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Die Anwesenden:
Richter Fiala, Zweitrichter, 3 SchöffInnen, 3 ErsatzschöffInnen,
Staatsanwalt, Assistent von Rechtsanwalt Zanger, Verteidiger Rifaat, Verteidiger
Ofner, die Angeklagten Josef B., R., K.; die ZeugInnen: Alfred D. (Grenzpolizei,
Schwechat), Oskar G. (Kriminalbeamter, Polizeidirektion Schwechat), Gerhard
P. (Bundespolizeidirektion Schwechat, Flughafeneinheit Kranich)
1. Zeuge: Alfred D. (Grenzpolizei/Schwechat)
Alfred D.
fuhr vorne im Bus mit, mit dem Omofuma vom Gate zum Flugzeug gebracht
wurde.
Omofuma habe am Gate angefangen, "Radau zu machen", er habe
gebrüllt. Beamte der Spezialeinheit "Kranich", die den
Transport begleiten, schreiten ein. Einzelheiten zu erkennen, sei ihm
nicht möglich gewesen. Das Ergebnis schon: Omofuma hatte Fußfesseln
im Kniebereich. Die Arme waren am Oberkörper fixiert worden, vermutlich
mit Klebeband. Mit Leukoplast war ihm der Mund zugeklebt worden. Nun sei
"nur mehr Brummen" möglich gewesen. Omofuma habe das Klebeband
"losgeblasen" und/oder "durchgebissen", worauf ein
weiteres über den Mund geklebt wurde. Unaufgefordert erwähnt
der Zeuge, dass die Gefahr des Erstickens in keinem Moment gegeben war.
Die Nase sei immer frei gewesen, das Mundpflaster einen guten Finger breit
von den Nasenöffnungen entfernt. "Das habe ich genau gesehen."
Die Schreie seien Protestgeschrei gewesen, mit Sicherheit keine Schmerzensschreie.
Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er sich nicht gewundert habe, dass
ein Mensch wie ein Paket verschnürt ins Flugzeug getragen wird, antwortet
der Zeuge: "Schön ist es nicht, aber ich habe nicht gewußt,
welche Aufträge die Beamten gehabt haben. Sie unterstehen dem Innenministerium."
und: "Nachdem's mich nicht betroffen hat, hab ich mir nichts gedacht,
jeder macht seinen Dienst." Außerdem meint der Zeuge D., dass
Mundverkleben das gelindeste Mittel sei, um zu verhindern, dass widersetzende
und Lärm schlagende Abzuschiebende sich und andere gefährden.
Der Zeuge weist wiederholt daraufhin, dass die Nase immer frei gewesen
sei.
Die Beamten hätten beispielhaft ruhig auf Omofuma eingewirkt. Selbst
als Omofuma Widerstand leistete und mit dem Kopf herumschlug, seien die
Beamten ruhig geblieben.
Generell meint der Zeuge, dass bis zum Fall Omofuma Mundverklebungen nie
zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung der Abgeschobenen geführt
habe. Marcus Omofuma habe keine Atemnot gelitten.
Ob einer der Angeklagten Kontakt mit K., dem Stationsmanager der BalkanAir
in Wien gehabt habe, wisse er nicht. K. habe jedenfalls ins Auto geblickt
und Omofuma gesehen. Er habe nicht gesagt, dass irgendetwas nicht ok wäre.
Auf die Frage des Anwalts der Familie Omofuma antwortete der Zeuge, dass
niemand verletzt war, als die Beamten mit Omofuma das Auto verließen.
Verteidiger Rifaat fragt nach dem Verhalten der 3 Angeklagten gegenüber
Omofuma in der VIP-Lounge. Der Aufforderung beispielsweise, dass Omofumae
sich den Rock ausziehen wolle, sei unmittlbar nachgekommen worden.
2. Zeuge: Oskar G. (Kriminalbeamter Polizeidirektion Schwechat)
Die Aufgabe
von G. war im vorliegenden Fall die Koordination der "Problemabschiebung",
die Kontaktaufnahme mit der Fluglinie und die Absprache mit der Spezialeinheit
"Kranich". Omofuma sei mit Hilfe der "Kranich"- BeamtInnen
in das Flugzeug getragen worden. Aus eigener Motivation artikuliert der
Zeuge mehrmals, dass dabei keine Misshandlung des Gefangenen stattgefunden
habe. Bei der Einvernahme im Mai 1999 hatte G. zu Protokoll gegeben, dass
beim Fesseln ein Ledergürtel verwendet worden sei, was im Widerspruch
zu den Aussagen der anderen Zeugen bzw. der Angeklagten steht.
G. nimmt
wie der vorherige Zeuge wiederholt Bezug auf das "Naseverkleben",
indem er sagt, die Nasenlöcher wären immer frei gewesen. "Das
macht doch niemand, dass man jemand auch noch die Nase verklebt"
lautet das sehr parteiische Kommentar dazu. Ähnlich dem vorherigen
Zeugen beruft sich G. auf seine Vorgesetzten bzw. die Vorgesetzten der
Angeklagten: " Ich weiss nicht, welche Anweisungen sie von ihrem
Vorgesetzten erhalten haben - dazu könnte zählen, dass man ein
Klebeband verwendet."
G. habe aus einem Informationsfax erfahren, dass es sich bereits um den
dritten Abschiebeversuch im Fall Omofuma handle. (Dies ist nachweislich
falsch!)
3. Zeuge: Gerhard P. (Bundespolizeidirektion Schwechat)
P. war 1999
Beamter der "Kranich"-Einheit. Diese Einheit begleitet das Fahrzeug
mit den Schubhäftlingen sowie den mitfliegenden BeamtInnen vom Flughafengebäude
zum Flugzeug.
Der Zeuge betont, dass Omofuma sich außerordentlich aggressiv verhalten
habe. Er habe geschrieen, sich und andere gefährdet. "So widersetzt,
so was habe ich noch nicht gesehen, und ich hoffe, dass ich so etwas auch
nicht mehr erlebe. Weil das war nicht normal." Die Schreie seien
nicht Ausdruck von Schmerz, sondern von Agression. Im Auto habe er einen
der Angeklagten einen Satz mit Beißen sagen hören. Genaueres
kann er dazu nicht sagen. Ein Beißen von Seiten Omofumas habe er
aus seiner Position (er saß direkt hinter ihm) nicht gesehen, bloß
entsprechende Bewegungen.
Der Zeuge unterstützte das Argument, dass der Pilot zu entscheiden
habe, welche Maßnahmen getroffen werden.
Beim Hinauftragen in das Flugzeug habe Omofuma sich ruhig verhalten.
Den Stationsmanager K. kenne er nicht. Ob einer der Angeklagten mit diesem
Kontakt gehabt hatte, könne er nicht sagen.
Der Anwalt der Familie Omofuma fragt, ob es möglich gewesen wäre
mit dem dermaßen verschnürten Marcus Omofuma zu kommunizieren.
Der Zeuge bleibt die Antwort schuldig. Auf die Frage, warum denn ein Abbrechen
der Abschiebung nicht einmal in Erwähnung gezogen worden war, wenn
es doch dermaßen krass zugegangen wäre, meint er: "Das
ist nicht meine Verantwortung. Verantwortlich sind die Beamten (die 3
Angeklagten, Anm.) bzw der Pilot."
Verteidiger Rifaat fragt, ob Atemnot feststellbar gewesen wäre. Der
Zeuge antwortet mit nein. "Unser erstes Gebot lautet, dass der Abzuschiebenden
keinen Kratzer bekommt, weil sonst müsste die Abschiebung abgebrochen
werden. Dann hätte er einen Erfolg gehabt."
Verteidiger Ofner kommt zu Wort und meint, dass der Staat ja vollzugsunfähig
wäre, würden die BeamtInnen die Versuche der Schubhäftlinge,
die Abschiebung zu vereiteln, keine effektive Stategie entgegensetzen.
Er warf ein, dass "Abzuschiebende" in manchen Fällen Rhizinusöl
einsetzen, um die Abschiebung zu verhindern. Solchem "Einfallsreichtum"
müsse definitiv entgegengewirkt werden.
4. Zeuge: Ivan K. (Stationsmanager der Balkan Air am Flughafen Wien)
Die Aufgabe
des Zeugen war es, die Passagierliste an Bord zu bringen.
1 oder 2 Mal pro Monat haben laut. K. Problemabschiebungen mit seiner
Fluglinie stattgefunden.
Der Zeuge beruft sich auf seinen Arbeitsauftrag: " Ich habe meine
Arbeit gemacht". Auf die Frage, ob er angeordnet habe, der Gefangene
dürfe nicht schreien, antwortet K., er habe Omofuma nicht schreien
gehört. Er habe keine "Anweisung" (die drei Angeklagten
wären nicht weisungsgebunden gewesen, da K. kein Vorgesetzter ist)
in diese Richtung gegeben.
Im Unterschied zu der einhelligen Aussage der drei Angeklagten, sagt K.,
dass er Omofuma nie gesehen hat. Beim Gate habe er aus einiger Entfernung
bloß dessen Umrisse im Auto wahrgenommen. Er habe nicht hinein geblickt.
"Nein, keinen Moment habe ich ihn gesehen."
Ofner erreicht mit suggestiven Fragen die Antwort Ks., dass die Verantwortung
der Flugkapitän habe.
K. gibt an, dass er um keine Fesselung des Gefangenen ersucht habe, da
das die Aufgabe der österreichischen Behörden sei.
Laut Aussagen einer Stewardess und des Co-Piloten habe K. Angaben über
den Zustand Omofumas gemacht. Er verneint dies.
Ofner erreicht durch weitere Suggestivfragen die Zustimmung K.s zu folgender
Aussage: "Wenn der Schubhäftling renitent wird, müssen
die Beamten alles tun, was in ihrer Macht steht, um die Sicherheit der
Passagiere nicht zu gefährden" und zusätzlich: "im
Rahmen dessen, was der Kapitain vorgibt- er gibt die Grenzen vor".
Welche Mittel dazu angewandt werden, sei nicht seine (K.s) Sache.
Ofners Konzept ging allerdings an dem Punkt nicht auf, als er den Zeugen
fragte, was zu tun sei, wenn der Schubhäftling randaliere oder auf
eine zu gefährliche Weise störe. K. antwortete nämlich,
dass in solch einem Fall das Flugzeug umkehren oder erst gar nicht abheben
sollte.
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