"Operation Spring" wird neu aufgerollt
25.02.2004
no-racism.net | Rassismus und Festung Europa

       

"Operation Spring":
Am 27. Mai 99 fanden österreichweit Razzien statt, die vorgeblich daß Ziel hatten einen vermeintlichen Drogenring zu zerschlagen. Seither tobt die Dealerparanoia in Österreich. Institutionalisierter Rassismus, Polizeibrutalität und der Konsens in der österreichischen Mehrheitsbevölkerung führten dazu, dass Menschen getötet wurden und über 100 Personen in Haft sind.


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"Drogenboss" der "Operation Spring" nach fünf Jahren enthaftet

Als mutmaßlicher Drogenboss verhaftet, zu neun Jahren Gefängnis verurteilt, dann freigesprochen, aber vom Obersten Gerichtshof zurück an den Prozessstart geschickt, später zwar enthaftet, aber gleich in Schubhaft genommen, jetzt, nach einem Brief an Bundespräsident Thomas Klestil, gegen Gelöbnis auf freiem Fuß - was dem nigerianischen Staatsbürger Emmanuel C. in den letzten fünf Jahren widerfahren ist, dürfte einzigartig sein. Und könnte sich noch zu einem veritablen Justiz- und Polizeiflop auswachsen.

Begonnen hat alles mit dem allerersten großen Lauschangriff der Exekutive im Frühjahr 1999. Unter dem Codenamen "Operation Spring" hatte die Polizei wochenlang ein Wiener Chinarestaurant überwacht, das einem Drogenring als Stützpunkt gedient haben soll. Auf einen Schlag wurden schließlich 100 Verdächtige verhaftet, 400 angezeigt. Fast alle davon waren AfrikanerInnen.

Der für die Genehmigung des Lauschangriffes erhobene Vorwurf einer kriminellen Organisation hielt vor Gericht nicht mehr, deshalb erhielten alle Beschuldigten Einzelverfahren. Das Um und Auf der Anklagebehörde in diesen Verfahren waren durch Vollvisierhelme anonymisierte Kronzeugen, die für ihre Aussagen zum Teil ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wurden, sowie ein Dolmetscher, der auch die Aufnahmen des Lauschangriffes aus dem nigerianischen Ibo-Dialekt übersetzte. Obwohl sich herausstellte, dass der Dolmetscher äußerst mangelhafte Sprachkenntnisse besaß, stützten sich viele Verurteilungen (bis zu zehn Jahre Haft) auf die Übersetzungen.

Auch Emmanuel C. fasste so neun Jahre Haft aus. Sein Rechtsanwalt Lennart Binder erreichte schließlich die Neuaufnahme des Verfahrens, nachdem er einen der behelmten Kronzeugen ausfindig gemacht hatte, der alle früheren Beschuldigungen zurückzog. Emmanuel C. wurde freigesprochen, der OGH verwies den Fall wiederum an die erste Instanz zurück.

Nach einem Brief an die Präsidentschaftskanzlei, in dem er sein Schicksal und seine haftbedingte Diabeteserkrankung schilderte, wurde Emmanuel C. Dienstagabend, 17. Februar 2004, enthaftet. Bis Sommer sollen nun alle Aufnahmen des Lauschangriffs noch einmal gerichtlich überprüft werden.

Die Ermittler hatten sich auch schon bei Charles Ofoedu geirrt. Der nigerianische Schriftsteller war zu Unrecht als Drogendealer bezeichnet worden. Seine Erlebnisse hat Ofoedu im Roman "Morgengrauen" verarbeitet.
Sollte Emmanuel C. rechtskräftig freigesprochen werden, müssen wahrscheinlich viele Verfahren der Operation Spring neu aufgerollt werden.

(Quelle: derstandard.at)


Der Prozess gegen Emmanuel C. geht weiter:
Verhandlungstermine im Landesgericht I, Wickenburggasse 18 - 22, 1080 Wien:

Do, 26.02., 9.15 - 12.30 Uhr, Saal 203
Mi, 03.03., 9.15 - 12.30 Uhr, Saal 305
Do, 11.03., 9.15 - 12.30 Uhr, Saal 203
Mi, 31.03., 9.15 - 12.30 Uhr, Saal 305
Do, 01.04., 9.15 - 12.30 Uhr, Saal 203

Die Verhandlungen sind öffentlich, unterstützt Emmanuel C.!
   
 

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