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[ 13. May 2005 ]

Massive Kritik an der neuen Integrationsvereinbarung

Juristen, Sprach- und IntegrationsexpertInnen laufen Sturm gegen die Neuregelung

 

Das am Dienstag vom Ministerrat beschlossene Fremdenrechtspaket sieht eine Neuregelung der so genannten Integrationsvereinbarung vor, durch die MigrantInnen zum Besuch von Sprachkursen verpflichtet werden. ExpertInnen aus Forschung und Praxis kritisieren, dass der Gesetzesentwurf, der vor der Sommerpause vom Nationalrat verabschiedet werden soll, vollkommen ungenügend sei. Kritisiert werden sowohl die unzureichende Qualität der Sprachkurse als auch ihr Zwangscharakter. Die Neuregelung führt außerdem zu einer wahren Kostenexplosion: Da der Bund sich aus der Kursfinanzierung zurückzieht, müssten MigrantInnen statt bisher 182 Euro bis zu 1.875 Euro bezahlen.

Hans-Jörgen Krumm, Universitätsprofessor für Deutsch als Fremdsprache an der Univ. Wien: "Der vorliegende Gesetzentwurf trägt nach meiner überzeugung eher zu einer weiteren Verunsicherung und Abkapselung von Zuwanderern als zu einer erfolgreichen Integration bei. Er fällt hinter den erreichten Stand der Kenntnisse über Möglichkeiten der SprachFörderung im Zusammenhang mit Integration zurück."

Der Jurist Sebastian Schumacher: "Rechtsvorschriften haben im Bildungsbereich nur sehr begrenzte Steuerungsfähigkeit. Recht kann nur ein bestimmtes Verhalten verbindlich anordnen, nicht jedoch den Erwerb von Sprachkenntnissen erzwingen." Der Zwangscharakter der Integrationsvereinbarung sei völlig unnötig. Denn, so der Wiener Sprachkursexperte Mario Rieder: "Wie die Erfahrung zeigt, haben Kurse, die didaktisch, inhaltlich und zeitlich adÀquat sowie erschwinglich sind, starken Zulauf."

Aus rechtlicher Perspektive bestünden, so der Jurist Schumacher, "ernsthafte verfassungs- und europarechtliche Bedenken". Die vorgeschlagene Neuregelung der Integrationsvereinbarung ist auch laut Expertin Verena Plutzar vom Integrationshaus Wien "jedenfalls nicht dazu geeignet, die Integration von längerfristig niedergelassenen Zuwanderern und Zuwandererinnen zu bewirken", wie dies der Gesetzgeber vorsieht.