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[ 24. Apr 2008 ]

Letzte 'Ehe ohen Grenzen' Demonstration vor dem Innenministerium

Demo vor dem BMI

Nach mehr als 2 Jahren wöchentlichem Protest in Form von 104 Demos vor dem zuständigen Ministerium in der Herrengasse verabschiedet sich 'Ehe ohne Grenzen' von dieser Tradition, um neue Formen des Widerstands zu finden. Dokumentation der Rede von Angela Magenheimer und Bildergalerie.

 

Warum wir heute hier sind?
Aus genau demselben Grund warum wir in den 104 Wochen zuvor auch hier standen.

Seit 1.1.2006 ist ein so genanntes 'Fremdenrecht' in Kraft.
Dieses Gesetz wurde im Sommer 2005 mit Stimmen von ÖVP, SPÖ, und BZÖ beschlossen.

Aber bitte nichts falsch verstehen – nicht etwa ein Gesetz durch welches Fremde in Österreich irgendwelche Rechte bekommen würden.

Nein, wir haben ein Fremdenrecht durch welches Österreicherinnen und Österreicher zu Fremden im eigenen Land wurden. Schließlich haben sie sich ja auch auf etwas sehr bedenkliches eingelassen.

Sie haben beschlossen ihr Leben mit Drittstaatsangehörigen teilen zu wollen. Wollen tun sie das, aber können sie das auch? Nein, das Fremdenrecht, insbesondere das Niederlassungsgesetz haben etwas dagegen.

Ein Gesetz, dass der Präsident des Verfassungsgerichtshofs übrigens 'blöd' nannte. Uns würden dazu noch sehr viel mehr Eigenschaftswörter einfallen.

Was würden sie sagen wenn sie 2005 einen Antrag rechtmäßig stellen, und infolge dessen über Nacht illegalisiert werden. Dann warten sie über ein Jahr was mit ihrem Antrag passiert und als Antwort folgt ein Erlass aus dem Innenministerium der den Antrag als ungültig erklärt. Stellen Sie den Antrag doch einfach aus ihrem Heimatland noch mal.

Wie würden Sie ein Gesetz nennen wenn ihnen gesagt wird, nachdem sie tausende Kilometer zurückgelegt haben, um nach Österreich zu kommen, in der Hoffnung hier einen sicheren Hafen zu finden. Nachdem ihnen in Ihrem Herkunftsland schlimme Dinge widerfahren sind, nachdem sie in Österreich ein sicheres zuhause gefunden, ja mehr noch, sie haben geheiratet und eine Familie gegründet nun haben sie endlich das Gefühl haben wieder durchatmen zu können.
Und dann wir ihnen gesagt, gehen sie doch dorthin wo sie herkommen. Stellen sie einen Auslandsantrag und warten sie monatelang auf den Ausgang des Verfahrens.

Wie würde es ihnen als Österreicherin / als Österreicher gehen, wenn ihnen der Staat sagt, dass sie zuwenig verdienen und ihre Partnerin / ihr Partner nicht mit ihnen in Österreich leben darf. Und sie arbeiten hart und verdienen doch die erforderlichen 1120€ + Miete nicht.

Was würden sie einem Beamten antworten der Ihnen ins Gesicht sagt: 'Wo steht denn geschrieben, dass ihr Familienleben in Österreich stattfinden muss?'

Wie würde es Ihnen gehen wenn sie eine Familie haben und sehr gerne finanziell zum Familienerhalt beitragen würden, aber sie dürfen nicht arbeiten gehen, nicht mal die Strasse kehren.

Was würden Sie denken wenn sie ein Schreiben von der Fremdenpolizei bekommen in dem ihr 8-jähriges Beziehungsleben als 'geringe familiäre Bindung' bezeichnet wird.

Wie würden sie reagieren wenn frühmorgens Fremdenpolizisten vor ihrer Türe stehen, und in ihrer Wohnung Schmutzwäsche, Zahnbürsten, Kästen, Betten und Kühlschränke kontrolliert werden. Und sie im Anschluss feststellen müssen dass diese Beamten mit Fotos von Ihnen ausgerüstet, Nachbarn, Trafikanten und im Milchgeschäft ums Eck nach Ihrem Beziehungsleben forschten.

Wie würden Sie einen Staat bezeichnen, der Sie zuerst illegalisiert und Ihnen dies dann in Bescheiden vorwirft weil sie dadurch 'einen schlechte Vorbildwirkung auf andere Fremde' haben. Und es für den Staat 'nicht im Sinnen eines geordneten Fremdenwesen ist' wenn sie hier mit Ihrer Familie leben.

„In welchem Land leben wir hier?“ ist eine oft gestellte Frage an Ehe ohne Grenzen.

Darauf können wir nur antworten: in einem Land in dem das Menschenrecht auf Familienleben weniger zählt als der vom BMI hochgepriesene 'geordnete Zuzug'.
Wobei, ordentlicher als mit Trauschein und Eheringen geht’s ja eigentlich nicht mehr, sollte man glauben.

Wir leben in einem Land in dem die Agenden der binationalen Paare in einem Innenministerium angesiedelt sind, dass durch diese Rechtssprechung Drittstaatsangehörige ausschließlich als potentielles Sicherheitsproblem behandelt, als potentielle Bedrohung.

Dabei geht es hier um Familien – warum fühlt sich das Familienministerium nicht zuständig?

Sollten sie Sich in eine in eine Drittstaatsagehörige verlieben und mit dieser oder diesem in Österreich leben wollen müssen sie unter Umständen an diesen Behörden vorbei, denn plötzlich mischen in ihrem Privatleben sehr viele Menschen mit, und ihr familiäres Schicksal liegt in folgenden Händen.

Innenministerium, Außenministerium, Arbeitsministerium, Bundeasylamt, Unabhängiger Bundesasylsenat, Fremdenpolizei, Sicherheitsdirektion, Unabhängiger Verwaltungssenat, Bezirkshauptmannschaft, Magistrat, Botschaft, Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof.

Eine Frau bei Ehe ohne Grenzen hatte einmal ausgerechnet, dass 43 verschiedene Beamte von den unterschiedlichsten Behörden bis dato in ihrer Beziehung mitgemischt haben.

Wir stehen hier nun zum 104. Mal und sagen Schluss damit.

Schluss mit Diskriminierung von Österreicherinnen und Österreichern
Schluss mit der Ausgrenzung unserer Partnerinnen und Partner
Schluss mit Generalverdächtigungen
Schluss mit Kriminalisierungen
Schluss mit dem tot administrieren von Familien
Schluss mit der Unsicherheit, in der wir nun schon über zwei Jahre leben
Schluss mit diesem Fremdenrecht

Es geht um uns und unser Menschenrecht auf Familien leben.
Hier und jetzt und in Zukunft.