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[ 10. Feb 2005 ]

Spanien: Legalisierung oder Massenabschiebungen?

Die am 7. Feb 2005 beginndende Legalisierung illegalisierter EinwanderInnen im spanischen Staat wird hart kritisiert. Eine Ausführungsbestimmung macht deutlich, dass damit Massenabschiebungen einher gehen werden.

 

Am 7. Feb 2005 begann die sogenannte Regulierung von "illegalen EinwanderInnen" in Spanien. Geschätzt wird, dass sich derzeit im spanischen Staat etwa eine Million Menschen ohne gültige Papiere aufhalten. Die sozialistische Regierung will vom 7. Februar bis zum 7. Mai 2005 alle EinwanderInnen, die bestimmte Kriterien erfüllen, mit einem legalen Status versehen. Vor allem von den EinwanderInnen, Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften hagelt es Kritik an dem "unzureichenden" Dekret. 70 Prozent der Betroffenen würden ausgeschlossen, wird beklagt und befürchtet, dass die Regulierung ein großer Schlag ins Wasser wird, weil nicht einmal 250.000 Menschen Papiere erhalten würden.

Kritik gibt es auch von der rechtsradikalen Volkspartei (PP). Die PP beschwört fast den Untergang des Abendlandes. Die Regelung verstoße gegen Vorgaben der EU. über den Familiennachzug werde "ein Tor geöffnet" und die Folgen davon seien nicht absehbar. Die PP hatte in ihrer Regierungszeit ein liberales AusländerInnengesetz geschliffen. Es war durch eine repressive Gesetzgebung ersetzt worden. Statt Integration standen fortan Ausgrenzung und Abschiebung auf der Tagesordnung, den Betroffenen wurden sogar Grundrechte wie das Versammlungs- oder das Streikrecht abgesprochen (siehe Beitrag vom 11. Feb 2003).

Die Linke kritisiert die SozialistInnen (PSOE) deshalb, weil die nicht zu dem liberalen AusländerInnengesetz zurückgekehrt ist, dass sie einst mit einem breiten Konsens gegen die PP verabschiedet hatte, obwohl die an der Regierung war. Statt das restriktive AusländerInnengesetz der konservativen PP zu streichen, dass die durchgedrückt hatte, als sie 2000 die absolute Mehrheit erhielt, nutzten die SozialistInnen dies nun. Aus den Gewerkschaften tünt es der PSOE deshalb entgegen, ihr Dekret basiere auf einem "verfassungswidrigem und restriktivem Gesetz". Die PSOE hätte "eine Chance vertan", das Gleichheitsprinzip" zu fördern. Die "Regulierung" sei ganz nach Bedürfnissen der UnternehmerInnen gestrickt, erklärte die Gewerkschaft USO. Statt "Menschen, mit gleichen Rechten", sehe man nur "Arbeitskräfte", die nach Bedürfnissen des Arbeitsmarkts behandelt würden. Jetzt entschieden praktisch die Unternehmer über die Einwanderung, kritisieren auch Menschenrechtsorganisationen.

So ist ein Arbeitsvertrag mit einer Laufzeit von mehr als sechs Monaten die wichtigste Vorraussetzung, damit eine Firma die Regulierung beantragen kann. Der Betroffene muss mit einer Meldebescheinigung belegen, dass er seit mehr als einem halben Jahr im Land lebt. Die Gewerkschaft SOC kritisiert, das könnten viele nicht, weil sie sich aus Angst vor Abschiebung früher nicht angemeldet hätten.

Zudem müssen die EinwanderInnen ihre Straflosigkeit mit Auszügen aus den Strafregistern Spaniens und des Heimatlandes belegen. Die Konsulate sind schon jetzt völlig überlastet, weshalb viele Menschen an dieser hörde scheitern dürften, dieses Papier in drei Monaten beizubringen. Amnesty International kritisiert, ausgerechnet politische Flüchtlinge seien ausgeschlossen, weil sie ihre Verfolgerstaaten kaum um das Dokument bitten könnten. Obwohl Spanien internationale Abkommen unterzeichnet habe, keineN an ein Land auszuliefern, wenn dort seine physische Integrität in Gefahr ist, sei dies in der Regelung nicht in dem Dekret verankert. Die Organisation kritisiert auch, unter Strafandrohung müssten Fluglinien weiterhin kontrollieren, ob ein gültiges Einreisevisum vorliegt. WelcheR politische Flüchtling könne dies erfüllen?

In einem nicht offiziell veröffentlichen AusFührungsentwurf des Dekrets, wird allen offen mit der Abschiebung gedroht, deren Legalisierung abgelehnt wird. Das hat die baskische Tageszeitung Gara offen gelegt. Der Ablehnung werde die Aufforderung beigefügt, Spanien in 15 Tagen zu verlassen. In "dringenden Ausnahmefällen", die nicht näher definiert sind, könne die Frist auf 90 Tage verlängert werden, "wenn ausreichende Mittel" zur Bestreitung des Lebensunterhalts vorhanden seien. Wer der Aufforderung nicht nachkommt, verstoße schwerwiegend" gegen das AusländerInnengesetz, was die Eröffnung eines Verfahrens zur Ausweisung nach sich ziehe. Für viele könnte also gerade der Versuch einer Legalisierung zur Ausweisung führen.

Das Dokument zeigt auch, dass die Regierung lange nicht alle Kriterien festgelegt hatte, die zur Legalisierung führen. Die EinwanderInnen können sie bei der Antragstellung also nicht kennen. Nach dem Entwurf kann die Regulierung sogar abgelehnt werden, wenn EinwanderInnen alle Bedingungen erfüllen, aber die beantragende Firma zum Beispiel in den letzten 12 Monaten Entlassungen vorgenommen hat.

War die Regelung noch als Schlag gegen die Schattenwirtschaft angekündigt, ist davon nichts mehr erhalten. Bei der Ankündigung der Regelung im vergangenen Sommer hieß es noch, legalisiert würden auch die, welche UnternehmerInnen anzeigten, die sich an der Beschäftigung von Menschen ohne Papiere bereicherten. Zum Teil arbeiten EinwanderInnen aus Angst vor Abschiebung unter sklavenähnlichen Bedingungen und die Unternehmen betrügen so zudem die Sozialversicherung. Doch an der Situation wird sich mit dieser Regelung bestenfalls in der Grüßenordnung etwas ändern.

Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 07. Feb 2005, zuerst veröffentlicht auf: http://de.indymedia.org/2005/02/106272.shtml (von no-racism.net hier bearbeitet)