Quellenangabe:
Grenzen niedertanzen - Das Karawane Festival 2010 (vom 07.06.2010),
URL: http://no-racism.net/article/3397/,
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[07. Jun 2010]
Die Jenaer Innenstadt wurde vom 1. bis 4. Juni 2010 mit politischen Inhalten gegen (neo)koloniale Ausbeutung gefüllt. Ein wesentlicher Teil davon war das umfangreiche Kulturprogramm, dass aus dem Ereignis ein tolles Festival machte.
Dieser Artikel gibt einen Einblick in die verschiedenen Veranstaltungen während des Festivals, das als experimenteller Akt des Widerstandes verstanden werden kann. Es fand an vier zentralen Orten im Zentrum von Jena statt. Die zentrale Bühne befand sich beim beim Pulverturm/Johannistor, weitere Orte waren am Theatervorplatz, am Holzmarkt und am Campus der Universität. Weitere Veranstaltungen und das Nachtprogramm fanden in verschiedenen Lokalen statt.
Am Theatervorplatz gab es einige :: Ausstellungen, ein Wanderkino, in dem rund um die Uhr Filme gezeigt, verbunden mit Workshops und Diskussionen. Ein Zimmer aus dem Flüchtlingslager Möhlau In einen Workshop am Freitag Nachmittag wurde über die Situation in den Flüchtlingslagern in Thüringen informiert und am Abend gab es ein Reggae/HipHop Konzert, dass die Anwesenden begeisterte. Danach wurde die Frontexplode Kampagne mit einer Feuershow präsentiert.
Am Samstag ging es bereits am Vormittag los mit Diskussionen zu Charterabschiebungen und Rückkehrabkommen. Danach gab es mehrere Konzerte, ein Theater, bei dem die Situation von illegalisierten Menschen zu vermittelt wurde und eine Aufführung des Bolzenschneiderballetts gegen Grenzen.
Der Sonntag war den Kindern gewidmet, denen bei einem Fest ein umfangreiches Angebot zum Mitmachen oder Ausprobieren im Zirkuszelt geboten wurde, wie Riesenpuzzle, Wikinger_innenschach, Tischfußball, Hüpfburg, Rollenrutsche, Märchenpavillon, Gestaltung eigener Taschen, Seilbalance, Jonglage, ein Feuer-Workshop und mehr. Die Kinder wurden auch zu Darsteller_innen, u.a. bei einer Zirkusvorführung von Kindern aus Hamburg und Akrobatik von einer Gruppe aus Jena-Lobeda. Zum ersten mal gezeigt wurde an diesem Tag die Fotoausstellung "So lebe ich", für die 50 Kinder und Jugendliche zwischen vier und 18 Jahren ihren Alltag fotographisch festgehalten haben. Um 15:00 fand dann der Abschluss des Festivals mit ein paar letzten Worten statt.
Am Holzmarkt wurde am Freitag ein Klima-Flüchtlingslager mit 1.000 Minizelten errichtet. Diese waren mit teils widersprüchlichen und, wie der Künstler meinte, zur Diskussion anregenden Slogans beschriftet. Danach gab es Musik von mehreren Bands und DJs. Der Samstag begann mit Musik und Informationen zum Thema "Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört", wobei am ganzen Platz zahlreiche Transparente aufgelegt waren. Danach spielten einige Bands und eine Theater-"tribunal gegen Abschieber(_innen)", gefolgt von weiteren Bands und Informationen über den Widerstand gegen Abschiebungen.
Der Platz im Unicampus war Station der Vokü, die die Teilnehmer_innen des Festivals die ganze Zeit über mit veganem Essen, Tee und Kaffee versorgte. An allen Tagen gab es Gesprächsrunden, Poesie und Musik. In einem Hörsaal befand sich das :: Permanentkino mit einem umfangreiches Programm zu Kämpfen gegen Rassismus, Abschiebungen und Lagern. Dabei ging es u.a. um frühere Aktivitäten, wie die erste Karawane für die Rechte Flüchtlinge und Migrant_innen im Jahr 1998 oder die Aktivitäten zur Aufklärung des Todes von Oury Jalloh.
Bei Workshops, die teilweise erst vor Ort ausgemacht wurden, ging es vor allem um die Vernetzung der in der Isolation lebenden Flüchtlinge und die Fortsetzung des Kampfes zur Schließung der Lager. Zwar wurde einen Tag vor Beginn des Festivals das :: Lager Katzhütte geschlossen, aus dem zahlreiche Flüchtlinge angereist waren. Dieses Lager, für dessen Schließung seit langem gekämpft wird, doch die Leute wurden in andere Lager gebracht, in denen zwar nicht ganz so miserabel Bedingungen sind, wie in Katzhüttte, doch die Isolation wird so nicht durchbrochen. Der Kampf gegen Lager hat zum Ziel, dass Flüchtlinge selbst bestimmen können, wo und wie sie leben.
Die Hauptbühne befand sich beim Pulverturm/Johannistor, wo sich ab Freitag um 10:00 Uhr der Infopunkt befand und es um 13:00 hieß: Willkommen! Mit Musik, Performance und Worten zur Begrüßung wurde das Festival feierlich eröffnet. Danach startete die Prozession, die bei den anderen drei Veranstaltungsorten vorbei zog, wobei am Theatervorplatz eine Installation mit Koffern präsentiert wurde. Der Zug mit ca. 400 Teilnehmer_innen endete wieder beim Pulverturm mit einer Präsentation des Denkmals "in Gedenken an die Toten der Festung Europa". Danach wurden unter dem Motto "Wir sind die Karawane" die Beweggründe der Aktivist_innen für die Organisierung des Festivals der Öffentlichkeit präsentiert und gemeinsam zu kurdischer Musik getanzt.
An den folgenden Tagen gab es permanentes Kurlturprogramm mit Theatervorführungen, DJs und Konzerten, bei denen hunderte Leute ausgelassen tanzten. Zwischendurch fand u.a. ein Sloganworkshop statt und das offene Mikrophon bot Flüchtlingen die Gelegenheit, um über soziale Ausgrenzung, Lager und ihre Kämpfe zu berichteten.
Während des gesamten Festivals sorgten Trommler_innen für Musik während der Pausen und brachten die Anwesenden zum Tanzen.
Ein Höhepunkt der drei Tage war die Maskeraden-Parade, die am Samstag beim Pulverturm startete. Mehr dazu im Artikel :: Die Maskeraden Parade - zur Vereinigung der Kämpfe.