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buchtipVerborgener Staat, lebendiges Geld. Zur Dramaturgie des Antisemitismus

Gerhard Scheit

buchumschlag

Aus dem Vorwort:
"Die folgenden Überlegungen handeln von einer Tradition, die vom mittelalterlichen Passionsspiel bis zum nationalsozialistischen Film reicht: sie besteht darin, den Haß auf die Juden 'spielbar' zu machen, ihn in Szene und sogar in Musik zu setzen. Dieses merkwürdige obsessive Bedürfnis, jene, die man verfolgt, vertreibt und ermordet, gleichzeitig mit verteilten Rollen zu spielen, kann in der Tat besonderes Interesse beanspruchen. Die Juden 'nachzumachen', ihre vermeintliche Ausdrucksweise im Sprachlichen und Gestischen zu imitieren, scheint für den Antisemitismus geradezu essentiell zu sein; es ist dies offenbar die Art und Weise, wie er im Alltag gelebt und weitergegeben wird - als Tonfall und als Handbewegung, als Jargonwort, Witz oder Anspielung; und zeugt jedenfalls vom Genuß, den der Antisemit empfindet: er bannt darin seine Ängste und lebt sich gleichzeitig aus; er artikuliert das Verbotene, und bekundet zugleich seine Verachtung dafür."

Verlag: ca-ira Verlag
ISBN: 3-924627-63-0


Beschreibung:

Neben den Highlights des Kulturbetriebs werden zahlreiche vergessene oder kaum bekannte Phänomene der plebejischen Kultur und der Trivialliteratur analysiert. Darüber hinaus wird gefragt, inwieweit jenes Ritual der Zivilisation von der Aufklärung durchbrochen oder nur neu inszeniert wurde, und worin die Kritik besteht, die auf der Seite der unmittelbar Betroffenen von Heinrich Heine bis Arnold Schönberg - in eigener künstlerischer Praxis geübt wurde. Bei all dem handelt es sich nicht darum, eine Sozialgeschichte des Antisemitismus mit effektvollen Bildern und Szenen zu illustrieren, das Ästhetische - zumal die dramatische und die musikalische Form soll vielmehr als Möglichkeit der Reflexion sichtbar und als solche in der Interpretation auch genutzt werden. Daß Shakespeares Kaufmann von Venedig, Wagners Parsifal oder Fassbinders Der Müll, die Stadt und der Tod es darum verdient hätten, möglichst oft gezeigt zu werden - weil sie diese Möglichkeit ins Spiel bringen -, ist damit noch nicht gesagt. Doch nicht zuletzt für solche und ähnliche Diskussionen hofft diese Kulturgeschichte der Barbarei einige Grundlagen zu schaffen.