Obwohl Antisexismus als einer der zentralen Ansprüche innerhalb einer linksradikalen und sich als emanzipatorisch verstehenden Szene genannt wird, kommt es immer wieder vor, dass es bei leeren Worten bleibt. Das beginnt bei sexistischen Machtstrukturen innerhalb von Gruppen und reicht bis zur Ausübung von sexualisierter Gewalt*.
DEFMA steht für: DIY - Emanzipatorisch - Feministisch - Militant - Autonom!
Immer wieder bekommen Betroffene** zu wenig Unterstützung - stattdessen wird ihre Definitionsmacht in Frage gestellt. Betroffene stehen unter Rechtfertigungsdruck, ihnen wird nicht geglaubt und/oder sie werden für entscheidungsunfähig gehalten. Diese Reaktionen auf Veröffentlichungen von sexualisierten Übergriffen sind Täterschutz und dienen der Aufrechterhaltung patriarchaler Machtstrukturen.
Um dem entgegen zu wirken, bietet die Gruppe DEFMA Unterstützung für Personen an, die von sexualisierter Gewalt bzw. sexualisierten Übergriffen betroffen sind. Auch Betroffene von physischer und/oder psychischer Gewalt in Beziehungen können sich an uns wenden.
Wir sind keine Beratungsstelle, keine Psycholog_innen oder Therapeut_innen, sondern eine Gruppe, die für und mit Betroffenen parteilich agiert. Wenn uns eine Betroffene von ihren Erfahrungen erzählt, werden wir diese vertraulich behandeln. Sie kann sich anonym an uns wenden oder sich mit uns treffen. Wir wollen einen Raum schaffen, in dem die Betroffene selbst definieren kann, was ihr passiert ist. Außerdem bieten wir z.B. Unterstützung beim Formulieren und Vermitteln von Forderungen an den Täter' an. Wichtig ist, dass wir als Gruppe nur das machen, was die Betroffene ausdrücklich verlangt, und wir werden uns dafür einsetzen, dass ihre Wünsche auch von anderen respektiert werden.
Leute, die von einer Veröffentlichung erfahren, können sich an uns wenden, wenn sie die Forderungen der Betroffenen umsetzen wollen. So können Betroffene Unterstützung bekommen, ohne sich Belästigungen durch definitionsmachtfeindliche Aussagen bzw. Aktionen aussetzen zu müssen.
Außerdem wird die Unterstützer_innengruppe DEFMA Veranstaltungen organisieren sowie Infos in Form von Broschüren, Flugis und Postern zur Verfügung stellen.
Die Unterstützer_innengruppe DEFMA ist per e-mail erreichbar: defma (at) pulk.net
SCHWEIGEN BEKÄMPFEN!!! FÜR EINE ANTISEXISTISCHE PRAXIS!!!
Wien, März 2008
* Wir verwenden den Begriff „sexualisierte Gewalt“ statt „sexueller Gewalt“. "Sexuelle Gewalt" impliziert, dass es primär um Sexualität ginge, was bei sexualisierter Gewalt aber nicht der Fall ist. Sie dient der Aufrechterhaltung und Herstellung von Machtverhältnissen, indem zum Beispiel das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper der Betroffenen übergangen wird.
** Wir verwenden den Begriff „Betroffene“ in seiner weiblichen Form, weil wir sichtbar machen wollen, wer in den meisten Fällen die Betroffenen von sexualisierter Gewalt sind. Uns ist aber bewusst, dass es Betroffene aller Genders gibt und wir bieten unsere Unterstützung nicht nur für Frauen an.
' Wir verwenden den Begriff "Täter" in seiner männlichen Form, weil wir glauben, dass sexualisierte Gewalt hauptsächlich von Männern ausgeht. Wir wollen damit nicht verschweigen, dass auch andere Genders sexualisierte Gewalt ausüben können. Eine gendergerechte Formulierung könnte allerdings die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse in dieser Gesellschaft verschleiern. Falls der Begriff „Täter“ für die eigene Situation nicht zutreffend sein sollte, kann mensch sich dennoch an uns wenden.
Definitionsmacht
Die Definition, ob eine sexualisierte Grenzverletzung vorgefallen ist, liegt einzig und allein bei der Betroffenen. Jede Betroffene von sexualisierter Gewalt kann nur für sich selbst sagen, was sie wann als Gewalt empfindet und wie sie diese individuell erlebte Gewalt wahrnimmt. Gewalt wird aufgrund der persönlichen Geschichte, Gegenwart und Erfahrung von Betroffenen unterschiedlich erlebt, eingeordnet und eingeschätzt. So kann es z.B. sein, dass ein Übergriff erst nach längerer Zeit von einer Betroffenen als solcher definiert wird – Definitionsmacht verjährt nicht. Das heißt, unabhängig davon, wie der sexualisierte Übergriff aussah: wenn eine Betroffene eine Vergewaltigung oder einen sexualisierten Übergriff so bezeichnet, dann entspricht das genau ihrer Wahrnehmung und ist somit als genau diese Bezeichnung zu akzeptieren.
Parteilichkeit
Parteilichkeit bedeutet, dass eine benannte Grenzverletzung nicht in Frage gestellt, sondern akzeptiert wird und bezeichnet eine innere und aktiv nach außen gerichtete Haltung zur Unterstützung von Betroffenen.
Wir stehen eindeutig auf der Seite der Betroffenen, eine scheinbar neutrale Haltung würde für die Betroffene einen Zwang zur Rechtfertigung bedeuten. Dem Täter genügt ein Schweigen.