Quellenangabe:
Rassistische Polizeibrutalität behindert Demokratie in Deutschland (vom 20.10.2012),
URL: http://no-racism.net/article/4223/,
besucht am 21.11.2024
[20. Oct 2012]
Presse- erklärung der Plataforma der Flüchtlinge und MigrantInnen Berlin und von The VOICE Refugee Forum zum Vorgehen der Polizei gegen eine Besetzung der nigerianischen Botschaft in Berlin.
The VOICE Berlin und Plataforma Berlin protestieren gegen die brutale Behandlung ihrer AktivistInnen und der AktivistInnen der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen sowie des Protestcamps.
Am Montag, dem 15. Oktober 2012, wurden 30 AktivistInnen für die Rechte von Flüchtlingen und Migrantinnen auf brutale Weise festgenommen, nachdem sie legitimerweise gegen die nigerianische Botschaft in Berlin protestiert hatten. Die Botschaft hat mit der deutschen Regierung ein Abkommen abgeschlossen, das einfachere und schnellere Abschiebungen ermöglicht und Flüchtlingen ihr Recht auf Asyl verwehrt. Die Protestaktionen an der nigerianischen Botschaft richteten sich insbesondere gegen die so genannten :: Botschaftsanhörungen, bei denen Gruppenanhörungen von Flüchtlingen als Zwangsmaßnahme durchgeführt werden, um deren mutmaßliche Herkunftsländer zu bestimmen, damit sie dorthin abgeschoben werden können.
Die Polizei setzte Tränengas ein und zögerte nicht, die Protestierenden zu schlagen, zu erniedrigen und zu schikanieren. Mehrere AktivistInnen wurden ernsthaft verletzt und mussten danach medizinisch behandelt werden. 15 AktivistInnen wurden innerhalb des Botschaftsgebäudes festgenommen. Auch AktivistInnen, die außerhalb des Gebäudes eine friedliche Solidaritätsdemonstration abhielten, mussten die Gewalt der Polizei ertragen. Trotz der Versuche von Seiten der Flüchtlinge, die Situation zu deeskalieren, wurden 15 weitere überzogen gewaltsame Verhaftungen durchgeführt, wobei es seitens der Polizei nicht das Ziel war, die Situation auf friedliche Art zu regeln.
Einmal mehr zeigte die Polizei ihr wahres Gesicht, das eher das eines Verteidiger totalitärer Regimes ist als dessen, was sie immer zu sein behaupten, eines "Beschützers der Menschen". Während des Flüchtlingsprotestmarsches, der am 8. September in Würzburg startete und am 6. Oktober in Berlin endete, agierte die Polizei zurückhaltend und gab sich den Flüchtlingen gegenüber wohlwollend, solange Presse anwesend war. Das Ziel der protestierenden Flüchtlinge war es, in Deutschlands Hauptstadt zu kommen und den Strukturen der Unterdrückung entgegenzutreten. Hinsichtlich des Rechts der Flüchtlinge, ein Leben in Würde zu leben - ohne Isolation und Erniedrigung - können keine Kompromisse gemacht werden. Nun, da der Protest eine konkrete Form annimmt und sich gegen staatliche Institutionen und ihre diplomatischen PartnerInnen wendet, scheut sich der deutsche Staat nicht mehr, extrem brutale und gewaltsame Methoden anzuwenden, um den Kampf zum Stillstand zu bringen.
Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Polizei in Deutschland Straflosigkeit genießt. Die Polizei führte sich auf wie eine Menge Hooligans ohne Hemmungen. Ebenso wie bei der Protestdemonstration am 7. Januar 2012, am siebten Jahrestag des Todes von :: Oury Jalloh, erwarten wir keine Gerechtigkeit vom deutschen System, die die aufrührerischen Polizeibeamten einer Strafe zuführen würde. Doch dies wird unseren Kampf nicht brechen und wir werden ein juristisches Verfahren gegen die Polizei durchführen, solange es möglich ist. Einmal mehr bekräftigen wir unsere Solidarität mit jedem/r einzelnen Flüchtling und Protestierenden, die/der willens ist zu handeln, um dieses Schicksal zu ändern.
Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.
Und wir fordern: Freiheit! Wahrheit! Gerechtigkeit!
Break the Silence!
Bericht vom 15. Oktober 2012 auf :: de.indymedia.org.
Mit einer Besetzung der nigerianischen Botschaft haben die Flüchtlinge aus dem Protestcamp am Oranienplatz in Kreuzberg heute gegen die menschenverachtende Abschiebepraxis von deutschland und frontex und die kriminelle Beihilfe der nigerianischen Botschaft protestiert. Bei der Aktion kam es zu etwa 30 Verhaftungen, wesswegen kurz darauf eine Antirepressionsdemo mit etwa 1500 solidarischen Menschen zur Gefangenensammelstelle am Platz der Luftbrücke startete.
Die Besetzung der nigerianischen Botschaft ist Teil des Protests gegen eine für Mittwoch geplante Sammelabschiebung und die Kollaboration zwischen der nigerianischen Botschaft und den deutschen Behörden. Die nigerianische Botschaft in der Alten-Jakobs-Str. 4 in Berlin ist bekannt für die willige Austellung von Ausweisdokumenten, auch an Menschen, die nach eigenen Angaben nicht aus nigeria kommen. Mit den gültigen Pässen ist es den deutschen Behörden möglich, Abschiebungen durchzuführen.
Bei der Besetzung (siehe :: de.indymedia.org) wurden die Aktivist_innen in der Botschaft sowie zahlreiche Unterstützer_innen vor der Botschaft festgenommen. Die Bullen setzten Schlagstöcke und massiv Pfefferspray gegen die Protestierenden ein, mehrere Menschen mussten ihre Verletzungen ärztlich behandeln lassen. Gezielt wurden vor allem Flüchtlinge aus der solidarischen Masse auf der Straße festgenommen. Etwa 30 Leute wurden in GeSa's abtransportiert.
Unter massivem Polizeiaufgebot und nicht ohne weitere gezielte Festnahmen kehrten Flüchtlinge und Unterstützende in das Camp zurück, auf einem Plenum beschlossen sie eine Solidemo für die Gefangenen vom Oranienplatz zur GeSa am Platz der Luftbrücke.
Gegen 17:30 startete eine wütende und lautstarke Demo mit weit über 1000 solidarischen Menschen - Flüchtlinge, viele Migrant_innen, AntiFa's und Autonome, Nachbar_innen, Familien. Trotz der spontanen polizeilichen Anmeldung hatten die Bullen die Demo nicht im Griff. Immer wieder setzte letztere sich entschlossen durch, änderte spontan die Route, umging Absperrungen, umströmte die hilflosen Bullen. Auf der gesamten dicht bewohnten Strecke wurden durchgehend Parolen für Solidarität und Bewegungsfreiheit und gegen das Abschiebunssystem skandiert. Erst kurz vor der GeSa schafften es die Bullen, die Demo zu stoppen und aus Angst vor einer Stürmung der Wache wurde diese bis zum Schluss von einer engen Kette aus Wannen und behelmten Bullen abgeschirmt.
Ein solidarischer Politiker "erhandelte" die Zusage, dass alle Festgenommenen in den nächsten Stunden freigelassen werden würden und auch die, die gegen die Residenzpflicht verstoßen und rebellieren heute noch zum Protest Camp zurückkehren könnten. Bis zur Freilassung der letzten Person gegen 23:45 Uhr blieben über hundert Menschen am Platz der Luftbrücke, es gab fast ununterbrochen Samba Mucke, wilde Sprechchöre und Gesänge, herzliche Umarmungen der Freigelassenen, viel Solidarität und Freude.
Vielen Dank an alle, die diese fette Demo gerockt haben, an die Tee und Kaffee Kocher_innen, Anwält_innen, den EA und Prisoner Support, an das Infozelt, an die Sambagruppe, an die solidarische Presse, an die wild entschlossenen Aktivist_innen aus dem Camp!
Der Staat hat sich wieder von der häßlichsten Seite gezeigt und wir sind wieder daran gewachsen!
Keine Mensch ist illegal!
Residenzpflicht und Lager abschaffen! Abschiebungsstopp sofort!