UVS-Verhandlung zum Tod von Seibane Wague vom 11. Dezember 2003
30.12.2003
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UVS-Verhandlung zum Tod von Seibane Wague vom 4. Dezember 2003
(30.12.2003)

Plattform Gerechtigkeit für Seibane Wague zum UVS-Verfahren
(16.12.2003)

Cheibani Wague: PolizistInnen verweigern gesetzwidrigerweise die Aussage
(12.12.2003)

Zweifelhaftes Gutachten stellt fest: Kreislaufversagen und Herzfehler
(13.11.2003)

Pressemitteilung Menschenrechtskomitee Seibane, 20. Oktober 2003

(22.10.2003)

--> mehr zum Tod von Seibane Wague
 

Protokoll des 2. Verhandlungstages vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) am 11. Dezember 2003

(Anm.: das Protokoll ist kein Wortprotokoll, es wurden jedoch möglichst alle Aussagen, soweit verfügbar, sinngemäß wiedergegeben)

anwesend:
Sekretärin
Verhandlungsleiter (VL) Dr. Helm
Beschwerdeführerin Frau K., vertreten durch Rechtsanwältin Nadja Lorenz
Dr. Weiß als Vertreter der Bundespolizeidirektion Wien
Diverse ZeugInnen
Publikum ca. 50 Personen

Der Rechtsanwalt der vorgeladenen PolizistInnen Dr. Hermann Heller befindet sich im Verhandlungssaal. Der Verhandlungsleiter macht ihn darauf aufmerksam, dass er des Saales verwiesen wird sollte er sich während der Verhandlung zu Wort melden.

Verlesung des Erlasses 38201/136-II/A/00 des Bundesministeriums für Inneres (BMI) vom 19.09.2000 durch den Verhandlungsleiter Dr. Helm:
S. 4:
1. Hilfe: Mit Nachschulung bzw. Fortbildung in 1. Hilfe ist der Chefärztliche Dienst zu betrauen. Dabei ist insbesondere auf das Phänomen "positionelle Asphyxie" einzugehen, d.h. auf die Gefahr, dass es bei Fixierung einerseits infolge des erhöhten Sauerstoffbedarfs und durch die eingeschränkte Atembeweglichkeit zu Sauerstoffmangelzuständen mit narkoseähnlichen Erregungszuständen kommen kann, die jedoch nicht unbedingt als Aggressionshandlung fehlgedeutet werden dürfen.

S.14:
Einbezogene Körperkraft
* Ellenbogenstoss: Es ist zu beachten, dass bei einer Amtshandlung - Stoss gegen den Hals danach die Beobachtung der Person in entsprechendem Ausmaß notwendig ist.
* Festhaltegriff: bei Bodenfixierung ist zu beachten, dass diese rasch erfolgt und nicht zu lange dauert und dass die Person dann in sitzende oder aufrechte Position gebracht wird.
* Täter in waagrechter Position: Es ist zu beachten, dass die waagrechte Position nur kurzzeitig ,das heißt max. 4 Minuten dauert.
* Bei Fixierung des Kopfes ist zu beachten, dass Asphyxie mit narkoseähnlichen Zuständen einhergehen kann.
*Bei plötzlichem Erschlaffen besteht Gefährdung und 1. Hilfe ist notwendig.

1. Zeugin

Frau B., Sicherheitswachebeamte im Kommissariat 1030 Wien

VL: "Sie haben bereits einmal im Büro für interne Angelegenheiten (BIA) des BMI ausgesagt."

Frau B.: "Ich entschlage mich der Aussage nach § 49 Abs. 1 AVG."

VL: "Diese Begründung wird nicht akzeptiert."

Frau B.: "Ich verweigere die Aussage aufgrund des möglichen Strafverfahrens gegen mich."

VL: "Sie werden darauf hingewiesen, dass sie gemäß § 49 Abs. 1 AVG das Recht haben die Antwort auf einzelne Fragen zu verweigern, nicht jedoch auf Fragen die jemanden anderen oder niemanden belasten.
Deshalb die Frage: entspricht das, was sie vor dem BIA gesagt haben den Tatsachen?"

Frau B.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Entspricht das, was sie beim BIA über Kollegen oder dritte Personen gesagt haben, der Wahrheit?"

Frau B.: "Ich entschlage mich der Aussage."

VL: "Ich mache sie darauf aufmerksam, dass ich bei weiterer Aussageverweigerung eine Disziplinaranzeige erstatten werde."

Frau B.: "Ich entschlage mich der Aussage."

VL: "Ich halte ihnen vor, dass sie das Verfahren nicht behindern werden, da ich auf die Aussage beim BIA zurückgreifen kann.
Es ergibt ein verheerendes Bild in der Öffentlichkeit, dass sie beim weisungsgebundenen Büro für interne Angelegenheiten ausgesagt haben, die Aussage vor einem ungebundenen Tribunal jedoch verweigern. Das ergibt auch ein schlechtes Bild der Polizei in der Öffentlichkeit."

Dr. Weiß (BPD Wien): "Durch die Aussage der Beamten beim BIA wurde erst die Justiz eingeschaltet, deshalb besteht jetzt die Gefahr der Verurteilung.
Die anwaltliche Beratung erfolgte erst nachträglich."

VL: "Sie sind dazu Verhalten die Zeugin zu rechtmäßigem Verhalten anzuleiten."

Dr. Weiß: "Ich will niemanden dazu zwingen, auszusagen."

VL: "Es ist ihr Recht, die Aussage zu Fragen die sie selbst belasten zu verweigern."

Dr. Weiß: "Es gibt andere Beispiele von Aussageverweigerung, wo das akzeptiert wurde."

VL: "Es gibt kein Recht auf Aussageverweigerung. Das gilt nur bei Fragen, die sie selbst belasten. Es geht mir darum, alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Ich halte ihnen (Anm.: der Zeugin) vor, dass ihre gesetzwidrige Weigerung vor einem unabhängigen Tribunal auszusagen angesichts der Umstände, dass sie vor einer weisungsgebundenen Behörde ausgesagt haben ohne ihr Recht auf Aussageverweigerung in Anspruch zu nehmen, ein schlechtes Licht auf ihre Behörde und das Verhalten von Polizeibeamten wirft.
Ich sage noch einmal, dass ich das Recht auf Aussageverweigerung günstig auslegen werde. Das Recht auf Aussageverweigerung besteht jedoch nicht zu Fragen, die sie nicht selbst belasten.
Haben sie vor dem BIA die Wahrheit gesagt?"

Frau B.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Als sie am 15.7. im Stadtpark eintrafen, was hatten sie für einen Eindruck vom Verhalten des Seibane Wague?"

Frau B.: "Ich verweigere die Aussage."

Dr. Weiß: "Ein Vermittlungsvorschlag: laden sie die Beamtin wieder wenn die Staatsanwaltschaft wegen eines strafrechtlichen Verfahrens entschieden hat, dann ist klar was mit diesem Verfahren ist."

VL: "Ich drohe noch einmal eine Disziplinaranzeige an. Sie werden noch einmal für den 15. Jänner 2004 geladen.
Ich stelle ihnen noch eine dritte Frage (ein Ausschnitt des Videos wird gezeigt). Wer ist der Kollege, der neben ihnen nahe beim Kopf von Herrn Wague stand?"

Frau B.: "Ich verweigere die Aussage."

2. Zeuge

Herr O., Revierinspektor im Kommissariat Landstrasse.

rechtliche Belehrung

VL: "Sie wurden am 19.7. beim BIA vernommen. Entsprechen ihre Angaben dort den Tatsachen?"

Herr O.: "Ich entschlage mich der Aussage. Falls das strafrechtliche Verfahren eingestellt wird bin ich selbstverständlich zur Aussage bereit."

VL (verliest § 49 Abs. 1 AVG): "Ich ermahne sie, sich gesetzmäßig zu verhalten.
Entspricht das, was sie vor dem BIA am 19.7. über das Verhalten von Kollegen und 3. Personen, ausgenommen ihrer eigenen Person, gesagt haben der Wahrheit?"

Herr O.: "Ich entschlage mich der Aussage und nehme die Ermahnung zu Kenntnis."

VL: "Ich drohe ihnen mit einer Disziplinaranzeige."

Herr O.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "2. Frage: als sie am Heumarkt im Bereich des Vorfalls erschienen, welche Wahrnehmung hatten sie von Seibane Wague und welchen Eindruck über seinen Zustand?"

Herr O.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich lade sie noch einmal für den 15. Jänner 2004.
Sie haben vor dem Büro für interne Angelegenheiten bereitwillig ausgesagt, jetzt vor einem ungebundenen Tribunal verweigern sie die Aussage. Das ergibt eine schlechte Optik in der Öffentlichkeit.
(ein Ausschnitt des Videos wird gezeigt)
In welcher Form hat der Kollege, der sich zwischen ihnen und Frau B. befand Herrn Wague gehalten?"

Herr O.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich drohe ihnen mit einer Disziplinaranzeige."

Herr O.: "Ich verweigere die Aussage."

3. Zeuge

Herr G., Sicherheitswachebeamter im Kommissariat Landstrasse.

VL: "Sie sind am 18.7. vom Büro für interne Angelegenheiten einvernommen worden. Entspricht ihre Aussage dort der Wahrheit?"

Herr G.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Entsprechen ihre Angaben vom 18.7. über das Verhalten ihrer Kollegen und dritten Personen, ausgenommen ihrer Person, den Tatsachen?"

Herr G.: "Angesichts des offenen Strafverfahrens verweigere ich die Aussage."

VL: "Gemäß § 49 Abs. 1 AVG haben sie das Recht, Angaben zu ihrer Person zu verweigern."

Herr G.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Was haben sie betreffend das Verhalten und den Zustand von Seibane Wague gesehen als sie am Heumarkt eintrafen?"

Herr G.: "Ich entschlage mich der Aussage."

VL: "Ich drohe ihnen hiermit eine Disziplinaranzeige an.
(ein Ausschnitt des Videos wird gezeigt)
Wie haben sich die Kollegen L. und B. gegenüber Herrn Seibane Wague verhalten?"

Herr G.: Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich lade sie hiermit noch einmal für den 15. Jänner 2004."

4. Zeuge:

Herr L., Revierinspektor am Kommissariat Landstrasse.

VL: "Sie haben am 19.7. vor dem Büro für interne Angelegenheiten ausgesagt. Entsprechen ihre Aussagen, eingeschränkt auf das Verhalten von Kollegen und dritten Personen, ausgenommen ihrer eigenen, der Wahrheit?"

Herr L.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Sie habe gemäß § 49 Abs. 1 AVG das Recht, die Aussage auf Fragen die ihre Person betreffen zu verweigern."

(Dr. Hermann Heller, Rechtsanwalt der PolizistInnen verlässt den Saal, wird vom Verhandlungsleiter zurechtgewiesen)

Herr L.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich drohe ihnen hiermit eine Disziplinaranzeige an."

Herr L.: "Ich bleibe bei meiner Weigerung."

VL: "Welches Verhalten hat Herr Wague gezeigt, als sie im Stadtpark eintrafen?"

Herr L.: "Ich verweigere die Aussage."

VL (ein Ausschnitt des Videos wird gezeigt): "Was können sie über das Verhalten ihrer Kollegen sagen?"

Herr L.: "Ich verweigere Fragen zu meinen Kollegen."

(ein Bediensteter der Wiener Berufsrettung, der sich im Saal befindet, wird darauf hingewiesen, dass er bei mehrmaligem Verlassen des Gerichtssaales des Saales verwiesen wird, da er sich mit den Zeugen der Rettung besprechen könnte)

VL: "Ich drohe ihnen eine Disziplinaranzeige an."

Herr L.: "Ich bleibe bei meiner Aussageverweigerung."

VL: "Ich lade sie noch einmal für den 15. Jänner 2004."

5. Zeuge

Herr L., Sanitäter bei der Wiener Berufsrettung.

Rechtsbelehrung

VL: "Sie sind am 22.7. beim Büro für interne Angelegenheiten einvernommen worden. Ist das richtig, was sie dort gesagt haben?"

Herr L.: "Ja."

VL: "Welche Funktion hatten sie bei diesem Vorfall am 15.7.2003?"

Herr L.: "Ich war der Lenker des Notarztwagens."

VL: "Sind sie im Wagen verblieben?"

Herr L.: "Nein."

VL: "Wie haben sie das Verhalten und den Zustand von Herrn Wague wahrgenommen?"

Herr L.: "Wir stiegen aus und schnell flog ein Stein in unsere Richtung. Deshalb blieb ich hinten stehen. Ich nahm an, dass der Stein von Herrn Wague geworfen wurde. Er schrie und trat herum."

VL: "Welche Wahrnehmung hatten sie von Herrn Wague in der Folge?"

Herr L.: "Er schrie herum, ging herum, leerte seine Tasche aus und zog sich sein Leiberl an und aus. Die Stimmung schwankte sehr stark."

VL: "Haben sie Aggressionshandlungen wahrgenommen?"

Herr L.: "Ich stand wegen des Steinwurfes hinten, dazwischen standen Polizisten. Herr Wague lief auf die Polizisten zu, er wollte anscheinend weglaufen, er lief aber gegen die Polizisten. Er sang und schrie unverständliche Worte.
Eine Polizistin und der Notarzt diskutierten über den Einsatz von Psychopax-Tropfen. Die Polizistin wollte keine Tropfen verabreichen, da der Amts Herrn Wague so sehen sollte.
Herr Wague legte sich freiwillig auf die Tragbahre, vorher redeten wir ruhig, dass wir ihn auf die Baumgartner Höhe bringen. Jemand (möglicherweise Dr. K.) sagte, die Handschellen kriegen sie noch.
Gewöhnlich wird eine Person mit tobender Psychose, bei der es Polizeieinsatz und -begleitung gibt an den Händen gefesselt, da der Transport sonst zu gefährlich ist."

VL: "War es eine tobende Psychose?"

Herr L.: "Ja, eher schon. Herr Wague war schon aggressiv."

VL: "Was war der Einsatzzweck?"

Herr L.: "An das kann ich mich nicht mehr erinnern.
Herr Wague wurde hinten ins Rettungsauto geschoben, die Füße wurden fixiert mit einem Sicherheitsgurt. Er wurde ins Auto getragen, die Tür zugemacht, wir gingen vor das Auto, Herr Wague war aber schnell wieder durch die Seitentüre draussen."

VL: "Wie lange dauerte es dann, bis Herr Wague wieder am Boden war."

Herr L.: "Das sah ich nicht genau. Ich sah ihn erst wieder draußen am Boden, sein Verlassen des Autos sah ich nicht. Herr Wague wehrte sich am Boden, er lag auf dem Bauch, wollte beißen und stieß mit den Füßen."

VL: "Wie lange dauerte es bis Herr Wague wieder Ruhe gab?"

Herr L.: "Das kann ich nicht genau sagen. Ich schnitt ihm die Hose auf da wir die Beruhigungsspritze verabreichen wollten. Die Hose ließ sich nicht runterziehen. Ich weiß nicht wer die Schere geholt hat.
Ich stand beim rechten Oberschenkel und versuchte die Hose runterzuziehen. Ich verlangte eine Schere und schnitt die Hose auf. Dr. K. setzte die Spritze, ich versuchte Herrn Wague zu halten, sonst wäre die Verabreichung der Spritze nicht möglich gewesen.
Während die Spritze verabreicht wurde hielt ich Herrn Wague am Hintern. Nach der Spritze bewegte sich Herr Wague weiter, er wehrte sich weiter. Deswegen wurden dann die Fußfesseln angelegt. Beim Anlegen der Fußfesseln hielt ich die Beine von Herrn Wague mit den Händen. Nach der Spritze hielt ich ihn nicht mehr, da genug Leute herum waren."

VL: "Einen Vorhalt noch: sie haben in ihrer Aussage vor dem Büro für interne Angelegenheiten am 22.7. gesagt, dass sie nicht sagen können, dass es nach der Spritze noch Gegenwehr gegeben habe."

Herr L.: "Diese Frage wurde mir etwa so gestellt, ob ich selbst nach der Spritze noch Gegenwehr gespürt habe. Ich kann nicht mehr sagen, ob es wahrnehmbare Gegenwehr von Seiten des Herrn Wague nach der Spritze gegeben hat oder ob ich das nur angenommen habe, weil die Fußfesseln dann nachher noch gebracht worden sind, als ich vorher von Gegenwehr gesprochen habe."

VL: "Ist es also richtig, dass man es nicht mal gesehen hätte?"

Herr L.: "Ich kann das nur von mir sagen. Ich habe keine Gegenwehr wahrgenommen. Ich habe gar nicht daran gedacht, Herrn Wague zu beobachten als ich zu seinen Füssen
hinuntergegangen bin. Ich kann daher nicht sagen ob er sich zu diesem Zeitpunkt noch gewehrt hat. Ich kann auch nicht sagen ob ich gleich zu den Füßen gegangen bin oder noch kurz stehen geblieben bin. Ich kann auch nicht schätzen wie viele Personen
mit der Fixierung von Herrn Wague beschäftigt waren."

Befragung durch RA Lorenz.

Herr L.: "Nach der Spritze bin ich runtergegangen. Als ich in seinem Gesäßbereich stand und ihm die Spritze verabreicht wurde hat er sich noch gewehrt.

VL: "Wann hat der Steinwurf stattgefunden?"

Herr L.: "Zum Zeitpunkt des Steinwurfs nach dem Eintreffen kann ich nur sagen, dass der Stein gekommen ist, als wir ausstiegen. Ich glaube, dass ich gleichzeitig mit Dr. K. ausgestiegen bin, wir saßen ja nebeneinander. Der Rettungswagen ist hinter uns nachgefahren, muss also auch gleichzeitig eingetroffen sein."


RA Lorenz: "Laut Aussage von Dr. K. hat dieser nach dem Aussteigen erst mit einer Polizistin gesprochen. Dann kam der Stein geflogen. Damit ist nicht vereinbar, dass der Stein gleich nach dem Aussteigen gekommen sein soll."

Herr L.: "Wir sind ungefähr gleichzeitig ausgestiegen, ich bin um die Motorhaube herumgegangen und stand beim Steinwurf 2 Schritte von Dr. K. entfernt. Ich bin als Fahrer straßenseitig ausgestiegen, Dr. K. zum Stadtpark hin, ich weiß auch nicht mehr, wo die Beamtin gestanden ist.
Wie weit Herr Wague zu diesem Zeitpunkt entfernt war kann ich nicht sagen."

VL: "Können sie es ungefähr sagen?"

Herr L.: "Er war zu diesem Zeitpunkt von mir mehr als die Hälfte der Länge aber weniger als die gesamte Länge dieses Verhandlungssaales entfernt, wir standen am Parkstreifen, er stand
am Eingangsbereich des Stadtparks. Bei Herrn Wague standen ein paar Polizisten.
Wann die Polizistin von wo kommend aufgetaucht ist weiß ich nicht, ich habe sie zum Zeitpunkt des Aussteigens nicht wahrgenommen. Gesprochen hat sie mit Dr. K. ,nur weiß ich nicht wann und ob das nach meinem Aussteigen war."

Es wird eine frühere Aussage von Herrn L. verlesen
Vorgehalten wird der 5. und 6. Absatz, Seite 155 des Gerichtsaktes. Aussage vor dem BIA vom 22.07:

Herr L.: "Das ist schon lange her und ich weiß das jetzt nicht mehr so genau
Natürlich konnte ich mich damals besser erinnern, als ich mich heute erinnern kann"

Weiterer Vorhalt: Vorletzter Absatz Seite 155.

VL: "Hier steht, dass der Arzt vorgeschlagen hat, dem Mann Handschellen anzulegen."

Herr L.: "Dann wird das stimmen.
Auf den Widerspruch zu meiner vorigen Aussage angesprochen betone ich noch mal, dass ich mich heute nicht mehr so gut erinnern kann.
Zur Lage des Steins nach dem Wurf kann ich nur sagen, dass er vor uns - also dem Doktor und mir - zu liegen kam, ich kann aber auch nicht eine genaue Entfernung angeben.
An einen Knall kann ich mich in diesem Zusammenhang nicht erinnern
Wie bereits gesagt, habe ich das Werfen des Steines durch Herrn Wague selbst nicht beobachtet."

VL: "Hat Dr. K. vor der Verabreichung von Psychopax eine andere Vorgangsweise vorgeschlagen?"

Herr L.. "Ich kann nicht sagen, ob der Dr. vorher eine andere Behandlungsweise vorgeschlagen hat, ich höre ihm auch nicht ständig zu."

Vorhalt Seite 155, vorletzter Absatz.

Herr L.: "Ich kann mich zwar nicht erinnern, ob Herrn Wague die Handschellen erst auf der Tragbahre oder unmittelbar vorher angelegt worden sind, da ich seine Hände auch nicht ständig beobachtet habe. Wenn ich dies aber bei meiner Einvernahme am 22.7. gesagt habe, dann wird das so stimmen.
Als Herr Wague schon auf der Bahre gelegen ist, sind meiner Erinnerung nach von ihm keine Widerstandshandlungen ausgegangen."

Vorhalt Seite 157, 8. und 9. Absatz.

VL: "Hier gibt es einen Widerspruch zur heutigen aussage: damals haben sie gesehen, dass er aus dem Rettungsauto gestürmt ist. Haben sie ihn gesehen, als er rausgestürmt ist, oder als er schon am Boden lag?"

Herr L.: "Gesehen hab ich, dass vorne etwas los ist. Als ich vorne war, lag Herr Wague am boden fixiert. Ich habe also nicht beobachtet, wie Herr Wague aus dem Rettungsauto gesprungen ist.
Als ich vorgekommen bin, sind Leute vor mir gestanden, da ist er schon auf dem Boden gelegen."

VL: "Vorhalt. Dann kann es nicht stimmen, dass sie gesehen haben, dass er zu dem Zeitpunkt mit den Füßen getreten hat."

Herr L.: "Ich kann nur wiederholen, dass ich gesehen habe, dass etwas los ist, ich habe aber auch nicht wie das in meiner Aussage vom 22.7. festgehalten ist, sehen können, dass Herr Wague mit den Füßen herumgetreten hat, als er noch nicht am Boden fixiert war."

VL: "Warum haben sie beim BIA am 22.7. nicht gesagt, dass er gespuckt, gebissen und geschrieen hat?"

Herr L.: "Man redet ja mit den Kollegen, da kann mir ja nachher noch was einfallen."

VL: "Haben sie mit Herrn K. auch geredet?"

Herr L.: "Herrn Dr. K. habe ich eigentlich seither nicht mehr getroffen oder mit ihm darüber geredet."

VL: "Hat Herr Wague gebissen, laut ihrer Wahrnehmung?

Herr L.: "Ich weiß es nicht."

VL: "Kann es daher sein, dass sie das Beißen, Spucken und Schreien nur von ihren Kollegen erfahren haben?"

Herr L.: "Das Schreine hört man und das mit den Zähnen hört man ja auch, das Aufeinanderschlagen der Zähne.
Das mit dem Beißen hab ich möglicherweise auch nur von Kollegen gehört.
Ob ich das Spucken selbst gesehen habe, weiß ich nicht mehr."

VL: "Warum sagen sie dann etwas, was sie nicht selber gesehen haben? Warum haben sie dann vorher Dinge gesagt, die nicht auf eigener Wahrnehmung beruhen?"

Herr L.: "Sonst habe ich heute keine Dinge angegeben, die nicht auf meiner eigenen Wahrnehmung beruhen."

VL: "Vorhalt: andere Zeugen haben nicht ausgesagt, dass Herr Wague gebissen hat."

Vorhalt Seite 199 des Gerichtaktes, vorletzter Absatz, Aussage von Herrn H. (Sanitäter) vor dem BIA

VL: "Keiner der beiden andern Sanitäter, außer Herr H. berichtet von derartigen Vorgängen."

Herr L.: "Es kann sein, dass mir Herr H. von dem Ausblasen und den Kieferbewegungen erzählt hat.
Ich habe nicht wahrgenommen, dass Herr Wague von einem oder mehreren Beamten auf den Kopf und im Rückenbereich geschlagen wurde als er am Boden fixiert war.
Ich habe auch nicht wahrgenommen, ob bzw. dass Herr Wague am Kopf fixiert worden ist, ich hatte keine Sicht zum Kopfende."

VL: "Da können sie ja das Spucken auch nicht gesehen haben."

Herr L.: "Ich habe nicht darauf geschaut, wie Herr Wague im Bereich des Rückens fixiert worden ist, als ich ihn für die Spritze vorbereitet habe. Ich habe mich auf den Hintern konzentriert.
Ich habe das wirklich nicht gesehen. Ich habe auch nicht wahrgenommen, dass jemand während der Fixierung die Vitalfunktionen des Herrn Wague kontrolliert hätte, insbesondere Puls und Atmung. Ich habe auch nicht gehört, das jemand danach gefragt hat.
Als wir Herrn Wague, bevor er es wieder verlassen hat, in das Rettungsauto gebracht
hatten, war meines Wissens niemand von uns im Auto, auch nicht der Arzt."

Dr. Weiss: "Haben sie überhaupt darauf geachtet, ob Herr Wague Widerstandshandlungen setzt, als er auf der Trage in den Rettungswagen verbracht wurde?"

Herr L.: "Man führt ihn ja auf der Trage zum Rettungsauto, da wäre mir natürlich schon aufgefallen ,wenn er hätte herunterspringen wollen. Er wollt nicht herunterspringen."

Dr. Weiss: "Haben sie von der Phase, als sie Herrn Wague für die Spritze vorbereiteten,
irgendwelche weiteren Widerstandshandlungen beobachtet, außer dass er sein Gesäß hin- und
herbewegt hat?"

Herr L.: "Nein, ich habe darauf nicht geachtet."

VL: "Ist diese Art der Fixierung die im Video zu sehen ist - mit einem
Fuß oder mit beiden Füßen auf jemanden zu stehen - ist das in ihrer Ausbildung als zulässige Methode gebracht worden?"

Herr L.: "Das ist eine Selbstschutzmaßnahme, es hat schon Verletzte gegeben bei psychischen Erkrankungen."

Nach Erinnerung an das vorher gesehene Video und die vom Zeugen identifizierten Kollegen W. und J.:

Herr L.: "Ich kann nicht sagen, dass das Stehen mit einem oder beiden Beinen auf einem Patienten der fixiert werden muss als zulässige Festhaltemethode unterrichtet wurde. Das geschah zum Selbstschutz der Kollegen, da sie sonst möglicherweise von den Beinen des Patienten getroffen worden wären."

RA Lorenz: "Finden sie es persönlich richtig, dass man auf einer fixierten Person steht?"

VL: "Die Frage wird nicht zugelassen."

Pause

6. Zeuge

Herr W., Sanitäter bei der Berufsrettung Wien.

Rechtsbelehrung

VL: "Kennen sie das Video? Auf dem Video sind sie als erster Sanitäter links vorne ersichtlich. Vor ihnen steht Kollege W. In welcher Form oder in welcher Art und Weise hat Herr W. den Herrn Wague fixiert? Auf welchem Teil des Körpers von Herrn Wague ist Herr J. gestanden?"

Herr W.: "Er hat mit einem Fuß den Oberschenkel des Herrn Wague fixiert, mit dem anderen ist er auf der Straße gestanden. Ich kann nicht ausschließen, ob er zeitweise mit beiden Beinen auf Herrn Wague gestanden ist.

Dem Zeugen werden noch einmal die ersten Sekunden des Videos mit Standbild gezeigt.

Herr W.: "Dieser Sanitäter im Vordergrund bin ich, vor mir steht Herr J. Wir beide sind mit den Armen auf das Notarztfahrzeug gestützt. Was die Stellung von Herrn J. betrifft, entnehme ich dem Umstand, dass das linke Bein durchgestreckt und das rechte abgewinkelt ist, dass Herr J. mit einem Bein auf der Straße gestanden ist."

Standbild des Videos wird von RA Lorenz, VL, Dr. Weiss und dem Zeugen nochmal genauer begutachtet.
Nach weiterer Betrachtung wird festgestellt, dass auch weiterhin nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass Herr J. sich lediglich mit der Spitze des rechten Fußes auf der Straße abstützt, wiewohl der Eindruck durchaus entstehen kann, dass er mit beiden Beinen und vollen Gewicht auf Herrn Wague steht.

VL: "Sind sie irgendwann in ihrer Ausbildung belehrt worden, dass das Stehen auf einem Patienten eine zulässige Fixierungsmethode ist?"

Herr W.: "Nein, das habe ich nicht gelehrt bekommen."

Damit ist Zeuge W. bis zum nächsten mal entlassen.


7. Zeuge

Herr B., Revierinspektor, Beamter der Bundespolizeidirektion Wien, Kommissariat Landstraße

Rechtliche Aufklärung durch den Verhandlungsleiter (VL)

VL: "Da sie Beschuldigter eines möglicherweise noch einzuleitenden Strafverfahrens sein können, haben Sie das Recht, die Aussage zu verweigern, wenn sie sich mit der Aussage strafgerichtlicher Verfolgung, der Schande oder einem unmittelbaren gravierenden Vermögensnachteil aussetzen. Sie müssen keine Aussagen machen, mit denen sie sich selbst oder ihre Angehörigen belasten."

Herr B.: "Ich verweigere jegliche Aussage."

VL verliest § 49 Abs. 1 Zif. 1 und Abs. 4 und Abs. 5 AVG, unter welchen Umständen eine Aussage verweigert werden darf und belehrt den Zeugen darüber, dass eine gänzliche Aussageverweigerung auch im Hinblick auf ein allenfalls drohendes gerichtliches Strafverfahren nicht zulässig ist.

Herr B.: "Ich nehme dies zur Kenntnis und verweigere trotzdem die Aussage."

Trotzdem stellt der VL 3 Fragen:

VL: "Die erste Frage bezieht sich auf die Niederschrift vor dem BMI/BIA, die sie unterfertigt haben: haben sie in dieser Niederschrift vom 18.7. vor dem BIA wahrheitsgemäße Angaben über das Verhalten ihrer Kollegen oder anderer Personen, außer ihnen selbst gemacht.?"

Herr B.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich ermahne sie hiermit, dass dies nicht zulässig ist."

Herr B: "Ich nehme dies zur Kenntnis und verweigere weiter die Aussage."

VL droht eine Disziplinaranzeige bei der vorgesetzten Behörde an.

Herr B.: "Ich nehme dies zur Kenntnis, verweigere aber weiter die Aussage."

VL: "Ich weise sie darauf hin, dass sie beim BIA (Büro für interne Angelegenheiten des
Bundesministeriums für Inneres), also bei einer weisungsgebundenen Behörde, am 18.7.2003 ausgesagt haben und dort nicht einmal das ihnen gesetzlich zustehende Recht auf Aussageverweigerung in Anspruch genommen haben. Hingegen weigern sie sich nunmehr vor einem unabhängigen Tribunal im Sinne der Europäischen Menschenrechtskommission jene Fragen zu beantworten, zu deren Beantwortung sie gesetzlich verpflichtet sind. Ich gebe zu bedenken dass dies ein schlechtes Licht auf die beteiligten Beamten und die Behörde wirft und fordere sie daher auf, wahrheitsgemäß auszusagen."

Als sie am Stadtpark beim Einsatzort angekommen sind, welche Wahrnehmungen hatten sie
da vom Verhalten und dem Zustand des Herrn Wague (wiederum ist die Frage so gestellt, dass sich Herr B nicht selbst belasten kann)?"

Herr B.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich ermahne sie im Hinblick auf die Gesetzeslage, die sie zu dieser Aussageverweigerung nicht berechtigt sind."

Herr B.: "Ich nehme das zur Kenntnis, verweigere aber weiter die Aussage."

VL: "Ich drohe ihnen hiermit eine Disziplinaranzeige bei der Bundespolizeidirektion
Wien an."

Herr B.: "Ich nehme dies zur Kenntnis, verweigere aber weiter die Aussage."

Das Video von der Fixierung des Seibane Wague wird eingeschaltet und ein Standbild innerhalb der ersten Sekunden des Videos erzeugt.

VL: "Es ist nicht Gegenstand der Frage, was sie getan haben. Ihnen gegenüber auf dem Standbild hat ihr Kollege L. den Herrn Wague am Rücken am Boden fixiert. In welcher Weise hat er das getan?"

Herr B.: Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich ermahne sie noch einmal, dass ihnen kein gesetzliches Verweigerungsrecht zusteht."

Herr B.: "Ich nehme dies zur Kenntnis, beantworte die Frage aber nicht."

VL: "Ich drohe ihnen hiermit eine Disziplinaranzeige an und fordere sie nochmal auf, die
Frage zu beantworten."

Herr B.: "Ich verweigere die Aussage."

Der VL entlässt den Zeugen damit für heute, er wird am 15.01.2004 noch einmal zur Aussage geladen. Am 15. Jänner wird noch einmal gefragt und bei Wiederverweigerung wird es wieder eine Disziplinaranzeige geben. Im Fall des Nichterscheinens kann eine Zwangsvorführung erfolgen.

8. Zeuge

Herr H., Revierinspektor am Kommissariat Landstraße

Rechtsbelehrung

VL: "Sie haben am 19.07.2003 beim BMI-BIA ausgesagt und auf jeder Seite unterschrieben. Meine Frage ist nicht pauschal ob die Aussage der Wahrheit entspricht. Haben sie anlässlich dieser Niederschrift das Verhalten ihrer Kollegen und dritter Personen wahrheitsgemäß beschrieben? Wohlgemerkt betrifft die Frage nicht ihr eigenes Verhalten."

Herr H.: "Ich verweigere die Aussage."

§ 49 (1) zif 1 AVG und Absatz 4 und 5 wird vorgelesen.

VL: "Daraus geht hervor, dass eine generelle Verweigerung der Aussage nicht zulässig ist. Ich ermahne sie nochmals."

Herr H.: "Ich verweigere die Aussage dazu."

VL: "Ich gebe zu bedenken, dass sie am 19.07.2003 offenbar freimütig bei einer weisungsgebundenen Behörde - dem BIA - ausgesagt haben, während sie nunmehr vor einem unabhängigen Tribunal im Sinne der Menschenrechtskommission die Beantwortung von Fragen verweigern, zu deren Beantwortung sie aufgrund von § 49 AVG verpflichtet sind.
Ich gebe zu bedenken, dass die Aussageverweigerung ein schlechtes Licht auf das Verhalten der an dem Vorfall beteiligten Polizeibeamten und letztlich auch auf die vorgesetzte Behörde wirft, und fordere sie noch einmal auf auszusagen, andernfalls wird ihnen eine Disziplinaranzeige angedroht."

Herr H.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Als sie am Einsatzort angekommen sind, welche Wahrnehmung hatten sie vom Zustand und Verhalten des Herrn Wague?"

Herr H.: "Ich verweigere die Aussage."

VL: "Ich drohe ihnen nunmehr die Disziplinaranzeige an."

Herr H.: "Ich nehme dies zur Kenntnis und verweigere weiter."

Ein Standbild des Videos wird gezeigt.

VL: "Sie befinden sich im Bereich rechts unten, im Bereich des rechten Fußes des Herrn Wague. Haben sie gesehen, wie dieser im Vordergrund stehende Sanitäter (Herr J.) den Herrn Wague am Boden fixiert, ob er mit einem oder mit beiden Beinen auf Herrn Wague gestanden ist?"

Herr H.: "Ich verweigere auch hier die Aussage."

Weitere Ermahnung durch den VL. Herr H. kann keine Gründe angeben, warum er die Aussage verweigert, obwohl er sich strafrechtlich mit der Beantwortung dieser Frage nicht belasten kann.

VL: "Ich drohe ihnen die Disziplinaranzeige an und fordere sie nochmal zur Beantwortung auf."

Herr H.: "Ich will die Frage nicht beantworten."

VL: "Sie werden für 15. Jänner wieder geladen, wenn sie dann wieder die Aussage verweigern droht ihnen ein weiteres Disziplinarverfahren."

9. Zeuge

Herr J., Sanitäter bei der Wiener Berufsrettung

Rechtsbelehrung

VL: "Sie haben eine Niederschrift vor dem Büro für interne Angelegenheiten des BMI unterfertigt."

Herr J.: "Ich habe bei meiner Einvernahme als Zeuge vor dem BMI/BIA am 22.07.2003 den gegenständlichen Vorfall aus meiner Sicht wahrheitsgemäß dargestellt."

VL: "Können sie sich jetzt noch an den Vorfall erinnern?"

Herr J.: "Ja."

VL: "Welche Funktion hatten sie damals?"

Herr J.: "Ich war Lenker des Rettungstransportwagens."

VL: "Sind sie nach der Ankunft am Einsatzort gleich ausgestiegen?"

Herr J.: "Ja."

VL.: "Was haben sie nach ihrem Aussteigen vom Verhalten des Herrn Wague wahrgenommen?"

Herr J.: "Wie wir gekommen sind, ist ein Stein auf uns geworfen worden."

VL: "Haben sie angenommen, von welcher Person der Stein geworfen worden ist?"

Herr J.: "Gleich nach dem Aussteigen wurde ein Stein geworfen der vor unseren Füßen zu liegen kam. Den Werfer habe ich nicht gesehen, ich habe aber angenommen, dass der Stein von der Person stammt, die den Einsatzgrund gebildet hat. Außerdem war er blutverschmiert und musste daher von einem blutenden Werfer stammen. Der Einsatzgrund war schwere Panikattacke."

VL: "Es haben mehrere Personen erzählt, dass der Stein vor ihren Füßen zum Liegen gekommen ist. Wo ist der Stein genau zum Liegen gekommen?"

Herr J.: "Der Stein kam zwischen den 2 Fahrzeugen, dem Notarztwagen und dem Rettungswagen, zu liegen."

VL: "Hat es einen Knall gegeben oder war kein Geräusch wahrzunehmen?"

Herr J.: "Was es für ein Geräusch im Zusammenhang mit dem Stein gab, kann ich nicht sagen. Ob er irgendwo abgeprallt ist, kann ich nicht sagen."

VL: "Auf meine Frage nach dem Zustand von Herr Wague haben sie jetzt mal nur den Stein erwähnt."

Herr J.: "Wie wir hingekommen sind ist Herr Wague so herumgesprungen und hat den Inhalt seiner Geldbörse herumgeschleudert, die Polizeibeamten haben ihm dann beim Aufsammeln geholfen und er hat gerufen. Ich hatte daher den Eindruck, dass er irgendwie anders wirkt, als ein normaler Mensch, er war sehr aufgeregt."

VL: "Aufgeregt ist ein normaler Mensch auch von Zeit zu Zeit. War er verwirrt?"

Herr J.: "Ja das war er, er war nervös und aufgebracht."

VL: "War er in einem nicht normalen Zustand?"

Herr J.: "Er war sicher in einem Ausnahmezustand."

VL: "Offenbar haben sie nicht von sich aus beurteilt, dass er psychotisch ist. Hat das dort irgendwer festgestellt, dass Herr Wague psychotisch sei?"
Herr J.: "Ich könnte mich daran nicht erinnern."

VL: "Was ist bis zur Diagnose des Arztes noch passiert?"

Herr J.: "Der Arzt wollte ihn beruhigen. Ich habe einstweilen Psychopax-Tropfen vorbereitet und habe auf die Anweisung des Arztes gewartet.
Der Doktor hat gesagt, dass wir ihn einmal beruhigen sollen, geben wir ihm einmal was zu trinken, das hat er auch der Polizei gesagt
Auf a Interne kannst net fahren mit Sowas - is nicht bös, ich bin nicht der geborene Rhetoriker.
Ich habe Herrn Wague Psychopax-Tropfen vorbereitet, bin dazu in den Rettungswagen gegangen, damit wir ihn auf die Baumgartner Höhe mitnehmen können.
Bereits davor hat der Doktor gesagt, dass wir den Patienten beruhigen und ihm zu trinken geben sollen.

VL: "Haben sie sich nicht gewundert, dass jemand der normal wirkt auf die Baumgartner Höhe mitgenommen werden sollte?"

Herr J.: "Er ist nicht normal gewesen. Er war verwirrt, er befand sich in einen Ausnahmezustand, ich habe das vorhin nicht so klar ausdrücken können.
Ich präzisiere bezüglich der Tropfen: ich habe schon alles fertig gehabt, habe aber nichts
zusammengemischt. Eine Campingwasserflasche wird immer bei jedem Dienst
frisch mit Leitungswasser befüllt.
Herr Wague hat das Trinken abgelehnt, offenbar weil er befürchtet hat, dass in dem Wasser irgendwas ist."

VL: "In ihrer Aussage vom 22.07. haben sie dies nicht gesagt, dass sie ihm zu trinken gegeben haben."

Herr J.: "Ich habe das schon gesagt, zur weiteren Geschichte bin ich nicht befragt worden."

VL: "Haben sie mitbekommen, ob sich Herr Wague freiwillig auf die Liege gelegt hat?"

Herr J.: "Nach mehrmaligem guten Zureden hat er sich freiwillig auf die Bahre gelegt."

VL: "Hatte er da die Handschellen schon angelegt?"

Herr J.: "Ob er da schon gefesselt war oder erst auf der Trage gefesselt wurde, weiß ich nicht."

VL: "Wo waren sie, als Herr Wague den Wagen wieder verlassen hat?"

Herr J.: "Wir haben Herrn Wague auf der Trage hinten in den Rettungswagen hineingeschoben, außer mir noch Herr L. und Herr H., als wir die Türe geschlossen
haben und nach vorne gehen wollten, war vorne ein Getümmel.

VL: "Haben sie gesehen, dass Herr Wague aus dem Rettungswagen gesprungen ist oder haben sie ihn erst zu einem späteren Zeitpunkt wiedergesehen?"

Herr J.: "Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich kann mich nur erinnern, das er einem Polizisten mit dem Kopf in den Bauch hineingerannt ist."

VL: "Haben sie noch etwas gesehen?"

Herr J.: "Ich bin dann vorgegangen zum Rettungsauto, bin zwischen den beiden Autos gestanden, als Herr Wague auf mich zugerannt kam. Da haben ihn noch Polizisten abgefangen. Hinter uns war Verkehr.
Es hat keine Rauferei gegeben, es ist sehr schnell gegangen. Ich kann nicht mehr sagen, ob es ein längeres Gerangel gegeben hat oder er gleich zu Boden gebracht wurde.
Als er zu boden gebracht wurde, lag er am Bauch, er hat sich noch heftig gewehrt. Die Hände waren am Rücken, mit Handschellen gefesselt. Mit dem Oberkörper (Kopf- und Halsbewegungen) und mit den Füssen hat er herumgeschlagen."

VL: "Wie lange hat er herumgeschlagen?"

Herr J.: "Diese Gegenwehr hat noch länger gedauert und es musste daher zugewartet werden, bis man ihm die Spritze geben konnte.
Er war schon schön fixiert.
Mit der Schere wurde die Hose aufgeschnitten."

VL: "Kann ich daraus schließen, dass er sich als er die Spritze erhalten hat, nicht mehr so gewehrt hat?"

Herr J.: "Nein er hat sich schon noch gewehrt, er war allerdings so fixiert, dass er sich nicht mehr viel rühren konnte.
Ich hatte mit der Verabreichung der Spritze nichts zu tun. Ich weiß auch nicht mehr, wo ich mich zu diesem Zeitpunkt befunden habe."

VL: "Wie lange nach der Spritze hat er sich noch gewehrt?"

Herr J.: "Ein paar Minuten, ich hab das im Juli genauer angegeben, kann mich aber nicht mehr genau erinnern. Wenn ich damals 2 bis 3 Minuten angegeben habe, so kann das stimmen.
Das waren sicher keine 20 Minuten. Die Spritze wirkt innerhalb von 15 bis 20 Minuten.
Nachdem Herr Wague niedergerungen worden ist, hat wahrscheinlich irgendwer von der Polizei gerufen: "Gebts ihm eine Spritze"."
Während ich die Psychopax-Tropfen vorbereitet habe, habe ich aus dem Wagen gehört, wie die Polizistin mit dem Notarzt über die Verabreichung der Tropfen diskutiert hat. Herr Wague sollte anscheinend mit einem "Frosch" mitgenommen werden. Ich hatte nicht den Eindruck dass es sich um ein Streitgespräch handelt. Verboten hat die Polizistin dem Notarzt sicher
nicht, die Tropfen zu verabreichen.
Als Herr Wague am Boden fixiert wurde, wurde auf Fußfesseln gewartet.
Es ist nicht das erste mal, dass Polizisten verletzt worden sind.
Nach der Spritze und als dann der Widerstand nachgelassen hat wurde von Seiten der
Polizisten gesagt, wir unternehmen nichts bis nicht Fußfesseln angelegt worden sind, ihnen sei schon öfter passiert, dass jemand ruhig gewesen sei und dann als die Fixierung gelockert worden sei, dass dann die fixierte Person mit den Beinen ausgeschlagen und jemanden verletzt habe.
Auf die Fußfesseln wurde gewartet, wie lange weiß ich nicht, die Fußfesseln wurden von den
Beamten zunächst nicht aufgebracht, wie auch am Video zu sehen ist."

Anfangssequenz des Videos wird mit Standbild vorgeführt.

VL: "Ich gebe gleich jetzt zu Bedenken, wenn sie sich durch die Beantwortung selbst belasten, dürfen sie die Aussage verweigern. Wenn sie antworten, dann muss es wahrheitsgemäß sein und dann darf ich das auch verwenden."

Herr J.: "Ich bin als zweiter Sanitäter links zu sehen. Der linke Fuß steht auf Herrn Wague, der rechte Fuß steht sicher in der Mitte zwischen den beiden Beinen auf der Straße. Mit dem linken Fuß stehe ich auf dem Oberschenkel, eher Richtung Knie, nicht bei den Gesäßbacken."

Ein weiteres Standbild wird gezeigt.

VL: "Wissen sie, wie der Polizist, der direkt vor ihnen gestanden ist, den Herrn Wague fixiert hat?"

Herr J.: "Nein weiß ich nicht mehr."
Ich habe wohl wahrgenommen, dass sich der Polizist vor mir, dessen rechts Bein auf dem Video sichtbar weggestreckt ist, über den Patienten beugt, ich kann aber nicht sagen, ob er sein linkes Knie auf den Patienten gesetzt hat und in welcher weise er mit den Händen den Herrn Wague fixiert hat. Ich kann auch nicht sagen, wie der andere Polizist auf der rechten Seite die Fixierung vorgenommen hat."

VL: "Haben die Polizisten, die den Kopf des Herrn Wague fixiert haben, ihn geschlagen?"

Herr J.: "Ich habe nicht gesehen, dass einer von den beim Kopf des Herrn Wague knienden Polizeibeamten diesen auf den Kopf oder auf den Rücken geschlagen hat, das hätte mir auffallen müssen."

VL: "Wie wurde Herr Wague während der Spritze festgehalten?"

Herr J.: "Ich bin erst nach der Spritze so auf Herrn Wague gestanden, wie dies auf dem Video ersichtlich ist. Wie er während der Verabreichung der Spritze fixiert wurde, weiß ich nicht. Ich bin auch nicht sicher, ob ich zu diesem Zeitpunkt schon dort gestanden bin und ihn so oder anders fixiert habe."

VL: "Sind sie im Zuge ihrer Ausbildung darauf hingewiesen worden, dass eine Fixierung wie die auf dem Video gezeigte zulässig ist?"

Herr J.: "In der Ausbildung wird dazu nicht viel gesagt. Im Lehrbuch steht drinnen, dass er so fixiert werden muss, dass er sich nicht mehr rühren kann.
Nehmts ihn einfach, das sagen auch höhere Ärzte, da haben alle leicht reden."

VL: "Steht in dem Lehrbuch auch etwas darüber, dass ein Patient dadurch in seiner Atmung behindert werden kann?"

Herr J.: "Meines Wissens nicht."

RA Lorenz: "Woran liegt es, dass sie nicht mehr sagen können, wie die beiden Beamten vor ihnen Herrn Wague fixiert haben."

Herr J.: "Von einem Polizisten habe ich nur den Rücken gesehen, und da schaut man halt so."

RA Lorenz: "Dann haben sie auch in Richtung von Herrn Wague geschaut. Hat der Rücken des einen Beamten unmittelbar vor ihnen den anderen Beamten gegenüber verdeckt?"

Herr J.: "Von dem hab ich nichts gesehen."

RA Lorenz: "Es ist kaum glaubwürdig, dass sie den einen Beamten gesehen hat, den anderen Beamten aber nicht, da sich die beiden Beamten, die Herrn Wague am Rücken fixierten, nebeneinander befunden haben müssen."

Herr J.: "Ich kann das jetzt nach 5 Monaten nicht mehr sagen."

Seite 167 letzter Absatz aus dem Protokoll beim BIA wird vorgehalten.

RA Lorenz: "Ist es richtig, dass sie vor Verabreichung der Spritze auch schon über Ersuchen der Polizeibeamten bei der Fixierung dabei waren?"

Herr J.: "Wenn es so dasteht, dann wird es stimmen, ich kann mich jetzt nicht mehr so genau erinnern."

RA Lorenz: "Wie haben sie festgestellt, dass die blonde Polizistin auf dem rechten Oberschenkel des Herrn Wague stand."

Herr J.: "Das weiß ich. Sie hat gesagt, ich stehe mit meinen ganzen 73 kg auf der betreffenden Person, an den genauen Ausdruck kann ich mich nicht mehr erinnern."

Vorhalt des zweiten Absatzes auf Seite 169, Aussage J. vor dem BIA
"Ich habe daraus geschlossen, dass die Polizistin mit dem gesamten Gewicht also mit beiden Beinen auf Herrn Wague steht."

RA Lorenz: "Wie kamen sie darauf, dass Herr Wague nach der Spritze noch Widerstand geleistet hat?"

Herr J.: "Das spürt man ja auch im Fuß, wenn wer Widerstand leistet."

Ende 16.40 Uhr

Hier ist Schluss des Protokolls. Die Verhandlung ging weiter bis ca. 19 Uhr. Es wurde leider keine Mitschrift verfasst.


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