Quellenangabe:
Mumia Abu-Jamal - von Hinrichtung bedroht (vom 31.12.2009),
URL: http://no-racism.net/article/3211/,
besucht am 22.12.2024
[31. Dec 2009]
Nach 28 Jahren im Todestrakt versucht die rassistische Justiz in den USA nach wie vor, Mumia Abu-Jamal hinzurichten. Im folgenden dokumentieren wir ein paar Texte mit aktuellen und Hintergrund- informationen sowie Aufrufe zur Solidarität.
Nachdem am 6. April 2009 der US Suprme Court den Antrag von Mumia Abu-Jamal auf ein neues Verfahren abgelehnte, droht für Mumia im Folge einer weiteren Entscheidung des Höchstgerichts die Exekution. Der Antrag der Staatsanwaltschaft von Pennsylvania auf die Wiedereinsetzung des Hinrichtungsbefehls gegen Mumia vor dem selben Gericht ist noch nicht entschieden. Mehr dazu im Artikel :: Höchtes US-Gericht lehnt Antrag von Mumia Abu Jamal ab.
Informationen über die Vorgeschichte liefert ein Artikel vom 10. Dezember 2005 :: Freiheit für Mumia Abu Jamal .
Die Situation ist kritisch. Ursprünglich wurde von einem Urteil Ende 2009 ausgegangen, doch der Oberste Gerichtshof der USA ist nun bis 11. Jänner 2009 auf Urlaub. Danach kann jeden Tag das Todesurteil bestätigt werden. Viele Unterstützer_innen gehen davon aus, dass in diesem Fall die Vollstreckung innerhalb kurzer erfolgen wird, damit nicht wie schon einmal die Hinrichtung aufgrund massiven Widerstandes verhindert wird. Um so wichtiger erscheint es, sich gerade jetzt solidarisch zu zeigen.
Die folgenden Texte als Anstoß zu Soliaktionen und Informationen zur aktuelle juristische Situation. Links zu Solidaritätseiten mit aktuellen und Hintergrundinformationen in der linken Spalte.
Mumias Hauptanwalt Robert R. Bryan hat wiederholt gesagt, dass Mumia im Augenblick viel geholfen wäre, wenn Unterstützer_innen ihm verstärkt schreiben.
Hier Mumias Adresse:
Mumia Abu-Jamal
AM 8335
SCI Greene Prison
175 Progress Drive
Waynesburg, PA 15370
USA
Erstens freut sich Mumia riesig über Briefe und Postkarten in seiner 6 qm Todestraktzelle. Zwar kann er viele nicht beantworten, aber es ist ihm eine enorme moralische Stütze, wenn er merkt, dass sein Fall immer noch bekannt ist und er trotz Isolationshaft nicht vergessen wurde.
Und zweitens ist diese Post ein großer Schutz für ihn. Zeigt er doch der Zensurbehörde, die sämtliche Post liest und auch dem Gericht und der Staatsanwaltschaft übermittelt, dass sie unter Beobachtung stehen. Das kann durchaus Einfluss auf die anstehenden Entscheidungen haben.
Im jetzigen Stadium können Briefe daher wirklich helfen. Eine kleine Hilfe, wie ihr einem euch persönlich unbekannten Gefangenen schreiben könnt, bietet der Artikel :: Wie schreibe ich Gefangenen.
Denkt daran, dass jede_r Brief_Postkarte eine_n Absender_in benötigt, da es dem Gefangenen ohne nicht ausgehändigt wird.
Quelle :: mumia-hoerbuch.de.
Trotz Schnee und klirrender Kälte, kurzer Ankündigungszeit und gleichzeitigen Polizeistress an der besetzten Uni fanden sich heute ca. 30 Menschen am Stefansplatz zur Free Mumia Kundgebung ein.
Mumia Abu-Jamal sitzt seit 28 Jahren im Gefängnis, davon 26 in der Todeszelle in der USA. Als Journalist und Black Panther-Aktivist engagierte er sich gegen Rassismus und Polizeigewalt. Durch seinen juristischen Kampf gegen die rassistische US-Justiz wurde er zum weltweiten Symbol und zum wohl bekanntesten politischen Gefangenen.
Auf der Kundgebung gab es einen Infotisch, ein Transpi und Reden, die sich mit Musik von Adventsbläsern, welche nur wenige Meter entfernt standen.
Im Anschluss gab es in der Kärntner Strasse einen Flashmob gegen die Repression in Kopenhagen, wo es seit letzten Freitag bei Aktionen gegen den Klimagipfel täglich zu präventiven Massenverhaftungen, Durchsuchungen,... kommt, an der noch 15 Menschen teilnahmen. Auf ein Kommando hin knieten sich die Akteure hin und verschränkten die Arme hinterm Kopf. Trotz der wenigen Leute konnte durch dieses ungewöhnliche Verhalten einigen an Aufmerksamkeit erregt werden. Passant_innen wurden durch ein Transpi("etwas ist faul im Staate Dänemark") und Flyer über den Hintergrund der Aktion aufgeklärt.
Das ganze fand nochmals direkt vor der Tür der dänischen Botschaft statt, wo auch Flyer hinterlassen wurden.
Quelle :: at.indymedia.org, 16. Dez 2009.
Heute, am 14 Dezember 2009, hat der Oberste Gerichtshof der USA seine letzten Entscheidungen des Jahres getroffen und geht nun in die Weihnachtsgerichtsferien bis zum 11. Januar 2010 und nimmt dann seine Arbeit offiziell wieder auf.
Überraschenderweise hat der Oberste Gerichtshof im Fall meines Mandanten Mumia Abu-Jamal bislang noch nicht darüber entschieden, ob er leben wird und einen neuen Geschworenenprozess über das Straßmaß erhält, oder ob er unter den Händen des Henkers sterben soll. Eigentlich hatten wir im letzten Jahr vor dem US-Bundesberufungsgericht einen Teilerfolg erzielt, weil die Bundesrichter mit ihrer Entscheidung vom 27. März 2008 die Umwandlung des Todesurteils in lebenslange Haft in Aussicht stellten. Mumia befindet sich aber weiterhin im Todestrakt, weil die Staatsanwaltschaft vor dem Obersten Gerichtshof gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen ist, um seine Hinrichtung durchzusetzen. Mumia befindet sich in allergrößter Gefahr seit seiner Verhaftung am 9. Dezember 1981.
Quelle :: freedom-now.de, 15. Dez 2009
»Eure Ideen selbst sind Erzeugnisse der bürgerlichen Produktions- und Eigentumsverhältnisse, wie euer Recht nur der zum Gesetz erhobene Wille eurer Klasse ist, ein Wille, dessen Inhalt gegeben ist in den materiellen Lebensbedingungen eurer Klasse.« Der Satz aus dem aus dem Kommunistischen Manifest hat sich in den 160 Jahren seit er von Marx und Engels veröffentlicht wurde, in der Justizgeschichte bürgerlicher Demokratien vielfach bestätigt, auch durch politisch gewollte, im Wissen um die Unschuld der Opfer herbeigeführte und vollstreckte Todesurteile - wie 1927 in den USA trotz weltweiter Proteste und Massenkundgebungen mit der Hinrichtung von Sacco und Vanzetti. Fast ausschließlich sind Angehörige der arbeitenden und arbeitslosen Bevölkerung betroffen, besonders wenn sie als Mitglieder kommunistischer, sozialistischer oder anarchistischer Organisationen gelten, oder wie Mumia Abu-Jamal zum afroamerikanischen Widerstand in den USA gehören. Niemand kann sagen, ob es Tage, Wochen oder wenige Monate sein werden, bis durch den obersten Gerichtshof der USA, den U.S. Supreme Court, über sein Schicksal entschieden wird. ...
Die Gruppe Arbeiterpolitik berichtet in Nr. 3 ihrer gleichnamigen Informationsbriefe vom 10. November 2009 ausführlich über den Kampf für Mumia Abu-Jamal.
:: kompletter Artikel (vier Seiten) aus der Arpo 3-2009 als pdf
Im folgenden ein Beitrag vom IVK Bremen vom 30. September 2009, der einen kurzen Überblick über den juristischen Stand gibt:
Mumia Abu-Jamal und der Oberste Gerichtshof der USA - zu einigen Verwirrungen und Irrtümern bezüglich der ausstehenden juristischen Entscheidung
Erfreulicherweise nehmen im Moment die Aktivitäten der Free-Mumia-Bewegung zu. Neue Bündnisse werden gegründet, Veranstaltungen gemacht, Flugblätter gedruckt etc. Leider taucht darin immer wieder eine Begrifflichkeit auf, die nichts mit der juristischen Wirklichkeit in diesem Fall zu tun hat. Ein paar kurze Erläuterungen sind notwendig.
In Flugblättern und Artikeln wird falschlicherweise von einer drohenden »Wiedereinsetzung der Todesstrafe«, einer neuen »Verkündung der Todesstrafe« durch den Obersten Gerichtshof der USA (U.S. Supreme Court) gesprochen oder dass dieses höchste Gericht Mumia Abu-Jamal eventuell »zum Tode verurteilt«, wenn er jetzt ab Oktober über die letzten Berufungsanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung befindet.
Dazu ist zu sagen:
DER OBERSTE GERICHTSHOF DER USA KANN NUR DIE VERFASSUNGSMÄSSIGKEIT VON URTEILEN ÜBERPRÜFEN
Der Oberste Gerichtshof der USA ist kein Tatsachengericht - er kann keine Todesurteile aussprechen, sondern nur in Berufungsverfahren darüber entscheiden, ob ein Prozess und ein Urteil gegen die US-Verfassung verstößt oder nicht.
Das höchste Gericht der USA kann Urteile also nur absegnen oder aufheben (und dann vor den zuständigen unteren Gerichten neuverhandeln lassen). Sieht es einen Verfassungsverstoß, MUSS das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden. Sieht es keinen, BESTÄTIGT es das ursprüngliche Urteil.
Das im Juli 1982 ausgesprochene Todesurteil gegen Mumia Abu-Jamal ist nach wie vor rechtskräftig, sonst säße er nicht im Todestrakt, sonern in einem »normalen« Knast.
Am 6. April 2009 hat der Oberste Gerichtshof durch seine lapidare Entscheidung, die da lautete: »Antrag abgelehnt«, einen neuen fairen Prozess, wie er von Verteidigung, Menschenrechtsorganisationen und internationaler Solidaritätsbewegung gefordert wird, verhindert.
Mumia ist damit rechtskräftig »wegen Mordes« verurteilt.
BESTÄTIGUNG DES TODESURTEILS ODER NEUVERHANDLUNG ÜBER DAS STRAFMASS
Nun geht es in der zweiten separaten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, mit der ab jetzt zu rechnen ist, um die Frage des Strafmaßes, also Beibehaltung der Todesstrafe oder Umwandlung dieser Strafe in lebenslange Haft.
Die Staatsanwaltschaft fordert seine Hinrichtung (also Bestätigung des ursprünglichen Todesuteils), die Verteidigung natürlich seine Freilassung, da er unschuldig ist.
Keine der bisherigen Entscheidungen der US-Bundesgerichte (2001 und 2008), in denen eine eventuelle Umwandlung der Todesstrafe in lebenslange Haft ALS MÖGLICHKEIT ANGEORDNET wurde, (um eine völlige Aufdeckung der Verfassungsverletzungen in Mumias Verfahren zu vehindern und die Protestbewegung zu beruhigen,) ist rechtskräftig geworden.
Deshalb sitzt Mumia seit Juli 1982 UNUNTERBROCHEN in der Isolation des Todestrakts.
Die seit Ende der 1990er Jahre vor den US-Bundesgerichten gestellten Berufungsanträge haben - unterstützt durch die internationalen Proteste - bislang zwei angesetzte Hinrichtungen (1995 und 1999) verhindert. Sollte der Oberste Gerichtshof als letzte Gerichtsinstanz jetzt in der Folgezeit entscheiden, dass über das Strafmaß (und nur darüber!) neu verhandelt werden soll, dann muss er den Fall an die Gerichte in Philadelphia zurückverweisen, wo beide Prozessparteien vor einer neugewählten Jury ihre Argumente vortragen können, warum sie "Bestätigung des Todesurteils" bzw. "Freilassung wegen Unschuld" fordern. Die 12-köpfige Jury muss dann neu entscheiden: Bestätigung der Verurteilung zum Tode oder lebenslange Haft.
MUMIA ABU-JAMAL UND SEINE VERTEIDIGUNG FORDERN VON SICH AUS NICHT »UMWANDLUNG IN LEBENSLANGE HAFT«, SONDERN FREILASSUNG WEGEN NACHWEISLICHER UNSCHULD
Weder Mumia Abu-Jamal noch seine Verteidigung fordern von sich aus die "Umwandlung in lebenslange Haft", weil Mumia unschuldig ist. Wenn die Jury des Staatsgerichts in Philadelphia so entscheiden würde, dann wäre das in Mumias Augen nur die zweitschlechteste Entscheidung, mit der aber immerhin die Drohung der Giftspritze vom Tisch wäre und weiter für seine Freilassung gekämpft werden könnte. Für ihn und seine Verteidigung ist klar: er sitzt seit dem 9. Dezember 1981 unschuldig im Knast (und seit Juli 1982 in Todestrakt) und muss nach fast drei Jahrzehnten hinter Gittern freigelassen werden!
Sollte der Oberste Gerichtshof aber der Meinung sein, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Mumia Abu-Jamals Verurteilung zum Tode gibt und das Urteil von 1982 unangetatstet lassen, kann der Gouverneur von Pennsylvania, Ed Rendell (ein früherer Staatsanwalt, der gegen Mumia ermittelt hat), schon bald einen neuen Hinrichtungsbefehl unterzeichnen und danach den Termin zur Hinrichtung mit der Giftspritze ansetzen. Die Chancen, dagegen juristische Einsprüche vorzubringen, sind gering, werden aber natürlich von der Verteidigung versucht werden.
Wir hoffen, mit diesen Erläuterungen zur Klärung beigetragen und deutlich gemacht zu haben, wie dringend alle Aktivitäten sind, um diesen drohenden Justizmord zu verhindern.
:: IVK Bremen, 30. September 2009