Justiz in Österreich: Todesschütze freigesprochen - Proteste kriminalisiert
24.06.2002
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Index:

- Skandalurteil in Berufung bestätigt

- 3 Monate unbedingt als abschreckendes Beispiel

- Gericht ist nicht gerecht- ein Prozessbericht vom 3. Verhandlungstag, 18.4.2001




Weitere Infos:

- Imre B. wurde am 20.5.00 von einem Polizeibeamten (der damaligen Sondereinheit Kriminaldienst, SEK) erschossen - ein weiteres Opfer der Law-and-order Politik der FPÖVP Regierung >>> weiter

- In einem Prozess am Bezirksgericht Fünfhaus in Wien wurde der Todesschütze am 4. Juni freigesprochen (das Urteil ist nicht rechtskräftig) >>> weiter



 
Skandalurteil in Berufung bestätigt!

(24.06.2002, pwi - bearbeitet)


An die Öffentlichkeit!

Der Fall des Georg L., der im Mai 2000 während der Spontandemonstration perlustriert worden war, ging am 18. Juni 2002 in die zweite Instanz.

Der Protest im Mai 2000 richtete sich gegen Polizeigewalt. Der Anlass war die Erschießung von Imre B. durch einen SEK-Beamten. Dieser schoss Imre B. mit seiner Privatwaffe in den Rücken. Vor kurzem wurde der wegen fahrlässiger Tötung angeklagte Beamte im Zweifel freigesprochen (das Urteil ist nicht rechtskräftig).

Georg hingegen wurde in zweiter Instanz zu 9 Monaten Freiheitsstrafe, 3 davon unbedingt, verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen während des Protestes einen Beamten an einer Amtshandlung gehindert zu haben, indem er ihn mit dem Fahrrad niederfuhr. Fakt ist: Georg ist NICHT SCHULDIG!

Mehrere ZeugInnen konnten bestätigen, während der gesamten Dauer der Demonstration an Georgs Seite gewesen zu sein und ihn niemals mit einem Fahrrad, oder in der Nähe eines Fahrrades, gesehen zu haben. Bereits in erster Instanz strotzte der Prozess vor Widersprüchen! Richter Schrammel, welcher das Urteil in erster Instanz sprach, konnte seine Ablehnung von Demonstrationen und DemonstrantInnen nicht verbergen.

Doch die eindeutige Voreingenommenheit des Richters in erster Instanz, die Widersprüche der Belastungszeugenaussagen und die eindeutige Entlastung Georgs durch mehrere ZeugInnen führten nicht zur Berufung des Urteils. Diesmal wurde vielmehr beteuert, dass der Beamte Georg eindeutig identifiziert hätte und es somit keinen Zweifel an seiner Schuld gäbe, denn ein Beamter irrt sich nicht!

Neun Monate Freiheitsstrafe, davon drei Monate im Gefängnis, für "schwere Körperverletzung" und "Widerstand gegen die Staatsgewalt". Georg ist nicht vorbestraft. Er hat die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen. Die Beweise für seine Unschuld waren eindeutig und für jede Frau und jeden Mann erkennbar. Trotzdem wurde er von der Richterlichkeit dieses Rechtsstaates bestraft.

Hiermit wäre wieder einmal bewiesen:
GERICHT IST NIEMALS GERECHT!

FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!!!

Prison Watch Ingernational (PWI)
e-mail: info@pwi.action.at
www.pwi.action.at




3 Monate unbedingt als abschreckendes Beispiel


(15.12.2001
)

Wie sich vielleicht noch viele erinnern können, fand am 20 Mai 2000 eine Demonstration gegen Polizeigewalt statt, welcher die Ermordung von Imre B. voranging. Diese Demonstration erregte vergleichsweise viel Aufsehen in der Öffentlichkeit, da sie kurz nach Beginn von ca. 300 Polizeibeamten gestoppt, aufgelöst und 24 DemonstrantInnen nahe Michaelaplatz eingekesselt wurden.

Fast 6 Monate danach wurden 2 der eingekesselten Menschen zum U- Richter geladen. Die Befragung entpuppte sich als Gegenüberstellung mit 2 PolizeibeamtInnen, welche bei dieser Demonstration angeblich schwer verletzt wurden. Daraufhin wurde ein Verfahren eingeleitet. Nachdem eine der Beschuldigten beim letzten Prozess freigesprochen wurde, ließ es sich der Richter Schrammel nicht nehmen den anderen Beschuldigten am 11. Dezember 2001 zu 9 Monaten Haftstrafe, 6 davon bedingt auf 5 Jahre und 3 Monate unbedingt zu verurteilen. Die schriftliche Ausfertigung des Urteils liegt erst in einigen Monaten vor.

Soviel ist sicher: dem Angeklagten wurde das Abschlussplädoer verweigert und dessen Unbescholtenheit nicht einmal erwähnt, geschweigedenn als Milderungsgrund herangezogen. Vielmehr sprach Richter Schrammel von und erschwerenden Umständen, die das Ausmaß des Urteils rechtfertigen. Dieses Urteil unterliegt keiner logischen Argumentation, es begründet sich vielmehr auf der maßlosen Befangenheit des Richters, welcher am dritten Prozesstag kundtat, dass "die Demonstranten ja wohl nicht rumgestanden sind wie angmalte Türken" und "bekanntlich hobbymäßig der Polizeihatz" nachgehen würden.

Das einzige was das Publikum und der Angeklagte tun konnten war, den Richter bei seinen schwachsinnigen Ausführungen permanent zu unterbrechen um die Lügen und Widersprüche noch einmal offen zu legen. Bewiesen ist mit diesem Urteil nichts, außer dass die Aussage eines Polizisten, so widersprüchlich und falsch sie auch sei, genügt um die Aussagen von 6 EntlastungszeugInnen, darunter 2 Nationalratsabgeordnete, und weiteren 6 Zeugen der Polizei selbst, die keinen der Vorwürfe bezeugen konnten, weit in den Schatten stellt.

Der Richter versuchte nichteinmal seine Sympathie für die Polizei zu vertuschen, im Gegenteil, er rechtfertigte und ignorierte jeden noch so offensichtlichen Widerspruch. Wie könnte sonst jemandem "geglaubt" werden, der in drei Aussagen von einem anderem Tatort spricht bevor er letztendlich angibt, sich nicht auszukennen in der Innenstadt? Indem es einem "wurscht ist wo es passiert ist" wie Richter Schrammel öffentlich kundtat.

Obwohl der Staatsanwalt, übrigens der dritte in diesem Prozess, bei Beginn einwarf, ob noch niemand auf die Idee gekommen ist, dass der Herr Beschuldigte zur Tatzeit unter 21 war und somit ein Fall für das Jugendstrafgericht ist, fand der Richter nach kurzer Verblüffung einen Gummiparagrafen nachdem der Angeklagte weiter bei ihm verhandelt wurde. Da aufgrund der Gesinnung des Richter, und nicht aufgrund der Schuld des Angeklagten, kein Freispruch zu erwarten war, ist mensch nicht erstaunt, jedoch über das Strafausmaß empört. Mensch wird für die Anwesenheit bei einer Demonstration verurteilt, denn die Nichtbegehung einer Straftat schützt vor hoher Strafe nicht.

Offiziell leben wir in einem demokratischen Rechtsstaat mit Unschuldsvermutung, Gewaltentrennung und dem Recht auf freie Meinungsäußerung, aber dieser Prozess zeigt das Gegenteil.




Gericht ist nicht gerecht- ein Prozessbericht vom 3. Verhandlungstag, 18.4.2001

Am 14.8.2001 war der dritte Verhandlungstag gegen DemonstrantInnen, die gegen die Ermordung von Imre B. durch einen Polizeibeamten protestierten. Vorgeworfen wird ihnen schwere Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Schon bei den ersten beiden Prozesstagen bemühte sich der Richter kaum seine Befangenheit zu verbergen. So wurde zum Beispiel ein Anwalt mehrmals an der Ausübung seiner Pflicht als Verteidiger gehindert. Fragen, die zur Aufdeckung von Widersprüchen der BelastungszeugInnen dienen hätten sollen, wurden mit der Begründung nicht relevant zu sein nicht zugelassen.

Weiters demonstrierte das Gericht wieder einmal wunderbar die Praxis der umgekehrten Beweislast. Es ist so, dass Angeklagte nicht als nicht schuldig gelten bis ihre Schuld bewiesen wurde, sondern sie solange als schuldig angesehen werden bis sie es schaffen ihre Unschuld zu beweisen. Doch wie soll diese bewiesen werden, wenn alle entlastenden Beweise als unglaubwürdig angesehen werden?
Sogar als die Nationalratsabgeordnete der Grünen, Madeleine Petrovic, die bei dieser Demonstration als Vermittlerin zugegen war, als Entlastungszeugin aussagte, wurde sie vom Richter mit absoluter Arroganz behandelt. Er stellte ihr Fragen wie, Zitat Richter Schrammel: "Spielen Sie immer Feuerwehr für Demonstranten?".

Der Staatsanwalt war von Anfang an Statist, übernommen wurde seine Rolle vom Richter. Da stellt sich die Frage, ob dies in einem Justizsystem, das sich selbst als demokratisch und rechtsstaatlich bezeichnet, überhaupt zulässig ist. Wie kann es sein, dass eben die Person, die angeblich objektive Urteile fällen soll gleichzeitig die Anklage vertritt?

Und auch heute setzte sich dieses Schauspiel fort.
Wieder wurde ein Anwalt an Fragestellungen gehindert und eine Anwältin durch ständiges Bestehen auf einer Aussage ihrerseits, die das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und ihrer Mandantin gebrochen hätte, zu einer Verletzung ihrer Pflicht gedrängt. Besonders in Szene setzte sich der Richter durch seine ständigen beleidigenden Kommentare. Er wies bereits nach wenigen Minuten einen der Beklagten an, das Nägelbeißen sein zu lassen, da ihm, Zitat: "graust" und das Kauen an Fingernägeln eine Anstandsverletzung darstelle. Und natürlich ist der Anstand in, Zitat: "seinem Gerichtssaal" zu wahren. Nachdem der Beklagte nochmals nervös an den Nägeln biss, drohte ihm der Richter sogar mit einem Rauswurf.

Doch damit nicht genug. Während der Befragung eines Polizeibeamten fragte Richter Schrammel selbigen, Zitat: "Sinds da gstandn wie angmalte Türken?". Daraufhin wies einer der Beschuldigten den Richter darauf hin, dass dies eine rassistische Bemerkung sei und auch Teile des Publikums äußerten ihre Empörung über diese Aussage.

Die Verteidigung bestand auf die Protokollierung dieser Bemerkung, wogegen sich der Richter jedoch vehement wehrte. Richter Schrammel klärte die Anwesenden nochmals darüber auf, dass dies sein Gerichtssaal sei und lediglich das protokolliert wird, was er sagt. Daraufhin meinten Teile des Publikums, dass er das ja auch gesagt habe und die Situation eskalierte. Richter Schrammel forderte das Publikum auf den Saal zu verlassen, da die anwesenden ZuhörerInnen den Ablauf seiner Verhandlung stören würden.

Das Publikum weigerte sich den Saal zu verlassen, da sie auf ihr Recht an dieser öffentlichen Verhandlung teilzunehmen bestanden. Daraufhin drohte der Richter mit der Justizwache, erklärte die Verhandlung für unterbrochen und verlies den Saal. Minuten später wurden die für den Richter lästigen Teile des Publikums auch tatsächlich von der Justizwache unter der Androhung von strafrechtlicher Verfolgung entfernt.

In Folge dessen verlies einer der Beklagten mit seinem Anwalt wegen Ausschlusses der Öffentlichkeit den Gerichtssaal. Der Prozess ist auf unbestimmte Zeit vertagt.

Dieses Verfahren reiht sich in eine Reihe von Prozessen ein, die bis auf unterschiedliche DarstellerInnen absolut deckungsgleich verlaufen. Die Aufgabe des Gerichtes ist es nicht einen Sachverhalt zu klären, sondern alles mögliche und auch alles unmögliche zu tun um einen Schuldspruch zu rechtfertigen. Dies haben die Prozesse rund um die Operation Spring mehr als deutlich bewiesen.

Eines der wichtigsten Merkmale einer Demokratie, nämlich die Trennung von Judikative und Exekutive, gibt es lediglich auf dem Papier. Dieses System kann dem Anspruch gerecht zu sein niemals nachkommen. Doch diesen Anspruch gibt es gar nicht. Es gibt keine Gerechtigkeit in einem Gericht, dessen einziges Ziel es ist fortschrittliche Menschen zu kriminalisieren.

Wir fordern alle fortschrittlichen Kräfte auf gegen diese Zustände zu protestieren und weitere Prozesse zu beobachten.

FREISPRUCH FÜR GEORG UND INES!!!
FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN!!!
RASSISMUS TÖTET!!!

Info von PWI Wien - info@pwi.action.at

   
 

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