Urteil des Unabhängigen Verwaltungssenats (UVS): Verhaftung war
nicht gesetzeskonform - die Fixierung rechtswidrig - für die Polizei
ist "Urteil nicht nachvollziehbar"
Mit einem Schuldspruch für die Wiener Polizei endete am Donnerstag,
29. Jänner 2004, das erste Verfahren zum Tod von Seibane Wague. Für
Wolfgang Helm, Verhandlungsleiter am Unabhängigen Verwaltungssenat
(UVS), stand nach vier Verhandlungstagen fest, dass die BeamtInnen in
der Todesnacht des Mauretaniers menschenrechtwidrig handelten.
Am letzten Tag des Verfahrens um den Tod des Mannes im Wiener Stadtpark
stellte sich heraus, dass das Büro für interne Angelegenheiten
(BIA), die internen ErmittlerInnen des Innenministeriums, offenbar nicht
alle verfügbaren Quellen ausgewertet hat. Die Aufzeichnungen des
Funkverkehrs von zwei Streifenwägen wurden nie angefordert.
Und erstmals nahm der Vertreter der Bundespolizeidirektion Wien zur Tatsache
Stellung, dass die sechs hauptbeteiligten BeamtInnen zweimal ihre Aussage
vor dem UVS vollständig verweigerten. "Wir gehen davon aus,
dass es sich bei den unbekannten Tätern, gegen die ein gerichtliches
Strafverfahren geführt wird, nur um die betroffenen Beamten handeln
kann. Daher wäre jede Aussage eine Selbstbeschuldigung gewesen",
führte er aus.
Dieses Verfahren, wie auch jenes gegen den Notarzt, sind noch im Laufen.
Vor dem UVS ging es um die Frage, ob die europäische Menschenrechtskonvention
verletzt wurde.
Der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) hat die Verhaftung von Seibane
Wague als nicht gesetzeskonform eingestuft. Vorsitzender Wolfgang Helm
gab damit der Beschwerde seiner Witwe Recht. Konkret bezeichnete er die
Art und Länge der Fixierung, die Anbringung von Fußfesseln
und die Misshandlung und Beschimpfung des Mannes als rechtswidrig.
Durch die Fixierung mit auf dem Rücken gefesselten Armen sei Seibane
Wague "akut und konkret" in seinem Leben gefährdet worden,
sagte Helm. Für die unmittelbare Notwendigkeit etwa durch eine außergewöhnliche
Aggressivität des Mannes habe es keinen Anhaltspunkt gegeben. Dass
der Festgenommene misshandelt und beschimpft worden sei, sah er durch
Zeugenaussagen glaubhaft belegt.
Für Nadja Lorenz, der Anwältin der Witwe von Seibane Wague,
war der Fall klar. Die Exekutive hat rechtswidrig gehandelt, und das nicht
nur während des Vorfalles selbst. "Zwei Aspekte möchte
ich besonders herausheben: Die ursprüngliche Darstellung der Polizei
war falsch. Und durch ihre Aussageverweigerung vor dem UVS haben sich
die Beamten auch nicht gescheut, Recht zu brechen", betonte sie.
Aus den teils widersprüchlichen ZeugInnenaussagen destillierte die
Anwältin ein für sie klares Bild: Seibane Wague habe nicht getobt,
er sei von der Polizei geschlagen worden, und niemand sei auf die Idee
gekommen, seine Vitalfunktionen zu überprüfen.
Der Vertreter der Polizei tat sich in seinem Schlusswort schwerer. Er
bemühte sich zu versichern, dass der Tod von Seibane Wague möglicherweise
auch ohne den Polizeieinsatz eingetreten wäre.
Das Urteil des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) sei für
die Bundespolizeidirektion Wien "nicht nachvollziehbar", sagte
Sprecher Mag. Walter Hladik . Eine Amtsbeschwerde (das Rechtsmittel gegen
einen UVS-Entscheid, Anm.), werde erwogen. Zunächst werde man aber
die schriftliche Zustellung des Bescheides abwarten, da von diesem "eine
genaue Kenntnis" erforderlich sei.
(Quelle: derstandard.at)