Quellenangabe:
Nein zum 'Asylstopp'! Stoppen wir die Abschiebung - Freiheit für Laila! (vom 16.06.2015),
URL: http://no-racism.net/article/4762/,
besucht am 27.12.2024
[16. Jun 2015]
Laila ist eine engagierte junge Frau, die aus Afghanistan floh. Die Behörden planen ihre Dublin-Abschiebung nach Bulgarien für Mittwoch, 17. Juni 2015. Dies bedeutet große Gefahr für eine allein stehende junge Frau. Es regt sich Protest. Ein Bericht über rassistische Willkür, "Asylstopp" und Widerstand.
Update: Die Abschiebung wurde vorerst verhindert. Kundgebung am Mi, 17. Jun 2015 um 18:00 vorm Schubhäfn Rossauer Lände 9!
[update 17.06.2015 - 18 Uhr]
Das Refugee Protest Camp Vienna schreibt auf seiner facebook-Seite: "Heute Nachmittag wurde Laila in Folge ihres Widerstands und des breiten Protestes zwar aus der Schubhaft entlassen, aber ihr Ziel - ein sicheres Leben in Österreich - ist noch nicht erreicht.
Es wird heute eine weitere Mahnwache um 18 Uhr stattfinden - diesmal in Form eines Festes aufgrund der ersten Erfolge. Die zivilgesellschaftliche Solidarität darf nicht abreißen und der Protest gegen das fatale System der Dublin III-Abschiebungen muss fortgetragen werden."
Presseaussendung von Freund_innen von Leila zur vorerst verhinderten Abschiebung :: hier.
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In einem Aufruf zu den Protesten gegen die Abschiebung heißt es:
"Nachdem am Freitag die Innenministerin Mikl-Leitner den Asylstopp verhängt hat, ist unsere Freundin Laila prompt festgenommen und in Schubhaft genommen worden. Laila soll bis Mittwoch nach Bulgarien abgeschoben werden. Laila ist unsere Freundin und wir haben große Angst um sie. Die :: Situation für Asylsuchende in Bulgarien ist katastrophal und sie hat dort auf dem Weg nach Österreich schon schreckliche Erfahrungen gemacht.
Laila kommt aus Afghanistan und ist seit über einem Jahr in Österreich. Sie hat viele Freunde hier, besucht die Schule, spricht Englisch, Französisch und Deutsch, ist motiviert und engagiert, hat hier Familie und in Wien nach langer Zeit ein Zuhause gefunden.
Wir machen eine Mahnwache vor der Rossauer Kaserne wo sie in Schubhaft sitzt. Laila steht für viele Betroffene Asylsuchende in Österreich und wir wollen gemeinsam für sie und alle weiteren uns unbekannten Schicksale diese Mahnwache veranstalten und uns vor die Kaserne setzen. Als Zeichen der Solidarität bitten wir euch, dabei zu sein und eine Kerze anzuzünden. Wir sind Lailas FreundInnen und wir können nicht tatenlos zusehen!"
Am 12. Juni 2015, hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) alle neuen Asylverfahren in Österreich per Weisung gestoppt. Laut :: Standard setzt sie damit um, was sie eine Woche zuvor bei einem Pressegespräch angekündigte hatte. Sämtliche im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Verfügung stehenden Mitarbeiter_innen und Ressourcen sollen zur Erledigung von Verfahren laut der EU-weit geltenden :: Dublin-Verordnung eingesetzt werden - samt folgenden Rückschiebungen. Damit setzt die Innenministerin einmal mehr ein rassistisches Zeichen, um laut eigenen Angaben auf EU-Ebene Druck für eine Asyl-"Entlastung" Österreichs zu erzeugen. Mikl-Leitner bedient sich bekannter rassistischer Sprache und argumentiert damit, dass Österreich sei "Zielland Nummer eins" für Flüchtlinge geworden. Insbesondere der "im europäischen Vergleich rasche Familiennachzug" habe Österreich zum "Asylexpress Europas" gemacht.
Das Recht auf Familiennachzug ist international verbrieft und kommt anerkannten Flüchtlingen zu. Es umfasst die nächsten Verwandten der Flüchtlinge, die im Zuge der sogenannten Familienzusammenführung nachgeholt werden können.
"Bei der asylkoordination kritisiert Herbert Langthaler den Stopp der Familienverfahren in besonderem Maße. Vor allem aus Syrien und dem Irak seien in den vergangenen Monaten Familienväter auf gefährlichen Wegen nach Österreich geflohen, oft in überfüllten Booten übers Mittelmeer; meist bekommen sie rasch Asyl. Ihre nächsten Angehörigen, so Langthaler, seien unterdessen in Lebensgefahr oder aber in Erstfluchtstaaten wie dem Libanon oder Ägypten existenziell bedroht. "Diesen Menschen bis auf Weiteres die Hoffnung zu nehmen, ihre Familie nachzuholen, ist inhuman", sagt der NGO- Experte.
Mikl-Leitner begründet ihre Weisung rechtling mit der "gesetzlichen Möglichkeit, Asylverfahren befristet, an den Umständen und der aktuellen Situation orientiert, auszusetzen" - in diesem Fall sei dieser laut EU-Recht mögliche Schritt eine "Regulationsmaßnahme". Anstatt das Dublin-Abkommen außer Kraft zu setzen und den Flüchtlingen die freie Wahl jenes Landes zu ermöglichen, in denen sie einen Asylantrag stellen wollen, werden weiterhin zig tausende Menschen in Europa hin- und hergeschoben, weil sich die einzelnen Staaten als "nicht zuständig" sehen.
Anstatt auf die hohen Asylantragszahlen aufgrund zahlreicher Krisen und (militärischer) Konflikte zu reagieren und den Menschen unbürokratisch Asyl zu gewähren, werden sinnlose Maßnahmen ergriffen, einzig und allein mit dem Ziel, Menschen zu schikanieren, zu internieren und zu deportieren.
Erinnert sei hier an das ewige Gelabere von "schnelleren" und "effizienteren" Verfahren. Dass die Schreibtischtäter_innen damit nicht die schnellere Erteilung von Asyl meinen, damit sich die Flüchtlingen tatsächlich "in Sicherheit" fühlen können, wird schell klar. Vielmehr wird auf schnellere und unbürokratischere Abschiebungen gesetzt, wie jetzt nach dem Dublin-Abkommen.
"Laila ist ein Gesicht von Mikl-Leitners Asylstopp", titelt :: Vice einen Artikel, in dem kurz ihr Aufenthalt in Bulgarien und Österreich dargestellt wird:
"Seit September 2013 ist Laila auf der Flucht. Als Kriegsflüchtling ist sie von Afghanistan über den Iran nach Europa geflohen. Allein. In Bulgarien wurde sie im November 2013 verhaftet in ein Flüchtlingslager gebracht. Die Bedingungen und Gefahren, die in bulgarischen Flüchtlingslagern herrschen, sind unmenschlich.
Laila ging dort durch die Hölle. Erniedrigung, Gewalt und Folter standen für sie als alleinstehende Frau leider an der Tagesordnung. 1,5 Monate dauerte ihre Pein, bis ihr die Flucht nach Österreich gelang. Hier konnte sie für einen kurzen Moment durchschnaufen. Obwohl ihr die Angst vor einer Abschiebung in das Land, vor dem sie nach ihrer beschwerlichen Flucht aus dem Krieg abermals fliehen musste, permanent im Nacken saß, konnte sie sich in diesem Jahr in Österreich wieder ein kleines Leben aufbauen.
Verwandte nahmen sie in Empfang und versorgten sie zunächst mit dem Notwendigsten: Bett, Wasser, Essen. Laila konnte sich ohne Angst in Freiheit bewegen. Sie lernte nette Menschen kennen und baute sich einen Freund_innenkreis auf. Während sie vier Sprachen bereits fließend spricht, besuchte sie regelmäßig einen Deutschkurs. Es ging ihr - den Umständen entsprechend - gut.
Aufgrund eines ärztlichen Gutachtens und ihrer traumatischen Erlebnisse in Bulgarien wurde Ende April 2015 ein neuer Asylantrag beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Traiskirschen gestellt und unter Berücksichtigung ihrer traumatischen Erlebnisse und der familiären Bindung in Österreich, ihrem Anwalt gegenüber, eine Zusage ausgesprochen. Mündlich. Davon will seit Mikl-Leitners neuer Weisung aber niemand mehr etwas wissen.
In der Nacht von Freitag auf Samstag (13. Juni 2015) wurde Laila in Schubhaft genommen und in das Polizeihaltezentrum Roßauer Lände 9 gebracht. Dort sitzt sie seither und ihr Alptraum beginnt von vorne. Die Abschiebung ist für den 17. Juni 2015 per Flugzeug geplant, der Flug ist bereits gebucht."
Laila ist eine von vielen, die von diesen rassistischen Maßnahmen betroffen sind. Doch sie hat viele Unterstützer_innen und Freund_innen, die nicht tatenlos zusehen wollen, wie sie abgeschoben wird. Deshalb wurden zahlreiche Initiativen gesetzt, die sich für ihren weiteren Aufenthalt in Österreich einsetzen.
Schubhaft ist eine Maßnahme, die dazu dienen soll, Abschiebungen routinemäß
ig und problemlos durchführen zu können. In Österreich können Menschen - ohne richterlichen Bescheid! - bis zu 10 Monate inhaftiert werden. Nicht alle Menschen, die in Schubhaft genommen werden, werden abgeschoben. Diese Haft wird im Ermessen der amtswaltenden Beamt_innen verhängt, nicht selten auch dann, wenn eine Abschiebung gar nicht möglich ist. In Schubhaft sind die meisten Leute isoliert, haben keinen Kontakt zur Außenwelt. Viele sehen die einzige Möglichkeit des Widerstandes im Hungersteik oder Selbstverletzungen, um dadurch Haftunfähigkeit zu erlangen. Doch die Polizist_innen, die für den Vollzug der Schubhaft in den Polizeianhaltezentren zuständig sind, behandeln Menschen die sich wehren meist nicht gerade mit Samthandschuhen. Leute die es schaffen, ihre Abschiebung zu verhindern, landen oft im Krankenhaus.
Mit Kundgebungen vor den Gefägissen kann den Inhaftierten direkte Solidarität gezeigt werden. So geschehen am Montag 15. Juni vor dem Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände 9 in Wien. In sozialen Medien wird berichtet, dass Laila am Dienstag Mogren Besuch erhielt, worüber sie sich Laila sehr freute. Ihr wurde von der Kundgebung berichtet und es hat ihr Mut gemacht.
Zu einer weiteren Kundgebung bzw. Mahnwache ebendort wird für heute, 16. Juni um 18:00 Uhr aufgerufen.
Weitere Proteste richten sich an die :: Abschiebefluglinie Austrian Airlines (AUA). Unter anderem ging folgendes Schreiben an die Fluglinie:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten Sie hiermit darüber in Kenntnis setzen, dass am Mittwoch mit Ihrem Flug von Wien nach Bulgarien die Abschiebung einer jungen Frau durchgeführt wird.
Laila kommt aus Afghanistan und ist seit über einem Jahr in Österreich. Sie hat viele Freunde hier, besucht die Schule, spricht Englisch, Französisch und Deutsch, ist motiviert und engagiert, hat hier Familie und in Wien nach langer Zeit ein Zuhause gefunden.
Die offizielle und rechtliche Begründung für dieses Vorgehen ist die Verordnung Dublin 2, die besagt dass Bulgarien ein sicheres Land ist und demnach Flüchtlinge aufnehmen kann. In der Realität sieht die Situation aber ganz anders aus, wie sie in diesem Bericht - :: proasyl.de - mit dem Titel "Schwere Misshandlungen von Flüchtlingen in Bulgarien" nachlesen können.
Ich, als KundIn der Austrian Airlines und als Mensch, fordere Sie auf Ihren Beitrag zur Sicherheit von Laila zu leisten und deshalb die Verweigerung des Transports!"
Die Fluglinie antwortete auf das Protestschreiben:
"Zwischen dem österreichischen Innenministerium und Austrian Airlines besteht ein gültiger Beförderungsvertrag. Grundsätzlich lehnt Austrian Airlines Abschiebungen gegen den Widerstand der Betroffenen ab. Trotz des gültigen Vertrages kann Austrian Airlines Passagiere vom Flug ausschließen, wenn unter anderem zu befürchten ist, dass sie aufgrund ihres Verhaltens oder Zustands eine konkrete Gefahr für die Sicherheit und Ordnung an Bord darstellen, sich oder andere gefährden, oder wenn ein solcher Transport eine unzumutbare Belastung für die anderen Passagiere darstellt."
Dass Abschiebungen per se gegen den Willen der Abgeschobenen durchgeführt werden und die begleitenden Beamten den Widerstand meist gewalttätig unterdrücken, ist bekannt. Zu viele Menschen verloren durch oft äußerst brutal durchgeführten Abschiebungen ihr Leben, wie in der Rubrik :: Rassismus tötet! dokumentiert ist.
Trotz dieser "staatlichen Zwangsgewalt" ist Widerstand gegen Abschiebungen allgegenwärtig, auch wenn in den Medien kaum was davon zu lesen, zu hören oder zu sehen ist. Um so wichtiger ist es, die von Abschiebung bedrohten nicht im Stich zu lassen ihren Kampf zu unterstüzen. Welche Möglichkeiten des Widerstandes es in Linienflugzeugen gibt, darüber informieren u.a. die :: Tipps um Abschiebungen zu verhindern und das Video :: How to Stop a Deportation (Youtube).
Neben den schriftlichen Proteste an die Abschiebefluglinien geht es auch darum, Pilot_innen, Flugbegleiter_innen und das Bodenpersonal zu informieren. Sie können sich weigern, als willfährige Handlanger_innen der staatlichen Abschiebepolitik zu fungieren. Deshalb versuchen einige Leute, das Personal zu informieren:
"Nutzt die sozialen Wunder des Internets und versucht über eure Freund_innen und Bekannte an Flugbegleiter_innen und Pilot_innen heranzukommen. Sie sollen wissen wen sie morgen transportieren! Wir wissen nicht genau welcher Flug es ist morgen, es gibt vier Flüge von der Austrian nach Bulgarien. Ein_e Pilot_in oder ein_e Flugbegleiter_in darf aus Gründen der Sicherheit der Passagier_innen eine_n Passagier_in vom Mitfliegen abhalten. Es muss doch möglich sein, dass wir ein zwei Flugbegleiter_innen von morgen über Freund_innen diese Nachricht mitteilen können und vielleicht als letzte Möglichkeit die Abschiebung aufhalten können.
Lailas Menschenrechte sind in Gefahr, dass muss genug sein um aus Gewissensgründen das mitfliegen zu verweigern."