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Quellenangabe:
Eskalation bei Abschiebeblockade in Magdeburg (vom 26.06.2015),
URL: http://no-racism.net/article/4768/, besucht am 23.11.2024

[26. Jun 2015]

Eskalation bei Abschiebeblockade in Magdeburg

+++ Eskalation bei Abschiebe- blockade in Magdeburg +++ Polizei setzte massiv Gewalt gegen Aktivist*innen ein +++ Es kam zu mehreren Festnahmen +++ Shushay wurde nach Italien deportiert +++


Hintergrund
In den vergangenen Wochen konnten in Magdeburg polizeiliche Abschiebungeversuche erfolgreich blockiert werden (siehe dazu :: stopdeportationmd.blogsport.de). Die Behörden, die teilweise überfordert auf den gewaltfreien aber entschlossenen zivilen Widerstand reagierten, setzen nun offenbar auf Einschüchterung und Gewalt. Zuletzt am 25. Juni 2015, an dem Shushay, dessen Abschiebung einen Monat zuvor :: verhindert wurde, unter Anwendung massiver Gewalt nach Italien abgeschoben wurde. Damit exekutieren die Behörden einmal mehr die umstrittenen :: Dublin-Abschiebungen. Im folgenden dokumentieren wir einen Text von Stop Deportation Magdeburg.


Eskalation bei Abschiebeblockade in Magdeburg


In der Nacht vom 25.6.2015 mündete eine Abschiebung in schier unfassbarer Gewalt. Gegen 3.00 Uhr hatten sich 90 Menschenrechtsaktivist*innen vor der Gemeinschaftsunterkunft in Westerhüsen/Magdeburg eingefunden. Shushay, dessen erste Abschiebung am 27.5.2015 erfolgreich verhindert wurde, sollte erneut nach Italien gebracht werden. Die Ausländer*innenbehörde hatte angeordnet, dass sich Shushay an der Bushaltestelle stadtauswärts aufhalten solle. Als er sich dorthin begeben hatte, beschlossen die Aktivist*innen spontan, sich um Shushay zu versammeln, um ihn vor dem Zugriff der Behörden zu schützen. Gegen 4 Uhr trafen sowohl die Beamt*innen des Bundesministeriums (BAMF) ein, als auch die ersten Einsatzkräfte der Polizei. Als sie feststellen mussten, dass die Abschiebung nicht stattfinden kann, orderten sie weitere Einsatzkräfte. Circa 40 Beamt*innen waren in Vollmontur vor Ort, darunter einige Zivilbeamte. Während der Einsatzleiter die Anwendung von "Zwangsmitteln mit Gewalt" androhte, blieben die Demonstrant*innen friedlich im Kreis um Shushay stehen und sangen. Was dann folgte, ist mit dem Begriff Gewaltexzess am ehesten zu beschreiben. Während die Demonstrant*innen im Chor "Wir sind friedlich, was seid ihr" riefen, rissen die Polizist*innen die Menge gewaltsam auseinander, zogen Menschen an den Haaren heraus, warfen sie zu Boden, stießen sie mit dem Kopf auf den Bordstein, verdrehten Arme und traten ihnen in den Rücken. Statt einen Notarzt zu rufen, setzen die Beamte*innen ihre unmenschliche Mission fort und zerrten Shushay ins Auto, welches ihn zum Flughafen bringen sollte. Es kam zu einer vorläufigen Festnahme. Um die Situation aufzulösen, wurde eine Spontandemonstration angemeldet. Die Polizei setzte ihre Schikane fort und verhaftete weitere Menschen, als diese sich schon längst auf dem Weg nach Hause befanden.

Dieser Gewaltausbruch seitens der Polizei steht in keinerlei Verhältnis zur Sachlage und Situation. Eine Abschiebung mit derlei Maßnahmen durchzuprügeln, obwohl die Demonstrant*innen friedlichen Ungehorsam als legitimes Mittel einsetzten, führt das Prinzip "Rechtsstaatlichkeit" endgültig ad absurdum. Nicht nur, dass Shushay von deutschen Behörden im vollen Bewusstsein der katastrophalen Zustände nach Italien abgeschoben und somit in die Perspektivlosigkeit und Armut verbannt wurde, auch hinterlässt dieser Vorgang nun eine Spur der polizeilichen Eskalation.

Es ist die große Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Eigentlich sollen die Mitarbeiter*innen der Ausländer*innen behörde situativ (also von Fall zu Fall) entscheiden, ob die Abschiebung durchgeführt werden kann oder nicht. Stellt sich heraus, dass 90 Menschen um den Geflüchteten stehen und friedlich zivilen Ungehorsam leisten, hätte die Abschiebung von Amtswegen abgebrochen werden können. In dieser Nacht gab es jedoch eine klare Order von ganz oben: Es wird unter allen Umständen abgeschoben. Damit wurde nicht nur jene Verhältnismäßigkeit aufgekündigt, sondern zeigt auf, dass es sich eben nicht nur um einen reinen Verwaltungsakt handelt, sondern um den politischen Willen einiger Funktionsträger*innen. Sie sind Repräsentanten des strukturellen Rassismus, der seit einigen Monaten medial als auch auf legislativer Ebene auf eine neue Stufe der Verschärfung zusteuert. In Magdeburg wurde die Pegida-Forderung "schneller und konsequenter abzuschieben" nun in die Vorrunde geschickt - es ist zu erwarten, dass sich solche Maßnahmen und Szenen wiederholen werden - überall. Am 2. Juli 2015 wird das Asylgesetz im Bundestag ein weiteres Mal verschärft. Die meisten Flüchtlinge werden in den Abschiebeknast gesteckt. Spätestens da müssen wir uns die Frage stellen, wie Abschiebungen demnächst aufgehalten werden sollen...

Asylrechtsverschärfung stoppen!
Abschiebungen verhindern!
Kein Mensch ist illegal!

Dieser Artikel von Stop Deportation Magdeburg wurde zuerst veröffentlicht auf :: stopdeportationmd.blogsport.de und :: linksunten.indymedia.org.