09.09. - 03.10.
Teilnehmende KünstlerInnen: Songül Boyraz, Petja Dimitrova, Alban Muja
Open Space im Zentrum für Kunstprojekte, Lassingleithnerplatz 2, 1020 Wien
Eröffnung:
8 September, 19.00 bis 21.30
Projektkuratorin: Gülsen Bal
'Die Welt selbst existiert nicht außerhalb ihrer Expressionen.' Deleuze
Das Projekt A step to the right will verschiedene künstlerische Strategien aufzeigen, mit denen sich der sogennannte 'Unterbrechungsraum' (space of interruption) hinterfragen lässt. Dieser Raum formt, orientiert und lenkt die Machtbeziehungen an den Grenzen der 'Konditionen der Aktualität', wo die 'Lebenskraft' ins Spiel kommt.
Hier kann und sollte sich die/der Einzelne konfrontativ mit der Produktion neuer Entitäten befassen, die die 'Politik des Werdens' durch eine Begegnung mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Immigration wie auch Migrationsprozessen, durch welche Biopower ausgeübt wird, wiederbeleben. Dabei werden rassistische Hierarchien und kapitalistische Imperative im Rahmen einer Darstellung prekärer geopolitischer Realitäten innerhalb einer sich verändernden politischen Geographie ans Licht gebracht und Ausblicke in die Zukunft erstellt, um die Zeit, in der wir leben, zu reflektieren.
Genau hier muss sich der/die Einzelne existenziell mit dem abfinden, was aus der Beziehung zwischen Widerstand und kreativem Schaffen entsteht und dabei nach strategischen Dynamiken suchen, 'um die Situation zu transformieren und aktiv am Prozess teilzunehmen.' An dieser Stelle wird auch das politische Engagement zitiert, auf der Suche danach, wie sich das Mögliche neu definieren lässt, indem eine Argumentation über die Beziehung zwischen Mobilität und ihren ausschließenden Gegenstücken angeboten wird.
Im Hinblick auf die Betonung 'neuer Wege der sozialen und politischen Handlungsfähigkeit, neuer möglicher Subjektivitäten und neu entstehender Artikulationen' stellt sich die Frage: 'Wie bestimmt/en der souveräne Staat/die Herrschenden die Möglichkeiten der Mobilität und wie strukturiert er Widerstand und ermöglicht nicht nur, sondern bedingt die Tatsache, dass sich die/der Einzelne selbst in diesen Zustand des Ausschlusses versetzt', indem er/sie die Temporalitäten und 'Positionalitäten' an die Oberfläche bringt?
Zu diesem Zweck unterbricht die kritische Untersuchung die typische Struktur und heterogene Schichten, um aufzuspüren, an welchen Punkten die 'Kunst des Regierens' in der Produktion und in den Parametern neuer Lebensformen aufrechterhalten und generiert wird. So werden die Betreffenden an einen anderen Ort der Existenz weit weg degradiert, es wird 'ein Schritt nach rechts' gemacht.
Teilnehmende KünstlerInnen:
Songül Boyraz
Import Bride - Broken Dreams, video installation
In der vielschichtigen Installation Import Bride - Broken Dreams konfrontiert Songül Boyraz die BetrachterIn mit den kulturellen Normen und Normalisierungsprozessen, die zu zusätzlichen Problemen beim Status der Migrantin führen, besonders bei Frauen in geschlossenen Wohnanlagen ('gated communities') am Rande ausschließender Siedlungszonen. Sie fördert dabei Spannungen zwischen den besonderen und universellen Gewohnheiten zutage.
Dies beinhaltet die Neuformulierung einer neuen Bezugsordnung und einer geographisch umorientierten kulturellen Produktion aus dem, was die von den MigrantInnen verkörperten Erfahrungen bestimmt: 'das Werden' zu einer neuen Form der Zirkularität von Zukunftsmöglichkeiten.
Durch das epistemologische Porträt in Videos mit einfacher Kameraführung kann die BetrachterIn miterleben, wie sich Segregation in die unterschiedlichsten Quellen der Bilddarstellung „einnistet”. Die Temporalitäten und 'Positionalitäten' sind durch unterschiedliche, konstitutive Charakteristika geprägt, die ausgeprägte Prozesse sozialer Transformation ausmachen. Hier besteht die Herausforderung darin, über den Schnittpunkt hinauszugehen, wo Paradoxien historischer Augenblicke und 'Krisenmomente' ausgehalten werden, wenn neue Konstellationen in integrierten sozialen Strukturen auftauchen und diese an einen anderen Ort relegiert werden, abgesteckt in der Formulierung: 'Was der/die Einzelne wird und durch was der/die Einzelne wird.'
Petja Dimitrova
blue card for Keti, video installation
'Ich wollte immer Künstlerin werden, nur hat mein Vater mein Leben auf den Kopf gestellt. Er hat mich in einer Sportschule eingeschrieben, damit ich Gymnastikerin werde! ... Ich wollte mein Ding durchziehen und habe 1989 meine Koffer gepackt… Österreich war nie mein Ziel, doch blieb ich hier und machte ziemlich alles durch.'
Die Video-Arbeit blue card for Keti geht der Geschichte einer Migrantin aus Bulgarien nach, die seit 1989 in Wien lebt. Welche Möglichkeiten hatte sie, die Illegalisierte, als Sängerin und Tänzerin in der Öffentlichkeit aufzutreten und als Künstlerin Anerkennung zu bekommen? Wie war ihre jahrzehntelange künstlerische Praxis in Lokalen der serbischen und türkischen Diaspora organisiert, welches Wissen hat sie dabei erworben? Welche Wege der Legalisierung und Stabilisierung ihres Aufenthalts ging sie in Österreich während den 1990er Jahren und welche Rolle spielte ihre Ehe mit einem österreichischen Polizeibeamten dabei? Wo in ihrem Leben steht sie jetzt und wofür?
Ketis Lebens- und Arbeitsverhältnisse sind exemplarisch für die Kämpfe der MigrantInnen gegen ihre Prekarisierung und den weitverbreiteten Rassismus in Österreich und zeigen Strategien gegen die vorherrschende Bevölkerungsregulierung und Umstrukturierung des europäischen Grenzregimes seit dem Fall des 'Eisernen Vorhangs' auf. Ihr Lebensweg ist somit eng mit der Geschichte der Migration in Europa verknüpft und veranschaulicht jene geschlechterspezifischen, emanzipatorischen Praktiken, die in kollektive Prozesse des Widerstands einfließen.
Angaben zu historischen Ereignissen sowie zu Informationen und Dokumenten, welche im Video besprochen werden, werden in Form einer Installation zusammengeführt und stellen somit ein Mapping der österreichischen Migrationspolitik seit 1989 dar.
Alban Muja
Free Your Mind (Befrei, was du denkst), video
Free Your Mind beschäftigt sich mit dem Akt der Präsentation mediatisierter Performances mit der Absicht, sich aus einem Raum von Möglichkeiten 'selbst zu befreien' am Rande eines Zustands, in dem er zu einem 'transformativen Akteur' innerhalb von Grenzbereichen und Peripherie wird. Seine Performance reicht über eine rein visuelle Faszination hinaus und stellt vielmehr eine dramatische Erzählung mit vielfältigsten Bezügen dar.
Muja spricht laut eine Reihe von Namen aus der zeitgenössischen Kunstszene aus, beruhend auf der Ontologie der Potentialität, sie 'in leere Klänge zu verwandeln'. Dieser Akt ist in einer Leere kodiert, in der die Realität der Darstellung nicht identifiziert, wer die Namen sind und wie die Dinge sich verhalten, sondern eher einen Möglichkeitsraum absteckt, eine entlegene Seite 'seiner eigenen, souveränen künstlerischen Identität“ in Bezug auf die geopolitischen Realitäten der Umgebung, in die er hineingeboren wurde'.
In seiner Arbeit versucht Muja, die Entstehung der Idee des 'Balkans' und der 'Balkanisierung' auf spielerische Weise sichtbar zu machen, sowohl als Selbstwahrnehmung eines Insiders wie auch eines Outsiders. Als Reaktion auf die bestimmende geopolitsche Umgebung spiegelt das grundlegende Paradox alter sozialer Bindungen lokal definierter Gemeinschaft und das trübe Bewusstsein kultureller Angst eine 'autonome' Existenz. Dadurch entsteht eine Artikulation, in der es um die Frage geht: Wie ist es möglich, Kunst in einem Zustand zu schaffen, in dem Verbindungen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart hervorgebracht werden und unterschiedliche Visionen aufeinandertreffen?
Über uns:
Nur gegen Voranmeldung geöffnet, Eintritt frei
Open Space
Zentrum für Kunstprojekte
Lassingleithnerplatz 2
A - 1020 Wien
Österreich
(+43) 699 115 286 32
für mehr Information: office (at) openspace-zkp.org