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Quellenangabe:
Vernehmung durch die Polizei (vom 15.10.2003),
URL: http://no-racism.net/article/687/, besucht am 21.11.2024

[15. Oct 2003]

Vernehmung durch die Polizei

ACHTUNG: Dieses Manual ist nicht mehr aktuell - bitte verwendet für aktuelle Fragen entsprechende Seiten aus den :: Rechtshilfe Links.

Über die Methoden der Polizei und Aussageverweigerung.

In JEDER Gespraechssituation mit PolizistInnen gilt: WIR HABEN DAS RECHT AUF AUSSAGEVERWEIGERUNG !!! Deshalb sagst du am besten GAR NICHTS. Das ist das Beste für dich und alle anderen Betroffenen und laesst sich auch am leichtsten durchhalten.

Gar nichts sagen heißt:

"ICH MACHE VON MEINEM RECHT AUF AUSSAGEVERWEIGERUNG GEBRAUCH."

Ende. Aus.

Es heißt NICHT zu sagen: "Ich weiss das und das nicht." "ich war da und dort gar nicht." "Ich war zwar dort und da, aber ich hab ja eh nichts getan." Wenn du anfaengst zu reden, und sei es scheinbar noch so belanglos, dann wissen sie, dass du redest und haken nach. Du bist in einer Ausnahmesituation, kannst nicht so gut kontrollieren was du sagst, merkst vielleicht gar nicht, in was du dich verstrickst. Du bist im Streß, die PolizistInnen in ihrer normalen Arbeit, sie koennen sich abwechseln. Es ist für dich einfacher, dich darauf zu konzentrieren, gar keine Aussage zu machen, als darauf zu achten, was moeglicherweise an deiner Aussage gefaehrlich werden könnte und was nicht. Was für dich harmlos klingt, kann in irgendeinem Paragraphen unter Strafe gestellt sein. Deine Verteidigung beginnt im Gerichtsverfahren. Die Polizei versucht bei einer Einvernahme (mit deiner Hilfe!) lediglich "Belastendes" GEGEN dich zu sammeln. Vermeintlich Entlastendes ist bei der Polizei an der voellig falschen Adresse! Jede Info kann Teil einer Anklagekonstruktion werden, oder aber sie wird ganz einfach ein Baustein in den Akten. Und du lieferst ihnen mit der "Darstellung deiner Sicht der Dinge" zu diesem Zeitpunkt wichtige Hinweise über deine Verteidigungsstrategie, die doch nur die Staatsanwaltschaft zur Anklagekonstruktion nützen wird. Beziehungsweise können sie sich die Sache nachher zurechtbiegen, um dein Entlastungsmaterial nutzlos zu machen. Sie versuchen uns alles anzuhängen, was sie können, und das hat mit der Realität meist wenig zu tun. Das Verhör kann belanglos beginnen, mit Fragen nach deinen Eltern, der Schule oder deiner Arbeit.

Das äußerste, was du sagen mußt, ist:
-Name,
-Adresse,
-Geburtsdatum.
Wenn du minderjährig bist die Namen deiner Erziehungsberechtigten/Eltern.

SONST NICHTS.


Denn sonst bist du schon mitten drin im Geplauder, ploetzlich werden die Fragen ernsthafter und du weisst nicht, wie du das ganze Ding jetzt noch stoppen sollst. Bist du schon mittendrin: Spät gestoppt ist besser als gar nicht!

Oder es beginnt mit Bemerkungen über deine politische Einstellung, das kann abwechselnd freundlich-verstaendnisvoll sein, oder auch provokant-beleidigend. In beiden fällen gilt, dass du nicht beweisen mußt, dass du gescheiter bist als sie, hier ist nicht der richtige Ort um zu agitieren. Es kann auch sein, dass sie sich abwechseln: zuerst macht dich der/die "Boese" zur Sau, dann troested dich der/die "Gute". In der Hoffnung, dass du dich ausweinst. Vergessen wir nicht: hier passiert nichts zufaellig! Sie wollen dich zum Reden bringen, und darauf sind sie auch geschult.

Reagiere nicht auf "Versprechungen" wie: "Wenn du redest kommst du raus, wenn nicht sitzt du Wochen, Jahre, Monate, ewig." Alte "Haefen"weisheit: "Sagst du ja, bleibst du da, sagst du nein, gehst du heim." Drohungen wie: "Wir wissen eh schon alles, deine Freunde haben gestanden.": Das ist einer der AELTESTEN VERHOERTRICKS! Egal ob das stimmt oder nicht: das Beste für dich ist nichts zu sagen! Denn sie wissen meist gar nichts!

Auch vermeintlich erdrückende Beweise sollten nicht zu einer Aussage verführen. Nur über Aussagen, in denen wir uns selbst oder gegenseitig belasten, kommen sie zu einem Anklagekonstrukt! Auch wenn sie uns Fotos, Filme und anderes "Beweismaterial" vorlegen: ohne Aussagen kommen sie damit allein vor Gericht oft nicht durch. Und eine Aussageverweigerung darf vor Gericht nicht zu deinem Nachteil gewertet werden.

DAHER: wenn du im "Informationsblatt für Festgenomme"der Polizei liest: "Einvernahme: sie werden Gelegenheit erhalten, sich zu den gegen sie erhobenen Vorwuerfen zu äussern. Wenn sie diese nicht nützten, sondern schweigen, nehmen sie sich die Moeglichkeit, die Dinge aus ihrer Sicht darzustellen und sich zu verteidigen. (....)"

!MERKE! die Polizei ist nicht die richtige Adresse für Verteidigung - deine Verteidigung findet (wenn sie ueberhaupt notwendig wird!) erst (und nach rechtlicher Beratung!) im Gericht statt!

Angst:


ist eine normale menschliche Reaktion, für die sich keineR schaemen muss. Lassen wir uns von unsrer Angst nicht unterkriegen.
DENK DRAN: ES WIRD VORBEI GEHEN.
Mit einer Aussage kannst du der Gegenseite (und das ist die Polizei in so einer Situation nun mal) höchstens noch mehr (Pseudo)-Argumente fuer ein Verfahren gegen dich liefern. OB es überhaupt zu einem Verfahren gegen dich kommt entscheidet erst einmal eine Staatsanwältin, der/die deinen Fall prozesswürdig finden muss. (Die Staatsanwaltschaft stellt einen Strafantrag über den der/die Richterin entscheidet).

Dem Polizisten oder der Polizistin etwas erklären zu wollen hat also Gar Keinen Zweck. Am Ende der Einvernahme bekommst du ein Protokoll, in dem dann steht: "... verweigert die Aussage." Du brauchst es nicht zu unterschreiben.

Geplauder mit der Polzei am Gang oder sonstwo steht zwar nicht im Protokoll, wird aber zu einem Aktenvermerk und später ev. als "eigene dienstliche Wahrnehmung" zu einem Baustein einer Anklagekonstruktion gegen dich.

All die feinen taktischen Schachzuege, die dir durch den Kopf gehen, wie du die Bullen reinlegen oder dich aus dem Schlamassel bringen könntest: vergiss sie! Jede Situation ist günstiger, um sich was Schlaues zu ueberlegen, als die, wenn du bei den Bullen sitzt, und alles - wirklich alles - ist auch nach Absprache mit deinen GenossInnen und dem/der Anwältin mö–glich, auch wenn die BeamtInnen dir erzählen, dass es zu deinem Vorteil gereiche, wenn du ihnen gegenüber Aussagen machen würdest.

Wenn du meinst, dir wuerden Sachen vorgehalten, mit denen du gar nix zu tun hast - sag bitte trotzdem nicht aus. Denn was dich entlastet, kann jemand anderen belasten. Wenn von zwei Verdaechtigen eineR ein Alibi hat, bleibt immer noch einE ueber!

Wenn du meinst du steckst schon so tief im Schlamassel, dass du lieber alles zugeben willst, damit du nicht so hart verurteilt wirst, shut up! Erst NACHDEM deinE AnwaeltIn Akteneinsicht hatte und ihr euch beraten habt, laesst sich eine gute Strategie festlegen.

Wenn du erstmal ausgesagt hast, nuetzt dir oft auch der/die beste AnwaeltIn kaum noch was. Ausserdem reisst du womöglich unbeabsichtigt andere Leute mit rein. Und noch ein Argument: Ein Gestaendnis vor dem Richtertisch zahlt sich immer mehr aus als bei der Polizei, wenn's denn schon sein muss!