. Es gibt auch viel mehr an möglichkeiten
als normale demonstrationen. Viele von uns wollen nicht mehr
ständig auf demonstrationen gehen, weil sie schon genug probleme
haben, um die sie sich kümmern müssen. Und sie sind noch immer
damit beschäftigt, sich wieder stark zu organisieren. Die operation
spring hat die african communtiy völlig zerschlagen und es ist nicht
leicht sich in österreich zu organisieren. Viele leute haben österreich
auch schon verlassen, als die operation spring passierte, und viele haben
sich darauf vorbereitet, dass sie österreich schnell verlassen können,
wenn es nötig wird. Es hilft niemanden, dass man bleibt und immer
für alle probleme bereitet, weil man selbst ständig gefährdet
ist.
In deinem neuen buch schreibst du wieder über die aktuelle situation
in österreich.
Das neue buch handelt von menschenrechten. Von den erlebnissen eines asylsuchenden
in europa. Das buch ist aber noch nicht erschienen und auch noch nicht
fertig.
Was hast du jetzt vor?
Ich hoffe halt, dass
dieser prozess bald vorbei ist. Ich will wieder mein leben leben können,
als künstler, schriftsteller und politisch aktiver mensch.
1) Die Bunte Zeitung erscheint ca. vier mal
jährlich und ist im strassenverkauf erhältlich. Unter anderem
ist die zeitschrift auch im Infoladen 10; EKH Wielandgasse 2-4, 1100 Wien
erhältlich.
2) AZ1: Anonymisierter Zeuge 1. Die meisten der urteile
gegen die gefangenen der Operation Spring wurden ohne sachbeweise, nur
aufgrund der aussagen dieses zeugen gefällt. Seine identität
wurde der öffentlichkeit bis jetzt verschwiegen.
3) bei der bezeichnung der fpö als rechtsextreme
partei folgen wir der rechtsextremismusdefinition die willibald holzer
in seinem artikel im handbuch des österreichischen rechtsextremismus
formuliert hat und den analysen von brigitte bailer und wolfgang neugebauer
über die fpö in eben diesem: Dokumentationsarchiv des österreichischen
Widerstands (Hg.): Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus,
Wien, 1993
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