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Die Anwesenden:
Richter Fiala, Zweitrichter, 2 Schöffen, 2 ErsatzschöffInnen,
Staatsanwalt, Rechtanwalt Zanger als Vertreter der Kinder und der Verlassenschaft
von Marcus Omofuma, die Rechtsanwälte der Angeklagten Rifaat und
Ofner, die Angeklagten B., R., und K. sowie wenig Presse und Publikum
mit Zählkarten.
Prozessbeginn
9:15
An
diesem 3. Verhandlungstag waren insgesamt 7 ZeugInnen der Crew der Balkan-Air
Maschine, mit der Marcus Omofuma am 1.5.1999 nach Sofia abgeschoben werden
sollte, vorgeladen.
Die 4 ZeugInnen, die vormittags erscheinen sollten, kamen nicht. Darunter
die Chefstewardess, die in ihren Aussagen in Sofia, unmittelbar nach den
Ereignissen, die zum Tod Marcus Omofumas geführt hatten, die detailliertesten
Angaben gemacht hatte. Sie begründete ihre Nichtanwesenheit mit "finanziellen,
beruflichen, gesundheitlichen und persönlichen Gründen."
Die Verhandlung wurde daraufhin, nachdem die Anwälte der Angeklagten
Ofner und Rifaat das Verlesen der Aussageprotokolle abgelehnt hatten,
auf 13 Uhr 15 verschoben.
Am Nachmittag
waren dann doch 3 ZeugInnen da: 1 Stewardess, 1 Steward und der Bordingenieur
der Balkan-Air Maschine.
Richter Fiala bemerkte vor der Einvernahme der ZeugInnen noch, dass er
ein Schreiben von Professor Radanov aus Bulgarien erhalten hatte, in dem
dieser sage, dass er nicht zur Verhandlung kommen werde. Er werde auch
keine VertreterInnen schicken. Professor Radanov hatte nach dem Tod von
Marcus Omofuma das erste medizinische Gutachten angefertigt, in dem er
Tod durch Ersticken diagnostizierte.
Rechtsanwalt Ofner bemerkte zur Absage Radanovs: "ein Gericht hat
in diesen Staaten nicht so ein Gewicht wie bei uns".
Zu den Aussagen der ZeugInnen:
Alle 3 gaben an, damals bei der Protokollierung durch die bulgarische
Polizei die Wahrheit gesagt zu haben, sich aber jetzt nach 3 Jahren nicht
mehr wirklich erinnern zu können. Alle drei gaben übereinstimmend
an damals von einem Balkan-Air-Angestellten in Wien (vom Station Manager)
und der Chefstewardess über die bevorstehende Abschiebung informiert
worden zu sein. Alle drei meinten, Abschiebungen gehörten zur Normalität
des Berufslebens und man/frau vertraue auf die Obacht der Sicherheitsbeamten.
Außerdem stünden sie meist unter Zeitdruck, da der Flug von
Sofia über Wien nach Amsterdam und zurück zeitlich genau geplant
wäre. Verzögerungen würden nur zusätzliche Kosten
für die Fluglinie bringen.
Die Stewardess
Die erste Zeugin dieses Tages, eine Stewardess, machte noch die detailliertesten
Angaben, allerdings war sie nicht dabei als Omofuma an Bord gebracht wurde.
Die Chefstewardess habe ihr mitgeteilt, dass der Mann tobe und kräftig
sei, dass es Schwierigkeiten gab, ihn ins Flugzeug zu bringen. Das erste
mal habe sie Omofuma bei der Gurtenkontrolle oder eher beim Getränkeverteilen
gesehen. Etwa nach 35 min. wurde sie auf ihn aufmerksam. Er wäre
in der vorletzten Reihe am Fenster gesessen, neben ihm einer der drei
Beamten, die anderen beiden hinter ihm. Der ganze Körper war verklebt,
auch der Mund, die Arme waren an den Körper geklebt. Sie wollte ihm
"nicht ins Gesicht schauen", weil das provokant sei, bzw. meinte
sie nach zweiter Nachfrage "Der Anblick war nicht sehr schön".
An die Farbe des Klebebandes konnte sie sich nicht erinnern. Auf die Frage,
ob sie Qualen bemerkt habe, meinte sie, dass alle in der Crew darüber
danach einig waren, dass man angenommen hätte er würde sich
befreien wollen. Auf die Frage ob sie ihm Getränke oder etwas zu
essen geben wollte meinte sie "Schwarzafrikaner werden als gefährlich
eingestuft und bekommen oft nichts zu essen", das wäre nicht
üblich. Richter: "Wer sagt das? "- Zeugin: "Es gibt
keine Regeln, aber die Experten, die Abschieben haben Erfahrung und ich
auch." Bulgaren beispielsweise, die aus Deutschland abgeschoben werden,
bekämen etwas zu essen. Sie gab an schon öfters bei Abschiebungen
dabei gewesen zu sein und manchmal, je nach Fall, wären Menschen
auch gefesselt, das Mundzukleben hatte sie allerdings vorher noch nicht
gesehen. Sie war vor allem bei Abschiebungen aus Deutschland dabei, weniger
aus Österreich, aber auch von Sofia nach Lagos. Weiters sagte sie,
dass sie vorher noch nie einen Abzuschiebenden, der auch an den Flugzeugsessel
gebunden und geklebt war, gesehen hatte. Sie habe das aber auch für
besser gehalten, denn seine Schreie hätten ja den Passagieren - die
Maschine war fast voll besetzt mit 150 Menschen - Angst gemacht; und die
Kinderchorgruppe aus Amsterdam wurde sicherheitshalber nach vor verlegt.
Omofuma hätte sich auf seinem Sessel bewegt, sie konnte sich nicht
erinnern ob sie ihn auch schreien hörte, das Flugzeug war eine zweimotorige
Tupolev und sehr laut. Die Verantwortung habe sie auf die Polizisten übertragen,
wenn sie Captain der Maschine gewesen wäre, hätte sie Omofuma
wahrscheinlich nicht mitgenommen, denn die Passagiere wären schon
schockiert gewesen als er in die Maschine getragen wurde. Weiters hatte
ihr die Chefstewardess gesagt, dass Fesselung von abzuschiebenden Personen
gängige Praxis war. Nach den Landung in Sofia, als alle Passagiere
schon ausgestiegen waren, sah sie, dass die Beamten noch im Flugzeug waren,
zu diesem Zeitpunkt sah sie auch den toten Marcus Omofuma. Allgemein sagte
sie noch, dass sie den Widerstand Omofumas eher für Aggression oder
Befreiungsversuch hielt als für einen Todeskampf. Nach dem Start
hatte er sich ruhig verhalten, sie nahm an, dass er sich seinem Schicksal
fügte. Ein Seil in Händen der Fremdenpolizisten hatte sie nicht
gesehen. Die drei Beamten bei Omofuma waren für sie ein Signal, dass
er kräftig sei und tobe. Frage von Rechtsanwalt Ofner: "darf
ich ihre Antwort so versehen, dass der Mann als gefährlich betrachtet
wurde?" - Antwort: "Ja." Zwei Passagiere, die zu Beginn
des Fluges noch in der Reihe vor Omofuma saßen wurde versetzt da
sie sich beschwert hatten. Zwei Bedienstete der Balkan-Air außer
dienst wurden dorthin gesetzt. Einer dieser beiden versetzte Omofuma auch
einen Schlag auf den Kopf. Rechtsanwalt Zanger fragte: "Haben sie
die Information gehabt, dass er ein Verbrecher sei?". Darauf sagte
die Stewardess, sie interessiere sich nicht was er gemacht hatte, die
Beamten werden wissen was sie tun.
Der Steward
Der 2. Zeuge, ein Steward meinte, er hätte gesehen, wie einige Personen
Omofuma aus dem Polizeiauto und die Treppe zum Flugzeug hinauftrugen,
ein Schuh habe ihm gefehlt. Dass er getragen wurde, war etwas besonderes,
so etwas passiere nicht oft. Er war bei diesem Flug für den vorderen
Teil zuständig und sah nur kurz aus Neugierde in den hinteren Teil
der Maschine. Auch er meinte Omofuma wäre am ganzen Körper verklebt
gewesen und ihm fiel auf, dass der Beamte neben ihm das Ende des Klebebandes,
das um den Kopf herum gewickelt war, hielt und auch die Beamten dahinter
hielten jeweils ein Ende eines Seils bzw. Klebebandes, das Omofuma von
hinten fixierte. Er nahm an, dass er sich befreien wollte. Gesehen hätte
er ihn danach nicht wieder, erst in Sofia. Einen derart verklebten Menschen
hatte er vorher noch nicht gesehen. Die Nase sei frei gewesen. Zu Abschiebungen
allgemein sagte der Stewart, dass er viele gesehen hatte, ca. einmal oder
zweimal wöchentlich. In der Regel begleiteten unterschiedlich viele
Beamte abzuschiebende Personen. Manchmal 10 Beamte eine Person oder ein
Beamter 10 Personen.
Der
Bordingenieur
Der 3. Zeuge, der Bordingenieur konnte sich eigentlich nur mehr daran
erinnern, dass er, nachdem man ihm mitgeteilt hatte, dass jemand abgeschoben
wird, nach hinten gegangen sei und kontrolliert habe, ob dieser nicht
vor einer Notausgangstür sitze. Besonderes wäre ihm nicht aufgefallen
"wir mischen uns nicht in Regelungen von Beamten ein, auch wenn jemand
festgebunden ist." Erst am nächsten Tag in Sofia erfuhr er,
dass der Mann tot war.
Ende des Prozesstages ca. 16 Uhr 30
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