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Quellenangabe:
Kopenhagen: Massiver Widerstand gegen Abschiebung (vom 14.08.2009),
URL: http://no-racism.net/article/3068/, besucht am 20.04.2024

[14. Aug 2009]

Kopenhagen: Massiver Widerstand gegen Abschiebung

In der Nacht auf den 13. August 2009 gegen 1.30 Uhr hat die Polizei mit einem massiven Aufgebot damit begonnen, die "Brorsons Kirke" im Stadtteil Nørrebro zu räumen. Zahlreiche Menschen blockierten die Polizei, die mit massiver Gewalt den Weg frei räumte.

In dieser Kirche haben sich seit Anfang Mai etwa 60 irakische Flüchtlinge einquartiert um durch Kirchenasyl ihre drohende Abschiebung zu verhindern. Ein Grossteil dieser Menschen lebt schon seit 10-12 Jahren in Dänemark, sie sprechen fliessend dänisch, haben Kinder mit dänischen Namen - sind also selbst in der konservativsten Definition in die Gesellschaft integriert. Das Dänische Integrationsministerium hatte vorgetäuscht, ein Abkommen zur Rücksendung mit der irakischen Regierung geschlossen zu haben, welches aber gestern von irakischer Seite dementiert wurden war.

Sofort nach der Alarmierung strömten 300-400 AktivistInnen und Menschen aus dem Bündnis "Kirkeasyl" zum Platz des Geschehens um zunächst mit Sitzblockaden und Sprechchören die Polizeiaktionen zu behindern. Bereits hier verhielten sich die BullInnen teilweise sehr aggresiv und brutal. Nach und nach wurde versucht die umliegenden Seitenstrassen zu blockieren um den BullInnen möglichst wenig Möglichkeiten zum Abtransport der Flüchtlinge zu geben.

In der Kirche versammelten sich die Flüchtlinge im Altarraum vor einer leuchtenden Jesus-Ikone. Die Polizei umstellte sie in Kampfausrüstung und Schilden - ein Bild, welches im konservativen und recht christlich-religiösen Dänemark einem Skandal gleichkommt, somal die Kirche ja traditionell ein Ort des Schutzes und frei von Staatsgewalt sein sollte. Selbst den BullInnen müsste diese Situation moralisch stark zusetzen, sofern sie soetwas wie Moral besitzen.

Gegen 2.30 Uhr wurde damit begonnen die Flüchtlinge in einen bereitgestellten Bus zu bringen. Unbestätigten Meldungen zufolge soll es auch einen Selbstmordversuch eines Flüchtlings gegeben haben, was von offizieller Seite nicht abgestritten wurde. Der Polizeisprecher wörtlich: "Es gab einige Episoden, auf die ich nicht näher eingehen möchte."

Durch lautes Zurufen und Winken auf beiden Seiten wurde versucht Mut und Trost zu spenden. Die Männer wurden von den Frauen und Kindern getrennt; viele der Männer wurden mit Kabelbindern auf dem Rücken gefesselt und so im Bus belassen.

Gegen 4.00 Uhr versuchte sich der Konvoi der Polizei in Bewegung zu setzen. Rund um den Bus fuhren mehrere Einsatzwägen, begleitet durch extrem aggresive Fusstrupen, welche sofort auf alles einschlugen, was sich ihnen in den Weg stellte. Ein heftiger Strassenkampf entbrannte, in dem versucht wurde durch queergestellte Autos, Fahräder und Barrikaden den Weg zu versperren. Mutige Menschen versuchten immer wieder durch Sitzblockaden den Bus aufzuhalten und wurden sogleich durch die BullInnen äusserst brutal mit Knüppeln, Pfefferspray und Hunden angegriffen. Es wurden mit Sicherheit viele Menschen verletzt, genaue Zahlen sind aber nicht verfügbar. Selbst die bürgerliche Presse verurteilt lautstark diese Polizeigewalt. Immerhin konnte durch einen Angriff mit Farbbomben die Frontscheibe des Busses teilweise verschmiert und beschädigt werden und einige AktivistInnen versuchten mehrmals unter den Bus zu kriechen.

Nur durch äusserste Brutalität (siehe verlinkte Videoclips in der linken Spalte) gelang es den BullInnen schliesslich nach längerer Zeit den Bus abfahren zu lassen. Die Flüchtlinge wurden zunächst zur Polizeistation Bellahøj gebracht und dort verhört. Später wurden sie ins Flüchtlings -und Abschiebelager Sandholm gebracht.

Durch entschlossenen und heftigen Widerstand gelang es den Abtransport der Flüchtlinge um fast 4 Stunden zu verzögern. Es wurde deutlich, dass der Kampf gegen Abschiebungen und gegen die Festung Europa von einem breiten Spektrum der Gesellschaft getragen wird. SchülerInnen, StudentInnen, Leute aus der "Mittelschicht", RentnerInnen, MigrantInnen, Punx und nicht zuletzt schwarz vermummte Autonome haben sich der Maschinerie des Staatsterrorismus in den Weg gestellt und ein deutliches Zeichen der Solidarität mit den Flüchtlingen gesetzt.

Für den Abend wurden in Kopenhagen und vielen weitern Städten Dänemarks zu weiteren Solidaritätsdemonstrationen aufgerufen. Allein :: in Kopenhagen sind 20 bis 25.000 Leute gekommen.

Abschiebung in Kriegs-und Hungergebiete ist Mord!
Keine Abschiebungen nirgendwohin!
Der Kampf geht weiter, Asyl ist Menschenrecht!
NO BORDER NO NATION



Weitere Information auf dänisch, Fotos und Videos auf :: kirkeasyl.dk, :: afvisteirakere.dk und :: modkraft.dk.

Aritkel bearbeitet übernommen von :: de.indymedia.org, 13. Aug 2009