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[ 12. Dec 2001 // letzte änderung: 07. Jan 2005 ]

Michael Paul Nwabuisi - Tod nach Brechmitteleinsatz in Hamburg

Am 12. Dezember 2001 um 14.23 Uhr werden die Apparate auf einer Intensiv-Station der Hamburger Universitätskliniken Eppendorf abgestellt, und der Tod von Michael Paul Nwabuisi (Achidi John) wird öffentlich bekannt gemacht.

 

Drei Tage vorher war der 19-jährige abgelehnte Asylbewerber aus Kamerun festgenommen worden. Im Rechtsmedizinischen Institut der Universitätskliniken Hamburg-Eppendorf sollte er das Brechmittel Ipecacuanha trinken, wogegen er sich heftig wehrte. Er ließ sich fallen und schrie: "I will die, I will die". Die zuständige Ärztin orderte eine zweite Streifenwagenbesatzung an. Jetzt hielten insgesamt vier Polizisten den von Panik getriebenen Michael Paul Nwabuisi an seinem Stuhl fest, und die Ärztin versuchte, ihm eine Magensonde über die Nase einzuführen. Dieses gelang erst beim dritten Versuch, so dass 30 Milliliter Ipecacuanha-Sirup und 800 Milliliter Wasser eingeflößt werden konnten.

Michael Paul Nwabuisi war inzwischen besinnungslos, und als ein Arzt drei Minuten später Herzstillstand feststellte, waren die Hirnschäden so groß, dass eine Wiederbelebung aus dem tiefen Koma nicht mehr gelang.

Auf der Intensiv-Station wurden Michael Paul Nwabuisi Crack-Kügelchen aus dem Magen-Darm-Trakt entfernt.

Trotz des Todesfalles, der allein durch die verordneten Zwangsmaßnahmen eingetreten ist, werden die Brechmitteleinsätze in Hamburg bei mutmaßlichen Drogen-Dealern unvermindert fortgeführt.

Im April 2002 wird bekannt, dass der 19-jährige Michael Paul Nwabuisiherzkrank gewesen sei. Bei der feingewebigen Untersuchung der Leiche sei festgestellt worden, dass er in den Monaten vor seinem gewaltsamen Tod mehrere kleine Herzinfarkte hatte, die allerdings nicht bekannt gewesen seien. Dass diese Infarkte allerdings zum Tod geführt haben sollen, bezweifelt die Anwältin von Michael Paul Nwabuisi, denn intensivmedizinische Untersuchungen haben ergeben, dass das Herz nach der Reanimation wieder geschlagen habe, bis der Hirntod festgestellt wurde.

Die Staatsanwaltschaft leitet sogenannte Vorermittlungen ein und kommt zum Ergebnis: Kein Anfangsverdacht für strafbare Handlungen.

Zwei Klageerzwingungsverfahren der Eltern des Getöteten, um neue Untersuchungen der Todesumstände von Michael Paul Nwabuisi zu erreichen, werden im Februar und im Juli 2002 vom Oberlandesgericht Hamburg abgewiesen, weil es keine Hinweise auf einen "Gesetzesverstoß von Polizisten, Ärzten und anderer Personen" gebe. Die Anwältin erwägt eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht.

Quelle: Dokumentation der Antirassistischen Initiative Berlin (ARI): :: Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen, 11. aktualisierte Auflage 1993 bis 2003 (:: Zum Jahr 2001).