Quellenangabe:
Protest gegen Sammelabschiebung aus Hamburg (vom 15.09.2007),
URL: http://no-racism.net/article/2265/,
besucht am 21.11.2024
[15. Sep 2007]
In der Nacht von 10. auf 11. September 2007 wurden von Flughafen Hamburg aus 13 Menschen mit einem Charterflugzeug abgeschoben. Wie üblich fand die großangelgte Polizeiaktion unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Trotzdem fanden sich einige AktivistInnen am Flughafen ein, um gegen die Abschiebung zu protestieren.
Schon in den Tagen vor der Abschiebung gab es Hinweise, dass es mehrere Menschen vom Hamburger Flughafen aus abgeschoben werden sollen. Bereits am 6. Septebmer war bekannt, dass mindestens vier Leute aus Wismar und Parchim, die in Bützow in Abschiebehaft saßen, am 10. September abgeschoben werden sollten. Einer der beiden Leute aus Wismar ist Vater eines Kind, das in Deutschland Aufenthaltsrecht hat.
Edouard K., der im Flüchtlingslager in Horst wohnte, wurde von der AusländerInnenbehörde eine besonders perfide Falle gestellt: Der psychisch kranke Mann wurde zur Begutachtung durch einen Psychologen ins Landesamt bestellt. Statt des Psychologen erschienen aber Polizisten, um ihn für die Abschiebung abzuholen! Edouard K. sprang in Panik aus dem Fenster im 1. Stock des Gebäudes und verletzte sich dabei die Ferse. Die Ausländerbehörde beharrte trotzdem auf der Abschiebung. Erst nachdem im Krankenhaus Boizenburg ein Fersenbruch festgestellt wurde, wurde von einer sofortigen Abschiebung abgesehen.
Informatioen aus der Schweiz besagten weiters, dass auch von dort mindestens ein Mann am 10. September über Hamburg nach Togo abgeschoben werden sollte. Anti-Abschiebungs-AktivistInnen erhielten aus informierten Kreisen die Auskunft, das es sich um keinen normalen Linienflug handeln wird. Somit war von einem Abschiebecharter auszugehen.
Ein paar AktivistInnen kamen am Abend des 10. September zum Flughafen, wo sie auf ein paar anwesende JournalistInnen und ein riesiges Polizei-Aufgebot trafen. Somit war klar, dass die Vermutungen stimmten. Die Polizei ist bei Charterabschiebungen immer vor Ort, um den Flughafen großräumig abzuschirmen.
Mit Flugblättern und einem Plakat gegen Abschiebungen protestierten die AktivistInnen in der Abflughalle. Die PassagierInnen reagierten größtenteils interessiert, manche auch bestürzt, und ein Mensch erzählte, dass er selbst mal abgeschoben wurde - am selben Tag, an dem er per Post die Aufforderung bekam, sich seinen deutschen Pass abzuholen! Er konnte schließlich wieder zurück kommen.
Nach einer guten Stunde des Protests verließen die AktivistInnen wieder den Flughafen. Die Polizei schien darüber sehr erleichtert. Charterabschiebungen heben nach bisherigen Erfahrungen üblicherweise erst nach Schließung des Flughafens (23:00 Uhr) in einer abgelegenen Ecke des Flughafens ab. In solchen Fällen ist es leider so gut wie unmöglich, die Abhschiebung zu verhindern.
In den vergangenen Jahren kam es zu mehreren solcher Sammelabschiebungen mit Charterflugzeugen vom Flughafen Hamburg Fuhlsbüttel aus. Laut offiziellen Informationen stammten die Abgeschobenen aus Togo und Benin. Behörden aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und der Schweiz waren beteiligt. Die 13 Abgeschobenen wurden zuvor nach Hamburg gebracht, wo sie vermutlich aus der Abschiebehaft mit einem Kleinbus zum Flugzeug gebracht wurden. Es handelte sich dabei um eine Maschine der schweizerischen Firma "Hello".
Die Hamburger AusländerInnenbehörden sprachen am Tag nach der Abschiebung von "bewährter Zusammenarbeit" der "gemeinsamen Rückführungsaktion", an der sich die Behörden aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und der Schweiz beteiligten.
Im Herbst sollen die europäischen Sammelabschiebungen nach Informationen des Bundesinnenministeriums ausgeweitet werden. Es gebe multinationale Abschiebungen über zentrale Flughäfen in Europa. In Deutschland seien dies die Flughäfen in Düsseldorf und Hamburg. Aus Düsseldorf habe es bisher zwei Sammelabschiebungen gegeben, Zielländer seien Kamerun und Togo gewesen.
Genauere Informationen darüber finden sich im Bericht :: Die 'europäische Rückführungspolitik': Ein rassistisches Projekt (vom 09. Juli 2007). Sammelabschiebungen bzw. Charterdeportationen sind mittlerweile europaweite Praxis. In genanntem Artikel findet sich auch eine Auswahl von Artikeln :: zum Weiterlesen.